| Titel: | Das Fairlie'sche patentirte Locomotiv-System und sein Einfluß auf den billigeren Betrieb von Eisenbahnen insbesondere Vicinalbahnen; von Ober-Ingenieur Gebauer. | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CVIII., S. 392 | 
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                        CVIII.
                        Das Fairlie'sche
                           								patentirte Locomotiv-System und sein Einfluß auf den billigeren Betrieb von
                           								Eisenbahnen insbesondere Vicinalbahnen; von Ober-Ingenieur Gebauer.Aus den „technischen Blättern,“
                                    										Jahrg. 1870, Heft 1 und 2, S. 87 mit nachträglichen Zusätzen vom Verfasser
                                 										mitgetheilt.
                           							
                        Gebauer, über das Fairlie'sche Locomotivsystem und dessen Einfluß
                           								auf den billigeren Bahnbetrieb.
                        
                     
                        
                           I. Fairlie's Locomotive für gewöhnliche
                                 										und Vicinalbahnen.
                           Verschiedene im Laufe der letzten Jahre erschienene Brochüren,Fairlie's, Locomotive London 1867. – Das Fairlie'sche Patent-System etc. von 1870, von Heinrich Simon in Manchester. sowie mehrere in englischen Fachschriften und Tagesblättern in der jüngsten
                              									Zeit enthaltene Aufsätze,Times, März 1870; Engineering 25. Februar und 18. März 1870. haben die Aufmerksamkeit des Publicums und der Eisenbahn-Ingenieure
                              									auf die „sogenannte“
                              									Fairlie'sche Locomotive gelenkt, und die Versuche welche
                              									am 11. und 12., dann am 14., 15. und 16. Februar d. J. in England auf zwei Bahnen,
                              									nämlich auf einer mit der normalen und auf einer mit 0,600 Met. Spurweite, in
                              									Gegenwart einer zahlreichen Commission ausgeführt wurden, rechtfertigen durch ihre
                              									Resultate einigermaßen das Aufsehen welches sie gemacht haben.
                           Es muß vorausgeschickt werden, daß die Männer aus denen die Commission
                              									zusammengesetzt war und welche die Resultate beglaubigten, theilweise über die
                              									Grenzen ihres Vaterlandes hinaus bekannte und geachtete Namen tragen, sowie daß die
                              									große Zahl der Mitglieder und deren verschiedene Heimath, der Commission
                              									gewissermaßen den Charakter einer „internationalen“ aufprägen
                              									und derselben ein hohes Vertrauen sichern.
                           Die Commission bestand aus folgenden Herren:
                           Präsident: der Herzog von
                                 									Sutherland.
                           Mitglieder aus Rußland: Graf Alexis Bobrinskoy, Präsident der k. r.
                              									Commission; Graf Zamoyski,
                              									Graf Berg; Professor Saloff
                              									vom russischen Institut der k. Ingenieure; Rocheberg,
                              									Direktor und Ober-Ingenieur der Nige-Moscau Bahn; Schuberski, Maschinendirector der Woronesch-Roston
                              									Eisenbahn; Kislanski, Inspector der
                              									Charkov-Krementchur Bahn.
                           Repräsentanten des indischen Gouvernements: General W.
                              										Baker, Präsident der
                              									indischen Commission; W. T. Thornton, Secretär des
                              									Departements der öffentlichen Arbeiten; Inland Danvers,
                              									Director der indischen Bahn.
                           
