| Titel: | Ueber Luft-Dampfmaschinen; von Professor C. Linde. | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. LXXVII., S. 274 | 
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                        LXXVII.
                        Ueber Luft-Dampfmaschinen; von Professor
                           									C. Linde.
                        Aus dem bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt,
                              									1870 S. 22 und 92.
                        Linde, über Luft-Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Unter dem Namen „Luft-Dampfmaschinen“ macht gegenwärtig
                              									ein bereits in vielen constructiven Modificationen zum Vorschlag und zur Ausführung
                              									gebrachtes System von Wärmekraftmaschinen viel von sich reden. Eine der neuesten
                              									dieser Constructionen, die Warsop'sche Maschine hat in
                              									den meisten technischen Blättern Aufnahme gefunden; es sind an die Beschreibung
                              									derselben in den englischen Journalen und in deutschen Reproductionen eine wahre
                              									Fluth von Meinungen, Hoffnungen, Mittheilungen von Versuchsresultaten und
                              									Berechnungen geknüpft, aus welchen der Leser ein deutliches und richtiges Bild von
                              									dem Werth der Maschine unmöglich gewinnen kann, weil ein großer Theil derselben auf
                              									Irrthümern und auf Unkenntniß der bezüglichen physikalischen Gesetze beruht.
                           Zur Umwandlung von Wärme in Arbeit die atmosphärische Luft als motorischen Körper zu
                              									benutzen, ist bekanntlich in unzähligen „Heißluftmaschinen“
                              									unternommen worden. Die hohen Temperaturen, mit welchen man es in diesen Maschinen
                              									zu thun hat, haben einen durchschlagenden Erfolg dieser Bestrebungen vereitelt.
                              									Nachdem nun der Erfindungstrieb an der vortheilhaften Verwendung der atmosphärischen
                              									Luft, als einzeln wirkenden Motors, zu verzweifeln angefangen, von der Luft aber
                              									absolut nicht ablassen zu wollen scheint, so wird jetzt der Versuch gemacht,
                              									dieselbe mit Dampf zu mischen und beide mit gleicher Temperatur auf den Arbeitskolben wirken zu
                              									lassen. Warsop comprimirt die Luft in einer Pumpe, leitet
                              									die gepreßte Luft in einer Röhre durch Räume, in welche aus der Maschine der Dampf
                              									und aus dem Heizraum die Feuergase abziehen, und läßt sie aus vielen kleinen
                              									Oeffnungen durch das Kesselwasser hindurch in den Dampfraum treten, dessen
                              									Temperatur sie sich natürlich aneignet und mit welchem sie dann gemeinsam in der
                              									Maschine arbeitet.
                           Wenn von einer solchen Kombination eine bessere Ausnutzung der Wärme erwartet wird,
                              									so baut sich diese Erwartung auf einem Irrthum auf, welcher schon unendlich viele
                              									nutzlose Anstrengungen hervorgerufen hat und heute noch, wie aus dem vorliegenden
                              									Falle sich ergibt, in dem Kopfe und Munde hochangesehener Techniker gefunden wird,
                              									indem sie behaupten, die Luft sey ein „wirksameres Agens,“ ein
                              										„besserer Träger der Wärme,“ ein vollkommeneres
                              										„Bewegungsfluidum,“ als der Dampf. „Wir wollen
                                 										die Kosten bestimmen, welche zur Erzeugung einer gegebenen Dampfmenge bei einer
                                 										gegebenen Spannung aufzuwenden sind,“ so läßt sich Eaton bei Gelegenheit eines Vortrages über die Warsop'sche Maschine in der British Association vernehmen,Engineering, August 1869, S. 122;
                                    											polytechnisches Journal Bd. CXCIV S.
                                       												363 (erstes Decemberheft 1869). führt diese Rechnung durch, findet die Dampferzeugungskosten nahezu zwölfmal
                              									größer und sagt dann: „Die beiden Volumina sind aber fähig in einem
                                 										Cylinder mit beweglichem Kolben dieselbe Arbeit zu verrichten, indem sie in
                                 										gleicher Weise expandiren, so daß die Verwendung von Luft einen theoretischen
                                 										Gewinn wie 12 : 1 gegenüber der Benutzung des Dampfes (von gleicher Temperatur)
                                 										aufweise.“
                              								
                           Solche Argumentationen sind es, welche an das Projectiren und Probiren von
                              									Luftmaschinen gebannt halten und fortwährend zu neuen Verwirrungen und Verirrungen
                              									führen. Es dürfte kaum ein zweiter Fall nachgewiesen werden können, in welchem mit
                              									so geringer Ausnahme die Techniker gegen die Resultate der wissenschaftlichen
                              									Forschung in einer so überaus wichtigen Frage abgewendet bleiben. Es muß die
                              									Erklärung. für diese Thatsache wohl darin gesucht werden, daß die mechanische
                              									Wärmelehre, welcher wir jene Resultate verdanken, bisher beinahe nur in größeren
                              									theoretischen Werken, rein wissenschaftlichen Zeitschriften und auf einigen
                              									Kathedern den ihr gebührenden Raum gefunden hat, während die technischen Journale
                              									noch kaum den Versuch gemacht haben, sie in ihre Spalten einzuführen. Es dürfte aber
                              									gerade die Aufgabe derjenigen Journale seyn, welche die Beförderung der Industrie
                              									zum Ziele haben, die
                              									Vermittlerrolle zwischen der forschenden Wissenschaft und der ausübenden Technik
                              									auch hier zu übernehmen und dieser zu Gute kommen zu lassen, was jene producirt.
