Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 197, Jahrgang 1870, Nr. , S. 88 |
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Miscellen.
Miscellen.
Handkraftpropeller auf Handelsschiffen.
Die auf einigen englischen Kriegsschiffen angewendete Weise, gelegentlich den
Propeller aus freier Hand zu bearbeiten, scheint die Aufmerksamkeit der Rheder und
Schiffsbefehlshaber und vielleicht auch der See-Assecuranten zu verdienen.
Ein Rad auf dem Verdeck, welches auch auf der Batterie oder im Zwischenboden Raum
hat, steht durch eine Achse und eine Auswechselung mit der Propellerachse in
Verbindung, so daß diese, wenn das Rad mit einer Schnelligkeit von 1/2 oder 2
Schlägen in der Minute rund umläuft, 8 bis 10 Schläge macht, was diesem großen
Fahrzeuge eine Schnelligkeit von 2 bis 3 Viertelmeilen in der Stunde gibt. Diese
einfache und wenig kostspielige Einrichtung ist in vielen Fällen von unermeßlichem
Nutzen und spart Kohlen, wie bei Versetzung des Fahrzeuges in kürzeren Abstand im
Hafen, beim Anlaufen von Häfen bei schwachem Gegenwind. Ja es hat sogar Beispiele
gegeben, daß ein englisches Kriegsschiff, um bei Windstille während des Passirens
der Linie Kohlen zu sparen, die halbe Besatzung im Propellerrade rund gehen
ließ.
Eine solche Einrichtung auf einem Handelsfahrzeuge, der Größe und Bemannungszahl
desselben angepaßt, würde sich ganz gewiß binnen Kurzem bezahlt machen. Jeder
Seemann weiß, daß viele Male großer Zeitverlust, Schaden und Unglück aus der
Unmöglichkeit erfolgen können, zu rechter Zeit ein gewisses Ziel zu erreichen.
Es scheint also, daß ein durch Händekraft getriebener Propeller zur unentbehrlichen
Ausrüstung für jedes Segelschiff einer auf ihren Vortheil bedachten Rhederei wird
gehören müssen, vorausgesetzt daß die Kosten dafür mäßig sind, und daß derselbe bei
einer gewöhnlichen Besatzungsstärke die Geschwindigkeit des Fahrzeuges bei ruhigem
Wetter um wenigstens 2 Viertelmeilen in der Stunde vermehrt.
Vielleicht würde eine solche Vermehrung in der Fahrt auch in schwerem Wetter bei
Zufällen von Nutzen seyn, in denen die Sicherheit des Schiffes und der Besatzung auf
dem Spiel steht. Wenn bei einer solchen Gelegenheit eine äußerste Anstrengung der
Besatzung dem Fahrzeuge eine erhöhte Widerstandskraft gegen See und Wind zu geben
vermöchte, entsprechend der Schnelligkeit von 3 bis 4 Viertelmeilen in der Stunde
bei ruhigem Wetter, so ist wahrscheinlich, daß Fahrzeug, Ladung und Menschenleben
dadurch mehr als ein Mal gerettet werden könnten. (Aus dem
Militär-Wochenblatt vom 15. Juni 1870.)
Nézeraux's
Dampfmaschinen-Condensator.
Die nach dem System Nézeraux construirten
Kondensatoren sind speciell für solche Gegenden bestimmt, in denen bei Mangel an
Wasser und wegen hoher Brennmaterialpreise die Aufstellung möglichst ökonomisch
arbeitender Maschinen doppelt wünschenswerth ist. Bei Anwendung dieses Condensators
kann man ununterbrochen nahezu dasselbe Wasser zur Kesselspeisung respective zur
Abkühlung benutzen.
Der Apparat (condenseur hydro-atmosphérique
genannt) besteht aus zwei Theilen, dem Condensator im engeren Sinne und einem
Abkühler (rafraîchisseur).
Im Condensator umspült der auspuffende Dampf ein System paralleler Röhren, durch
welche unaufhörlich Kühlwasser geleitet wird. Während nun das sich condensirende
Wasser durch eine Pumpe in den Sammelbottich für das Speisewasser gebracht wird,
gelangt das im Condensator erwärmte Kühlwasser in den Abkühler, um die Temperatur
soweit zu erniedrigen, daß eine neue wiederholte Verwendung dieses Wassers im
Condensator stattfinden kann.
Im Abkühler, einem Kessel mit einer fein durchlöcherten Platte in Verbindung mit
einem Ventilator, welcher fortwährend frische Luft von unten nach oben durch die
Siebplatte preßt, fließt das vom Condensator kommende erwärmte Kühlwasser über die
Siebplatte und kommt in sehr fein vertheiltem Zustand mit der eingetriebenen
frischen Luft in
Berührung, welcher das Wasser eine bedeutende Berührungsfläche darbietet, was
natürlicherweise eine wesentliche Bedingung der guten Wirksamkeit dieses Apparates
ist.
Die erwärmte, mit Wasserdampf gesättigte Luft zieht aus dem Abkühler in einen Kamin,
während das genügend abgekühlte Wasser in eine Sammelgrube abfließt und hieraus
durch eine Pumpe wieder in den Condensator gebracht wird. Einen Condensator dieses
Systemes hat kürzlich der Ingenieur M. H. Flaud in Paris
ausgeführt. (Nach Armengaud's Génie industriel, Mai 1870, S. 225).
Verbesserung am Strumpfwirkerstuhl.