                           Repräsentant des Board of
                                 										trade: Capitän Tyler, kgl. Ingenieur.
                           Repräsentanten aus Frankreich: Jentz, Präsident der
                              									Vendée'er Eisenbahn; Kremer, Ingenieur der Poti
                              									und Tiflis-Bahn.
                           Aus Norwegen: Carl Pihl,
                              									Ingenieur der Staatsbahnen, ferner die Herren: Mulvany
                              									und C. P. Sandberg aus Norddeutschland und Schweden; und endlich Hr.
                              										Fairlie selbst.
                           Das Wesen des Fairlie'schen Systemes der Locomotive
                              									besteht in zwei „Bogie's“ d.h. Trucks oder drehbaren Gestellen mit je 4, 6 oder mehr
                              									gekuppelten Rädern, auf denen ein doppelter Locomotiv-Kessel ruht.
                           An jedem Gestelle, jeder „Bogie,“
                              									welche für sich ein unabhängiges Ganzes bildet, befinden sich zwei horizontale oder
                              									wenig geneigte Dampfcylinder nebst dem üblichen Mechanismus für die Dampfvertheilung
                              									und die Kuppelung der sämmtlichen Räder. In der Mitte jeder Bogie ruht der Doppelkessel so auf, daß sich die Bogie ungehindert drehen kann, und eine starke Lage Kautschuk mildert die
                              									Heftigkeit der auf den Kessel übertragenen Stöße. Der Kessel hat in der Mitte zwei
                              									getrennte Feuerkästen und an den beiden Enden die Rauchkammern und Schornsteine.
                              									Außerdem ruht natürlich das Gestell seinerseits wieder auf Federn, welche auf den
                              									Achsenlagern sitzen, und so ist ein sanftes Fahren durch diese doppelte Federung
                              									wohl natürlich. Wasser und Kohlen befinden sich auf der Maschine selbst und
                              									vermehren das Adhäsionsgewicht.
                           Es muß gleich an dieser Stelle bemerkt werden, daß das Fairlie'sche Locomotivsystem auf Neuheit einen
                                 										Anspruch absolut nicht erheben kann.
                           Die beim Bau der Semmeringbahn von der österreichischen Regierung im Jahre 1850
                              									gemachte Preisausschreibung für eine Gebirgslocomotive gab Veranlassung zur
                              									Construction der Locomotive „Seraing“ von J. Cockerill, an welcher wir genau alle Eigenthümlichkeiten
                              									der Fairlie'schen Maschine wiedererkennen; nur hatte die
                              									Locomotive „Seraing“ noch einen besonderen Tender, da die Länge
                              									der Strecke vorgeschrieben war, welche ohne Fassung von Wasser und Kohle auf einer
                              									Steigung von 1 : 40 zurückgelegt werden mußte, und dieses Quantum war auf der
                              									Maschine ohne Ueberlastung der Räder nicht unterzubringen.
                           Die Zeitschrift des österr. Ingenieurvereines vom Jahre 1851 enthält genaue Abbildung
                              									und Beschreibung aller Concurrenz-Locomotiven und deren Erprobung. Dann weist
                              									die von dem französischen Ingenieur Thouvenot i. J. 1865 construirte Gebirgs-Locomotive,
                              									veröffentlicht vom Ingenieur Lommel im Organ für die Fortschritte des Eisenbahnwesens Jahrg.
                              									1866, denselben Typus auf, wie die Fairlie-Maschine, nämlich zwei drehbare unabhängige Gestelle und
                              									Mechanismen; alle Räder
                              									sind gekuppelt, der Kessel ist doppelt, mit dem Feuerkasten in der Mitte, die
                              									Maschine hat keinen besonderen Tender, sondern führt Wasser und Kohle mit sich. Auf
                              									die Neuheit seines Systemes der Locomotive kann also Fairlie keinen Anspruch machen, jedoch ist ihm das Verdienst nicht
                              									abzusprechen, daß er die Idee besser zu verwerthen wußte als seine Vorgänger, daß
                              									ihm die Inscenirung bei dem praktischen Geschick seiner Landsleute vollkommen gelang
                              									und ihm nun eine reiche Ernte von Ruhm und Geld schwerlich entgehen wird.
                           Die Eingangs erwähnten Versuche waren vorzugsweise vergleichender und praktischer
                              									Natur, so daß der Fachmann in der folgenden Darstellung manche Lücke entdecken,
                              									manche sich aufwerfende Frage unbeantwortet finden möchte.
                           Die Versuche am 11. und 12. Februar d. J. fanden auf der Festiniog-Eisenbahn in Wales statt, einer Vicinalbahn mit 0,6 Met.
                              									Spurweite, welche die berühmten Schieferbrüche von Festiniog mit Port Madoc
                              									verbindet. Die Länge ist 20,8 Kilomet. (13 engl. Meilen, 2 3/4 österr. Meilen);
                              									nicht ein einziger Meter der ganzen Strecke ist horizontal, sondern die Bahn steigt
                              									continuirlich.
                           Die stärkste Steigung, auf welcher Passagiere befördert werden, ist 1 : 79 und 1 :
                              									82; ein Theil der Bahn, welcher in die Schieferbrüche führt, hat Steigungen von 1 :
                              									60. S-Curven folgen auf S-Curven, und ein Zug von mittlerer Länge steht manchmal auf drei
                              									Curven zugleich.
                           Der kleinste Radius ist 38 Met. und beschreibt beinahe einen Halbkreis. Die meisten
                              									Curven haben Halbmesser von 45 bis 105 Met.; alle sind parabolisch geformt und seit
                              									den sechs Jahren des Betriebes sind nur zwei Entgleisungen vorgekommen, und diese
                              									nur in Folge falscher Weichenstellung. Die Schienen wiegen 24 Kilogr. per Meter (15 Zollpfund per
                              									1 Wiener Fuß). Die Personenwagen haben 12 Plätze und ihr Gewicht ist 1524 Kilogr.
                              										(circa 30 Ctr.) per
                              									Stück.
                           Die Buffer sind in der Mitte; die Räder haben 0,460 Meter (1 1/2 Fuß engl.)
                              									Durchmesser und sind mit Volutfedern versehen.
                           Die Schiefertransportwagen wiegen 650 bis 850 Kilogr. und fassen 2000 bis 3000
                              									Kilogr. Schiefer, haben einen Radstand von 0,965 Met. und denselben Räderdurchmesser
                              									wie die Personenwagen, jedoch keine Federn. Auch gehen gedeckte Lastwagen,
                              									Gepäckwagen, Langholztransportwagen und Kohlenwagen auf dieser Bahn.
                           Die darauf geförderten Quantitäten bestehen in 2 1/3 Millionen Centner Schiefer, 1/3
                              									Million Centner Güter und 97,000 Passagieren.
                           Dabei hat die Bahn in der Nacht und an Sonntagen keine Züge, und bei einer Regie von
                              									42 Proc. der Einnahmen, gibt diese Bahn ein Erträgniß von 12 Proc. Die Bahn besitzt jetzt 7
                              									Locomotiven, wovon die letzte, „Little
                                    										Wonder“ benannte, eine von Fairlie
                              									construirte Doppelbogiemaschine ist, die übrigen aber gewöhnliche Tendermaschinen
                              									mit 4 Rädern sind. Als ihr Repräsentant mag die Maschine „Welsh Pony“ gelten.
                           Die Hauptdimensionen sind:
                           
                              
                                 
                                    Little
                                       												Wonder
                                    
                                 
                                    Welsh Pony
                                    
                                 
                              
                                 Heizfläche
                                     73 Quadratmeter
                                   36 Quadratmeter muthmaßlich
                                 
                              
                                 Dampfdruck
                                     10 Atm
                                   10 Atm.
                                 
                              
                                 Cylinderzahl
                                       4
                                     2
                                 
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                   215 Millimet.
                                 222 Millimet.
                                 