                           Den calorischen Maschinen lag ein vollkommen richtiger Gedanke zu Grunde, der aber
                              									nichts zu thun hat mit der landläufigen und durch solche Calculationen, wie wir sie
                              									oben vernommen, unterstützten Annahme, die Luft sey ein „wirksameres
                                 										Agens“ als ihr mächtiger Concurrent, der Wasserdampf. Wenden wir uns
                              									zuerst gegen diese Annahme. Lassen wir Luft innerhalb derselben Temperaturgrenzen
                              									arbeiten wie Dampf, so ist die Arbeitsmenge, welche aus dem Processe gewonnen werden
                              									kann, bei beiden Motoren gleich groß, denn die aus der Umwandlung von Wärme in
                              									Arbeit zu erzielende Arbeitsmenge ist unabhängig von dem Körper, an welchen jene
                              									gebunden wird und ist nur abhängig von den Temperaturgrenzen.Ich habe bei Gelegenheit eines im Jahrgang 1869 des bayerischen
                                    											Industrie- und Gewerbeblattes S. 365 veröffentlichten Vortrages die
                                    											besonders durch Zeuner's vorzügliche Arbeiten
                                    											nachgewiesene Thatsache auseinandergesetzt, daß die im günstigsten Falle zu
                                    											erzielende Arbeitsmenge L sich aus der Beziehung
                                    											ergebe: L Met.-Kil. = 424 Q (T₂
                                    											– T₁)/T₂ wenn Q in Calorien die dem Körper zugeführte Wärme,
                                    												T₂ und T₁ resp. die höchste und die tiefste absolute Temperatur
                                    											bezeichnen, welche während des Expansions-Processes eintreten. Die
                                    												„absolute Temperatur,“ ein Begriff an welchen man
                                    											sich auch bald wird gewöhnen müssen, ist die vom wahren absoluten Nullpunkte
                                    											aus gezählte Temperatur. Der „absolute Nullpunkt“ aber,
                                    											auf welchen man aus dem Verhalten der Gase bei den uns zugänglichen
                                    											Temperaturen mit mathematischer Präcision zu schließen im Stande ist, liegt
                                    											nach der Celsius'schen Scala bei minus
                                    											273º. Dieser Satz ist der Ausdruck für eine jener wichtigen von der Wärmelehre
                              									aufgedeckten Thatsachen, deren Kenntniß – so wesentlich sie die Beurtheilung
                              									der Wärmekraftmaschinen erleichtert, und die Anhaltspunkte für die richtige
                              									Construction solcher Maschinen bietet – sich nur langsam und schwer Eingang
                              									beim technischen Publicum zu verschaffen vermag. Es stehen ihr da entgegen die
                              									Schlüsse, welche aus der oberflächlichen Betrachtung der Vorgänge bei den beiden
                              									Hauptgattungen von Wärmemotoren gezogen werden. Die Erzeugung von Wasserdampf
                              									erfordere zur Veränderung des Aggregatzustandes eine große Menge von Wärme, welche
                              									nicht wieder gewonnen werde, da der abziehende Dampf sie mit sich fortnehme. Diese
                              									Wärmemenge müsse hingegen bei Anwendung der Luft nicht aufgewendet werden. Das ist
                              									die gewöhnliche Einwendung. Es ist wahr, daß der abziehende Dampf eine große
                              										„latente“ Wärmemenge mit aus der Maschine nimmt, aber damit
                              									ist noch nicht bewiesen, daß in den calorischen Maschinen der Luft ein größerer
                              									Theil der derselben zugeführten Wärmemenge als Arbeit entzogen werden könne, daß
                              									nicht ein ebenso großer Theil als Wärme wieder herausgezogen werden müsse, wie in der
                              									Dampfmaschine. Schon die oberflächliche Beobachtung der calorischen Maschinen zeigt,
                              									daß eine sehr beträchtliche Wärmemenge in der den Umwandlungsproceß verlassenden
                              									Luft enthalten ist, während die bei der Volumveränderung verzehrte latente Wärme
                              									allerdings weniger in die Augen fällt. Die Sache ist so wichtig, eine allgemein
                              									verständliche Aufklärung über diesen Punkt so wünschenswerth daß wir den Versuch
                              									machen wollen eine solche zu geben, soweit es in der gebotenen Kürze und ohne
                              									mathematischen Nachweis möglich ist. Wir wollen zu dem Zwecke die Wirkungen jener
                              									Zustandsänderungen betrachten, welche einerseits mit Wasserdampf in den
                              									Dampfmaschinen, andererseits mit Luft in den calorischen Maschinen vorgenommen
                              									werden, und wollen insbesondere prüfen: wie groß der Theil der zugeführten Wärme bei
                              									beiden Motoren sey, welcher in Nutzarbeit umgewandelt werden könne.
                           Der Vorgang bei der Anwendung des Dampfes ist bekannt. Zur Erzeugung von Dampf haben
                              									wir dreierlei Wärmeaufwand:
                           1) Es muß das Wasser von der Anfangstemperatur t₀
                              									auf die Dampftemperatur t₂ erwärmt werden. Hierzu
                              									ist pro Kil. eine Wärmemenge
                              										(„Flüssigkeitswärme“) q
                              									erforderlich, welche für jeden Grad der 100theiligen Scala ungefähr eine
                              									Wärmeeinheit, also (t₂–t₀) Calor. beträgt. (Wärmeeinheit nennen wir ja
                              									gerade das Wärmequantum welches nöthig ist, um 1 Kil. Wasser von 0° auf
                              									1° C. zu erwärmen. Bei höheren Temperaturen ist die Flüssigkeitswärme etwas
                              									größer.)
                           2) Es muß die Anziehungskraft der kleinsten Theile auf einander überwunden werden, es
                              									muß die Flüssigkeit in Gasform gebracht werden. Hierzu ist eine sehr beträchtliche
                              										(„innere latente“) Wärmemenge erforderlich, welche
                              									innerhalb der Grenzen, mit welchen wir es zu thun haben, im Mittel 450 Calorien
                              									beträgt und bei hohen Temperaturen geringer ist, wie bei niedrigen.
