| Titel: | Ueber die Gradeintheilung der gebräuchlichen Oelwaagen; von Dr. G. Th. Gerlach in Kalk bei Deutz a. Rh. | 
| Autor: | G. Th. Gerlach | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. LXXII., S. 251 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXII.
                        Ueber die Gradeintheilung der gebräuchlichen
                           								Oelwaagen; von Dr. G. Th.
                              									Gerlach in Kalk bei Deutz a. Rh.
                        Gerlach, über die Gradeintheilung der Oelwaagen.
                        
                     
                        
                           Eine Circular-Verfügung des Ministers für Handel, Gewerbe und öffentliche
                              									Arbeiten brachte in Preußen am 31. Mai 1866 ein Aräometer in Vorschlag, dessen
                              									Grädigkeit auf der Formel 400/(400 ± n) beruht.
                              									Das + n kommt bei Flüssigkeiten leichter als Wasser, das
                              									– n bei Flüssigkeiten schwerer als Wasser in
                              									Anwendung. In dieser Formel entspricht x dem
                              									specifischen Gewichte und n den am Instrumente
                              									abgelesenen Graden. Wie aus der Formel hervorgeht, hat dieses vom Hrn. Geh. Regierungs Rath Brix construirte Aräometer eine gleichmäßige Scala, d.h.
                              									die einzelnen Grade der Scala sind gleich groß.
                           Aus der Anweisung zum Gebrauche dieses amtlichen Aräometers (nach Brix), welche der
                              									Aichungs-Bescheinigung eines jeden Instrumentes von der königlichen
                              									Aichungs-Commission beigegeben wird, entnehme ich Folgendes:
                           Die Bestimmung des specifischen Gewichtes aus der abgelesenen Grädigkeit geschieht
                              									mit Hülfe der nachstehenden Tabellen auf folgende Weise:
                           Ist beim Einsenken des Instrumentes eine ganze Zahl von Graden abgelesen, so braucht
                              									man diese Zahl nur in der ersten Spalte aufzusuchen, und man findet in der zweiten
                              									Spalte unmittelbar daneben das entsprechende specifische Gewicht, z.B.
                           
                        
                           
                              bei dem Aräometer für leichtere
                                 										Flüssigkeiten
                              
                           für 75º = 0,8421.
                           Besteht die abgelesene Grädigkeit aus einer ganzen Zahl in Verbindung mit einem
                              									Bruch, z.B. 75º,4, so kommen für letzteren die in der dritten Spalte
                              									angegebenen Differenzen für 0,1 Grad in Anwendung, und zwar sind dieselben negativ zu nehmen, wie aus folgender Beispielsrechnung zu
                              									ersehen ist:
                           
                              
                                 für 75º ist das specifische Gewicht
                                 = 0,8421
                                 
                              
                                 davon subtrahirt für 0,4 die vierfache Differenz (=
                                    											1,8)
                                 =        
                                    											7,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 gibt das specisische Gewicht für 75º, 4
                                 = 0,8414
                                 
                              
                           
                        
                           
                              Bei dem Aräometer für schwerere
                                 										Flüssigkeiten
                              
                           für 75º gleich 1,2308.
                           Für Bruchtheile der abgelesenen Aräometergrädigkeit sind bei diesem die angegebenen
                              									Differenzen für 0,1 Grad positiv zu nehmen; z.B.
                           
                              
                                 für 75º,4 ist das specifische Gewicht
                                 = 1,2308
                                 
                              
                                 dazu addirt für 0,4 die vierfache Differenz (= 3,8)
                                 =        15,2
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 gibt das specifische Gewicht für 75,4
                                 = 1,2323
                                 
                              
                           Es ist zu beklagen, daß man das reine Decimalsystem verlassen hat, als man das
                              									vorerwähnte Aräometer in Vorschlag brachte, und daß man vorgezogen hat, den
                              									Aräometer-Model in 400 Theile zu theilen, anstatt den älteren Angaben von Gay-Lussac treu zu bleiben, welcher eine
                              									Eintheilung in 100 oder 1000 Aräometergrade vornahm. Vielleicht ist die Eintheilung
                              									des Models in 400 Theile beliebt worden, weil alsdann das Instrument für leichtere
                              									Flüssigkeiten mit einem Aräometer übereinstimmt, das sich schon seit sehr langer
                              									Zeit unter dem Namen Fischer'sche Oelwaage im Oelhandel
                              									eingebürgert hat.
                           
