| Titel: | Verfahren zur pyrometrischen Werthbestimmung kieselreicher Materialien; von Dr. Carl Bischof. | 
| Autor: | Carl Bischof [GND] | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CXLVII., S. 526 | 
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                        CXLVII.
                        Verfahren zur pyrometrischen Werthbestimmung
                           								kieselreicher Materialien; von Dr. Carl
                              									Bischof.
                        Bischof, über pyrometrische Werthbestimmung kieselreicher
                           								Materialien.
                        
                     
                        
                           In gegenwärtiger Zeit, wo die Anwendung kieselreicher Materialien wie Sandstein,
                              									Kieselconglomerat, verschiedener Quarzarten, sey es direct besonders beim Bessemerproceß,
                              									oder indirect zur Anfertigung von feuerfesten Steinen, namentlich den so
                              									hochgeschätzten Dinassteinen, ungemein beliebt ist, wird sehr häufig die Frage der
                              									Werthstellung eines solchen natürlichen Minerales in pyrometrischer Hinsicht
                              									aufgeworfen. Unter den Sandsteinen z.B., welche dem Ansehen nach wie local
                              									verschieden sind, verlangt man mit Bestimmtheit zu wissen, welcher zu den gedachten
                              									Anwendungen den Vorzug verdient, oder welcher gleichkommt oder am ähnlichsten ist
                              									schon länger bekannten renommirten derartigen Vorkommnissen in der Natur, wie da
                              									sind: der belgische Puddingstein, der englische Dinasclay, der norwegische Quarz etc.
                           Eine Methode, welche genau vergleichende Bestimmungen in dieser Hinsicht anzustellen
                              									gestattet, ist daher nicht ohne Bedeutung und ich erlaube mir hiermit eine solche
                              									mitzutheilen, welche zu diesem Zwecke von mir seit einiger Zeit angewendet wird und
                              									die sich auf Grund vieler Wiederholungen als einfach und praktisch bewährt hat.
                           Die Nächstliegende und gewissermaßen absolute Norm ist für eine solche vergleichende
                              									Bestimmungsweise in der chemisch reinen Kieselsäure gegeben, also in dem reinen
                              									Quarze, welchen man sich entweder durch Zerreiben wasserhellen Bergkrystalls in der
                              									Achatschale darstellt oder durch Zerkleinern von krystallisirtem Quarz, der alsdann
                              									in der von mir früher ausführlich angegebenen Weise mittelst Salpetersalzsäure zu
                              									reinigen ist.
                           Setzt man eine von den oben bezeichneten quarzreichen Gesteinsarten, sowie chemisch
                              										reines Quarzpulver, beide in gleich feinem, doch noch körnigem Zustande demselben hohen Hitzegrade, völliger Schmiedeeisen-Schmelzhitze aus, so zeigt
                              									sich fast stets ein verschiedenes Verhalten. Der
                              									gebrannte Quarz erscheint nur wenig fest (lose) verdichtet; elfteres Material ist
                              									hingegen mehr oder weniger fest zusammengegangen mit geringeren oder größeren
                              									Zeichen von Glasirung, es besitzt mindestens einen schmelzartigen Ueberzug oder ist
                              									gar zum völligen Fluß gekommen. Der beobachtete Abstand ist meist so entschieden,
                              									daß die zweite Frage sehr nahe liegt, wie viel beträgt derselbe und zwar in
                              									bestimmter Zahl, also vergleichbar ausgedrückt.
                           Forschen wir nach der Ursache der bezeichneten Verschiedenheit, so sind es
                              									selbstredend Beimengungen, accessorische, wechselnde Unreinigkeiten, welche die
                              									erwähnte Veränderung hervorrufen. Hierbei sind aber die sogenannten flußbildenden
                              									Bestandtheile nicht allein die wirksamen Factoren,
                              									sondern die Thonerde, welche höchst selten fehlt, ist es,
                              									die eine bedingende, ganz entscheidende Rolle mitspielt,
                              									ja erst in Verbindung mit der Thonerde wirken die bezeichneten Bestandtheile schon
                              									in kleinen Mengen als wahre Flußmittel.