                              
                                 Hublänge
                                   330      „
                                 305     „
                                 
                              
                                 Durchmesser der Räder
                                   710      „
                                 610     „
                                 
                              
                                 Anzahl der Räder
                                       8
                                     4
                                 
                              
                                 steifer Radstand
                                 1525 Millimet
                                     ?
                                 
                              
                                 Gewicht im Dienste
                                 19,500 Kilogr.
                                 10,000 Kilogr.
                                 
                              
                                 Schienenbelastung per Rad
                                 2437       „
                                 2600        „
                                 
                              
                                 größte Länge
                                 8,2 Met.
                                 ?
                                 
                              
                                 Wasservorrath
                                 409 Liter
                                 ?
                                 
                              
                                 Kohlenvorrath
                                 750 Kilogr
                                 ?
                                 
                              
                           Aus diesen Dimensionen geht hervor, daß das Little Wonder
                              									ungefähr die doppelte Leistungsfähigkeit des Welsh Pony
                              									haben sollte.
                           
                              Versuch am 11. Februar 1870.
                              An diesem Tage lief Little Wonder im Beiseyn der
                                 										genannten Commissionsmitglieder von Port Madoc mit:
                              
                                 
                                    90 Schieferwagen
                                    62000 Kilogr.
                                    
                                 
                                      7 Personenwagen
                                    13500     „
                                    
                                 
                                    57 Passagieren
                                      4000     „
                                    
                                 
                                         Locomotivgewicht
                                    19500     „
                                    
                                 
                                    
                                    –––––––––––
                                    
                                 
                                        also mit einem
                                       												Totalgewicht von
                                    99000 Kilogr.
                                    
                                 
                              aus, wobei, wie erwähnt, die größte Steigung 1 : 74 ist
                                 										und die schärfste Curve 38 Met. Radius hat.
                              Die Länge des Zuges war 260 Met. (854 Fuß engl.) Bei größter Füllung der Cylinder
                                 										ging die Maschine durch die schärfsten Bögen und über die größten Steigungen mit
                                 										einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 23 1/3 Kilomet. (14 1/2 Meilen
                                 										engl.; 3,07 österr. Meilen) per Stunde, abgesehen
                                 										von den Aufenthalten.
                              Die Ueberhöhung der Schienen in den schärfsten Curven übersteigt nicht 75
                                 										Millimet. (3 Zoll engl.). Selbst in den Curven von 33,5 Met. Radius (1 3/4 chains) und bei der größten Geschwindigkeit waren
                                 										die horizontalen und verticalen Oscillationen der Maschine und der Wagen sehr geringe, viel
                                 										geringer als sie bei gewöhnlichen Bahnen in schwachen Krümmungen selbst bei
                                 										geringeren Geschwindigkeiten zu seyn pflegen.
                              
                                 Versuch am 12. Februar 1870, ebenfalls im
                                       												Beiseyn der Commission.
                                 Man prüfte den Gang des Little Wonder (19,500
                                    											Kilogr.) und des Welsh Pony (10,000 Kilogr.),
                                    											ferner des Mountaineer (8000 Kilogr), letztere
                                    											Maschine ähnlich gebaut wie der Welsh Pony, auf
                                    											der Dammlinie von Frath Mawr.
                                 An den beiden letzteren Maschinen machten sich starke verticale und geringere
                                    											seitliche Schwankungen und Stöße bemerklich.
                                 Am Little Wonder konnte man, auf dem Führerstande
                                    											sich befindend, weder verticale noch seitliche Schwankungen oder Stöße
                                    											wahrnehmen, sondern nur eine sanfte schwimmende Bewegung; wenn man sich
                                    											jedoch auf den Rahmen einer Bogie stellte,
                                    											bemerkte man leichte seitliche Schwankungen, aber schwächer als bei den
                                    											anderen Maschinen.
                                 Da die Oscillationen der Fairlie-Maschine
                                    											auf die Bogie begrenzt sind, so ist das
                                    											Stoßmoment der Radflanschen auf die Schienen viel geringer als beim Welsh Pony und Mountaineer, bei welchen das ganze Gewicht durch ihre
                                    											Oscillationen direct auf die Schienen wirkt. In den erwähnten Fällen war die
                                    											Geschwindigkeit stets nur 16 bis 20 Kilomet. per
                                    											Stunde (2 bis 2 3/4 österr. Meilen; 10 oder 12 Meilen englisch) auf einer
                                    											geraden Linie mit einer Steigung von 1 : 1200 und der Oberbau bestand aus
                                    											Schienen von 15 Kilogrm. Gewicht per Meter ohne Laschenverbindung an den Stößen.
                                 Der Welsh Pony wurde nun vor einen Zug von 50
                                    											geladenen Schieferwagen im Gesammtgewichte von 137,000 Kilogr. incl.
                                    											Maschine gespannt und blieb mit einer Dampfspannung von ca. 11 Atm. auf einer Steigung von 1 : 85
                                    											zwischen Port Madoc und dem Heizhause stecken. Mit 25 geladenen Wagen bei
                                    											einem Gesammtgewichte des Zuges von 73,000 Kilogr. incl. Maschine erstieg er
                                    											die Steigung von 1 : 85 mit 9 1/2 Atm. Dampfdruck. Nach einem Laufe von 0,4
                                    											Kilom. hatte er nur mehr eine Dampfspannung von 8,8 Atm. als er die kurze
                                    											Versuchsfahrt beendete. Dieselbe Locomotive konnte mit 30 beladenen
                                    											Schieferwagen auf der Steigung von 1 : 85 nicht anfahren, obwohl die Räder
                                    											nicht schleiften. Mangel an Adhäsion war also nicht Schuld daran, sondern
                                    											nur die zu geringe Kraft.
                                 Mit 26 Wagen und einem Totalgewicht des Zuges von 74,000 Kilogr. inclusive
                                    											Maschine und mit 10 1/4 Atm. Dampfdruck erstieg der Pony die Steigung von 1 : 85 mit einer
                                    											Geschwindigkeit von 8 Kilomet. per Stunde.
                                 Das Little wonder lief denselben Nachmittag von
                                    											Port Madoc mit 72 geladenen Kohlenwagen, mit einem Traingewicht von 206,000
                                    											Kilogr. incl. Maschine und mit 11 1/4 Atm. Dampfspannung zum Heizhause über
                                    											die Steigung von 1 : 85, und wurde mit niedrigem Feuer und 8 1/2 Atm.
                                    											Dampfspannung zum Stehen gebracht.
                                 Durch ein Mißverständniß des Locomotivführers fuhr es dann zurück zu der
                                    											Stelle von welcher der Pony mit 26 Wagen
                                    											abgegangen war. – Nachdem das Feuer gereinigt war und die
                                    											Dampfspannung auf 11 1/2 Atm. sich erhoben hatte, fuhr es unter leichtem
                                    											Gleiten mit einer Geschwindigkeit von 8 Kilomet. per Stunde mit den 72 Wagen, und nachdem der Zug die Steigung von
                                    											1 : 85 erstiegen hatte, vergrößerte sich die Geschwindigkeit auf der
                                    											Steigung von 1 : 100. Der Dampf war auf 11 1/2 Atm. Spannung.
                                 Bei diesen Versuchen waren die kürzeren Züge beim Anfahren in einem Bogen von
                                    											90 Met. (4 1/2 chains) gestanden; bei der
                                    											letzten Fahrt war der Zug viel länger, nämlich 185 Met. und stand theils an
                                    											dem Bogen von 90 Met., theils auf der Gegencurve von 160 Met. Radius.
                                 Das Wetter war schön, mit kaltem starkem Gegenwind, die Schienen waren ganz
                                    											trocken.
                                 Die Doppelbogie-Locomotive hatte also verhältnißmäßig mehr geleistet,
                                    											als die gewöhnliche Maschine, was sich nur durch den günstigen Einfluß der
                                    												Bogie's erklären läßt.
                                 