                           3) Jeder Temperatur t₂ des sich entwickelnden
                              									Dampfes entspricht eine ganz bestimmte Spannung P₂ und ein ganz bestimmtes Volumen v₂. Indem das Wasser sich unter diesem Druck zu diesem Volumen
                              									ausdehnt, wird eine gewisse Arbeit und zu deren Verrichtung eine gewisse
                              										(„äußere latente“) Wärmemenge aufgewendet. Davon wird bei
                              									Maschinen ohne Condensation ein Theil zur Ueberwindung des Gegendruckes der
                              									Atmosphäre verbraucht und zwar, da pro Quadratmeter der
                              									atmosphärische Druck 10334 Kil. beträgt und da jeder Wärmeeinheit eine Arbeit von
                              									424 Met. Kil. entspricht, ein Theil: 10334/424 (v₂ – v₀), oder = 24,373 (v₂ – v₀) wenn v₀ das ursprüngliche
                              									(Wasser-) Volumen (in Kubikmetern bezeichnet. Der Rest p₂/424 (v₂ – v₀) – 24,373 (v₂ – v₀) wird als
                              									Nutzarbeit an den Kolben abgegeben.
                           Von der Summe dieser drei Wärmemengen, von der „Gesammtwärme“
                              									Q wird nun folgender Theil Q₁ thatsächlich in der Maschine in mechanische Arbeit umgewandelt.
                              									Expandirt der Dampf vom Volumen v₂ auf v₁, und von der Temperatur t₂ auf t₁, mit welcher er die
                              									Maschine verläßt, so wird ad 1) ein Theil t₂ – t₁
                              									der vorhin angewendeten Flüssigkeitswärme in (Expansions-) Arbeit verwandelt,
                              									wovon wieder ein Theil, nämlich 24,373 (v₁
                              									– v₂) zur Ueberwindung des atmosphärischen
                              									Druckes verbraucht wird, so daß: (t₂ – t₁) – 24,373 (v₁ – v₂) oder genauer
                              										(q₂ – q₁) – 24,373 (v₁ – v₂) für die Nutzarbeit verbleibt.
                           Da der Dampf im gasförmigen Zustande die Maschine verläßt, so wird ad 2) die „innere latente“ Wärme
                              									ganz von ihm als Wärme mit fortgenommen.
                           Endlich ad 3) haben wir bereits gesehen, daß von der
                              										„äußeren latenten“ Wärme der Theil p₂/424 (v₂ – v₀) – 24,373 (v₂ – v₀) dem in der
                              									Maschine beabsichtigten Zwecke zugeführt wird.
                           Der Theil Q findet sich also:
                           Ql =
                              										(q₂ – q₁) + p₂/424 (v₂ – v₀) – 24,373
                              										(v₁ – v₀)
                           oder da v₀ gegen v₁ und v₂ sehr
                              									klein ist:
                           Q₁ = q₂ – q₁ + 1/424 p₂v₂ –
                              									24,373 v₁.
                           Nehmen wir die einer Maschine ohne Kondensation entsprechenden Verhältnisse an, so
                              									daß wir die Expansion nur bis zu t₁ –
                              									100° C. führen können, so ergeben sich für verschiedene Kesseltemperaturen
                              										t₂ und bei einer Speisewassertemperatur t₀ = 0° C. die in Tab. I
                              									zusammengestellten Werthe:
                           Tabelle I.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 196, S. 278
                              Kessel-Temp.; Spannung in
                                 										Atm.; Gesammtwärme; Volum. pro Kil. in Kub.-Met.;
                                 										Flüssigkeits-Wärme; Innere latente Wärme; Aeußere latente Wärme; In
                                 										Nutzarbeit umgewandelte Wärme
                              
                           
                           Also, um das in Dampf verwandelte Wasser arbeiten zu lassen, sind wir genöthigt eine
                              									Zustandsänderung mit demselben vorzunehmen, welche die ganze „innere
                                 										latente Wärme“ und einen beträchtlichen Theil der „äußeren
                                 										latenten Wärme“ (nämlich pro Kubikmeter
                              									Volumvergrößerung 34,373 Cal.) für sich in Anspruch nimmt, ganz abgesehen von der in
                              									Nutzarbeit umgewandelten Wärmemenge. Außerdem bleibt ein Theil der Flüssigkeitswärme
                              									an den Dampf gebunden, weil wir mit der Expansion nicht bis zur ursprünglichen
                              									Temperatur heruntergehen konnten.
                           Wie verhält es sich nun bei Anwendung der atmosphärischen Luft?
                           Um die Luft durch Wärme zu spannen, haben wir ihr pro
                              									Kubikmeter und Temperaturgrad eine gewisse Wärmemenge c
                              									= 0,21786 Cal zuzuführen.
                           Denken wir uns in einem Cylinder einen Kubikmeter Luft eingeschlossen, und führen wir
                              									derselben bei constantem Volumen Wärme zu, so wird neben einer Zunahme der
                              									Temperatur von t₀ auf t₂ der Druck p₀ auf P₂ anwachsen.Nach: p₂/p₀ = (273 + t₂)/(273 + t₀) = T₂/T₀          
                                    											1.) Lassen wir die so gespannte Luft arbeitverrichtend expandiren, bis ihr Druck
                              									auf p₁ zurückgegangen ist, so wird hierbei das
                              									Volumen von v₀ = Kub.-Met. auf v₁ Kub.-Met. wachsen,Nach: v₁/v₀ = (p₂/p₂)0,7092                                   
                                    											2.) und die Temperatur von t₂ auf t₁ sinken.Nach: T₂/T₁ = (273 + t₁)/(273 + t₂) = (p₂/p₁)0,2908   3.)