Der Strumpfwaarenfabrikant Collinet in Moreuil nahm sich
in Frankreich ein Patent auf eine Verbesserung am Handculirstuhl, welche darin
besteht, daß anstat der gebräuchlichen massiven Preßschiene eine verzahnte,
kammförmige Presse verwendet wird, deren einzelne Zähne zwischen die Platinen
reichen, dieselben stets in ihrer regelrechten Stellung unterstützen und im
richtigen Augenblicke die Nadelhaken schließen.
Durch diese Einrichtung wird der Raum vor der Nadelreihe frei und kann nun zur
Anbringung von Fadenführer benutzt werden; auch soll sich die Leistungsfähigkeit
eines Stuhles dadurch erhöhen. (Armengaud's Génie industriel, Mai 1870, S. 273.)
Ueber die Betriebskraft von Nähmaschinen, nach Prof. Dr. H. Meidinger.
Im polytechn. Journal Bd. CXCVI S. 196, erstes Maiheft 1870, wurde unter vorstehendem
Titel ein der citirten „deutschen Industriezeitung“ entnommener
Auszug gebracht aus der längeren Abhandlung über Nähmaschinen, welche Hr. Prof. Meidinger in der von ihm herausgegebenen badischen Gewerbezeitung für Haus und Familie vergangenes
Jahr veröffentlicht hat.
Nach dem Wunsche des Verfassers constatiren wir, daß auf Seite 198 Zeile 5 von unten
vor „zuzuschreiben“ das Wörtchen „mit“ ausgelassen wurde, welches sich im
Originaltexte vorfindet und wodurch der Sinn des Satzes ein wesentlich verschiedener
wird. Der leichte Gang der Singer-Maschine ist
dann nämlich nicht der einzige Grund, sondern nur einer der Gründe und nicht einmal
der Hauptgrund, aus welchem sie in den letzten Jahren eine so große Verbreitung
erlangt hat.
Hamburger Reclamenfabrikanten haben jenen Auszug, welcher von uns wortgetreu der
deutschen Industriezeitung Nr. 7 entnommen wurde, dazu benutzt, den Namen des Hrn.
Prof. Meidinger im Interesse der Wheeler-Wilson-Maschine zu mißbrauchen, als habe er solche
in jeder Hinsicht für vorzüglicher als die Singer-Maschine erklärt. Der aufmerksame Leser der ganzen
Originalabhandlung des Hrn. Prof. Meidinger wird hingegen
die Ueberzeugung gewinnen, daß er keinem dieser beiden Nähmaschinen-Systeme
einen erheblichen Vorzug vor den anderen zuerkannt hat, ja daß seine Ansichten über
die beste Familiennähmaschine diese beiden Systeme überhaupt nicht berühren. Die
Redaction.
Ueber den Einfluß der Nähmaschinen auf die Gesundheit der
Arbeiterinnen; von E. Decaisne.
Aus meinen Beobachtungen, welche an 661 mit den Nähmaschinen arbeitenden weiblichen
Individuen angestellt wurden, glaube ich nachstehende Folgerungen ziehen zu
dürfen:
1) Die Wirkungen des Arbeitens mit der Nähmaschine auf das locomotorische System
unterscheiden sich in Nichts von denen, welche durch jede übermäßige Muskelarbeit
hervorgebracht werden, die hauptsächlich gewisse Glieder mit Ausschluß gewisser
anderer beschäftigt. Die mehrfach hervorgehobenen Schmerzen in den Muskeln der Lenden- und
Kreuzgegend, die Krümmung der Schenkel etc., zeigen sich nämlich nicht bei den
Frauen welche täglich nur drei bis vier Stunden an der Maschine beschäftigt sind,
und verschwinden bei denen welche länger arbeiten, gewöhnlich nach Verlauf einer
gewissen Zeit.
2) Wenn ich auch zugebe, daß durch übermäßige körperliche Arbeit bei dem weiblichen
Geschlechte Störungen in den Functionen des Magens veranlaßt werden können und
müssen, so ist es mir doch unmöglich, die Nähmaschine als Ursache jener
Verdauungsstörungen anzuklagen, welche wir in Paris bei sechzehn von zwanzig
Arbeiterinnen jeder Classe antreffen.
3) Vergleicht man, wie ich es gethan habe, den Zustand der Athmungsorgane bei den mit
der Maschine und bei den mit der Nadel arbeitenden Näherinnen, so findet man daß
gewisse Affectionen der Respirationsorgane, z.B. Dyspnöe (Schwerathmen) bei allen
Arbeiterinnen ohne Unterschied in gleichem Verhältniß auftreten.
4) Es ist auch behauptet worden, daß das von der Maschine verursachte Geräusch auf
das Nervensystem wirke. Wenn es auch nicht in Abrede zu stellen seyn dürfte, daß
dasselbe anfangs ein gewisses Uebelbefinden hervorruft, so ist es andererseits, nach
dem Geständniß aller von mir über diesen Punkt befragten Arbeiterinnen, ebenso wahr,
daß sie sich sehr schnell daran gewöhnen und daß dasselbe für die Gesundheit gar
nicht nachtheilig ist.
5) Ohne die positive Behauptung aufstellen zu wollen, daß die Nähmaschine gewissen
unseligen Erregungen fremd sey, bin ich doch zu der Ansicht gekommen, daß die über
diesen Punkt veröffentlichten Beobachtungen und der Schluß welchen man im
Allgemeinen aus denselben hat ziehen wollen, ohne allen Werth sind. Auch hier ist,
wie ich in meiner der (französischen) Akademie eingereichten Abhandlung nachgewiesen
habe, das Uebel selten durch die Nähmaschine herbeigeführt worden und fast immer
habe ich in früheren Gewohnheiten, in der moralischen Verderbniß oder in besonderen
physischen Störungen den Grund der Erregungen gefunden, auf welche ich anspiele.