                              
                                 Versuch am 16. Februar 1870 mit dem Little Wonder, im Beiseyn der russischen
                                       												Commission etc.
                                 Die Last bestand aus 22 Kohlenwagen, 21 Schieferwagen, 2 Langholzwagen, 2
                                    											leeren Lowries, 1 Arbeiterwagen und der Maschine, im Gesammtgewichte von
                                    											141,350 Kilogr. und einer Länge von 124 Met.
                                 Die ganze Versuchsstrecke von Port Madoc bis Dinas steigt auf die ganze Länge
                                    											von 21,2 Kilomet. um 214,27 Met. vom Meeresspiegel, mit der größten Steigung
                                    											von 1 : 74 und einer durchschnittlichen Steigung von 1 : 92; nur der Damm
                                    											von Frath Mawr ist auf 1,6 Kilomet. beinahe horizontal.
                                 Die größte Geschwindigkeit war 24 Kilomet., die durchschnittliche 18 Kilomet.
                                    												per Stunde; die Dampfspannung war zwischen
                                    											10 3/4 und 12 1/4 Atm., in einem Falle fiel sie auf 9 3/4 Atm. Die Maschine
                                    											gleitete an Stellen, welche wie z.B. im Tunnel, feucht und glatt waren.
                                 Während der ganzen Fahrt herrschte Gegenwind, welcher auf einzelnen Strecken dem
                                    											Zuge stark entgegen blies. Auf der ganzen Fahrt war der Steuerungshebel nur zwei Drittel ausgelegt.
                                 Eine weitere Reihe von Versuchen wurde mit dem Little
                                       												Wonder auf derselben Bahn, unter Leitung des Directors der Vendée'er Eisenbahn (in Frankreich)
                                    											durchgeführt.
                                 Der Zug, aus 140 leeren Schiefer- und 7 geladenen Kohlenwagen
                                    											bestehend, war 101,600 Kilogr. schwer und hatte eine Länge von 403 Met.; die
                                    											größte Geschwindigkeit war 26,4 Kilomet., die durchschnittliche 20 Kilomet.
                                    												per Stunde. Bei der Rückfahrt wurde die
                                    											Geschwindigkeit bedeutend erhöht, die geringste war 40 Kilomet. und sie
                                    											erreichte auf einigen Stellen 48 Kilomet. per
                                    											Stunde.
                                 
                              
                                 Versuche am 14. und 15. Februar 1870
                                    												mit der Doppelbogie-Locomotive
                                    											„Progress“, construirt von Fairlie für gewöhnliche Spurweite
                                       												von 1,436 Met.
                                 Diese Locomotive ist Eigenthum der Mid-Wales Eisenbahn und ist ganz
                                    											ähnlich gebaut wie das Little Wonder, nur mit
                                    											Dimensionen welche der geänderten Spurweite und dem stärkeren Oberbau
                                    											entsprechen. Auch der „Progress“ hat in zwei Bogie's 8 gekuppelte Räder mit vier Cylindern und dem doppelten
                                    											Mechanismus für die Dampfvertheilung und Umsteuerung.
                                 Die Hauptdimensionen sind folgende:
                                 
                                    
                                       Heizfläche des Feuerkastens
                                         10 Quadratmeter
                                       
                                    
                                             „        
                                          													der Röhren
                                       183        
                                          													„
                                       
                                    
                                             „        
                                          													gesammte
                                       193        
                                          													„
                                       