                              								
                           Hierbei wird ein Theil (t₂ – t₁) c der vorhin
                              									zugeführten Wärme Q = (t₂ – t₀) c in Arbeit verwandelt, und zwar dienen wie beim Dampf
                              									24,373 Cal. pro Kubikmeter Volumvergrößerung, also:
                              									24,373 (v₁ – v₀) Cal. zur Ueberwindung der von dem Arbeitskolben zurückgedrängten
                              									Atmosphäre, so daß für die Nutzarbeit verbleibt das Aequivalent der Wärmemenge Q₁ = c (t₂ – t₁) – 24,373 (v₁ – v₀). Die zur Ueberwindung der Atmosphäre, also
                              									zur Zustandsänderung der Luft erforderliche, der Nutzarbeit aber nicht zu Gute
                              									kommende Wärmemenge können wir auch als „latente“ Wärme
                              									bezeichnen und ansehen. Hatte die Luft wieder eine Anfangstemperatur t₀ = 0° C. und wird die Expansion bis zum
                              									Drucke p₁ = p₀
                              									= 1 Atm. geführt, so ergeben sich für verschiedene Temperaturen t₂ die in Tab. II. zusammengestellten Werthe:
                           
                           Tabelle II.
                           Luft ohne Compression.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 196, S. 280
                              Kessel-Temp.; Zugeführte
                                 										Wärme; Größte Spannung in Atm.; Volumen nach der Expansion; Latente Wärme: In
                                 										Nutzarbeit verw. Wärme
                              
                           Wir ersehen hieraus zunächst: wie bei der Dampfmaschine neben der latenten Wärme ein
                              									Theil der Flüssigkeitswärme unverwandelt zurückbleibt, so bleibt hier an die Luft
                              									neben der latenten Wärme von 24,373 (v₂ –
                              									1) Calor. ein Theil der thermometrisch nachweisbaren
                              										„Luftwärme,“ (wenn ich mich so ausdrücken darf) zurück,
                              									welcher noch beträchtlicher ist, wie dort. Denn bei der Expansion von t₂ = 180º bis zum atmosphärischen Druck
                              									erreicht der Dampf die Temperatur t₁ =
                              									100º, die Luft t₁ – 117,35º.
                              									Wir sehen auch, daß die Dampfmaschine in diesem Falle 13,3 Proc., die Luftmaschine
                              									nur 7,6 Proc. der zugeführten Wärme in Arbeit verwandelt, und daß wir die Luft auf
                              									400º erwärmen müßten, um den gleichen Effect zu erzielen. Wir befolgen nun
                              									aber zweierlei Mittel, um die Endtemperatur t₁
                              									herabzumindern. Das erste dieser beiden – in den calorischen Maschinen
                              									thatsächlich angewendeten – Mittel ist die Compression vor oder bei der Erwärmung. Durch die Reduction des Luftvolums
                              									ermöglichen wir die Expansion bis zu einer Temperatur zu führen, welche zwar niemals
                              									unter die ursprüngliche sinken kann, derselben sich jedoch beträchtlich mehr nähert,
                              									als bei der Maschine ohne vorhergehende Compression. Tabelle III zeigt, wie sich
                              									unter sonst gleichen Verhältnissen die Resultate denen der Tabelle II gegenüber
                              									verändern.
                           Es werde zunächst 1 Kub.-Met. Luft durch Compression auf 2 Atm. gespannt.
                              									Dabei steigt die Temperatur von t₀ = 0º
                              									auf t¹ = 61º,Nach Formel 3.) das Volumen wird auf v¹ = 0,61162
                              										reducirt.Nach Formel 2.) Die hierzu nöthige Arbeit wird natürlich in Wärme umgewandelt und läßt sich
                              									ausdrücken durch: 424 q Cal., wenn Q die Wärmemenge ist, welche zugeführt werden mühte, um
                              									die gleiche Temperaturerhöhung zu bewirken. Von dieser Compressionsarbeit ist aber
                              									ein Theil durch die Atmosphäre übernommen worden, indem sich dieselbe bei der Reduction unseres
                              									Luftvolums unter dem Druck von 10334 Kil. pro
                              									Quadratmet, ausdehnen konnte. Sie hat also, in Wärme ausgedrückt, dazu beigetragen:
                              									24,373 Cal. (1 – v¹). Setzen wir voraus,
                              									daß wir diese Leistung der Luft nachher anrechnen werden, wenn wir sie unter
                              									gleichem Druck bei der Expansion zurückdrängen müssen, so ist: q = c (t¹ – t₀).
                           Nun führen wir eine Wärmemenge Q zu, welche die
                              									Temperatur auf t₂ bringt, so daß der Druck auf
                              										p₂ wächst. Lassen wir dann bis auf
                              									atmosphärischen Druck expandiren, so sinkt die Temperatur auf t₁ und das Volumen wächst auf v₁. Hierbei geht eine Wärmemenge c (t₂ – t₁) in Arbeit über, zum Theil in Nutzarbeit, zum Theil zur Ueberwindung
                              									des atmosphärischen Druckes. Der letztere Theil ist mit Einrechnung der vorhin
                              									besprochenen Leistung: 24,373 (v₁ – v₀).
                           Ziehen wir von c (t₂
                              									– t₁) das Aequivalent der
                              									Compressionsarbeit c (t₁ – t₀) und die latente
                              									Wärme 24,373 (v₁ – v₀) ab, so erhalten wir den in Nutzarbeit verwandelten Theil Q₁ von Q, welcher
                              									beträgt:
                           Q₁ = c (t₂ – t¹ – t₁) – 24,373
                              										(v₁ – 1).
                           Tabelle III.