                           Tafel zur Bestimmung der specifischen
                                 										Gewichte von Flüssigkeiten welche leichter als Wasser sind.
                              									(Normal-Temperatur = 12 1/2⁰ R.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 196, S. 253
                              Aräometergrade; Specif. Gewichte;
                                 										Differenz für 0,1 Grad
                              
                           
                           Tafel zur Bestimmung der specifischen
                                 										Gewichte von Flüssigkeiten welche schwerer als Wasser sind.
                              									(Normal-Temperatur = 12 1/2⁰ R.)
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 196, S. 254
                              Aräometergrade; Specif. Gewichte;
                                 										Differenz für 0,1 Grad
                              
                           
                        
                           
                           Die Fischer'sche Oelwaage.
                           Carl Fischer, früher Mechanicus und Opticus in Leipzig,
                              									fügte seinen Oelwaagen, die in Sachsen und Preußen eine allgemeine Verbreitung
                              									gefunden haben, eine gedruckte Anweisung bei, welche die Grade bezeichnete, die
                              									reine Oele an seiner Waage zeigen sollten. Ich will hier die specifischen Gewichte
                              									daneben stellen, welche erfahrungsmäßig diese Oele ungefähr bei 12 1/2⁰ R.
                              									haben:
                           
                              
                                 
                                 
                                 specifisches Gewicht.
                                 
                              
                                 Raps oder Rübsenöl
                                 nach Fischer
                                 37 – 38º =
                                 0,915 – 0,913
                                 
                              
                                 künstlich gereinigtes Rübsenöl
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 38 – 39º =
                                 0,913 – 0,911
                                 
                              
                                 Dotteröl
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 32 – 33º =
                                             0,924
                                 
                              
                                 reines Leinöl
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 29 – 30º =
                                 0,931 – 0,929
                                 
                              
                                 Oliven- oder Baumöl
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 37 – 38º =
                                 0,915
                                 
                              
                                 Mohn- und Nußöl
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 32 – 33º =
                                 0,926 – 0,924
                                 
                              
                                 gutes Hanföl
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 30 – 31º =
                                 0,930 – 0,928
                                 
                              
                                 Südseethran
                                   
                                    											„          
                                    											„
                                 33 – 34º =
                                 0,924 – 0,922
                                 
                              
                           Die Fischer'schen Oelwaagen sind für die Temperatur 12
                              									1/20⁰ R. justirt und enthalten ein Thermometer, dessen angezeigte Grade man
                              									den Graden der Aräometerscala zuzurechnen hat, wenn dieselben unter der
                              									Normaltemperatur sind, dessen Grade man aber von den angezeigten Aräometergraden
                              									abzurechnen hat, wenn dieselben über der Normaltemperatur sind. (Ganz ähnlich wie
                              									dieß auch bei Alkoholometern der Fall ist.)
                           C. Fischer hat das Princip nach welchem er seine Oelwaagen construirt, nirgends
                              									veröffentlicht und da die Mechaniker welche diese Fischer'schen Oelwaagen anfertigen, nur nach Muster arbeiten, während ihnen
                              									das Princip der Construction unbekannt blieb, so kann es nicht befremden, daß diese
                              									Oelwaagen unter einander außerordentlich abweichen. Ich will mich mit der
                              									Mittheilung begnügen, daß ein und dasselbe Rüböl an verschiedenen Fischer'schen Oelwaagen zeigte: 37 3/4, Gr., 36 1/4 Gr.,
                              									38 Gr., 36 3/4 Gr., 37 1/4 Gr.
                           Bei dieser Unsicherheit, welche bezüglich der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der
                              									Gradeintheilung an den Scalen der Fischer'schen Oelwaage
                              									heutzutage herrscht, erscheint §. l der
                              									Grundsätze, welche beim Osthandel in Leipzig als durchaus giltige Usancen laut einer
                              									Convention anerkannt worden sind, als illusorisch; dieser Paragraph lautet:
                           
                              „Rüböl ist stets in Hellem und klarem Zustande zu liefern, muß aus Raps
                                 										oder Rübsen, oder auch aus diesen in Verbindung mit Dottersamen geschlagen seyn,
                                 										und mindestens diejenigen Grade halten, welche die bei der Leipziger Osthandels
                                 										Börse fungirende Oelprüfungs-Deputation alljährlich (nach der Fischer'schen Waage für fette Oele) durch Anschlag an
                                 										der Börsentafel festgestellt hat.“
                              