                           
                           Stellt man über diese Frage Versuche an, und versetzt chemisch reinen Quarz, je ausschließlich der Thonerde, mit den bekannten
                              									Flußmitteln: Eisen, Kalk, Magnesia und Alkalien, so kann der Zusatz bis zu vielen Procenten, selbst bis zu 10 Procent gesteigert
                              									werden, ohne daß in einem Hitzegrade welcher Schmiedeeisen-Schmelzhitze
                              									übersteigt, eine irgend beträchtliche Einwirkung
                              									derselben auf die Kieselsäure sich zu erkennen gibt, die Proben lassen sich mit dem
                              									Messer noch schaben; ja man kann den Zusatz bis zu 20 Procent steigern, ohne daß ein
                              									solches Gemenge auch nur glasirt sich zeigt. Es erscheint
                              									dabei für die Beobachtung im Wesentlichen gleich, mit welcher der genannten
                              									Substanzen im Einzelnen man den Versuch anstellt, sowie auch keine entschiedene
                              									Differenz sich bemerken läßt, wenn man mehrere der
                              									Flußmittel zusammenmengt.Wie das von Richters für die Thone gleichfalls als sehr wahrscheinlich
                                    											nachgewiesen wurde, man s. dieses Journal Bd. CXCI S. 63. Eine schön weiße, körnige, beim Schaben mit dem Messer abstaubende Masse
                              									gibt so der KalkDer Kalk ergab in diesem Falle die wenigst-feste, die Magnesia dagegen
                                    											die am meisten feste Masse. Vermehrt man den Zusatz der Erden und des Eisens
                                    											ansehnlich, über 20 Proc. hinaus, so daß feuerflüssige Verbindungen
                                    											entstehen, so ist am leichtflüssigsten das Eisensilicat, merklich
                                    											strengflüssiger zeigt sich das Kalksilicat und entschieden am
                                    											strengflüssigsten das Magnesiasilicat, wie ich bereits früher dargethan habe
                                    											man s. dieses Journal Bd. CLXV S.
                                       												380. wie das Kali, eine dunkel röthliche das Eisenoxyd und eine bläuliche, etwas
                              									festere die Magnesia.
                           Wird aber den bezüglichen Gemengen ein nur geringer Antheil ThonerdeVermehrt man den Zusatz von Thonerde bedeutend im
                                    											Verhältniß zu den Flußmitteln, so nimmt, wie wir wissen, umgekehrt die
                                    											Schwerschmelzbarkeit zu. Steigert man z.B. bei einem Gehalte von 4 Proc.
                                    											Flußmittel die Thonerdemenge auf 20 Procent, so wird die Probe augenfällig
                                    											zähflüssiger; das bis dahin glasähnliche Aussehen geht in ein emailartiges
                                    											über, bis bei 40 Proc. ein völliges, zähes Email erhalten wird etc. zugesetzt, so bringen schon wenige Procente von Eisen, Kalk etc. in dem
                              									angegebenen Hitzegrade eine Schmelzung hervor.
                           Beiläufig bemerkt, ist hiernach zu dem von Richters
                              									aufgestellten und so evident bewiesenen Satze, „die Schmelzbarkeit eines
                                 										Thones hängt vielmehr von den Gewichtsmengen und Verhältnissen ab, in denen die
                                 										Kieselsäure und Flußmittel in ihm vorkommen“ zur Begegnung der
                              									möglichen irrthümlichen Auffassung, als ob es hierbei auf die sogenannten Flußmittel
                              										allein ankomme und die Thonerde mindestens eine
                              									indifferente Rolle spiele – ergänzend das Vorhandenseyn von Thonerde als
                              									eigentliches Beförderungsmittel der Wirksamkeit der Flußmittel zu bezeichnen.Schließt auch implicirte der Begriff Thon die Thonerde ein, so ist doch damit
                                    											deren bezeichnete nothwendig ergänzende
                                    											Wirksamkeit nicht ausgesprochen.
                              								
                           
                           Auf Grund dieser Resultate, welche für die Anfertigung der Dinassteine ganz besonders beachtenswerth sind, lag der Gedanke nahe,
                              									mittelst Darstellung eines solchen künstlichen Gemenges aus Kieselsäure, Flußmittel
                              									nebst Thonerde, und zwar mittelst beiden letzteren in
                              									gleichmäßig zunehmendem Verhältnisse, sich eine Vergleichscala für die
                              									Verschiedenheiten der Schmelzbarkeit der bezeichneten Mineralien zu bilden. Eine
                              									Reihe deßhalb angestellter Versuche ließ jedoch aus folgendem Grunde von einer
                              									solchen Bestimmungsweise absehen und wieder zu einem ähnlichen Verfahren
                              									zurückkehren, wie ich es zuerst zur pyrometrischen Werthbestimmung der Thone
                              									anwandte.
                           Vorab ist es überhaupt unmöglich, kleine Unterschiede evident vergleichend
                              									festzustellen, welche bloß in dem meist nur leisen, mehr
                              									oder weniger schmelzartigen Anfluge bestehen, womit die Proben überzogen sind, und
                              									ferner ist diese Prüfungsart gewissermaßen zu empfindlich. Bei einem Zusatze von 1
                              									Proc. des Gemenges aus Eisenoxyd etc. und Thonerde zum Quarzpulver verhält sich die
                              									Probe in völliger Schmiedeeisen-Schmelzhitze dem Ansehen nach gleich mit den
                              									reinsten Sandsteinen; schon bei 2 Procent Zusatz fließt sie hingegen vollständig zu
                              									einem sehr glänzenden Email zusammen, ähnlich wie die schon sehr unreinen derartigen
                              									Materialien. Die Zwischenstufen der Vergleichscala sind demnach in dem geringen
                              									Abstande des Flußzusatzes von 1–2 Procent zu suchen, wodurch in Anbetracht
                              									obiger Unsicherheit die Methode fast werthlos wird.