                           Luft mit Compression.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 196, S. 281
                              Latente Wärme
                              
                           Die Tabelle zeigt thatsächlich eine energische Wirkung der Compression auf die
                              									Endtemperatur der Expansion und in Folge davon auf das Verhältniß Q₁/Q Immerhin aber
                              									bleibt t, besonders bei hohen Temperaturen t₂ beträchtlich über t₀ stehen.
                           Das zweite Mittel, dessen man sich bedienen kann, um diejenige Wärmemenge wenigstens
                              									theilweise in Arbeit zu verwandeln, welche dem Motor nach der Expansion bis zum atmosphärischen Drucke
                              									noch innewohnt, ist die directe Abkühlung, wie wir sie in
                              									den Condensations-Dampfmaschinen und in den
                              										„geschlossenen“ calorischen Maschinen angewendet finden.
                              									Hier substituirt sich der abgekühlte Motor vor dem Kolben der Atmosphäre. Wir
                              									vermögen die Expansion bis zur Kühltemperatur zu führen und den Gegendruck vor dem
                              									Kolben zu reduciren. Setzen wir constante Kühltemperatur voraus, so wird bei Dampf
                              									diese Reduction auf einen constanten (Condensator) Druck, bei Luft aber auf einen
                              									mit dem Volumen veränderlichen Druck stattfinden. Nehmen wir fernerhin an, wir seyen
                              									im Stande als Kühltemperatur, also auch als Expansionsgrenze, die Anfangstemperatur
                              									herzustellen, so wird beim Zurückgang des Kolbens selbstverständlich gerade in dem
                              									Momente die ursprüngliche Spannung wieder eintreten, in welchem die Luft auf ihr
                              									ursprüngliches Volumen zurückgedrängt ist, da ja durch Temperatur und Dichtigkeit
                              									die Spannung eines Gases bestimmt ist. Wollen wir diese Verhältnisse wieder durch
                              									Zahlen veranschaulichen, so haben wir in Bezug auf den Dampf in unsere
                              										GleichungIn welcher Gleichung hier der Einfluß des Wassergehaltes im Dampfe der
                                    											Einfachheit wegen vernachlässigt ist. zur Bestimmung der in Nutzbarkeit verwandelten Wärme (S. 278): Q₁ = q₂
                              									– q₁ + p₂v₂/424 – p₁v₁/424 die
                              									der Condensatortemperatur entsprechenden Werthe von q₁, p₁ und v₁ einzusetzen. Bezüglich der Luft haben wir einerseits das
                              									Aequivalent der Expansionsarbeit c (t₂ – t₁) ebenfalls auf die Kühltemperatur t₁ zu beziehen und andererseits wird der Ausdruck für die
                              									Gegendruckarbeit: 10334 (v₁ – v₀) übergehen in denjenigen für die Arbeit welche
                              									zur Volumverminderung der abgekühlten Luft erforderlich ist. Diese findet sich nach
                              									dem Mariotte-Gay-Lussac'schen Gesetze: p₀v₀ log nat v₁/v₀
                              									Somit wird der Theil der zugeführten Wärme, welcher in unserer geschlossenen
                              									calorischen Maschine in Arbeit verwandelt wird, sich finden: Q₁ = c (t₂ – t₁) – p₀v₀/424 und
                              									wenn vor der Wärmezuführung die Luft auf die Temperatur t¹ comprimirt wird:
                           Q₁ = c (t₂ – t¹) – p₀v₀/424 log nat
                                 										v₁/v₀ 
                           Nehmen wir beispielsweise an, wir seyen im Stande im Kühlraume sowohl einer
                              									Dampfmaschine, als auch einer geschlossenen calorischen Maschine durch Kühlwasser
                              									eine Temperatur von 46° C. herzustellen, setzen wir also t₀ – t₁
                              									– 46° C. und wieder v₀ = 1
                              									Kubikmeter und bei Luft p₀ = 1 Atm. so wird für
                              									Dampf, da 46° C. einer Condensatorspannung von 1/10 Atm. entsprechen:
                           Q₁ = q₂ – q₁ + p₂v₂/424
                              									– 2,4373 v₁ 
                           und für Luft:
                           Q₁ = c (t₂ – t¹) – 24,273 log nat v₁ 
                           In der letzteren Gleichung ist c (t₂ – t¹) der Ausdruck für
                              									die zugeführte Wärme (wobei für Maschinen ohne Anfangscompression t¹ = t₁ ist),
                              									24,373 log nat v₁ aber ist die Wärmemenge welche
                              									der Luft beim Rückgang des Kolbens direct durch Abkühlung zu entziehen ist, da
                              									selbstverständlich, um die Temperatur constant zu erhalten, gerade das Aequivalent
                              									der aufgewendeten Compressionsarbeit weggeführt werden muß. Es bietet somit das
                              									Verhältniß dieser beiden Größen, wie es in der nachstehenden Tabelle
                              									zusammengestellt ist, unmittelbar eine Anschauung über das Maaß, in welchem in
                              									unserer Maschine die zugeführte Wärme theilweise in Arbeit verwandelt wird,
                              									theilweise aber als Wärme abziehen muß.