                                    
                                       Pferdekräfte
                                       386
                                       
                                    
                                       Cylinderdurchmesser
                                       0,37 Meter
                                       
                                    
                                       Kolbenhub
                                       0,558   „
                                       
                                    
                                       Durchmesser der Räder
                                       1,36     „
                                       
                                    
                                       steifer Radstand
                                       1,5      
                                          													„
                                       
                                    
                                       Gewicht der Locomotive im Dienste
                                       44706 Kilogr.
                                       
                                    
                                       Belastung der Schienen per
                                             													 Rad
                                       5588    „
                                       
                                    
                                       Kohlen- und Wasservorrath
                                       6096    „
                                       
                                    
                                 Am 14. Februar verließ der „Progress“ die Station Three Cocks der Mid-Wales
                                    											Bahn mit 42 geladenen Wagen und 50 Mann im Gesammtgewicht von 526,300
                                    											Kilogr. incl. Maschine, und mit einer Länge von 225 Met. incl. Maschine, mit
                                    											8 3/4 Atm. Dampfspannung.
                                 Fairlie führte selbst die Maschine. Der Zug fuhr
                                    											leicht über die Steigung von 1 : 2215, passirte zwei Steigungen von 1 : 75,
                                    											die letztere 482 Met. lang; aber zwei- oder dreimal glitt die
                                    											Locomotive auf der Steigung von 1 : 75, von 683 Met. Länge im Contrabogen.
                                    											Nach dem Passiren dieser Steigung ohne Schwierigkeit und einer weiteren von 1 : 162
                                    											blieb der Zug auf einer Steigung von 1 : 90 von 422 Met. Länge (nur mehr 45
                                    											Met. vom Gipfel entfernt) stecken.
                                 Der Dampf hatte nur noch 8 Atm. Spannung und das Wasser war bis auf den Boden
                                    											des Wasserstandzeigers gesunken. Fairlie,
                                    											unbekannt mit den Steigungsverhältnissen, mußte nun mit beiden Injectoren auf eine Länge von 603 Met.
                                    											speisen.
                                 Die ganze Distanz von 10,4 Kilomet. war in 29 Minuten durchlaufen.
                                 Es war starker Gegenwind mit Frost und die Schienen befanden sich in bestem
                                    											Zustande. Die Wagenlager waren auf gewöhnliche Art geschmiert. Die Maschine
                                    											war nach diesem Halt nicht im Stande den Zug fortzuschaffen, obwohl die
                                    											Dampfspannung indessen auf 10 1/4 Atm. gestiegen war.
                                 Am 15. Februar fuhr der „Progress“ bei 9 1/2 Atm.
                                    											Dampfspannung von Three Cocks ab, mit einer Ladung von 42 Wagen und 30
                                    											Passagieren.
                                 Der Zug war 229 Met. lang und das Totalgewicht war 483,000 Kilogrm.
                                 Nach zurückgelegten 4,8 Kilomet. von Three Cocks zur nächsten Station in 13
                                    											Minuten, hatte die Maschine 7 3/4 Atm. Dampfspannung.
                                 Mit 8 1/2 Atm. Dampfspannung fuhr sie ab und legte 6,4 Kilomet. bis Erwood in
                                    											20 1/2 Minuten zurück. Weitere 11,2 Kilomet. bis Builth erforderten 33 1/2
                                    											Minuten und der Dampf sank auf 6 3/4 Atm., da auf der letzten Strecke das
                                    											Feuer niedergebrannt und der Kessel voll Wasser gepumpt worden war.
                                 Die Stelle an welcher sie den Tag vorher stecken geblieben war, passirte sie
                                    											mit 12,8 Kilomet. per Stunde und mit einer
                                    											Pressung von 9 1/2 Atm. im Kessel. An diesem Tage wurde die Locomotive durch
                                    											den gewöhnlichen Führer dirigirt.
                                 Nachmittags fuhr der „Progress“ mit 13 geladenen und 2 Bremswagen bei 8 1/2
                                    											Atm. Pressung von Talybout ab.
                                 Nach 4,8 Kilomet., von denen der größte Theil in 1 : 40 liegt, nahm die
                                    											Maschine in Talybout Wasser und fuhr von da mit 9 1/2 Atm. über eine
                                    											Steigung von 1 : 35 von 0,8 Kilomet. Länge.
                                 Hierauf erstieg sie eine Steigung von 1 : 38 von 10,6 Kilomet. Länge und
                                    											passirte die Wasserscheide mit 8,1 Atm. Dampfspannung, lief durch den 600
                                    											Meter langen Tunnel mit einer Steigung von 1 : 68 in 2 Minuten 15 Secunden
                                    											und langte in Torpanteau an, immer mit derselben Spannung des Dampfes. Diese
                                    											Strecke enthält Curven von 241, 321 und 402 Met. Radius auf der Steigung von
                                    											1 : 38 und der Zug lief bisweilen durch Contracurven. An diesem Tage
                                    											schleifte die Maschine nicht ein einziges mal. Das Wetter war schön und
                                    											trocken, wie am Vortage, nur mit mehr Sonnenschein und weniger Wind.
                                 Bei dieser letzten Probefahrt, welcher überdieß die Commission nicht
                                    											beiwohnte, erwähnt der Bericht (Engineering vom
                                    											25. Februar 1870) nicht die Entfernungen der einzelnen Stationen, und man
                                    											hat geringe Anhaltspunkte für die erreichten Geschwindigkeiten und somit
                                    											auch für die effectiv erzielte Leistung.
                                 Nehmen wir jedoch die angegebene Geschwindigkeit bei der Fahrt durch den
                                    											Tunnel auf der Steigung von 1 : 68 mit dem Totaltraingewicht von 204,000
                                    											Kilogr. incl. Maschine an, so finden wir eine effective Leistung von 386
                                    											Pferdekräften. Vergleichen wir damit z.B. die Leistung der neuen
                                    											Brenner-Locomotiven der österr. Südbahn, mit 8 gekuppelten Rädern, so
                                    											finden wir daß dieselben eine geringere Leistungsfähigkeit, nämlich 364
                                    											Pferdekräfte, und ein geringeres aber ganz genügendes Adhäsionsgewicht
                                    											haben; dagegen entfällt bei der Fairlie'schen
                                    											Locomotive eine Schienenbelastung von 13,500 Kilogr. per Achse, bei den Brenner-Maschinen von nur 11,800 Kilogr.
                                    											Die Schienenbelastung ist mithin bei den Fairlie'schen Maschinen um 14 Proc. größer, während die
                                    											Leistungsfähigkeit nur um 6 Proc. jene der Brenner-Locomotiven
                                    											übersteigt.
                                 In Bezug auf die Leistung ist also hier ein besonderer Vortheil der
                                    											Doppelbogie-Maschine nicht zu
                                    											constatiren.
                                 Es fragt sich aber, ob es nicht wünschenswerth wäre die Leistung der
                                    											Locomotiven noch zu erhöhen?
                                 Diese Frage ist leicht zu beantworten, oder vielmehr sie beantwortet sich von
                                    											selbst und zwar durch die Betrachtung, welche Zugkraft noch ausgeübt werden
                                    											darf mit Rücksicht auf den Bau der anderen Betriebsmittel.
                                 Die Zugstangen der Wagen der europäischen Eisenbahnen haben durchschnittlich
                                    											einen Querschnitt von 0,001035 Quadratmeter (1 1/2 Quadratzoll) und somit
                                    											gestatten dieselben mit Rücksicht auf 2 1/2 fache Sicherheit eine
                                    											Inanspruchnahme von 7500 Kilogr. durch die Zugkraft.
                                 Dieß wäre demnach die praktische Grenze, über welche hinaus Locomotiven zu
                                    											construiren nicht mehr rationell wäre. Diese Zugkraft ist aber reichlich bei
                                    											den erwähnten Brenner-Locomotiven vorhanden.
                                 Um zu einer richtigen Anschauung über den Werth der
                                    											Doppelbogie-Locomotive zu gelangen, ist es nöthig sie mit einer
                                    											gewöhnlichen Gebirgslocomotive von großer Leistungsfähigkeit zu
                                    											vergleichen.
                                 
