| Titel: | Regulator zur Erzielung constanter Temperaturen beim Heizen mit Leuchtgas, zur Benutzung in chemischen Laboratorien; von Th. Schlösing. | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XCIII., S. 312 | 
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                        XCIII.
                        Regulator zur Erzielung constanter Temperaturen
                           								beim Heizen mit Leuchtgas, zur Benutzung in chemischen Laboratorien; von Th. Schlösing.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, 4. série, t. XIX p. 205; Februar
                              								1870.
                        Mit Abbildungen.
                        Schlösing's Temperatur-Regulator für die Gasheizung in
                           								Laboratorien.
                        
                     
                        
                           Die Wärmeregulatoren sind allgemein auf das Princip der Ausdehnung gewisser
                              									gasförmiger, flüssiger oder fester Körper gegründet; durch besondere mechanische
                              									Vorrichtungen werden zwischen dieser Ausdehnung und der Wärmequelle, also zwischen
                              									Wirkung und Ursache, solche Beziehungen vermittelt, daß die Zunahme der einen eine
                              									Abnahme der anderen bedingt, und umgekehrt. Dadurch werden die
                              									Temperaturschwankungen zwischen gewisse Grenzen eingeschränkt; je enger diese
                              									Grenzen sind, desto mehr nähert sich der Apparat der Vollkommenheit. Zur Erzielung
                              									constanter Temperaturen in chemischen Laboratorien sind verschiedene Apparate
                              									empfohlen worden, auch einer bei welchem das Quecksilber eines Thermometers zum
                              									Schließen eines elektrischen Stromes dient, durch welchen ein Stück weiches Eisen in
                              									einen Magnet verwandelt und somit eine Kraft erzeugt wird, welche zum Reguliren
                              									eines Hahnes, eines Ventiles oder irgend einer anderen zur Modificirung der
                              									Wärmequelle dienenden Vorrichtung hinreicht.Man s. die Beschreibung des Apparates von O. Zabel
                                    											im polytechn. Journal Bd. CLXXXVI S.
                                       												202. Dieses System gestattet eine sehr große Genauigkeit; es ist aber vielleicht
                              									zu complicirt, um in einem Laboratorium, wo mehrere regulirte Heizungen gleichzeitig
                              									functioniren sollen, fortwährend benutzt zu werden. Bunsen hat einen einfacheren Regulator erfunden, welcher gleichfalls auf
                              									die Ausdehnung des Quecksilbers gegründet ist; im Anfange sehr empfindlich,
                              									verstopft derselbe sich jedoch nach einiger Zeit, und functionirt dann nicht mehr
                              									regelmäßig. Da ich mich schon seit vielen Jahren mit Untersuchungen über die Gährung
                              									des Tabaks, in geschlossenem Gefäße, bei bestimmten Temperaturen beschäftige, so
                              									hatte ich oft Veranlassung über die Construction von Regulatoren nachzudenken und
                              									erfand schließlich eine sehr einfache Vorrichtung, welche sich seit einem Jahre in
                              									den Tabakfabriken des Staates bewährt hat. Eine Beschreibung derselben wird für den Chemiker nicht ohne
                              									Interesse seyn.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 196, S. 313
                              