                           Tabelle IV.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 196, S. 283
                              Höchste Temp.; Zugeführte Wärme;
                                 										Volumen nach der Expansion Kub.-Met.; In das Kühlwasser über gehende
                                 											Wärme; In Nutzarbeit verwandelte Wärme; Dampf;
                                 										Luft ohne Compression vor der Wärmezuführung; Luft mit Compression vor der
                                 										Wärmezuführung
                              
                           Die letzte Columne dieser Tabelle, wie auch der Tabellen I, II und III, stellt das
                              									jenige Verhältniß der in Nutzarbeit verwandelten zur gesammten zugeführten Wärme
                              									dar, welches nach der (von Zeuner zuerst ausgesprochenen)
                              									Anschauung, von welcher wir ausgegangen sind, als das überhaupt zu erreichende
                              									Maximum zu betrachten ist. Daß unser Werth Q₁/Q, welcher das gleiche (effective) Verhältniß für die
                              									unserer Betrachtung zu Grunde gelegten Maschinen darstellt, jenes Verhältniß (T₂ – T₁)/T₂ nirgends erreicht hat,
                              									rührt daher, weil die in diesen Maschinen vor sich gehenden Processe nicht die
                              									günstigsten sind. Es dürfte am Platze seyn, hier nebenbei die AntwortZeuner, Grundzüge der mechanischen Wärmetheorie,
                                    											S. 209. auf die Frage mitzutheilen, bei welcher Art von Ausnutzungsproceß die ganze
                              									disponible Arbeit gewonnen werden könnte, welcher Proceß als der vollkommene zu
                              									betrachten sey. Es ist als solcher derjenige Proceß gefunden worden, welcher sich
                              									aus folgenden vier Theilen zusammensetzt:
                           1) Kompression von der Temperatur T₁ bis zur
                              									Temperatur T₂ ohne Wärme-Zuführung oder
                              									Entziehung.
                           2) Volumvergrößerung unter Zuführung der Wärmemenge Q bei
                              									constanter Temperatur T₂.
                           3) Expansion ohne Wärme-Zuführung oder Entziehung von der Temperatur T₂ bis zur Temperatur T₁.
                           4) Volumverminderung unter Entziehung der Wärmemenge Q
                              									bei constanter Temperatur T₁ bis zum ursprünglichen Volumen.
                           Würde in einer Wärmekraftmaschine genau in dieser Art der Proceß vorgenommen, so wäre
                              									der calorische Wirkungsgrad (also der Wirkungsgrad ohne Berücksichtigung der äußeren
                              									Widerstände) = 1, die geleistete Arbeit also = 424 Q
                              										(T₂ – T₁)/T₂ 
                           ––––––––––
                           Das Vorstehende mag zur Erklärung der Thatsache genügen, daß Luft, welche innerhalb
                              									derselben Temperaturgrenzen arbeitet wie Dampf, keineswegs eine bessere Verwerthung
                              									der Wärme zu erzielen gestattet. Wir ersehen aus den Tabellen sehr wohl, wo die
                              									Wärme hinkommt die nicht in Arbeit verwandelt wird. Ein großer Theil (die der
                              									Temperatur t₁ entsprechende Wärme) bleibt in den
                              									offenen Maschinen als Luftwärme an die Luft gebunden, ein anderer Theil 24,373 (v₁ – v₀) ist latent, d.h. ist zur Ueberwindung des Gegendruckes, also zu
                              									einer Arbeitsleistung verwendet worden, die der Maschine nicht zu Gute kommt. Bei
                              									den geschlossenen Maschinen aber sehen wir unmittelbar jenen Theil Q₂ als Wärme in das Kühlwasser übergehen. Wir
                              									ersehen ferner, daß der nicht in Arbeit verwandelte Theil der zugeführten Wärme
                              									nicht geringer ist als der unverwandelte Theil der Wärme in der Dampfmaschine, und
                              									daß es ein Vorurtheil und ein Irrthum ist, anzunehmen, die latente Wärme des Dampfes
                              									verursache einen ganz besonderen, nur dem Dampfe eigenthümlichen Verlust bei der
                              									Umwandlung von Wärme in Arbeit, und die Luft sey deßhalb „ein wirksameres
                                 										Agens“ als der Dampf.
                           
                           Also nur in sofern als man in den Heißluftmaschinen höhere Temperaturen angewendet
                              									hat, als es bei Benutzung des gesättigten Dampfes mit Rücksicht auf die zu
                              									bedeutende Druckzunahme desselben möglich ist, nur in sofern durfte man von den
                              									Heißluftmaschinen eine vollkommenere Ausnutzung der Wärme erwarten, als bei den
                              									Dampfmaschinen. Nun läßt sich aber auch dasselbe erreichen, wenn man den Dampf
                              									getrennt vom Wasser erwärmt, d.h. denselben überhitzt und es hat dann der
                              									Wasserdampf zwei wesentliche Vorzüge vor der atmosphärischen Luft, einmal: daß man
                              									im Dampfkessel ein Kraftmagazin besitzt, was für die Gangverhältnisse und Regulirung
                              									der Kraftmaschinen von größter Wichtigkeit und in vielen Fällen unentbehrlich ist,
                              									und zweitens: daß der Dampf sich sehr leicht abkühlen läßt, nämlich momentan durch
                              									bloßen Contact mit Wasser.
                           Es würde also die Anwendung des überhitzten Dampfes die beiden Vorzüge vereinigen: 1)
                              									ohne übermäßige Spannung eine hohe Temperatur t₂
                              									zu ermöglichen, 2) durch Kondensation eine niedrige Expansionstemperatur t₁ zu erreichen.
                           Der einzige Grund, welcher schließlich in denjenigen Fällen wo ein Kraftmagazin
                              									entbehrlich ist, für die Anwendung der atmosphärischen Luft als calorischen Motors
                              									geltend gemacht werden könnte, ist die Sicherheit gegen Explosionsgefahr und die
                              									Unabhängigkeit von der zum Anheizen des Dampfkessels erforderlichen Zeit. Und selbst
                              									diesen Bedingungen vermöchte der Wasserdampf zu genügen, wenn man ihn unter
                              									atmosphärischer Spannung erzeugte und in einem vom Kessel isolirten Raume
                              									überhitzte. Dieser Ueberhitzung würde der Wasserdampf keine größeren Schwierigkeiten
                              									entgegensetzen, als die atmosphärische Luft. Die Conservirung der Gefäßwände sowohl,
                              									wie die Schmierung der Kolben und Schieber bereiten in beiden Fällen bei hohen
                              									Temperaturen gleiche Verlegenheiten.