                                 Welche Vortheile bietet dann die Doppelbogie-Maschine noch?
                                 a) Unläugbar wegen ihrer langen Basis einen ruhigeren, sanfteren Gang, in Folge dessen
                                    											eine geringere Abnutzung der Schienen und
                                    											Radreifen etc.
                                 b) Die Zugkraft ist
                                    											größer, sie wirkt in Curven nach einer Linie welche innerhalb der
                                    											Geleisachse liegt, sie wirkt mithin den aus der Centrifugalkraft
                                    											resultirenden Reibungswiderständen und Abnutzungen entgegen.
                                 c) Ferner macht sie als Tendermaschine die Drehscheiben entbehrlich, da sie vor- und
                                    											rückwärts fahren kann, ohne gewendet zu werden.
                                 d) Als Tendermaschine mit lauter gekuppelten
                                    											Achsen führt sie auch kein todtes Gewicht mit.
                                 Dagegen hat sie auch manche schwer in's Gewicht
                                       												fallende Nachtheile:
                                 1) Die größeren Anschaffungskosten; da alle Organe
                                    											einer Locomotive in zweifacher Anzahl vorhanden sind und der Preis einer
                                    											Locomotive in directem Verhältniß zum Gewichte wächst, so wird sie theurer
                                    											seyn als eine Locomotive mit derselben Leistungsfähigkeit und separatem
                                    											Tender, von dem 1 Ctr. nur 25 fl. kostet, gegenüber 45 fl. als Centnerpreis
                                    											der Locomotive.
                                 2) Die größeren Reparatur- und Erhaltungskosten, indem bei einer Fairlie-Maschine factisch zwei Locomotiven vorhanden sind, welche offenbar
                                    											viel mehr Erhaltungskosten verursachen als eine
                                    											von derselben Stärke.
                                 3) Größerer Kohlenverbrauch, da es theoretisch
                                    											feststeht und durch lange Praxis erhärtet ist, daß in Folge größerer
                                    											Abkühlung, größerer schädlicher Räume etc. der Brennstoffverbrauch bei zwei
                                    											Dampfmaschinen größer ist als bei einer einzigen von der Leistungsfähigkeit
                                    											der beiden anderen.
                                 4) Der verhältnißmäßig zu geringe Raum für Wasser und
                                       												Kohle, wovon zahlreichere
                                       												Wasserstationen und ein langsamerer
                                       												Betrieb die nothwendigen Folgen sind.
                                 5) Geringere Sicherheit des Betriebes, so weit sie
                                    											von der Haltbarkeit der Zugstangen und Kuppelungen abhängig ist. Wenn
                                    											nämlich statt einer Doppelbogie-Locomotive von 400 Pferdekräften,
                                    											zwei Locomotiven von je 200 Pferdekräften vorhanden und nöthig wären, um
                                    											einen Train von einem gewissen Gewichte mit einer bestimmten Geschwindigkeit
                                    											über eine starke Steigung zu befördern, so würde man mit Vortheil eine Maschine vorspannen und eine hinten
                                       											anhängen, und das Reißen einer Zugvorrichtung wäre dadurch
                                    											ungefährlich, während bei nur einer Maschine an
                                    											der Spitze des Zuges die gefährlichsten Folgen eintreten könnten.
                                 6) Wechselnde Adhäsion. Es kann vorkommen, daß zu
                                    											Ende einer längeren Strecke eine starke Steigung sich befindet, zu deren
                                    											Befahrung mit einem gewissen Train das volle Adhäsionsgewicht vorhanden seyn
                                    											muß; indeß ist vielleicht auf der vorhergehenden Strecke alles Wasser und
                                    											aller Brennstoff verbraucht worden, und es hat sich somit das
                                    											Adhäsionsgewicht um 100–125 Ctr. vermindert und ist nicht mehr
                                    											ausreichend.
                                 7) Bei bestehenden Bahnen müßten im Falle der Verwendung von Fairlie-Maschinen die Reparaturwerkstätten
                                    											wahrscheinlich umgebaut werden, da man in diese meist mittelst eines
                                    											Systemes von kleineren Drehscheiben oder Schiebebühnen gelangt, welche den
                                    											langen Doppelbogie-Maschinen nicht hinlänglichen Raum zur Bewegung
                                    											bieten würden.
                                 Werden die Vortheile und Nachtheile der
                                       												Doppelbogie-Locomotive gegen einander verglichen und abgewogen,
                                       												so kommen wir zu dem Schlusse, daß dieselbe beinahe noch ebenso weit von
                                       												dem Ideal einer Gebirgslocomotive entfernt ist, als es vor 19 Jahren die Locomotive „Seraing“
                                       												war, und demselben sich noch lange nicht so nähert, als es Heinrich
                                       												Simon zu Manchester in seiner mehr sanguinisch als sachgemäß gehaltenen
                                       												Brochüre vermeint.
                                 Als ein solches Ideal könnten wir nur eine Doppelbogie-Locomotive
                                    											bezeichnen, welche statt der von J. Cockerill,
                                       												Thouvenot und Fairlie angewandten vier Cylinder deren bloß zwei besitzt, und eine
                                    											solche wurde von August Behne, Maschinenfabrikant
                                    											in Harburg, construirt, ohne jedoch bisher zur Ausführung oder auch nur, so
                                    											viel mir bekannt, in die Oeffentlichkeit zu gelangen.
                                 Behne ist zugleich der Erfinder des
                                    											Locomotiv-Systemes Behne-Kohl, welches im Norden Deutschlands durch
                                    											zahlreiche Exemplare vertreten ist und sich durch sehr bedeutende
                                    											Rostflächen wie eine sehr gute Federhangung auszeichnet.
                                 
