Titel: | Neue Methode zur Analyse von Zuckern und Syrupen; von Prof. J. Apjohn in Dublin. |
Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CXLIX., S. 533 |
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CXLIX.
Neue Methode zur Analyse von Zuckern und Syrupen;
von Prof. J. Apjohn in
Dublin.
Aus den Transactions of the Royal Irish Academy, vol. XXIV durch Chemical News, Februar
1870, S. 86.
Apjohn, Verfahren zur Analyse von Zuckern und Syrupen.
Die Analyse von Zuckern und Syrupen begreift in der Regel nicht allein die Bestimmung
von Rohrzucker, sondern auch die von Invertzucker und krystallisirter Glucose d.h.
von Traubenzucker. Der Gehalt an Rohrzucker kann bekanntlich leicht durch die
optische Methode, sey es mittelst des Soleil'schen oder
des Biot'schen oder des noch empfindlicheren Jellett'schen Polarisationsinstrumentes gefunden werden.
Wenn man mit einem derselben die Drehung durch die betreffenden Lösungen bestimmt
und zwar sowohl vor wie nach der Inversion durch eine Säure, so erhält man Angaben,
aus denen durch gewisse Constanten die gewünschten Zahlen sich ableiten lassen. Wenn
z.B. drei Lösungen der genannten Zuckerarten, welche 416 Gran in 10 Kubikzoll
enthalten, in der 20 Centimeter-Röhre untersucht werden, so beträgt beim
französischen Instrumente die Drehung für
Rohrzucker
100°
Invertzucker
36° bei 15° C.
Traubenzucker
76°
Ein Gran dieser Zucker dreht also in diesen Lösungen bei
Rohrzucker
0,240
Invertzucker
0,086
Traubenzucker
0,182
Ist folglich die beobachtete Drehung vor der Inversion t,
nach derselben t' und sind x, y,
z resp. die gesuchten Mengen Rohr-, Invert- und
Traubenzucker, so erhält man unter Berücksichtigung des Umstandes daß die Drehung
des Invertzuckers das negative Zeichen erhält und daß der Coefficient für die
Inversion des Rohrzuckers 0,36 (Jellett) bei 15°
C. ist, die Gleichungen
x × 0,24 – y × 0,086 + z
× 0,182 = t . . . . . . . . . . . . (1)
– x × 0,24 ×
0,36 = y × 0,086 + z
× 0,182 = t' . . . . . (2)
woraus durch Subtraction folgt
x × 0,24 + x × 0,086 = t
– t'
und x = (t – t')/0,326 . . . . . . . . . (3)
Man erhält so die wichtigste Angabe, den Gehalt an Rohrzucker in kurzer Zeit, allein
man findet von den beiden anderen Zuckerarten nicht einmal die Summe, da man diese
nicht durch Subtraction des Rohrzuckers von 416 Gran finden kann, indem ein Theil
dieser Menge aus Wasser besteht, welches man in vielen Fällen nicht einmal durch
einen Trockenversuch genau bestimmen kann.
Indessen gestattet die Chemie, auch ohne Anwendung optischer Instrumente, noch einen
Schritt weiter zu gehen, und zwar durch die Benutzung der Barreswil'schen Kupferflüssigkeit, welche man vor und nach der Inversion
anwendet. Der letztere Versuch liefert uns die Gesammtmenge der drei Zucker, der
erstere die Summe von zweien, dem Invert- und dem Traubenzucker, die
Differenz beider Versuche entspricht dem schon gefundenen Rohrzucker. Es geht also
die chemische Methode noch etwas weiter als die optische, da sie nicht allein den
Rohrzucker, sondern auch die Summe der beiden anderen zu ermitteln gestattet.
Es bleibt jedoch immer noch unentschieden, wie viel Invert- und wie viel
Traubenzucker vorhanden ist.
Auf Veranlassung von Prof. Jellett habe ich mich nun bemüht, durch Combination beider Methoden,
der optischen und der chemischen, die Analyse zu einer vollständigen zu machen und
bin dabei zu folgendem Resultate gelangt.
Die optische Methode liefert den Gehalt an Rohrzucker; durch Inversion und die
Kupferprobe findet man dann die Summe der drei Zucker, unter der Annahme daß jeder
als Traubenzucker bestimmt werde. Man erhält also folgende Gleichungen:
x × 0,24 – y ×
0,086 + z × 0,182 = t
. . . (a)
x × 1,16 + y × 1,1 +
z = w . . . . . . . . .
. (b)
wovon die erstere schon oben gefunden wurde, während die
zweite die Summe w der drei Zucker nach der Inversion
und der Kupferreaction liefert. Die Coefficienten in der ersten Gleichung sind, wie
oben angegeben, die Drehungsconstanten der Zucker; in der zweiten ist 1,16 das
Verhältniß zwischen dem halben Atomgewicht des Rohrzuckers zu dem des Traubenzuckers und l, l dasjenige zwischen dem Atomgewicht des
Invert- und des Traubenzuckers. Da nun die optische Analyse das Gewicht x des Rohrzuckers geliefert hat, so ist das erste Glied
jeder Gleichung bekannt, und es sind also y und z leicht zu finden.