6) Eine streng durchgeführte Untersuchung hat mir bewiesen, daß die an der
Nähmaschine beschäftigten Arbeiterinnen unter sonst gleichen Verhältnissen
keineswegs, wie man behauptet hat, mehr als die anderen Arbeiterinnen an
Mutterblutfluß, an Fehlgeburten, an Darmfellentzündung oder an weißem Flusse leiden,
und daß die Fälle auf welche man sich in dieser Hinsicht beruft, nur einfache
Coincidenzen und Folge einer die Kräfte des Weibes übersteigenden Arbeit sind.
7) Wenn es übrigens erwiesen wäre, daß gewisse der Nähmaschine gemachte Vorwürfe in
einigen Fällen wirklich Grund haben, so müssen dieselben vor der allgemeiner
gewordenen Anwendung des Dampfes als Betriebskraft und der seit einigen Jahren
sowohl für die Werkstätten als auch für die Privatzimmer der Näherinnen erfundenen
Motoren, deren Preis von Tag zu Tag ein mäßigerer wird, von selbst fallen.
Hinsichtlich der Nähmaschinen für welche man die Frau als Motor beibehält, müssen die
mit isochronisch wirkenden Tretvorrichtungen versehenen denjenigen mit alternirend
wirkenden Tretvorrichtungen vorgezogen werden. Man wird dadurch die Arbeiterinnen
vor jeder Erregung bewahren.
8) Ich glaube somit gezeigt zu haben, daß die Arbeit bei der von der Arbeiterin
selbst getriebenen Nähmaschine, wenn sie innerhalb der gehörigen Grenze bleibt und
nicht, wie es leider nur zu oft geschieht, übertrieben wird, für die Gesundheit
nicht schädlicher ist als die Arbeit mit der Nadel. Den Beweis dafür liefert die
Thatsache, daß es mir unmöglich war, bei 28 weiblichen Individuen zwischen dem
achtzehnten und vierzigsten Lebensjahre, welche täglich drei bis vier Stunden
arbeiteten, irgend eine Wirkung zu constatiren, welche der Nähmaschine hätte
zugeschrieben werden können, (Comptes rendus, t. LXX p. 1096; Mai 1870.)
Die Bessemerstahl-Fabricate bezüglich sicherer
Bruchfestigkeit.
Die Verbesserung des Bessemer-Verfahrens ist schon seit mehreren Jahren in
mannichfacher Weise angestrebt worden. So sind viele Versuche gemacht worden, um das
Roheisen schon durch entsprechende Behandlung im Hohofen für den Bessemerproceß geeigneter zu machen: es
sind mancherlei Beimischungen versucht worden, um den Einfluß des gerade bei dem
Bessemerproceß so sehr schädlich auftretenden Phosphorgehaltes des Roheisens zu
neutralisiren; auf Anregung namentlich von Tunner ist
versucht worden, vermittelst Beobachtung der Spectral-Erscheinungen die
Vorgänge bei dem Bessemerproceß zu ergründen und zu regeln; ein besonderer
Fortschritt ist der Einführung der Schlackenproben (ähnlich dem Probiren bei dem
alten Rohstahl-Frischproceß) zu verdanken, die zur Zeit wohl auf den meisten
Werken Anwendung finden: in Oesterreich ist man sogar so weit gegangen, vor dem
Ausgießen des Converters eine Schöpfprobe zu nehmen, um je nach dem gefundenen Grade
der Härte und Reinheit des Stahles eventuell den Proceß weiter fort zu führen oder
noch geeignete Zusätze zu machen.
Auch in der Verarbeitung des Bessemerstahles hat man sich nach allen Richtungen
bemüht, z. B. durch langsames, egales Anwärmen der
Blöcke und ebenso langsames Erkalten der fertig gewalzten oder geschmiedeten Stücke
der Neigung zur Sprödigkeit entgegen zu arbeiten. Und doch haben alle diese Versuche
und Verbesserungen bis zur Zeit noch nicht dahin geführt, den Fabricaten aus
Bessemerstahl eine durchweg sichere Bruchfestigkeit zu geben. In dem verflossenen
Winter namentlich sind – wohl unter dem Einfluß der grimmigen Kälte –
Bandagen aus Bessemerstahl in sehr bedeutender Anzahl geplatzt und noch ganz vor
Kurzem ist in dieser Sache das competente Urtheil eines der sachkundigsten Fachleute
der Welt in wahrhaft durchschlagender Weise öffentlich abgegeben worden.
Am 21. März fand nämlich in Elberfeld bei der bergisch-märkischen
Eisenbahn-Verwaltung eine Submission u. A. auf
Achsen, Bandagen etc. statt. In derselben reichte der Gußstahl- und
Bessemer-König, Hr. Krupp, seine Offerte lediglich
auf Bandagen aus Tiegelgußstahl und aus Puddelstahl ein, mit dem Bemerken daß er die
Fabrication von Bandagen aus Bessemerstahl aufgebe, weil letzteres Material nach den
neueren Erfahrungen sich zu diesem Zwecke nicht eigne.