                              
                           
                        
                           II. Fairlie's Dampf-Fahrzeuge für
                                 										Alpenbahnen.
                           Von größerem Interesse und vielleicht auch von größerer Tragweite – wir sagen
                              										„vielleicht,“ weil uns für ein endgültiges Urtheil manche
                              									Anhaltspunkte fehlen – dürfte ein Vorschlag Fairlie's für den Betrieb von Alpenbahnen seyn mit
                              									Steigungen bis zu 1 : 12 und mit sehr kleinen Krümmungshalbmessern, wie sie etwa die
                              										Fell'sche Mont-Cenis Bahn hat.
                           Fairlie braucht dazu nur eine gewöhnliche Eisenbahn ohne
                              									Mittelschiene oder sonstige Complicationen und denkt sich Motor, Tender und Wagen
                              									zum Transport der Passagiere und der Güter in einem
                              									Fahrzeuge so vereinigt, daß alles vorhandene Gewicht, somit auch das der Reisenden
                              									und der Frachten, also „der zahlenden
                                    										Last,“ für die Adhäsion nutzbar gemacht wird. Dieses Fahrzeug
                              									besteht aus 2 Bogie's, jede mit 2 Cylindern und 6
                              									gekuppelten Rädern. Der Kessel gleicht dem der gewöhnlichen Locomotiven und ruht auf
                              									einer Bogie, der Kohlenraum befindet sich neben dem
                              									Feuerkasten und der Raum für Gepäck und Frachten auf dem cylindrischen Theile des
                              									Kessels.
                           Der Wagen für die Reisenden hat zwei Etagen, wird von der anderen Bogie getragen und unter demselben befindet sich der
                              									Wasserbehälter zum Speisen der Maschine. Die Kuppelung der beiden Bogie's geschieht scharnierartig durch einen Bolzen vor
                              									der Feuerkiste, ähnlich wie bei den Engerth'schen
                              									Maschinen, nur mit dem Unterschiede daß der Kuppelungsbolzen in einem segmentförmig
                              									gebogenen Schlitz geführt wird, der seinen Mittelpunkt im Centrum der vorderen Bogie, des vorderen Drehgestelles hat, und andererseits
                              									durch an der Feuerkiste befestigte Kloben festgehalten ist.
                           In der unteren Etage des Wagens ist Raum für 44, in der oberen für 48 Passagiere,
                              									somit für 92 Personen und für deren Gepäck.
                           Fairlie projectirt folgende Dimensionen:
                           
                              
                                 Cylinderdurchmesser
                                 192 Millimet.
                                 
                              
                                 Kolbenhub
                                 406      „
                                 
                              
                                 steifer Radstand
                                 1,970 Met.
                                 
                              
                                 Entfernung der Bogie's von Mitte
                                    											zu Mitte
                                 6,17      „
                                 
                              
                                 Raddurchmesser
                                 760 Millimet.
                                 
                              
                                 Durchmesser des Kessels
                                 1,04 Met.
                                 
                              
                                 Länge des Kessels
                                 3,35    „
                                 
                              
                                 totale Breite
                                 3,05    „
                                 
                              
                                 Kubikinhalt des  Güterraumes
                                 17,6 Kubikmet.
                                 