                           Wenn somit selbst für sehr hohe Temperaturen der atmosphärischen Luft kaum ein Vorzug
                              									vor dem Wasserdampf eingeräumt werden kann, so ist es sicherlich als eine Verirrung
                              									zu bezeichnen, wenn bei den „Luft-Dampfmaschinen“ in
                              									einen Dampfkessel Luft comprimirt werden will, welche gemeinschaftlich mit dem Dampf
                              									arbeiten soll. Da in diesem Falle Dampf und Luft bei gleicher Temperatur arbeiten,
                              									so kann von einer Verbesserung des Ausnutzungsprocesses doch wahrlich keine Rede
                              									seyn. Außerdem ist weder die Explosionsgefahr, noch die zum Anheizen erforderliche
                              									Zeit reducirt, im Gegentheile wird die erstere sehr bedeutend gesteigert. Es sieht
                              									allerdings so aus, als hätten diejenigen, welche die Warsop'sche Maschine gebaut, geprüft, beschrieben und gepriesen haben, keine Vorstellung von
                              									dem wahren Zustande gehabt, in welchem beide Motoren in dem Kessel sich befinden und
                              									durch den Arbeitscylinder hindurchgehen. So wird z.B. von Eaton in seinem Vortrage in der British
                                 										Association (a. a. O.) der kräftige Einfluß der in den Kessel eingepumpten
                              									Luft auf die Verdampfung folgendermaßen dargelegt: „Ein Versuch, welcher
                                 										wiederholt angestellt worden sey, habe diese Ansicht durchaus bestätigt. Man
                                 										lasse nämlich die Maschine unter Dampf laufen, so wird das Manometer bei fast
                                 										auslöschendem Feuer stark sinken. Wenn man nun aber die Luftpumpe in Betrieb
                                 										setzt, so wird das Manometer wieder im Verlaufe einiger Minuten steigen und
                                 										damit eine beträchtliche Zeit fortfahren, während die Maschine ihre Arbeit wie
                                 										vorher verrichtet, nachdem sie einen Augenblick lang in Folge des durch
                                 										Einrücken der Luftpumpe vergrößerten Widerstandes gestockt hat. Dieses Resultat
                                 										zeigt unzweifelhaft, daß die Verdampfungsfähigkeit des Kessels durch die
                                 										Zuführung der Luft alsbald vergrößert wurde, und diese Vergrößerung der
                                 										Verdampfungsfähigkeit erfolgte ohne Wirkung des Feuers.“ Daß Luft und
                              									Dampf je eine der gemeinsamen Kesseltemperatur entsprechende, unter sich aber
                              									verschiedene Spannung annehmen, deren Summe durch das
                              									Manometer angezeigt wird und auf den Kolben wirkt, scheint man sich nicht klar
                              									gemacht zu haben.
                           Verfolgen wir kurz die Vorgänge in den Maschinen, wie sie bisher zu den Versuchen
                              									gedient haben. Im Dampfkessel wurde ein Manometerdruck von 3 bis 4 Atm. hergestellt.
                              									Eine mit der Dampfmaschine in Verbindung stehende Luftpumpe comprimirte die Luft auf
                              									diesen Druck. Dann wurde dieselbe durch einen Raum geleitet, in welchem sie zunächst
                              									vom abziehenden Dampf Wärme aufnehmen sollte, während sie doch durch die Compression
                              									ungefähr dieselbe Temperatur bekommen haben mußte, wie sie der Dampf vor dem Eintritt in den Dampfcylinder gehabt hatte!
                              									Weiterhin wurde sie durch die aus dem Feuerraume abziehenden Gase erwärmt, trat in
                              									den Wasserraum des Kessels, stieg durch das Wasser unter Wärmeabgabe in den
                              									Dampfraum und nahm die ihrer reducirten Temperatur und ihrem Volumen entsprechende
                              									Spannung an. Die Wassertemperatur aber war natürlich abhängig von der Summe der sie
                              									belastenden Spannungen einerseits des Dampfes, andererseits der comprimirten Luft.
                              									Da somit die Spannung des Dampfes eine geringere seyn mußte, als diejenige des
                              									gesättigten Dampfes von gleicher Temperatur, so befand sich
                                 										der Dampf in überhitztem Zustande. Dabei war die Kesseltemperatur also
                              									dieselbe, welche in jedem Dampfkessel herrscht, welcher unter demselben
                              									Manometerdruck steht.
                           Den Resultaten der angestellten Versuche wird von den Berichterstattern die Bedeutung eines Beweises für
                              									die Verbesserung der Dampfmaschinen durch Combination mit dem Warsop'schen Apparate beigelegt. Das günstigste unter den verzeichneten
                              									Resultaten ergab einen Steinkohlenverbrauch von 5,9 Pfd. pro Stunde und Pferdestärke, während die Maschine mit reinem Dampfe
                              									arbeitend unter sonst gleichen Verhältnissen 7,52 Pfd. consumirt habe.
                           Nun kann aber ein solcher Brennmaterialverbrauch an und für sich doch sicherlich
                              									nicht als ein Beweis für eine Verbesserung der Dampfmaschinen im Allgemeinen
                              									angesehen werden, da ja gut gebaute und betriebene Dampfmaschinen mit der Hälfte
                              									ausreichen.