Ein solches rücksichtsloses Eingeständniß des Besitzers des ersten Stahlwerkes der
Welt ist allerdings darnach angethan, die Frage auf's Neue anzuregen, inwieweit der
Bessemerstahl fernerhin noch für Eisenbahnzwecke verwendet werden darf, ohne die
Fahrsicherheit und damit das Leben vieler Menschen zu bedrohen.
In Amerika macht man von allerlei vorkommenden Brüchen allerdings nicht so viel
Aufhebens. Wenn dort eine bedeutende Bahn in ihrem Bericht z. B. einige Hunderte von Bessemer-Schienen als gebrochen angibt, so
tröstet man sich damit, daß die von England importirten gewöhnlichen Eisenschienen
ebenfalls, namentlich bei Frostwetter, massenhaft entzwei gehen, und ähnlich ist es
in England, wenn auch dort bei den üblichen stärkeren Profilen nicht in solchem
Maaße.
Auf deutschen Bahnen dagegen wird das Brechen einer Eisenschiene z. B. mindestens als ehrenrührig für den betreffenden
Fabrikanten betrachtet, während man allerdings den Bessemerschienen gegenüber bei
einem solchen Vorkommniß schon eher geneigt ist, der „bekannten
Eigenthümlichkeit des Materiales“ Rechnung zu tragen, obwohl an
vielen Stellen aus diesem und anderen Gründen den bei weitem elastischeren und
absolut sicheren Puddelstahlschienen nach wie vor der Vorzug gegeben wird. Als
Material behauptet der Puddelstahl bis zur Stunde das Uebergewicht wegen seiner
Bruchsicherheit. Bezüglich des Verschleißes werden thatsächliche Vergleiche erst
angestellt werden können, wenn die Bessemerschienen an stark befahrenen Stellen
längere Jahre gelegen haben werden. Daß der Bessemerstahl, wenn er nicht zu spröde
werden und namentlich auch dem Auswalzen des Fußes der Vignole-Schiene nicht
zu viele Hindernisse entgegenstellen soll, sehr weich – unhärtbar –
hergestellt werden muß, ist bekannt. Dem gegenüber hat man es bei den
Puddelstahlkopfschienen z. B. durch die geeignete
Zusammensetzung der Packete in der Hand, den härtesten Theil an die Führfläche zu
bringen, ohne im Auswalzen behindert zu seyn oder das Brechen der Schiene befürchten
zu müssen.
Der einzige Nachtheil der Puddelstahlschiene besteht in der Unsicherheit der
Schweißung. In dieser Hinsicht sowohl wie auch in der Auswahl des Materiales an sich
mag viel gesündigt worden seyn, allein die vermehrte Concurrenz und die steigenden
Anforderungen des colossal zunehmenden Bahnverkehres werden auch diesen Punkten die
nöthige verschärfte Aufmerksamkeit zuwenden und die Fabrikanten dahin bringen, den
in der Möglichkeit der Materialprobe liegenden großen Vortheil vor dem
Bessemer-Verfahren besser auszunutzen, wie denn verschiedene Werke bereits
sehr gute langjährige Resultate zur Seite stehen haben. Die Frage, in welcher Art, resp. zu welchem
Preise, alte Bessemerschienen in Massen zu verwerthen seyn werden, harrt noch ihrer
Lösung, während hinsichtlich der Puddelstahlschienen die Antwort längst durch die
Praxis in befriedigender Weise gegeben worden ist.
Für Finanzleute, die zugleich die Verschleiß-Verhältnisse der Schienen mit
berücksichtigen, ist es total unverständlich, wie man bei einer Garantiezeit von
mehreren Jahren, in welchen sich bei Puddelstahl- und Puddelstahlkopfschienen
die etwaigen Schweißfehler zeigen und Auswechselung der schadhaften Schienen erfolgt
– sich durch längere Garantiezeit der Bessemerschienen verleiten läßt, höhere
Preise und Jahres-Revenüen zu zahlen – da evident der gute Puddelstahl
größere Widerstandsfähigkeit und weniger Verschleiß hat als der weiche
Bessemerstahl. (Zeitung des Vereines deutscher Eisenbahnverwaltungen, 1870, Nr.
17.)
Parson's weißes Messing.
Ein Metall unter dem Namen weißes Messing (white brass),
die Erfindung von P. M. Parson, und von demselben auf der
Thames Foundry zu East Greenwich fabricirt, verspricht für Zapfenlager und ähnliche
Maschinentheile eine wichtige Rolle zu spielen. Obwohl im Ansehen einigen der unter
dem Namen „Weißmetall“ bekannten Legirungen ähnlich,
unterscheidet es sich doch von denselben wesentlich in anderer Hinsicht, da es
härter, fester und klingender ist. Es ist in der That, wie sein Name besagt, eine
Art Messing, und verhält sich beim Drehen, Bohren etc. in ähnlicher Weise. Es
verstopft die Feile nicht und nimmt eine hohe Politur an; gleichzeitig ist sein
Schmelzpunkt niedriger als der des gewöhnlichen Messings, so daß es in einem
eisernen Löffel über gewöhnlichem Feuer geschmolzen werden kann. Diese besonderen
Eigenschaften machen es zur Montirung von Maschinen sehr brauchbar, welche in erster
Linie billig seyn sollen, da man Büchsen, Lagerschalen etc. an Ort und Stelle
angießen kann, ohne sie einpassen und ausbohren zu müssen. Es kann auch in
Metallformen oder in Sand- und Lehmformen wie gewöhnliches Kanonenmetall
gegossen werden. Obwohl dieses Metall noch nicht sehr allgemein bekannt ist, so
findet es sich doch schon seit einigen Jahren in Benutzung bei verschiedenen
Maschinenfabriken und bedeutenden Eisenbahnen, wobei es sich als besonders geeignet
für Zapfenlager an Maschinen und Wagen, sowie Reibungsflächen überhaupt erwiesen
hat. Verglichen mit Kanonenmetall oder gewöhnlichem Messing, ist das weiße Messing
am billigsten, während gleichzeitig seine Dauerhaftigkeit bedeutend größer ist, als
die der beiden anderen Metalle. In dieser Hinsicht sind eine Anzahl von Versuchen
auf der Great Northern Railway mit Wagen gemacht worden,
welche in den Expreßzügen zwischen London und Edinburgh liefen, und deren Achsen an
einem Ende mit Lagern von weißem Messing, am anderen aber mit solchen von
gewöhnlichem Messing versehen waren. Aus dem bezüglichen Berichte von Sturrock (welcher die Versuche vornahm), datirt vom 20.