                              
                                         „          „  
                                    											Gepäckraumes
                                   2,5      
                                    											„
                                 
                              
                                         „          „  
                                    											Kohlenraumes
                                   1,4      
                                    											„
                                 
                              
                                         „          „  
                                    											Wasserraumes
                                   3,7      
                                    											„
                                 
                              
                           Die Gewichte würden sich so vertheilen:
                           
                              
                                 Locomotive, Tender und Wagen
                                 35,000 Kilogr.
                                 
                              
                                 Wasser
                                   3750     „
                                 
                              
                                 Kohlen
                                   1250     „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 40000 Kilogr.
                                 
                              
                           
                           Zahlende Last:
                           
                              
                                 Passagiere
                                   6500 Kilogr.
                                 
                              
                                 Gepäck
                                   2000    „
                                 
                              
                                 Güter
                                 15000    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 23500 Kilogr.
                                 
                              
                           Das ist Belastung per Rad: 5335 Kilogr.
                           Diese Last würde mit etwa 1 Meile Geschwindigkeit per
                              									Stunde über eine Steigung von 1 : 12 geschafft werden können. Nimmt man an, daß die
                              									Eilzüge zwischen Wien und Brünn selbst im Sommer selten so viele Passagiere führen,
                              									so muß die vorgeschlagene Construction Fairlie's als eines Versuches vollkommen würdig erklärt werden.
                           Für den Weltverkehr würde dieß jedoch nicht ausreichen, aber immerhin wäre sie dem
                              										Fell'schen System, welches bei seinem Erscheinen mit
                              									so ausschweifenden Hoffnungen begrüßt wurde, die sich leider nicht verwirklichten,
                              									wegen ihrer Einfachheit und ihres auf bekannter und bewährter Basis beruhenden
                              									Principes weit vorzuziehen.
                           Doch wünschten wir auch hier nur zwei Cylinder, statt der projectirten vier,
                              									natürlich unter Beibehaltung der Bogie's.
                           
                        
                           III. Fairlie's Dampfomnibus für
                                 										Vicinal- und Straßenbahnen.
                           Auf dem Continent werden alle Straßenbahnen ausschließlich und selbst viele
                              									Vicinalbahnen noch theilweise mit Pferden betrieben. In England und in dessen
                              									Colonien scheint sich in dieser Hinsicht schon ein völliger Umschwung vorzubereiten.
                              									Schon dampft in den Straßen von EdinburghIllustrated London News, März 1870, S. 210. ein Wagenzug, von einer Thompson'schen
                              										StraßenlocomotiveBeschrieben im polytechn. Journal Bd. CXC
                                       												S. 177. gezogen, mehrmals des Tages hin und her, befördert Frachtgüter mehrere
                              									Meilen weit über Land, ohne alle Geleise oder vorbereitete Bahn auf der gewöhnlichen
                              									Fahrstraße, den Krümmungen und Steigungen derselben anstandslos folgend; schon
                              									werden in Ceylon durch denselben Motor – dessen mit Gummibandagen versehene
                              									Räder man treffend mit Elephantenfüßen vergleicht – täglich große Lasten
                              									Kaffee aus dem Binnenlande zur See geschleppt, und vor Kurzem hatten die Londoner
                              									Gelegenheit einen neuen Triumph des modernen Maschinenbaues, einen
                              										„Dampfomnibus“ zu sehen,Nach der citirten Brochüre von Heinrich Simon in
                                    											Manchester. der vorläufig allerdings auf einer provisorischen
                                 										Bahn in einem Kohlgarten zu Hatcham bei London, seine Probeleistung
                              									ablegte, indem er Curven von 15,24 Meter Radius mit der größten Leichtigkeit und mit
                              									einer Geschwindigkeit von 32 Kilomet. per Stunde
                              									durchfuhr, wobei alle Bewegungen vollkommen sanft und sicher waren.
                           Dieser, ebenfalls von Fairlie construirte Dampfomnibus
                              									faßt 66 Passagiere und besteht aus einem einzigen Fahrzeuge von bedeutender Länge,
                              									dessen äußerste Enden auf zwei vierräderigen Bogie's
                              									ruhen.
                           Die vordere Bogie trägt den Motor. Ein aufrechtstehender
                              										Field'scher Kessel liefert den Dampf für 2 innen
                              									liegende Cylinder von 203 Millimet. Durchmesser und 305 Millimet. Hub, deren Kolben
                              									die Kraft auf 4 gekuppelte Räder übertragen. Die Kohlen sind auf der Plattform, das
                              									Wasser unter dem Fußboden des eigentlichen Wagens untergebracht. Die Verbindung
                              									beider Gestelle zu einem Ganzen ist höchst sinnreich. Der Traglahmen des Wagens
                              									endet nämlich in einer kreisrunden Schlinge, welche am Boden der Plattform den
                              									Kessel umfaßt und sich so um dessen Mittelpunkt drehen kann.
                           Will man den Wagen von der Maschine trennen, so öffnet man die Schlinge und läßt das
                              									betreffende Ende auf kleinere Reserveräder nieder auf die Schienen – er kann
                              									dann weggeschoben werden und die Maschine ist für sich verwendbar.
                           Das Gewicht eines solchen Omnibus, mit Wasser und Kohlen für 64 Kilomet. soll 14000
                              									Kilogrm. betragen, wovon 8000 Kilogrm. auf die Adhäsion kommen. Dieser Omnibus
                              									könnte allenfalls noch Steigungen von 1 : 40 befahren.
                           Ein Maschinist und ein Billetconducteur dürften als Bemannung genügen. Stationen
                              									könnte man entbehren, und bei hinreichend starkem Kessel könnte man noch ein oder
                              									mehrere Fahrzeuge anhängen.