                           Ich kam daher zu dem Versuche zurück, die kieselreichen Mineralien mit chemisch
                              									reinem Quarzpulver gewissermaaßen zu titriren, resp. damit bis zu einem gewissen
                              									gleichen Normalpunkte zu verdünnen und aus der Menge des verbrauchten
                              									Verdünnungsmittels pyrometrisch deren Werth zu bestimmen. Diese Methode hat den
                              									Vorzug, daß mit Hülfe derselben kleine Unterschiede, um welche es sich bei den
                              									verschiedenen Quarzarten überhaupt meist nur handelt, durch eine große Zahl (ein
                              									Vielfaches) ausgedrückt werden. Schwieriger erscheint auf den ersten Blick die
                              									Feststellung des Normalpunktes; benutzt man aber dazu ein Vergleichsmoment, welches
                              									sich aus einer Reihe nur durch den Quarzzusatz verschiedener Proben ergibt, so ist
                              									diese Aufgabe mit genügender Bestimmtheit zu lösen. Die specielle Ausführung wurde
                              									in folgender Weise vorgenommen.
                           Das zu prüfende feinst pulverisirte und gesiebte Mineral
                              									wird mit der 1-, 2- bis 10fachen Menge des reinen gleichfalls feinsten Quarzpulvers innigst gemengt. Auf diese Art
                              									werden 10 Proben erhalten, die man mit Wasser anmacht, Prismen daraus formt und mit
                              									dem Zusatze entsprechenden Nummern versieht. Fügt man hierzu noch eine gleiche Probe
                              									aus dem chemisch reinen Quarze, sowie (wenn auch nicht nothwendig, doch zur größeren
                              									Ueberzeugung) ein Prisma aus dem fraglichen Mineral und glüht endlich sämmtliche 12
                              									Prismen in derselben heftigen Weißglühhitze, so wird eine Reihe erhalten, deren
                              									höhere, quarzreichere Glieder sich dem chemisch reinen Quarze stets mehr und mehr
                              									nähern. Verfolgt man die dahin führenden Stufen im Einzelnen, so bietet sich stets
                              										eine Probe dar, welche, wenn auch mit der Quarzprobe
                              									nicht identisch zu setzen, doch im Vergleich zur unmittelbar vorhergehenden,
                              									derselben entschieden ähnlicher erscheint. In den Fällen
                              									wo man es mit unreineren Sandsteinen etc. zu thun hat, charakterisirt sich diese der
                              									reinen Kieselsäure so als annähernd gleich bestimmte Probe durch das Verschwinden
                              									der Glasurrinde oder des schmelzartigen Ueberzuges, und diese wird als die normale
                              									angenommen.
                           Bezeichnet man ferner die Schwerschmelzbarkeit des Quarzes mit 100 und bringt hiervon
                              									den Zusatz resp. dessen Factor (zum Unterschiede von der Weise der
                              									Thonclassificirung) in Abzug, so ergibt sich folgende einfache Scala. Ein Sandstein
                              									welcher 1 Theil Quarzpulver erfordert, um dem reinen Quarze hinsichtlich seines
                              									pyrometrischen Verhaltens in der beschriebenen Weise annähernd gleich zu erscheinen,
                              									ist 100 – 1 = 99; ein geringerer Sandstein, welcher ebenso den zweifachen
                              									Zusatz erfordert, ist 100 – 2 = 98 u.s.w.
                           Das jedesmal nothwendige innigste Mengen geschieht in der
                              									früher angegebenen Art, mittelst Durcheinanderreiben in der Achatschale, reichlichem
                              									Naßanmachen und völligem Durchkneten, Trocknen und nochmaligem Zerreiben, und man
                              									muß selbstredend sonst überhaupt, wie ich früher ausführlich dargelegt habe, eine
                              									größtmögliche Gleichmäßigkeit in der Ausführung beobachten.
                           In Betreff des anzuwendenden Hitzegrades bemerke ich, daß derselbe nicht unter der Schmelzhitze des Schmiedeeisens liegen darf, ja
                              									am geeignetsten dessen Schmelzpunkt zu überschreiten ist, doch nicht so weit (nicht bis zur Schmelzhitze des Platins), daß der chemisch
                              									reine Quarz für sich zusammenschmilzt.
                           Wiesbaden, 30. Mai 1870.