Ich habe diese Methode mit befriedigendem Resultate bei verschiedenen Analysen von
Rohzuckern und Syrupen angewandt, begnüge mich aber, hier die Details von einer
dieser Untersuchungen mitzutheilen, welche eine gewisse Art Molasse (golden syrup genannt) betraf.
Das Soleil'sche Instrument ergab:
vor der Inversion
38,35°
nach der Inversion
– 12,15°
Dieß gibt nach Gleichung (3) 154,95 Gran Rohrzucker als in 416 Theilen des Syrupes
enthalten. Die chemische Probe wurde durch Invertirung von 34,3 Gran des Syrupes
ausgeführt und darin durch Kupferlösung 24,75 Gran als Traubenzucker gefunden,
entsprechend 297,26 Gran in obigen 416 Gran. Setzt man nun in Gleichung a und b für x seinen Werth 154,9, und 38,35 für t und 154,9 für w, so
wird
154,9 × 0,24 – y
× 0,086 + z × 0,182 = 38,35 . . . (a)
154,9 × 1,16 + y × 1,1
+ z = 297,26 . . . . . . . . . . (b)
woraus
y = 70,66
z = 39,89
Hieraus folgt also die Zusammensetzung des Syrupes in 100 Theilen:
Rohrzucker
37,17
Invertzucker
16,95
Traubenzucker
9,57
Wasser und inactive Stoffe
36,31
––––––
100,00
Die letztere Zahl ist natürlich durch Differenz gefunden; eine directe Bestimmung
durch Trocknen in der Luftleere über Schwefelsäure lieferte nur 22 Proc. Wasser, so
daß also wohl noch gummiartige Stoffe zugegen sind, jedoch keinesfalls über 14,31
Proc., wahrscheinlich aber weniger, da die vollständige Verjagung des Wassers durch
Trocknen sehr schwer zu bewerkstelligen ist.
Ich kann diesen Bericht nicht schließen, ohne anzuführen daß die optische
Beobachtung, welche den Werth für t' liefert, eine
ziemlich schwierige ist, da der Syrup immer, auch wenn er mit Kohle entfärbt worden,
bei der Inversion eine mehr oder weniger dunkle Farbe annimmt. Glücklicherweise ist
aber eine optische Beobachtung für die invertirte Lösung nicht erforderlich, denn der
daraus abzuleitende Gehalt an Rohrzucker kann auf anderem Wege gefunden werden. Man
braucht in der That nur nach und vor der Inversion
mittelst Kupferflüssigkeit zu prüfen, so wird die Differenz beider Bestimmungen die
Rohrzuckermenge ergeben. Die betreffenden Gleichungen sind:
vor der Inversion, y × 1,1 +
z = w' . . . . . . . . .
. . (m)
wo w' die Traubenzuckermenge ist,
welche y und z
entspricht;
nach der Inversion, x × 1,16 +
y × 1,1 + z = w . . . (n)
worin w die Menge Traubenzucker
ist, welche x, y und 2 entspricht. Daraus folgt
x = (w
– w')/1,16
Bei der Behandlung von 100 Gran obiger Molasse fand ich
w' = 30,64 und w = 72,87
woraus
x = (72,87 – 30,64)/1,16 =
36,44
eine Zahl welche mit der durch das Polarisationsinstrument
gefundenen 37,17 nahe übereinstimmt.
Aus Gleichung m folgt ferner, daß der Invertzuckergehalt
mit l, l multiplicirt und zur Traubenzuckermenge addirt,
30,64 Gran entspricht. Aus den optischen und chemischen Bestimmungen ergab sich aber
schon, daß y = 16,95 und z =
9,57, so daß also y × 1,1 + z = 28,21.
Hier zeigt sich allerdings ein ziemlich erheblicher Unterschied, indem die chemische
Methode gegen die optisch-chemische ein Mehr von 2,43 Proc. liefert. Die
Ursache dieser Abweichung ist unschwer zu finden; sie liegt offenbar in dem Gehalt
der Molasse an einer Substanz welche von den drei Zuckerarten verschieden ist, aber
doch Circularpolarisation bewirkt, vielleicht auch die Kupferflüssigkeit reducirt.
Substanzen dieser Art, wie Dextrin, Asparagin, Weinsäure etc. können wohl in
Zuckerproducten vorkommen und müssen deren genaue Analyse unmöglich machen. Es ist
sonach wohl selbstverständlich, daß die von mir angegebene Methode nur für Gemische
von Rohr-, Invert- und Traubenzucker anwendbar ist, welche keine
andere active Substanz enthalten, wie dieß allerdings in der großen Mehrzahl der
Zucker auch der Fall ist. Wenigstens sind die vorkommenden Mengen solcher fremden
Stoffe meist so gering, daß die von mir angegebene Untersuchungsweise dadurch nicht
unanwendbar wird.