Titel: | Erzeugung von Holzschnitzereien durch Wärme und Druck. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. CXXI., S. 481 |
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CXXI.
Erzeugung von Holzschnitzereien durch Wärme und
Druck.
Erzeugung von Holzschnitzereien durch Wärme und Druck.
Dr. W. Exner, Professor der
mechanischen Technologie an der k. k. Forsthochschule Marienbrunn, hat kürzlich
unter dem Titel „Die Kunsttischlerei vom technologischen
Standpunkt“ (Weimar 1870, B. F. Voigt)
zwei Vorträge veröffentlicht, die er im k. k. österr. Museum für Kunst und Industrie
in Wien gehalten hatte. Er erwähnt darin u.a. auch einige neuere Verfahren zur
Darstellung von Holzschnitzereien. Zwei derselben beruhen auf der Anwendung einer
hohen Temperatur des Werkzeuges. Wenn man z.B. ein Stecheisen, etwa ein halbrundes
Hohleisen, so mit einer Werkzeugmaschine verbindet, daß es senkrecht auf- und
niedergeht und während dieses Auf- und Niederganges von zwei Gasflammen
beiderseitig bis nahe zur Glühhitze erwärmt wird, so kann man diese Einrichtung dazu
benutzen, um ein Relief in Form eines krummlinigen Ornamentes mit häufig
wiederkehrenden Linien und Schraffirungen gleicher Erhabenheit über dem Fond
herzustellen. Das Holz wird von dem Arbeiter geführt, um es nach der bereits
aufgerissenen Zeichnung an dem rechten Punkte dem Niedergange des Grabstichels
auszusetzen. Man verwendet zu diesen Arbeiten mit besonderem Erfolg künstlich
getrocknetes Lindenholz. Die Vertiefungen werden aus freier Hand herausgenommen. Das
Verfahren findet besonders Anwendung bei Herstellung von Clichés für
Spielkarten, Tapeten und Kattundruck. Solche Clichés, die bereits in großer
Zahl angefertigt werden, sind bekannt unter der Bezeichnung „Clichés au gaz.“
Aber nicht bloß derartige, wohl für die Möbel und überhaupt für die Kunsttischlerei
beschränkt verwendbare Objecte kann man unter Zuhülfenahme des Feuers darstellen,
sondern auch Arbeiten im Hautrelief. Mit einem rothglühenden, eisernen Model wird
durch Niederdrücken eines Hebels, der das Gewicht des Arbeiters fünffach übersetzt,
eine Schicht des Holzes von 2 bis 3 Millimeter Dicke eingebrannt. Bevor dieß geschehen ist und
unmittelbar nachher wird das Arbeitsstück in Wasser getaucht. Dadurch daß das Holz
mit Wasser getränkt ist, bevor es mit dem rothglühenden Model berührt wird, werden
die Contouren der schwarzen Brandfläche sehr scharf und nett. Durch Eintauchen in
Wasser unmittelbar nach dem Brennen gelingt es leicht, mit Bürsten die Kohle zu
beseitigen. Das Verfahren wird mit Modeln verschiedener Form so lange fortgesetzt,
bis auf diese Weise das Object fertig gemacht worden ist. Jedesmal wird jedoch das
Eintauchen in Wasser und Bürsten vorgenommen. Die gemeinsten Hölzer, z.B. das
Pappel- und Kastanienholz, sind die für diesen Proceß geeignetsten Stoffe,
denn sie sind schwammig und saugen das Wasser gierig ein. Die aus den genannten
Hölzern hergestellten plastischen Gegenstände haben ein sehr schönes Aussehen, das
demjenigen der Schnitzereien aus altem Nußholz in Nichts nachsteht. Sind die Model
von tüchtigen Künstlern angefertigt, was allerdings einmal eine ziemlich bedeutende
Geldausgabe verursacht, so ist man im Stand, wahrhaft vollendete, plastische
Erzeugnisse aus Holz, unter dem Aufgebot einfacher mechanischer Vorrichtungen und
eines zuverlässigen, aber nicht besondere Bildung beanspruchenden Arbeiters,
hundertfach zu vervielfältigen. Die Objecte sind so schön und zart, so vollständig
gelungen, daß sie die Kosten des Models und überdieß einen glänzenden Gewinn
abwerfen.
Eine größere Verbreitung hat jenes Verfahren gefunden, welches auf Pressung des
Holzes durch Model beruht. Es kann dabei dreierlei eintreten:
1) entweder wird das Holz im Sinne der Faser, also senkrecht auf
die Hirnfläche mit kalten oder mäßig erwärmten Modeln gepreßt und damit zugleich
jenes Relief herbeigeführt, das man erzeugen will, oder es wird
2) auf einer beliebigen Holzfläche durch einen Model eine
Pressung hervorgerufen, die nun hervorragende Fläche weggehobelt oder weggefeilt
und durch Benetzen die früher vertieften Stellen erhaben gemacht; oder
endlich
3) es werden dünne Platten von Holz zwischen zwei Modeln, einer
Matrize und einer Patrize, gepreßt.