Mai 1862, ergibt sich Folgendes: Zwei Lager von weißem Messing, an einem Bremswagen
angebracht, verloren nach einem Laufe von 19,400 Meilen (engl.) nur 2 Unzen am
Gewicht, während die am anderen Ende des Wagens angebrachten zwei gewöhnlichen
Messinglager 2 Pfd. 4 Unzen verloren hatten. In einem anderen Falle durchlief ein
ebenso vorgerichteter Wagen dritter Classe 20,000 Meilen, wobei die Lager aus weißem
Messing nur 2 1/2 Unzen, die Lager aus gewöhnlichem Messing aber 1 Pfd. 6 Unzen
verloren hatten. Bei einem anderen Wagen dritter Classe betrug nach 20,000 Meilen
Lauf die Abnutzung der Lager aus weißem Messing 2 1/2 Unzen, während die Lager aus
gewöhnlichem Messing 1 Pfd. 12 Unzen an Gewicht eingebüßt hatten. Die Lager liefen
stets kühl und wurden mit Oel geschmiert. Im Juli 1864 wurden vier Lager aus weißem
Messing von einem Bremsgüterwagen abgenommen, welcher 64,712 Meilen durchlaufen
hatte. Die Lager waren noch in gutem Zustande und nur wenig ausgelaufen. Nach diesen
wichtigen Zeugnissen ist es wohl nicht nöthig, zu sagen, daß sich das fragliche
Material auch bei allen Lagern für andere Zwecke ebenso gut bewährt hat. Nirgends
hat sich ein Warmlaufen der Zapfen gezeigt, wo dieß Metall zu Lagern benutzt wurde;
es scheint in der That das weiße Messing in gewissem Grade selbstschmierend zu
wirken, wenn Oel oder andere Schmiere fehlt. So viel wenigstens steht fest, daß seit
Einführung desselben zu den Lagern der Achsen auf der Great
Northern
Railway alle Aufenthalte wegen heiß laufender Achsen aufhörten, welche
früher bei den langen Expreßzügen zwischen London und Edinburgh fortwährend
vorkamen. Diese Thatsachen sind ohne Zweifel geeignet, den Gebrauch des weißen
Messings zu einem möglichst allgemeinen zu machen. (Engineering, April 1870, S. 301; polytechnisches Centralblatt, 1870 S.
815.)
Abgekürztes Manipuliren beim Probiren von Gold und Silber in
Barren; von Tookey, Probirer an der kais. japanesischen
Münze.
Die Anzahl einzelner Operationen, welche vom ersten Einwägen einer Probe ungemünzten
Goldes bis zum zweiten Auswägen erforderlich ist, bevor ihr Feingehalt festgestellt
werden kann, ist jedem Probirer bekannt. Der Verfasser war in Verbindung mit dem
verstorbenen Hewny bestrebt ein Verfahren zur
gleichzeitigen Ausführung einer Anzahl von Proben aufzufinden und befolgt zu diesem
Zwecke jetzt nachstehende Methode. Ein conisch gestaltetes Platinrohr wird an seinem
engeren Ende mit einer siebähnlich durchlöcherten Platte verschlossen; das weitere
Ende ist mit einer Schulter versehen, so daß es von einer mit kreisförmigen Löchern
versehenen Porzellanplatte getragen werden kann. Solcher Röhren werden mehrere
gleichzeitig benutzt. Jedes Rohr und jede Oeffnung der Platte ist mit einer Nummer
versehen, so daß jede Probe nach der Operation erkannt werden kann. Die ganze
Anordnung wird, nachdem die einzelnen Rohre beschickt worden, in ein Gefäß getaucht,
welches Salpetersäure von der geeigneten Stärke enthält, die nöthige Zeit bei
Siedhitze behandelt u.s.f. In dieser Weise kann eine große Anzahl von Proben auf
einmal ausgeführt und somit viel Zeit erspart werden.
Eine ähnliche Zeitersparniß läßt sich auch beim Probiren von ungemünztem Silber auf
trockenem Wege erzielen. Eine der hierbei erforderlichen Operationen ist das
Ausplatten und Abbürsten der von der Kapelle weggenommenen Silberkönige. Der Verf.
wendet anstatt dessen folgendes Verfahren an: Er legt die Silberkönige in perforirte
Vertiefungen welche in einer Platinplatte eingetrieben sind, befestigt jeden Regulus
mittelst eines Griffes von Platindraht, taucht die Platinplatte in reine Salzsäure
und erhitzt so lange, bis alle den Silberkönigen anhaftende Knochenasche aufgelöst
worden ist. Hierauf nimmt er die Platinplatte aus der Salzsäure heraus, wäscht sie
nebst den Silberkönigen sorgfältig ab und trocknet sie dann. Die Vertiefungen der
Platte werden den in der Muffel stehenden Kapellen entsprechend numerirt.