                           Vergleicht man die specifischen Gewichte welche die Oele gemeinlich besitzen, mit den
                              									Angaben welche Fischer selbst über die Grädigkeit der
                              									Oele machte, so schwindet jeder Zweifel daß die Grade der Fischer'schen Oelwaage genau dieselben sind, welche man auch an dem
                              									Aräometer nach Brix findet. Für Oelwaagen haben nur die
                              									Grade von circa 20 bis circa
                              									50 Grad Interesse, da leichtere oder schwerere fette Oele nicht vorkommen. Durch die
                              									Nachweisung des Principes in der Construction wird eine größere Genauigkeit und
                              									Uebereinstimmung der Fischer'schen Oelwaagen ermöglicht,
                              									als dieß seither der Fall war.
                           Ich möchte noch auf eine Abhandlung von Scharling
                              									aufmerksam machen (Journal für praktische Chemie, 1845, Nr. 22; sowie polytechn.
                              									Journal, 1846, Bd. XCIX S. 192), worin derselbe die Nachweisung liefert daß Laurot's Ansicht, die Oele zeigen bei 80º R. die
                              									größte Verschiedenheit in ihren specifischen Gewichten, unrichtig war.
                           Es wird immer Schwierigkeiten haben, durch einfache Ermittelung des specifischen
                              									Gewichtes der Oele einen Rückschluß auf ihre Reinheit und Unverfälschtheit zu
                              									machen.
                           
                        
                           Oelwaagen für Theeröle.
                           Bei der Destillation von Theer gehen anfangs flüchtige Oele über, welche specifisch
                              									viel leichter sind als Wasser; bei fortgesetzter Destillation erhält man immer
                              									schwerere Oele, welche gar bald das specifische Gewicht des Wassers erreichen und
                              									sogar schwerer als Wasser sind.
                           Um nicht zwei Aräometer, ein leichtes und ein schweres anzuwenden, hat man Oelwaagen
                              									für Theeröle construirt, deren Scala Grade enthält, die den specifischen Gewichten
                              									entsprechen, in deren Grenzen sich diejenigen der Theeröle bewegen.
                           Die Beobachtung zeigt, daß die Grade dieser Scala keineswegs gleich groß sind,
                              									sondern daß jeder Grad einer specifischen Gewichtszunahme von 0,005 entspricht. Wie
                              									es so leicht, bei Scalenaräometern eintritt, ist eine Uebereinstimmung mehrerer
                              									Instrumente selten vorhanden. Ich will deßhalb die specifischen Gewichte anführen,
                              									welche an zwei verschiedenen solcher Instrumente den abgelesenen Graden gleichkommen
                              									und werde sofort die Formel beifügen, welche jeder dieser Beobachtungen
                              									entspricht:
                           
                              
                                 10º
                                 = 0,840
                                 x = 0,790   + (n . 0,005)
                                 
                              
                                 45 1/2º
                                 = 1,020
                                 x = 0,7925 + (n .
                                    											0,005)
                                 
                              
                                 50º
                                 = 1,0425    
                                 x = 0,7925 + (n .
                                    											0,005)
                                 
                              
                                 79º
                                 = 1,190
                                 x = 0,795   + (n . 0,005)
                                 
                              
                           
                           bei einem anderen Instrumente:
                           
                              
                                 17º = 0,881
                                    											        
                                 x = 0,796 + (n .
                                    											0,005)
                                 
                              
                                 40º = 1,000
                                 x = 0,800 + (n .
                                    											0,005)
                                 
                              
                                 51º = 1,050
                                 x = 0,795 + (n .
                                    											0,005)
                                 
                              
                           Hiernach möchte man vermuthen, daß der 0 Punkt der Waage beim specifischen Gewicht
                              									0,80 liegen soll.
                           Folgende specifische Gewichte würden dann den einzelnen Graden gleichkommen:
                           
                              
                                 0,80
                                 = 0º
                                 
                              
                                 0,85
                                 = 10º
                                 
                              
                                 0,90
                                 = 20º
                                 
                              
                                 0,95
                                 = 30º
                                 
                              
                                 1,00
                                 = 40º
                                 
                              
                                 1,05
                                 = 50º
                                 
                              
                                 1,10
                                 = 60º
                                 
                              
                                 1,15
                                 = 70º
                                 
                              
                                 1,20
                                 = 80º
                                 
                              
                                 1,25
                                 = 90º
                                 
                              
                                 1,30
                                 = 100º