Titel: | Ueber Fabrication von künstlichem Alizarin; von H. Caro, C. Gräbe und C. Liebermann. (Englisches Patent.) |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. XCVIII., S. 359 |
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XCVIII.
Ueber Fabrication von künstlichem Alizarin; von
H. Caro, C. Gräbe und C. Liebermann. (Englisches
Patent.)
Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu
Berlin, 1870, Nr. 7.
Gräbe und Liebermann, über Fabrication künstlichen
Alizarins.
Unsere Erfindung – patentirt in England am 25. Juni 1869Perkin hat einen Tag nach uns (den 26. Juni 1869) die unter a beschriebene Methode zur Darstellung von
künstlichem Alizarin in England gleichfalls patentirt. – ist eine Verbesserung der von Carl Liebermann und Carl Gräbe
unter dem 18. November 1808 (Nr. 3850) patentirten
Erfindung, welche die Darstellung künstlichen Alizarins auf die Wirkung caustischer
Alkalien auf Bibrom- und Bichloranthrachinon gründet. Wir haben gefunden, daß
man zu dem gleichen Resultat gelangt, wenn man in obigem Proceß Schwefelsäure an
Stelle des Chlors oder Broms anwendet. Man erhält so Anthrachinonsulfosäuren,
welche, mit caustischen Alkalien erhitzt, Alizarin liefern.
Zwei verschiedene Processe sind in dem obenerwähnten Patent zur Gewinnung gebromter
und gechlorter Anthrachinonderivate angegeben:
1) Unterwirft man Anthracen der Einwirkung oxydirender Mittel und behandelt das so
gewonnene Anthrachinon mit Brom oder Chlor.
2) Behandelt man zunächst Anthracen mit Brom und Chlor und unterwirft das Product
einem Oxydationsverfahren, bei dem man Bibrom- oder Bichloranthrachinon
erhält.
In ähnlicher Weise erhält man die Anthrachinonsulfosäuren, deren specielle
Darstellung folgende ist:
a) Ein Gewichtstheil Anthrachinon wird mit drei
Gewichtstheilen Schwefelsäure (von 1,848 spec. Gew.) in einer Retorte auf ungefähr
260° C. erhitzt, bis die Mischung kein Anthrachinon mehr erhält, was man
daran erkennt, daß eine Probe sich klar in Wasser löst. Nach dem Abkühlen wird mit
Wasser verdünnt, mit kohlensaurem Kalk neutralisirt, vom Gyps abfiltrirt und die
Lösung mit kohlensaurem Kali versetzt, bis aller Kalk ausgefällt ist. Die klare
Lösung wird zur Trockne abgedampft.
b) Ein Gewichtstheil Anthracen wird mit vier Theilen
Schwefelsäure (von 1,848 spec. Gew.) während einiger Stunden auf ungefähr
100° C. erhitzt, dann steigert man die Temperatur auf 150° und erhält
sie eine Stunde auf derselben. Nach dem Abkühlen verdünnt man mit ungefähr dem
dreifachen Gewicht Wasser und fügt auf einen Theil des angewandten Anthracens zwei
bis drei Theile Braunstein hinzu. Das Ganze wird einige Zeit gekocht. Um den Proceß
sicher zu vollenden, kann man die Mischung concentriren oder selbst bis zur Trockne
abdampfen. Die Schwefelsäure wird mit Kalk neutralisirt, durch einen Ueberschuß das
gelöste Mangan gefällt und zu dem Filtrat kohlensaures Kali oder Soda gesetzt, bis
aller Kalk ausgefällt ist. Die klare Lösung wird eingedampft.Die wissenschaftliche Ausarbeitung der aus Anthracen und aus Anthrachinon
entstehenden Sulfosäuren behalten wir uns für eine spätere ausführliche
Veröffentlichung vor.G. u. L.
Die so nach 1) oder 2) erhaltene Salzmasse wird mit ihrem doppelten bis dreifachen
Gewicht festen Aetzkalis oder Natrons in wenig Wasser gelöst und auf 180 bis
260° C. während einer Stunde oder so lange erhitzt, bis eine in Wasser
gelöste Probe, mit Säure übersättigt, einen reichlichen Niederschlag von Ulizarin
gibt. Man löst alsdann die Gesammtmasse in Wasser, versetzt mit Säure, sammelt das
ausgeschiedene Alizarin auf einem Filter und süßt mit Wasser aus.Bei dem Schmelzen der Anthrachinonbisulfosäuren mit Kali nimmt die Masse
zunächst eine schön blaue Farbe an, welche erst bei höherem Erhitzen in die
violette Farbe des alizarinsauren Kalis übergeht. Diese blaue Färbung rührt
von dem Kalisalz einer in Wasser löslichen Sulfosäure her, die wir in
Uebereinstimmung mit Perkin alsTextabbildung Bd. 196, S. 361zusammengesetzt ansehen. Wir behalten uns auch
hierüber genauere Angaben vor.G. u. L.
An Stelle von Mangansuperoxyd können andere Oxydationsmittel, wie Bleisuperoxyd,
Chromsäure, Salpetersäure, benutzt werden; wendet man Chromsäure an, so muß man den
nicht reducirten Theil derselben vor dem Kalkzusatz durch schweflige Säure zu
Chromoxyd verwandeln. Bei Anwendung von Salpetersäure dampft man das
Oxydationsgemisch so weit ab, bis die Salpetersäure zum größten Theil verjagt
ist.