                           Wie bei dem Bunsen'schen Regulator wird auch bei meinem
                              									Instrumente der Zutritt des Gases durch die Ausdehnung des Quecksilbers regulirt.
                              									Der in dem Raume, dessen Temperatur constant erhalten werden soll, befindliche
                              									Quecksilberbehälter ist mit einem Rohre versehen, von welchem ich vorerst nur den
                              									äußeren Theil a, b (Fig.
                                 										1) berücksichtigen will; derselbe ist bei b
                              									durch ein über sein Ende gebundenes dünnes Kautschukplättchen geschlossen. Bei c ist ein verticaler Röhrenansatz c, d angelöthet, mit welchem ein bei e
                              									kugelförmig erweiterter Hahn R mittelst eines kurzen
                              									Kautschukrohres verbunden ist. Auf a, b ist mittelst
                              									eines Korkes ein mit zwei kurzen Röhren versehener Glasmuff f, g befestigt; die eine dieser Röhren h, k
                              									ist bei h angelöthet; die andere, knieförmig gebogene
                              										m, n geht mit geringer Reibung durch einen zweiten
                              									Korkstopfen hindurch. Das Ende m muß vor und sehr nahe
                              									an dem Kautschukplättchen sich befinden; das Rohr m, n
                              									steht mit einem Hahne der Gasleitung, und h, k mit einem
                              									Ofen oder sonstigen Verbrennungsapparate in freier Verbindung. Vor dem Heizen des
                              									betreffenden Raumes füllt das Quecksilber das Rohr a, b
                              									aus und steht in c, d bis d.
                           Soll nun der betreffende Raum erwärmt und auf einer constanten Temperatur erhalten
                              									werden, so öffnet man den Hahn R und läßt durch n, m Gas zuströmen; dasselbe tritt durch den zwischen
                              										b und m vorhandenen
                              									ringförmigen Spalt und gelangt von hier durch h, k in
                              									den Ofen, wo es verbrannt wird. Das Quecksilber dehnt sich aus, öffnet den Hahn und
                              									begibt sich in die kleine Kugel e. Wenn das in dem zu
                              									heizenden Raume befindliche Thermometer den gewünschten Temperaturgrad beinahe
                              									anzeigt, so schließt man den Hahn R. Alsdann kann sich
                              										das Quecksilber nur
                              									ausdehnen, indem es gegen das Kautschukplättchen preßt; dieses wölbt sich in Folge
                              									davon zu einer Kugelcalotte und tritt vor die Mündung des Rohres m, n, so daß die Breite des ringförmigen Spaltes
                              									vermindert und auf diese Weise der Zutritt des Gases zur Flamme durch die Ausdehnung
                              									des Quecksilbers regulirt wird.
                           Sobald man die Wärmequelle entfernt, d.h. die Gasflamme auslöscht, darf man nicht
                              									vergessen den Hahn R, zu öffnen, damit das nach e ausgetretene Quecksilber ungehindert zurückfließen
                              									kann, widrigenfalls hinter dem Kautschukplättchen ein luftleerer Raum entstehen und
                              									mit der Zeit Luft eindringen würde.
                           Bei einem derartigen Apparat ist kein Verschmutzen und Verstopfen zu befürchten.
                              									Jeder Chemiker, der ein Glasrohr an ein anderes anzulöthen versteht, kann sich
                              									diesen Apparat in kurzer Zeit selbst anfertigen. Auf diese Weise wird mein
                              									Trockenapparat mit Oelbad seit acht Monaten täglich regulirt und der Regulator
                              									arbeitet heute noch ganz so wie am ersten Tage. Mittelst desselben werden auch vier
                              									Wasserbäder von 40 bis 50 Liter Inhalt, in denen ich seit vier Monaten Tabak gähren
                              									lasse, auf Temperaturen von 35 bis 45° C. regulirt; während dieses ganzen
                              									Zeitraumes betrugen die Temperaturschwankungen nicht über 1/5 Grad.
                           Die vorstehende kurze Beschreibung genügt zum Verständniß der Wirkungsweise des
                              									Apparates. Aber der Gasdruck, die Dimensionen des ringförmigen Spaltes, die Größe
                              									und die Form des Quecksilberbehälters und der Inhalt des zu heizenden Raumes stehen
                              									offenbar in Relation mit den Temperaturdifferenzen, welche der Regulator
                              									verträgt.
                           Unter sonst gleichen Umständen sind diese Differenzen um so geringer, je größer das
                              									Volum des Quecksilberbehälters ist. Diesem Volum ist nämlich die Aufblähung des
                              									Kautschukplättchens proportional, von welcher die Breite des Spaltes abhängt. Die
                              									Differenzen werden ferner mit der Breite des Spaltes geringer, weil bei einer und
                              									derselben Temperaturschwankung die gleiche Ausdehnung der Membran eine relativ um so
                              									größere Veränderung des Spaltes veranlaßt, je enger dieser ist. Nun variirt aber die
                              									erforderliche Breite des Spaltes im umgekehrten Sinne des Gasdruckes und in dem
                              									gleichen Sinne wie der Gasverbrauch, d.h. wie die Größe des zu heizenden Raumes und
                              									die in demselben zu unterhaltende Temperatur. Die Genauigkeit eines Regulators nimmt
                              									also mit dem Drucke des Gases zu, vermindert sich aber in dem Maaße als die
                              									Temperatur steigt oder der zu heizende Raum größer wird.
                           Im Allgemeinen soll der Quecksilberbehälter möglichst empfindlich für
                              									Temperaturänderungen seyn. (Dieß ist aber nicht mehr nothwendig, wenn sich in dem zu
                              									heizenden Raume viel Wärme aufspeichert und in demselben nur langsame Temperaturveränderungen
                              									stattfinden.) Daher hat jener Behälter meistens die Form einer langen und engen, in
                              									verschiedener, dem zu regulirenden Apparate entsprechender Weise gebogenen Röhre.
                              									Vor seiner Füllung mit Quecksilber muß der Behälter möglichst gut ausgetrocknet
                              									seyn; kleine Luftblasen sind jedoch ohne merklichen Einfluß auf die Functionirung
                              									des Apparates, daher es ganz überflüssig wäre dieselben durch Erhitzen des
                              									Quecksilbers zum Kochen auszutreiben.
                           Was das zweckmäßigste Verhältniß zwischen dem Durchmesser des Kautschukplättchens und
                              									dem des Rohres m, n betrifft, so könnte man dasselbe
                              									durch Rechnung ermitteln. Ich habe vorgezogen einige vergleichende Versuche zu
                              									machen und bin bei dem Verhältnisse 3 : 2 stehen geblieben, ohne jedoch verbürgen zu
                              									können, daß dieses das beste ist. Uebrigens verliert diese Frage ihre Wichtigkeit
                              									durch die unten beschriebene sehr einfache Verbesserung, welche die Regulirung
                              									großen Gasverbrauches mit einer sehr geringen Quecksilbermenge gestattet.
                           Ich werde nun die Dimensionen und die Formen der von mir angewandten Regulatoren
                              									mittheilen.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 196, S. 315
                              