Die zweite Methode, welche vielfacher Nachbesserung mit Werkzeugen bedarf und dabei
doch die Kosten der Model nicht erspart, hat weniger Bedeutung. Die erstere verdient
eine größere Verwendung in Deutschland und Oesterreich, als sie bisher gefunden hat;
denn die fertigen Gegenstände werden durch die Feuchtigkeit nicht deformirt und
gewinnen sogar, gegenüber dem Rohstoffe, an Festigkeit. Jedoch die dritte Methode
ist erst eine recht
dankbare und kann nicht genug auch für die Möbeldecoration empfohlen werden. Man
kann allerdings nicht jedes Holz dazu verwenden, von manchem nur die Auswüchse, den
sogen. Maser. Doch sind gerade die verwendbaren Hölzer nicht besonders theure
Materialien.
Die Model wirken im erhitzten Zustand besser; es darf dieß aber nicht zu weit
getrieben werden, denn die Verkohlung soll durchaus nicht eintreten; einige Tropfen
Wasser auf den Model gegeben, sollen rasch verdampfen. Eine Bräunung des Holzes ist
nicht zu vermeiden. Harzhaltige Hölzer sind wegen der durch die Erhitzung
hervorgerufenen Flecken unbrauchbar. Diesen Uebelstand hat man indessen auf
verschiedene Art zu bekämpfen gesucht. Man benutzt z.B. Hobelspäne von beliebiger
Größe; sie werden mit der platten Seite auf den Model gelegt, auf der anderen Seite
mit Tischlerleim überzogen, hierauf mit einer neuen Schicht von Hobelspänen bedeckt,
deren Fasern senkrecht zu den Fasern der ersten Schicht laufen, auf der Rückseite
wieder mit Leim versehen u.s.f. Eine auf diese Art hergestellte Holzplatte nimmt die
Pressung vorzüglich an, und behält auch an Orten wo sie der Feuchtigkeit ausgesetzt
wird, z.B. bei Lambrinen, ihre Form. Bei dieser Methode bedarf der Model keiner
starken Erhitzung und kann dadurch die ursprüngliche Farbe des Holzes geschont
werden. Alle Methoden welche der Hauptsache nach Pressung sind, liefern
Gesimsleisten, kleine Medaillons, Schlüssellochumrahmungen und dergl. Die Verwendung
derselben auch außerhalb der Möbelindustrie ist eine großartige.
Reliefpressungen von Furnüren können auch in sehr rascher Weise durch gravirte
Metallwalzen hergestellt werden, von welchen die eine vertieft gravirt, die andere
correspondirend erhöht dargestellt worden ist. Man versieht in diesem Falle die
Rückseite mit durch Mehlkleister aufgeklebtem, dünnem Briefpapier und preßt die
Furnüre noch im feuchten Zustand. In Oesterreich sind solche gepreßte und speciell
gaufrirte Furnüre seit langer Zeit bekannt und werden durch den Fabrikanten Podani in Wien in vollendeter Form in den Handel
gebracht.
Die Holzgießerei reiht sich hier an. Unter Holzgießerei
versteht man das Formen einer teigähnlichen, mehr oder minder aus Holz bestehenden
Masse mit Zuhülfenahme von Modeln. Das Wesentliche dabei besteht darin, daß die
Holzplatte sich von der Form gut ablöst und dann einen cohärenten, harten Körper
bildet. Es ist eine große Zahl von Recepten in die Oeffentlichkeit gekommen. Man
unterscheidet Kreidepasten, Kartoffelpasten, Steinpasten etc. Alle enthalten mehr
oder weniger Procente von Holzspänen und zu diesen wieder eignen sich besonders die Späne von
Birnbaum-, Linden- und Mahagonyholz. Ein besonders empfehlenswerthes
Recept besteht in 1/2 Kilogrm. Tischlerleim und 1,25 Kilogrm. Galläpfelabsud im
kalten Zustand gemischt. Der Niederschlag, welcher eine gelbe, fahle, an der Luft
dunkelnde Masse bildet, löst sich in heißem Wasser auf und wird dann mit 1/3
Holzstaub gemischt. Statt der Galläpfel kann man auch Sumach, Silberweide und die
Wurzel von Benedictenkraut (Gerum urbanum) anwenden.
Diese Manier ist fast ein Jahrhundert alt und in Frankreich von sehr bedeutender
Verbreitung. Mit ihr concurrirt die Herstellung von Modeln aus einer flüssigen
Holzmasse, welche auf den Model mittelst Pinseln aufgetragen wird. Die dazu
verwendete Masse besteht aus 1/3 Sägespänen, 1/3 phosphorsaurem Kalk und 1/3 einer
harzigen oder gelatinösen Substanz. Die mit dem Pinsel in doppelter Schicht
aufgetragene Masse trocknet nach einer Stunde, wird dann von dem Model abgelöst und
in die Höhlung eine dicke Schicht eingetragen. Man kennt in Paris diese
Möbelornamente unter der Bezeichnung Similibois.
(Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 32.)