Titel: Selbstthätige Spindel- und Obercylinder-Auslegung an Zwirnmaschinen von J. Gottwald und Meinel in Dresden.
Fundstelle: Band 197, Jahrgang 1870, Nr. XXVII., S. 117
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XXVII. Selbstthätige Spindel- und Obercylinder-Auslegung an Zwirnmaschinen von J. Gottwald und Meinel in Dresden. Mit Abbildungen auf Tab. II. Gottwald und Meinel's Spindel- und Obercylinder-Auslegung. Um bei Zwirnmaschinen beim Bruch eines der zur Doublirung kommenden Fäden den betreffenden Obercylinder abzuheben, d.h. also auch die Lieferung einzustellen, und zu gleicher Zeit die hiermit correspondirende Spindel in Stillstand zu bringen, um die Drehung aufzuheben, hat die Maschinenfabrik von J. Gottwald und Meinel in Dresden sich einen Mechanismus in Sachsen patentiren lassen, welchen die bezüglichen Abbildungen in Figur 13 in normaler Thätigkeit, in Figur 14 dagegen im ausgelegten Zustande darstellen. Diese Abbildungen zeigen die gewöhnliche Anordnung der beiden Liefercylinder a, a, des Obercylinders b und der Spindel c. Der auf der Spindel sitzende lose Würtel d trägt an der oberen Seite einen Zahnmuff e; der letztere kann mit dem ebenfalls gezahnten Muffobertheile e', welcher durch Nuth und Feder mit der Spindel verbunden ist, in oder außer Verbindung gesetzt werden, und je nachdem Eingriff der beiden Muffhälften stattfindet oder nicht, wird sich die Spindel drehen oder still stehen. Der Obercylinder ist, wie ersichtlich, in einem Doppelhebel f gelagert, welcher oben eine Gabel bildet und sich durch einen Ansatz g während der normalen Thätigkeit auf den Cylinderbaum stützt. Von dem unteren Arme dieses Hebels geht ein Draht h annähernd parallel mit der Spindel herunter nach einem losen Hebel i, welcher mit einem gabelförmigen Ende den oberen Zahnmuff der Spindel in der Eindrehung umfaßt, und zwar hängt diese Gabel bei der arbeitenden Spindel frei in dieser Eindrehung, wie aus Fig. 13 ersichtlich ist. Weiter ist an dem oberen Arme des den Cylinder tragenden Doppelhebels, nahe an dem Anschlußpunkte des letzterwähnten Drahtes, eine Falle k angebracht, welche den Obercylinder in der ausgehobenen Stellung hält. Die einzelnen Fäden gehen über die Drahtfinger I, welche in Fig. 13 in der Vorder- und Seitenansicht dargestellt sind, unter den auf der Fadenführlatte eingeschraubten Haken m weg nach dem Cylinder. Die Drahtfinger sind auf einem Drahte beweglich, welcher zwischen den Cylinderstangen eingespannt ist, und werden in der in Fig. 13 gezeichneten aufrechten Lage durch die Spannung der Fäden erhalten, indem sie sich mit einem horizontalen Ansatze gegen die Fadenführlatte stützen. Bei Fadenbruch fällt dieser Finger durch sein Uebergewicht nach vorwärts, wie Fig. 14 zeigt; sein vorher horizontaler Ansatz stellt sich ebenfalls schief und legt sich gegen den gebogenen Balancier n, welcher auf gleicher Achse mit dem den Obercylinder tragenden Doppelhebel sitzt, und bewirkt die bei Vergleichung der beiden Abbildungen ersichtliche Drehung dieses Balancier. Hierauf erfolgt nun sofort die Ausrückung des Obercylinders und der Spindel. Dicht über dem Cylinderbaume und parallel mit demselben liegt nämlich eine Achse o, welche von dem Cylinder aus durch ein Excenter eine schwingende Bewegung erhält und für jede Spindel einen in Fig. 13 horizontalen, in Fig. 14 nach oben geneigten vorstehenden Arm p trägt. Hat der letzterwähnte kleine Balancier n die angegebene Lage angenommen, so trifft der betreffende Arm p der schwingenden Welle o mit einem seitlichen Lappen an seinem vorderen Ende auf das nach unten gebogene Ende dieses Balancier und bewirkt dadurch die Hebung des den Obercylinder tragenden Hebels, wodurch der Obercylinder ausgehoben und die Spindel ausgelegt wird. Diese neue Vorrichtung bietet folgende Vortheile: 1) Herstellung fehlerfreier Zwirne ohne Doublirmaschine; 2) Erhöhung der Lieferung, indem das Stillsetzen der ganzen Maschine bei Bruch der Fäden an mehreren Spindeln nicht nöthig ist; 3) Verminderung des Abfalles, weil bei Fadenbruch sofort die Lieferung des betreffenden Cylinders aufhört; 4) Ersparung an Arbeitskräften, da einmal die Bedienung für die Doublirmaschine wegfällt und zweitens die Aufmerksamkeit einer Person auf mehrere Spindeln gerichtet seyn kann, weil sich die still stehende Spindel mit zugehörigem Obercylinder gleich bemerkbar macht; 5) Schonung der Spindelschnur, welche durch das bisherige Anhalten der Spindel bei Fadenbruch über den Würtel schleifen muß, während hier der Würtel ruhig fortläuft. Der Preis derartiger Zwirnmaschinen stellt sich auf 6 1/4 Thlr. pro Spindel für 80 bis 100 Millimet. Hub; auch läßt sich der Mechanismus leicht an bereits bestehenden Maschinen anbringen. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 13.)

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