Titel: Ueber Leduc's Verfahren zur Gewinnung von Trauben- und Aepfelwein vermittelst der Centrifugalkraft; Bericht von Alcan.
Fundstelle: Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CI., S. 365
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CI. Ueber Leduc's Verfahren zur Gewinnung von Trauben- und Aepfelwein vermittelst der Centrifugalkraft; Bericht von Alcan. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement August 1869, S. 461. Alcan, über Leduc's Verfahren zur Gewinnung von Trauben- und Aepfelwein. Hr. Leduc, Fabrikant zu Nantes, ist auf den Gedanken gekommen, zur Gewinnung des Trauben- und Aepfelsaftes die Pressung durch die Wirkung der Centrifugalkraft zu ersetzen.Versuche über Weinbereitung mit Centrifugalmaschinen statt mit Pressen, wurden schon im Jahre 1864 mit günstigstem Erfolge vom Fabrikbesitzer Adolph Reihten in Stuttgart angestellt; man sehe darüber polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 237.A. d. Red. Die Anwendbarkeit des neuen Verfahrens ist natürlich von den durch dasselbe erzielten Resultaten im Vergleich zu den mittelst der bisherigen Hülfsmittel erreichten bedingt; es war daher geboten, die frisch eingeernteten Früchte nach beiden Methoden gleichzeitig zu behandeln. Die betreffenden Versuche wurden im Auftrage der Société d'Encouragement im Herbste 1868 von Balard und mir abgeführt. Es mußten dabei folgende Punkte aufgeklärt werden: 1) Lassen sich die Früchte mittelst des Hydroextracteurs (der Schleudermaschine) bei richtiger Benutzung desselben eben so vollständig von ihrem Safte befreien, wie mit Hülfe der allgemein üblichen Preßvorrichtungen? 2) Hat das neue Verfahren einen besonderen Einfluß auf die Beschaffenheit der mittelst desselben gewonnenen Flüssigkeit? 3) Gewährt die Anwendung desselben Vortheile in ökonomischer Hinsicht, oder ist sie mit anderen, für die landwirthschaftlichen Gewerbe ersprießlichen Vorzügen verknüpft? Von Weintrauben wurde zu dem vergleichenden Versuche mit dem Preßverfahren eine Quantität von 713,1 Kilogrm. in Arbeit genommen. Die Beeren wurden zwischen zwei, am Boden eines Rumpfes umlaufenden hölzernen Walzen zerquetscht und gelangten dann in den Centrifugalapparat, d.h. die Trauben wurden oben in den Rumpf aufgegeben, im unteren Theile desselben zwischen zwei cannelirten Holzwalzen zerquetscht und in diesem zertheilten Zustande in die Schleudermaschine gebracht, welche nach gehöriger Beschickung in Bewegung gesetzt wurde. Das Schleudern ward mit demselben Materialtheile dreimal hintereinander wiederholt, um die Trauben gänzlich zu erschöpfen. Nach einer im Ganzen zweistündigen Arbeit hatten die Trester das Ansehen von fast ganz trockenen Ziegelsteinen. Es wurden auf diese Weise gewonnen: Most 564,30 Kilogrm. = 79,141 Proc. Trester 144,20     „ = 20,214    „ Verlust     4,60     „ =   0,645    „ –––––––––––––– Im Ganzen 713,100. Unmittelbar darauf wurden 673 Kilogrm. von derselben Lese nach dem älteren Systeme der Pressung unterworfen. Die Operation erforderte eine Zeit von beinahe siebzehn Stunden und es wurden, damit der Apparat das leistete, was er zu leisten im Stande ist, sieben Mann angewendet wo man gewöhnlich nur drei verwendet. Wir erhielten: Most 518 Kilogr. = 77,086 Proc. Trester 125     „ = 18,601    „ Verlust   30     „ =   4,313    „ –––––––––– Im Ganzen 673 Aus diesen Thatsachen dürfen wir schließen, daß der Traubensaft sich mittelst der