(Vorgetragen in der Sitzung der Chemical Society zu
London vom 19. Mai 1870. – Chemical News, vol.
XXI p. 246.)
Ueber die Anwendung der Milch als Schutzmittel gegen
Bleivergiftung; von Didierjean.
Mit dem Betriebe unserer Glashütte verbinden wir gleichzeitig die Fabrication der zur
Erzeugung von (Blei-) Krystallglas dienenden Mennige. Früher hatten wir unter dem mit diesem Fabricationszweige
beschäftigten, aus sechzehn Arbeitern bestehenden Personal fast beständig mehrere
Kranke, welche in Folge von Bleivergiftung an oft sehr schwerer Kolik litten. Wir
machten wiederholte Versuche, die Wirkungen des Bleies zu bekämpfen und führten zu
diesem Zwecke bei unseren Arbeitern ein aus Wasser, Alkohol, Zucker und Citronensaft
bestehendes, mit einer äußerst geringen Menge Schwefelsäure versetztes Getränk ein.
Anfänglich genossen sie diesen sehr angenehm schmeckenden Trank sehr gern; nach
mehreren Tagen waren sie aber desselben vollständig überdrüssig und nicht mehr zum
Genusse desselben zu bewegen. Ich schrieb dieses Resultat stets der Gegenwart der
Schwefelsäure zu, welche, obgleich wir sie in äußerst geringem Verhältniß reichten,
auf den Magen wirkte. So waren wir stets genöthigt, dieses Getränk nach einigen
Tagen seiner Anwendung wieder aufzugeben.
Es blieb uns daher zur Bekämpfung der verderblichen Wirkungen des Bleies nur
übrig:
Erstens von Seiten unserer Arbeiter eine sehr große Reinlichkeit zu verlangen.
Mittelst dieser Maßregel bezweckten wir die Absorption durch die Haut gänzlich zu
verhüten oder wenigstens beträchtlich zu vermindern, so daß eine Absorption
gewissermaßen nur durch die Respiration erfolgen konnte.
Zweitens trafen wir die Einrichtung, daß jeder Arbeiter welcher acht Tage hinter
einander in den zur Darstellung der Mennige benutzten Räumlichkeiten gearbeitet
hatte, die nächsten acht Tage hindurch in dem Hofe der Fabrik, also an freier Luft
arbeiten mußte. Zu diesem Zwecke theilten wir die Arbeiter in zwei Rotten, von denen
eine jede abwechselnd acht Tage in der Mennigfabrik, und acht Tage an freier Luft zu
arbeiten hatte.
Ungeachtet dieser Vorsichtsmaßregeln kamen unter unseren Arbeitern Erkrankungen an
Bleikolik sehr häufig vor.
Gegen Ende des Jahres 1867 wurde meine Aufmerksamkeit auf zwei Arbeiter gelenkt,
welche niemals krank gewesen waren, obgleich sie ziemlich lange der einen von den
beiden mit der Darstellung der Mennige beschäftigten Rotten angehört hatten. Alle
übrigen Arbeiter, ohne Ausnahme, waren mehr oder weniger von Bleivergiftung
ergriffen worden.
Diese beiden Arbeiter waren im Vergleich zu ihren Cameraden verhältnißmäßig
wohlhabend, sie besaßen einige Feldstücke und waren gewohnt, beinahe alle Tage von
Haus eine Ration Milch mitzunehmen, welche ihnen in der Fabrik bei ihren Mahlzeiten
als Getränk diente. Diese Gewohnheit, zu gewissen Tageszeiten Milch zu trinken, ist
bei dem wohlhabenden Theile der Bewohner unserer Berge ziemlich verbreitet.
Diese Beobachtung brachte mich auf den Gedanken, daß vielleicht die von uns
wiederholt, jedoch erfolglos angewendeten, mit Schwefelsäure versetzten Getränke mit
Vortheil durch Milch ersetzt werden könnten.
Ich empfahl daher unseren Mennigarbeitern den täglichen Genuß von Milch und führte
denselben vom Februar 1868 an als verbindlich ein. Jeder Arbeiter bringt alle Tage
ein Liter Milch mit zur Arbeit. Der Aufseher überzeugt sich davon Morgens beim
Verlesen und jeder Arbeiter erhält täglich einen Geldzuschuß für den Ankauf seiner
Milch.
Die günstigen Wirkungen dieses Getränkes machten sich bei unseren Arbeitern sehr bald
fühlbar und seit achtzehn Monaten haben wir in unserer Mennigfabrik nicht einen
einzigen kranken Arbeiter gehabt.
Ohne behaupten zu wollen, daß die Milch ein unfehlbares Präservativ gegen alle von Bleivergiftung herrührenden schlimmen Zufälle
ist, glaube ich doch, daß der regelmäßige Gebrauch dieses Getränkes eine
ausgezeichnete Wirkung auf die Gesundheit der Arbeiter hat, welche mit den
verschiedenen Bleiverbindungen beschäftigt sind. (Comptes
rendus, t. LXX p. 1076; Mai 1870.)
Nachweisung und Bestimmung des Arsens im käuflichen Fuchsin;
von Dr. Rieckher in
Marbach.