                           Aus der relativen Verbesserung der Versuchsmaschine scheint uns aber nur
                              									hervorzugehen, daß dieselbe mit einem unvollkommenen Heizapparat versehen war. Die
                              									Berichterstatter schreiben die erlangten günstigen Resultate „vorzugsweise
                                 										vier verschiedenen Ursachen zu: 1) daß die Luft als Träger der Wärme, dem
                                 										abziehenden Dampf und den Verbrennungsgasen die Wärme entzieht; 2) daß sie die
                                 										Circulation des Wassers im Kessel befördert; 3) daß sie bis zu einem gewissen
                                 										Grade die Kondensation des Dampfes in dem Cylinder und in den Dampfwegen
                                 										verhindert, und 4) daß sie aus den von Eaton
                                 										angegebenen Gründen ein ökonomischeres Bewegungsfluidum bildet als der
                                 										Wasserdampf.“
                              								
                           Es kann ad 1) und 2) sicherlich kein Zweifel darüber
                              									bestehen, daß der Wirkungsgrad einer Heizanlage dadurch erhöht wird, daß man den
                              									abziehenden Gasen Wärme entzieht und dieselbe dem Kessel zuführt. Ganz richtig sagt
                              									aber Colburn
                              									Im Engineering, August 1869, S. 144; polytechn.
                                    											Journal Bd. CXCIV S. 386. bezüglich dieses Punktes: „Setzen wir den Fall, daß die
                                 										angewendeten Maschinen für Dampf von 100 bis 120 Pfd. Druck per Quadratzoll berechnet seyen, so würde bei
                                 										denselben unter Anwendung des Warsop'schen
                                 										combinirten Systemes die durch die Compression der Luft erzeugte Wärme so groß
                                 										seyn, daß die Temperatur der letzteren nicht bloß jene des abziehenden Dampfes,
                                 										sondern auch jene der Verbrennungsgase in den Heizcanälen des Kessels
                                 										übertreffen würde, so daß es unmöglich wäre die Luft als Uebertrager der Wärme
                                 										benutzen zu können.“ Also nur eine schlechte Heizanlage, bei welcher
                              									die abziehenden Heizgase eine sehr hohe Temperatur haben, kann durch unseren
                              									Luftapparat verbessert werden.
                           Was sodann den Einfluß der Luft auf die Verhinderung der Condensation betrifft, so
                              									führt uns derselbe auf einen Punkt, den wir besprechen müssen. Bei den Versuchen
                              									ergab sich anfangs, als die Luft in einem Volumverhältniß von 43 Proc. dem Dampf
                              									zugesetzt worden war, ein vermehrter Brennmaterialaufwand gegenüber dem Betriebe mit
                              										reinem Dampfe und
                              									erst als der Zusatz jenes „besseren Trägers der Wärme“ auf 10
                              									Proc. reducirt worden war, erhielt man das oben angegebene Resultat. Also je weniger
                              									Luft, desto besser war die Wirkung! Die 10 Proc. Luft aber brachten aus dem Kamine
                              									so viel Wärme mit, daß sie die aus der Compressionsarbeit hervorgehenden Verluste
                              									überwogen. Aus dem Quantitätsverhältniß läßt sich nun auch das Spannungsverhältniß
                              									bestimmen. Das Quantitätsverhältniß 1/10 ergibt aber einen verhältnißmäßig sehr
                              									geringen Druck der Luft gegenüber dem Dampfdruck. Was wird die Folge seyn? Bei der
                              									Expansion wird die Temperatur der Luft rascher abnehmen, als die des Dampfes; es
                              									wird also gerade das Entgegengesetzte von dem oben für die Luft Vorgebrachten
                              									geschehen. Dagegen ist zu beachten, daß der Dampf in überhitztem Zustande sich
                              									befindet, so daß er eine Abkühlung verträgt, ohne sofort zu condensiren; es ist zu
                              									beachten, daß der ganze Warsop'sche Kessel ein Ueberhitzungsapparat ist, was den Berichterstattern, wie
                              									aus ihren Calculationen geschlossen werden muß, unbekannt geblieben ist.
                           Die Annahme ad 4) endlich, daß die Luft ein
                              										„ökonomischeres Bewegungsfluidum“ sey, als der Wasserdampf,
                              									gehört, wie wir gesehen haben, in das Reich der Fabel.
                           Eaton beabsichtigt mit einer
                              									Hochdruck-Dampfmaschine ersten Ranges, sowie mit einer Condensationsmaschine,
                              									weitere Versuche anzustellen. Solche Versuche sind an und für sich gewiß nur zu
                              									begrüßen, nur möchte man wünschen, daß die Experimentatoren mit etwas mehr Klarheit
                              									und richtiger Erkenntniß der dabei in Betracht kommenden Fragen ausgerüstet seyn
                              									möchten, als sie bisher in der Sache an den Tag gelegt worden sind.
                           Im Engineering vom 19. November 1869 befindet sich die
                              									Darstellung und Beschreibung einer „pneumatischen Locomotive“
                              									von Fox, Walker und Comp., bei
                              									welcher ebenfalls comprimirte Luft in den Dampfkessel gepumpt werden soll. Es
                              									unterscheidet sich dieses Project von der Warsop'schen Maschine total dadurch, daß
                              									die Luft in die geschlossene Feuerkiste gepumpt wird, dort die Verbrennung flüssigen
                              									Brennmateriales (Kreosot und ähnliche kohlenwasserstoffhaltige Stoffe) bewirkt, so
                              									daß in den Dampfraum direct die Gesammtheit der Verbrennungsproducte tritt. Hier hat
                              									also das Einpumpen der Luft einen ganz anderen Sinn. Engineering spricht von Versuchen, welche mit einer derartigen Locomotive
                              									angestellt werden sollen. Es wäre die Ausführung dieses Projectes bekanntlich die
                              									Realisirung eines auch bei uns in Deutschland (besonders durch Dählen) schon vor längerer Zeit viel besprochenen und gehegten
                              									Gedankens.