                           Trockenschrank mit Oelbad. – Der
                              									Quecksilberbehälter von 25 Kubikcentimeter Inhalt ist eine Röhre (Fig. 2), welche im Inneren des Oelgefäßes an einer
                              									Seitenwand angebracht ist und deren beide Enden durch eine Tubulatur a hindurchgehen; letztere ist mit einem aus Mandelkleie
                              									und Lehm angefertigten Kitt ausgefüllt; der Quecksilberbehälter hat keine andere
                              									Stütze als diese durch die Wärme erhärtete Verkittung. Das eine Ende b, c des Rohres ist aufwärts gerichtet und trägt den
                              									Hahn; das andere verlängert sich in horizontaler Richtung und trägt den Muff; das
                              									Kautschukplättchen hat 6 Millimet., die demselben gegenüberstehende Rohrmündung
                              									dagegen 4 Millimet. Durchmesser. Wenn das Thermometer 2 bis 3° unter der
                              									gewünschten Temperatur anzeigt, schließe ich den Hahn; der Ueberschuß der Temperatur
                              									des Oeles über die des Trockenraumes gleicht die Differenz aus. Die Breite, welche der Spalt haben,
                              									mu, wenn der Regulator den gehörigen Grad von Empfindlichkeit besitzen soll, lernt
                              									man in der Praxis bald kennen. Während des Tages wird die Temperatur auf nahezu 1
                              									Grad regulirt; gegen Abend, wenn der Gasdruck plötzlich von 2,5 auf 8 oder 9
                              									Centimet. steigt, erhöht sich die Temperatur um ungefähr 3°; diese Wirkung
                              									kann man aber durch Verengerung des Spaltes aufheben.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 196, S. 316
                              
                           Oelbäder. – Der Apparat hat dieselben Dimensionen
                              									wie der vorhergehende; als Quecksilberbehälter dient aber eine Spirale mit
                              									länglichen und nahe aneinander liegenden Windungen, welche mittelst eines unter
                              									diesen durchgehenden Platindrahtes in ihrer Stellung erhalten wird (Fig. 3). Ein Bad von 2 Liter Inhalt wird mit derselben
                              									Genauigkeit regulirt wie der Trockenschrank.
                           Große Wasserbäder. – Dieß sind Cylinder von 70
                              									Centimet. Höhe, in denen der Quecksilberbehälter hinlänglich Platz findet; ich gebe
                              									demselben 60 Kubikcentimeter Inhalt und bin, da die Temperatur nicht über 45°
                              									steigt, im Stande dieselbe, ungeachtet der täglichen Schwankungen des Gasdruckes,
                              									bis auf 1/5° zu reguliren.
                           Der im Vorstehenden beschriebene neue Regulator ist für die gewöhnlichen Bedürfnisse
                              									hinreichend. Schließlich will ich eine Abänderung dieses Apparates beschreiben,
                              									welche auch den strengsten Anforderungen entsprechen dürfte.
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 196, S. 316
                              
                           
                           Der Muff in Figur 1 wird durch einen Ballon mit vier
                              									Schenkeln (Fig. 4) ersetzt, welcher die Enden des
                              									Quecksilberbehälters und des Gaszuführungsrohres enthält; diese beiden sind aber
                              									durch eine kleine hölzerne Schaufel getrennt, deren Stiel im oberen Schenkel
                              									befestigt ist, und welche sich schwach an die Kautschukplatte anlehnt. Der
                              									Durchmesser des Gaszuleitungsrohres ist hierbei nicht mehr von demjenigen der
                              									Kautschukplatte abhängig; er kann größer seyn, und der Spalt, welcher an Umfang
                              									gewinnt, kann um eben so viel an Breite verlieren, bis er so eng wird, daß die
                              									geringste Ausdehnung des Quecksilbers welches gegen den Kautschuk und die Schaufel
                              									stößt, eine beträchtliche Aenderung des Gaszuflusses veranlaßt. Der Kautschuk wirkt
                              									hierbei durch die Spitze der Kugelcalotte, also durch den Punkt welcher am stärksten
                              									verdrängt wird. Die Schaufel ist auf der Seite der Oeffnung mit einer kleinen Nuth
                              									versehen, damit nicht ein zu genauer Contact das Gas auslöschen kann. Ein Regulator
                              									mit einem Quecksilberbehälter von 25 Kubikcentimeter Inhalt, welcher mit diesem
                              									neuen Muff versehen wurde, erhielt ein Oelbad von 8 Liter Inhalt zwischen 180 und
                              									181°, obgleich der Gasdruck zwischen 2,5 und 9 Centimeter schwankte.