Dr. Rieckher hat über den
vorgenannten Gegenstand eine ausführliche Abhandlung veröffentlicht, deren
Hauptresultate wir nachstehend mittheilen. Die Veranlassung zu dieser Arbeit gab der
Umstand, daß das Fuchsin zur Färbung von Säften, Liqueuren, Zuckerwaaren, ja sogar
von Syr. Rubi Idaei angewendet wird, und daß es als
wahrscheinlich erschien, daß aus dem Fuchsin, zu dessen Bereitung bekanntlich
Arsensäure angewendet wird, nicht alles Arsen durch Auswaschen etc. sich werde
entfernen lassen.
Fuchsin aus zwei Bezugsquellen wurde mit reinem Zink und Schwefelsäure zusammen
gebracht und das entwickelte Gas in verdünnte Silbernitratlösung geleitet, wodurch
eine Reduction von metallischem Silber erzeugt wurde. Das Filtrat gab nach dem
Ausfällen des überschüssigen Silbernitrats durch Chlornatrium mit
Schwefelwasserstoff einen gelben Niederschlag von Schwefelarsen. Ein anderer Theil
des Filtrats gab, vorsichtig mit Ammoniak neutralisirt, einen blaßgelben
Niederschlag von arsenigsaurem Silberoxyd, welcher auf bekannte Weise in braunrothes
arsensaures Silberoxyd verwandelt werden konnte. Da beide Proben sich gleich
verhielten, so war die Gegenwart von Arsen auf diese Weise unzweifelhaft
nachgewiesen. Der Verf. stellte sich nun die Aufgabe, zu ermitteln ob arsenige Säure
oder Arsensäure oder beide im Fuchsin sich vorfinden und in welchem quantitativen Verhältniß,
und suchte zunächst ein im vorlegenden Fall anwendbares Verfahren aufzufinden, die
beiden Säuren des Arsens neben einander zu bestimmen.
Das Verfahren welches der Verf. nach mehrfachen Versuchen anzuwenden beschloß, beruht
darauf, daß die arsenige Säure bei Gegenwart von Salzsäure unter geeigneten
Umständen sich vollständig mit der Salzsäure verflüchtigt, die Arsensäure dagegen
dabei zurück bleibt. Dieses Verfahren wurde zunächst durch eine Reihe von
Fundamentalversuchen, welche in unserer Quelle mitgetheilt sind, näher
festgestellt.
Es ergab sich, daß, wenn man eine Mischung von 10 Kubikcentimetern Solut. arsenical. Fowl., 135 Grm. Schwefelsäure von 1,61
spec. Gew., 45 Grm. Chlornatrium und 30 Grm. Wasser so lange destillirt, bis der
Kochpunkt der Flüssigkeit auf 125° C. gestiegen ist, alle arsenige Säure sich
verflüchtigt, so daß sie sich vollständig im Destillate befindet und darin durch
Schwefelwasserstoff bestimmt werden kann. Man wendet hierbei, um einen Verlust an
Arsen zu verhüten, am besten einen Apparat von folgender Einrichtung an. Eine
tubulirte Retorte (in welche man eine Platinspirale bringt, um das Stoßen der
Flüssigkeit zu vermeiden) mit einfacher Sicherheitsröhre ist mit einer Flasche
verbunden, welche etwa das sechsfache Volum der Retorte faßt, schräg gestellt ist
und unten eine Tubulatur besitzt, in welcher eine ein Mal rechtwinkelig gebogene
Röhre luftdicht eingesetzt ist, deren anderer Schenkel in ein etwas Wasser
enthaltendes Kölbchen taucht. In die tubulirte Vorlage wird so viel destillirtes
Wasser gegeben, daß die Mündung des Retortenhalses mindestens 1/2 bis 3/4 Zoll unter
Wasser taucht. Der Schluß des Apparates ist ersichtlich, wenn beim Beginn der
Erwärmung die Luftblasen nicht allein durch das Wasser der Vorlage, sondern auch
durch das Wasser des vorgelegten Kölbchens gehen. Wenn zu Anfang des zweiten
Stadiums der Destillation das Zurücksteigen des Wassers der Vorlage beginnt und bis
etwa 1 bis 2 Zoll hoch erfolgt ist, so sieht man zu gleicher Zeit durch die
Sicherheitsröhre in dem kochenden Retorteninhalte Luftblasen eintreten, in deren
Folge das Zurücksteigen aufhört.
Es ergab sich ferner, daß, wenn man eine nur Arsensäure enthaltende Flüssigkeit mit
der oben erwähnten Mischung von Chlornatrium und Schwefelsäure destillirt, nur fast
unwägbare Spuren von Arsen sich verflüchtigen, das Arsen also im Rückstande bleibt,
und in demselben, nachdem die Arsensäure durch schweflige Säure zu arseniger Säure
reducirt und der Ueberschuß der schwefligen Säure durch Kochen wieder ausgetrieben
ist, durch Fällen mit Schwefelwasserstoff bestimmt werden kann.
