| Titel: | Ueber die Darstellung des Anthracens; von Dr. J. Gessert. | 
| Fundstelle: | Band 196, Jahrgang 1870, Nr. CLIII., S. 543 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        CLIII.
                        Ueber die Darstellung des Anthracens; von Dr. J. Gessert.Aus Wagner's Jahresbericht
                                       										der chemischen Technologie für 1869 mitgetheilt in der deutschen
                                       										Industriezeitung, 1870, Nr. 22.
                           							
                        Gessert, über Darstellung des Anthracens.
                        
                     
                        
                           Das Anthracen kommt in den letzten Producten der Destillation des Steinkohlentheeres
                              									vor, hauptsächlich findet es sich in den zuletzt übergehenden dickflüssigen
                              									Producten und bilden diese, besonders das vielfach zu Wagenschmiere verwendete, in
                              									England green grease genannte, das Material für seine
                              									Gewinnung. Diese Producte bestehen aus schwerem Oel, etwas Naphtalin und circa 20 Proc. Anthracen. Im Ganzen beträgt der Gehalt
                              									des Steinkohlentheeres an Anthracen circa 3/4 – 1
                              									Proc.
                           Zur Darstellung des Anthracens bringt man jene breiigen Producte zunächst auf eine
                              									Centrifugalmaschine und läßt so viel wie möglich von dem beigemischten Oele
                              									abschleudern. Den Rückstand, der noch immer sehr viel Oele enthält, erwärmt man auf
                              									circa 40° C. und bringt ihn in eine starke hydraulische Presse, welche
                              									womöglich wie die Oelpresse heizbare Platten hat. Hier wird der größte Theil der
                              									Oele entfernt und das in Kuchen zurückbleibende rohe Anthracen enthält nun circa. 60 Proc. reines Anthracen. Ebenso kann man sich
                              									zur Darstellung des Rohanthracens mit Vortheil einer Filterpresse bedienen; man gibt
                              									die auf 30 bis 40° erwärmte breiige Masse in den Montejus und preßt ihn in
                              									die Filter und erhält so direct ein Product von circa 60
                              									Proc. Reingehalt. Die Anwendung einer Filterpresse ist besonders zu empfehlen zur
                              									Verarbeitung von Oelen welche nur wenig Anthracen enthalten und die noch so
                              									dünnflüssig sind, daß sie nicht auf die Centrifuge gebracht werden können. Das so
                              									erhaltene rohe Anthracen bildet eine grünliche, ziemlich trockene Masse. Zur
                              									weiteren Reinigung wird dieselbe mit leichtem Theeröl oder Petrolnaphta behandelt,
                              									ausgekocht und erkalten lassen oder durch Durchsickernlassen extrahirt. Das leichte
                              									Oel nimmt das noch in dem Rohanthracen enthaltene Naphtalin (sehr wenig), sowie den
                              									Rest des schweren Oeles fort und zurück bleibt reines Anthracen, welches mit dem
                              									Benzol genetzt ist. Dieses wird ausgeschleudert und in einen Kessel gebracht und bis
                              									zum Schmelzen erhitzt. Es destilliren hierbei die letzten Reste des leichten Oeles
                              									und zurück bleibt eine grünlichweiße, paraffinartige Masse von schönkrystallinischem
                              									Bruch, welche circa
                              									95 Proc. reines
                              									Anthracen enthält und einen Schmelzpunkt von 205 bis 208° C. zeigt. Durch
                              									Sublimation dieses Productes erhält man das reine Anthracen in kleinen weißen
                              									Blättchen, welche einen Schmelzpunkt von 215° zeigen.
                           Um käufliches Anthracen, sowie green grease etc. auf
                              									seinen Gehalt an reinem Anthracen zu untersuchen und seinen Werth zu bestimmen, hat
                              									sich die folgende Methode bewährt. Zunächst mache man eine Schmelzpunktbestimmung
                              									des fraglichen Productes, wodurch man einen gewissen Anhalt für seine Beurtheilung
                              									gewinnt. Zur Untersuchung nimmt man dann 5 bis 10 Grm., legt dieselben sorgfältig in
                              									Filtrirpapier und zwischen dicke Lagen von demselben und bringt dieses dann in eine
                              									Presse zwischen zwei vorher erwärmte Platten. Nachdem genügend gepreßt ist, wiegt
                              									man das zwischen den Filtern zurückgebliebene Anthracen. Dann kocht man es mit einer
                              									bestimmten (immer gleichen) Menge Alkohol aus, läßt es erkalten und filtrirt nach
                              									dem Erkalten, wäscht den Rückstand mit kaltem Alkohol nach, trocknet ihn und
                              									bestimmt ihn als reines Anthracen. Zur Controlle macht man noch eine
                              									Schmelzpunktbestimmung des so gereinigten Productes und wird bei derselben
                              									gewöhnlich 210° finden. Bei einiger Uebung liefert diese Methode sehr gute
                              									Vergleichszahlen und ist zur Werthbestimmung, resp. Controlle sehr zu empfehlen.
                           Es wurde auch Schwefelkohlenstoff zur Reinigung des Anthracens vorgeschlagen, doch
                              									eignet sich derselbe nicht besonders dazu, weil das Anthracen sich zu leicht in
                              									demselben löst. Es lösen in der Kälte:
                           
                              
                                 100 Thle. Alkohol
                                 0,6 Thle. Anthracen
                                 
                              
                                 100   „    
                                    											Benzol
                                 0,9  
                                    											„            „
                                 
                              
                                 100   „    
                                    											Schwefelkohlenstoff
                                 1,7  
                                    											„            „
                                 
                              
                           Bei dem Vorstehenden ist vorausgesetzt, daß die Destillation des Theeres nur bis zu
                              									der für die Briquettfabrication gangbaren Consistenz des Peches getrieben werde. Die
                              									Destillate enthalten dann kaum Producte die über das Anthracen hinausgehen. Setzt
                              									man die Destillation des Peches weiter fort, so erhält man Producte die viel feste
                              									Substanz und darunter auch viel Anthracen enthalten, aber es enthalten diese
                              									Producte auch viel höhere Kohlenwasserstoffe, welche sich schwer vom Anthracen
                              									trennen lassen und für die späteren Operationen der Farbstoffbereitung schädlich
                              									sind. Dieß gilt besonders von dem hier auftretenden Chrysen, welches durch seine
                              									Schwerlöslichkeit in Schwefelkohlenstoff von dem Anthracen getrennt werden kann. Da
                              									aber das Pech eines der wesentlichsten Producte der Theerdestillation bildet und zum
                              										größten Theil nur
                              									als weiches Pech verlangt wird, so ist anzunehmen daß man es dauernd nur mit
                              									Anthracen aus den Producten bis zum weichen Pech zu thun haben wird.