Schleudermaschine mindestens ebenso gut und dabei rascher gewinnen läßt, als durch das bisher übliche Preßverfahren. Was die Qualität des Saftes anbelangt, so erleidet der mittelst des Pressens gewonnene in Folge seines langdauernden Filtrirens durch die comprimirten Rückstände eine Veränderung; sein Geruch und Geschmack verlieren immer mehr an Reinheit, je weiter die Operation vorschreitet, und zwar in solchem Grade, daß competente Weinkoster die hierdurch veranlaßte Entwerthung auf 15 bis 20 Frcs. per Faß schätzen, d.h. daß der Wein des zweiten Fasses 15 bis 20 Frcs. weniger werth seyn würde als der des ersten, vorausgesetzt, daß diese Schätzung überhaupt richtig ist. Beim Schleudern dagegen zeigen sich die letzten Tropfen des gewonnenen Mostes von den zuerst erhaltenen Antheilen in ihrer Qualität nicht merklich verschieden, höchstens sind sie etwas weniger klar und durchsichtig. Wir waren nicht in der Lage, die mit Aepfeln anzustellenden Versuche ebenfalls in vergleichender Weise auszuführen. 124 Kilogrm. zerriebener Aepfel gaben bei der Behandlung mit der Schleudermaschine: Most   77,000 Kilogr. = 62,09 Proc. Trester   46,100    „ = 37,33    „ Verlust     0,900    „ =   0,58    „ ––––––––––––– Im Ganzen 124,000 Von Sachverständigen wurde uns dieses Ausbringen aus der verarbeiteten Fruchtsorte als ein sehr vortheilhaftes bezeichnet. Bei Anwendung des Centrifugalapparates zur Verarbeitung von Aepfeln muß aber jedes Verstopfen der Abflußöffnungen durch Stückchen der Früchte vermieden werden. Hierzu braucht man nur dem Aepfelbrei Strohhalme beizumengen; diese werden durch die Centrifugalkraft gegen die Wandungen des Behälters gepreßt und wirken hier als ein Sieb, welches jede Verstopfung der Oeffnungen verhütet. Auch beim Ausschleudern des Traubensaftes kann ein solcher Zusatz von Stroh von Nutzen seyn und die Abscheidung des Saftes beschleunigen. Die Anwendung der Schleudermaschine empfiehlt sich besonders für Gegenden, wo vorzugsweise weihe Weine producirt werden, welche bekanntlich ohne die Trestern vergähren müssen. Da bei Benutzung der Centrifugalkraft die gequetschten Trauben unmittelbar in die Schleuder gelangen und der Most direct in die Fässer geliefert wird, so ist man im Stande, innerhalb fünfundzwanzig Minuten durchschnittlich 3 Hektoliter Trauben zu erschöpfen, und der daraus sich ergebende Vortheil im Vergleich mit dem bisherigen Verfahren ist um so größer, als die Trauben in ihrer ganzen Frische, ohne daß eine Beere verdirbt, zur Verarbeitung gelangen und als der Most nach seiner Abscheidung aus dem Gewebe der Beeren sogleich an Ort und Stelle in die Fässer kommt und in die Keller transportirt wird. Als Triebkraft, um der Schleudermaschine tausend Umdrehungen per Minute zu ertheilen, sind drei Pferdekräfte mehr als hinreichend. Wir glauben nicht, daß die Kosten des Brennmateriales, sowie der Zinsen des auf den Ankauf und die Unterhaltung der Schleudermaschine und des Motors zu verwendenden Capitales die Höhe der bei dem gegenwärtigen Verfahren durch Arbeitslöhne, Zinsen und Abnutzung des gebrauchten Materiales verursachten Ausgaben erreichen, und selbst wenn diese Ausgaben bei beiden Methoden dieselben wären, so besitzt das neue Verfahren noch immer nicht unbedeutende Vorzüge vor dem älteren Systeme. Diese Vorzüge müssen sich um so mehr herausstellen, wenn die Schleudermaschine ihrer neuen Verwendung entsprechend eingerichtet werden wird.