Zur Nachweisung der beiden Säuren des Arsens im Fuchsin erhitzt man 1 bis 2 Grm.
desselben mit der angegebenen Mischung von Chlornatrium und Schwefelsäure in dem
beschriebenen Apparate, indem man die Sicherheitsröhre später mit einem Thermometer
vertauscht und die Destillation bis 150° C. fortsetzt. Das Destillat gibt mit
Schwefelwasserstoff einen gelben Niederschlag von Schwefelarsen, zum Beweise daß das
Fuchsin arsenige Säure enthält. Bei den quantitativen Versuchen wurde die Menge der
arsenigen Säure aus dem Gewicht des Niederschlages bestimmt. Der Rückstand in der
Retorte, in dem 3- bis 4fachen Gewichte heißen Wassers gelöst, wird mit
schwefliger Säure gesättigt. Dabei wird eine bedeutende Farbenveränderung der
Flüssigkeit beobachtet, indem dieselbe bis hell rothgelb sich entfärbt. Wird die
Flüssigkeit nach einer Digestion von einigen Stunden gekocht, so nimmt sie während
des Entweichens der schwefligen Säure an Farbenintensität zu, bis sie fast
undurchsichtig braunroth geworden ist. Wenn die schweflige Säure vollständig
ausgetrieben ist, filtrirt man und sättigt die Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff.
Dabei wird das Arsen, welches in Form von Arsensäure in dem Fuchsin enthalten war,
ebenfalls als Schwefelarsen niedergeschlagen. Der Niederschlag enthält aber neben
dem Arsensulfür ziemlich viel Farbstoff und ist deßhalb mißfarbig. Nach 12 stündiger
Digestion hat sich aus der dunkel rothgelben Flüssigkeit ein schmutzig violettrother
Niederschlag abgesetzt. Derselbe eignet sich wegen des Farbstoffgehaltes nicht zur
quantitativen Bestimmung des Arsens, weßhalb der Verfasser diese so ausführte, daß
er den Niederschlag mit Salzsäure und chlorsaurem Kali oder mit rauchender
Salpetersäure behandelte und die dabei entstandene Arsensäure als arsensaure
Ammon-Magnesia fällte. Da dieses Salz, aus einer gelbroth gefärbten
Flüssigkeit abgeschieden, nicht absolut farblos erhalten wurde und ein Auswaschen
bis zur Farblosigkeit wegen der Löslichkeit des Salzes in Wasser nicht stattfinden
durfte, so bestimmte der Verf. auch die Arsensäure des Fuchsins schließlich in Form
von Schwefelarsen, indem er die arsensaure Ammon-Magnesia durch Schwefelsäure
zersetzte, die
Arsensäure durch schweflige Säure reducirte und nach dem Austreiben des
Ueberschusses der letzteren die Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff fällte.
In dieser Weise wurde in zwei Fuchsinsorten der Gehalt an arseniger Säure und
Arsensäure quantitativ bestimmt. Bei jeder Sorte wurden zwei Bestimmungen
ausgeführt.
Die Resultate sind folgende:
Fuchsin, aus einer Fabrik bezogen.
I.
II.
Mittel.
Arsenige Säure
2,045 Proc.
2,102 Proc.
2,073 Proc.
Arsensäure
8,121 „
7,066 „
7,693 „
Fuchsin, aus einer Stuttgarter
Droguerie-Handlung bezogen.
I.
II.
Mittel.
Arsenige Säure
0,697 Proc.
1,309 Proc.
1,008 Proc.
Arsensäure
4,803 „
4,138 „
4,4705 „
Die beiden untersuchten Fuchsinsorten enthalten nach der Analyse beide Säuren des
Arsens in wechselnden Mengen. Der Grund, warum die einzelnen Versuche unter einander
nicht besser harmoniren, liegt in der Gewinnung des Fuchsins selbst, dessen
concentrirte Lösungen man, ohne zu rühren, bis zur Trockne eindampft, wodurch die
wechselnden Mengen der fremden Stoffe sich leicht erklären dürften. (Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische
Pharmacie, 1870 S. 216; polytechnisches Centralblatt, 1870 S. 860.)
Terpenthinöl als Reinigungsmittel.
So gut man das Terpenthinöl auch rectificiren mag, so hinterläßt es doch nach seiner
Verdampfung auf den Stoffen, welche damit behandelt worden sind, einen unangenehmen
Geruch. Das Benzin sowohl als die leichten Petroleumöle haben dieselbe Eigenschaft.
Gruner will nun diesen Uebelstand dadurch vermeiden,
daß er das Terpenthinöl über Tannin destillirt.
Die mit so behandeltem Terpenthinöl gereinigten Stoffe werden dann in einer Kufe auf
etwa 65° C. erhitzt und verlieren dabei jede Spur des Geruches, wie
wenigstens der Patentträger angibt. Derselbe fügt noch hinzu, daß sein Präparat
weniger feuergefährlich sey als das Benzin, dabei weniger theuer und die
Manipulation mit demselben für die Arbeiter mit geringen Unannehmlichkeiten
verknüpft. (Französisches Patent. – Musterzeitung für Färberei etc., 1870,
Nr. 23.)
Reinigung des Tannins.
Um das käufliche Tannin von dem ihm eigenthümlichen Geruche, welcher seinen Sitz in
einem grünen harzigen Farbstoffe hat, zu befreien, empfiehlt J. J. Heinz, 6 Th. solcher Waare in 12 Th. warmen Wassers in
einem Porzellanmörser aufzulösen, die Lösung in eine Flasche zu gießen, 1/2 bis 1
Th. Aether zuzusetzen, und tüchtig zu schütteln. Die Mischung erscheint nun
schmutzig grün und sehr trübe, klärt sich aber binnen einigen Stunden ruhigen
Stehens, indem der Farbstoff flockenartig, gleichsam coagulirt, zu Boden sinkt. Nun
wird filtrirt und das Filtrat eingetrocknet.
So behandeltes Tannin ist geruchlos und gibt mit Wasser eine ganz klare Lösung.
(Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie.)