Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 197, Jahrgang 1870, Nr. , S. 540
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Miscellen. Miscellen. Zur Geschichte des Patentwesens. Das englische Commissioners of Patents Journal veröffentlicht eine amtliche Zusammenstellung der seit 28 Jahren in den wichtigsten Industriestaaten ertheilten Patente. Aus derselben ergeben sich folgende, für die Geschichte des bisherigen Patentwesens interessante Daten: In den Vereinigten Staaten von Nordamerika, wo die meisten Patente vorkommen, wurden in den Jahren Patente nachgesucht ertheilt in Proc. 1842–1852 14708   6843 64,5 somit jährlich     1470,8       684,3 1852–1862 46687 27723 59,03 somit jährlich     4668,7     2772,8 1862 bis incl. 1869 108923 69150 63,5 somit jährlich     13615,3     8643,3 Diese Daten beweisen, daß die Zahl der jährlichen Patentgesuche gegenwärtig neunmal, die der verliehenen Patente aber mehr als zwölfmal so groß ist, als in der Periode von 1842–1852. Die Coulanz in der Verleihung nahm von 46,5 bis auf 63,5 Procent zu. Merkwürdig ist auch der Einfluß des Sklavenkrieges auf die Patentzahl und der enorme Aufschwung der jüngsten Friedensjahre. So wurden Patente nachgesucht: 1860 7653     1865 10664 1861 4643 1866 15269 1862 5038 1867 21267 1863 6014 1868 24420 1864 6972 1869 19274 Im Jahre 1869 erfolgte ein auffallender Rückschlag der Patentgesuche, der aber wieder durch größere Nachsicht bei den Patentverleihungen mehr als ausgeglichen wurde. Denn im Jahre 1868 wurden 24420 Patente nachgesucht und 13370 verliehen, im Jahre 1869 19271 nachgesucht und 13986 verliehen. In England wurden von 1862 bis incl. 1868 im Ganzen 37711 Patente ertheilt, wornach auf Ein Jahr durchschnittlich 1346,8 entfallen. In der Periode von 1862 bis incl. 1868 wurden 24612 Patente nachgesucht und 15393 wirklich ertheilt, somit 62,1 Procent. Es herrschte demnach in England fast genau dieselbe Coulanz der Patent-Ertheilung, wie in derselben Periode in Nordamerika. Von den übrigen europäischen Staaten ertheilten in der Periode Patente somit jährlichProc. Oesterreich 1853 bis incl. 1869 10418 612,8 Belgien 1830 1869 33433 831,6 Italien 1855 1868   3284 234,5 Schweden und Norwegen 1842 1868   2097    75,2 Preußen 1843 1869   1909     68,09 Sachsen 1843 1869   2567     91,67 Hannover 1842 1866    632    24,3 Baden 1843 1869    602    21,5 Bayern 1843 1869   2297 82 Württemberg 1843 1868   1239    49,5 Darunter nahm die jährliche Zahl der Privilegien in Preußen und Baden nur sehr gering zu, während sie in allen übrigen Staaten, besonders in den letzten Jahren, sehr beträchtlich stieg. Ein eigenthümliches Streiflicht wirft folgende Zusammenstellung auf den Werth der Erfindungen, welche patentirt zu werden pflegen, In England zahlten im Jahre von erlangtenPatenten die Abgabe von50 Pfd. Sterl.nach 7 Jahren die Abgabe von10 Pfd. Sterl.nach 14 Jahren 1854 1876 621 205 1855 2044 513 140 1856 2494 551 195 1857 2028 573 214 1858 1954 584 221 1859 1975 540 197 1860 2061 512 217 1861 2047 575 194 1862 2191 646 179 1863 2094 632 214 Etwas über ein Viertel überschritt demnach die Schutzfrist von sieben und ein Zehntel die von vierzehn Jahren. (Berggeist, 1870, Nr. 65.) Sagebien's Wasserrad. In einem Bericht (im Bulletin de la Société d'Encouragement, April 1870) über die seit mehr als einem Jahrzehnt bekannten und ausgeführten unterschlägigen Sagebien-Wasserräder (beschrieben im polytechn. Journal, 1866, Bd. CLXXXI S. 337) führt Tresca die außerordentlichen Vorzüge dieser Radgattung aus, welche nicht die entsprechende Würdigung erfahren habe, und faßt diese Ausführung in folgenden Schlußfolgerungen zusammen: 1) das Sagebien-Wasserrad ist eminent günstig für die Ausnutzung geringer Gefälle; 2) seine effective Leistung erreicht und übersteigt 80 Proc., selbst wenn der Wasserstand innerhalb weiter Grenzen variirt; 3) dieser Wirkungsgrad ist vollkommen gesichert, wenn das Rad nur 1 1/2 bis 2 Umdrehungen pro Minute macht; 4) bei dieser langsamen Bewegung hat diese Radgattung in mehreren Fällen einen Wirkungsgrad von mehr als 80 Proc. ergeben, selbst wenn die Messung an einer 40 bis 60mal per Minute rotirenden Welle vorgenommen wurde; 5) die Breite des Rades ist bei gleicher Wassermenge viel geringer als die des Kropfrades, weil man das Wasser in bedeutend höherem Strahle in das Rad eintreten lassen kann, und zwar in einer Höhe welche 2 Meter erreichen und übersteigen kann. L. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1870 S. 216.) Neuer Wassermesser. J. A. Müller in Holland hat einen Wassermesser eigenthümlicher und (ob sich nun derselbe praktisch bewährt oder nicht) recht sinnreicher Einrichtung construirt. Zur Bewegung des Zählwerkes wird ein Luftstrom benutzt, welcher mittelst des durch ein Rohr fließenden Wassers erzeugt wird und in Folge dessen die äußere Luft durch die Leitung in ein horizontales drehbares, an beiden Enden nach entgegengesetzten Richtungen durchlöchertes Rohr gelangt, dieses aber beim Austritt aus den Oeffnungen in Umdrehung versetzt (eine Anordnung ähnlich dem Segner'schen Wasserrade). Die Umdrehungen dieser Drehröhre, um so größer an Zahl je größer die den Apparat passirende Flüssigkeitsmenge ist, werden in geeigneter Weise auf den Registrirmechanismus übertragen. Diese Vorrichtung kann auch als Gasuhr benutzt werden; auch wird dieselbe als Geschwindigkeitsmesser für Ströme vorgeschlagen. Wir beschränken uns auf diese Notiz, da die Abbildungen in unserer Quelle (Engineer, Mai 1870, S. 319) nicht genügend deutlich sind. Neue Nähmaschine für die Handschuhfabrication. Es ist bekannt, daß, trotz der vielseitigen Anwendung welche auch bei uns in der neueren Zeit die Nähmaschinen gefunden haben, es bis jetzt keine Maschine gegeben hat, die vortheilhaft zum Nähen der Handschuhe benutzt werden kann, daß vielmehr dieselben bisher wohl mittelst Hülfsmaschinen, aber doch eigentlich in allen Ländern noch mit Hand genäht wurden und zur Zeit viele tausend Mädchen damit beschäftigt sind. In neuester Zeit hat nun der Maschinenbauer F. Kienast in Berlin eine Nähmaschine erfunden, welche, wie uns scheint, in Zukunft auch die Handschuhnäherei lediglich auf Maschinenarbeit zurückführen und diese Arbeit billiger als bisher verrichten wird. Auf die genaue Construction dieser Maschine können wir jetzt noch nicht eingehen, sondern nur angeben, daß auch diese Maschine mittelst Fußtritt bewegt wird, daß die Nähmechanismen von einer horizontalen Welle getrieben werden und dabei die Nadel in horizontaler Richtung sich bewegt. Die Naht kann durch einen Faden und auch durch zwei Fäden gebildet werden, und erscheint dauerhaft sowie elegant; alle Theile der Maschine sind als sehr solide zu bezeichnen. In Bezug auf die Leistungsfähigkeit der Maschine bleibt noch zu bemerken, daß ein Mädchen mittelst derselben das Sechsfache der bisherigen Arbeit verrichtet. Dr. Rob. Schmidt. Walk's Sicherheits-Vorrichtungen für Cassen. Bei dem Umstande, daß die bisherigen Cassenversicherungen sich sämmtlich als unzureichend erwiesen haben, wäre es jedenfalls wichtig solche Schutzvorrichtungen zu erfinden, welche in allen Fällen verläßlich sind. Herr Joh. Walk, Beamter der nieder-österreichischen Escompte-Gesellschaft in Wien, hat sich ein neues Princip für den Betrieb von Alarm- oder Weckervorrichtungen bei Cassen patentiren lassen, welches Vieles verspricht. Er will außer den vorhandenen inneren und äußeren Cassawänden noch eine dritte luftdichte Blechwandung einsetzen und den zwischen ihr und der inneren Cassawand hohl gelassenen Raum mit comprimirter oder deprimirter Luft ausfüllen. Dringt nun irgend ein Werkzeug durch die Cassenwand, so erfolgt sofort der aërostatische Ausgleich und damit die Auslösung der Alarmvorrichtung (ein Hebelsystem mit Percussion oder mit einem elektrischen Läutewerk). Soll Aviso gegeben werden, daß die Cassa in Feuersgefahr ist, so würde die Alarmvorrichtung so eingerichtet seyn, daß sie durch die bloße Expansion der zwischen den Cassawänden befindlichen, wärmer gewordenen Luft ausgelöst wird. Ueberhaupt will Walk in jedem Falle, sey es also zum Schutze gegen Einbruch, unbefugte Uebertragung, Feuer etc., die Alarmvorrichtung dadurch in Thätigkeit versetzen, daß bei der respectiven Schädigung der Cassa das aërostatische Gleichgewicht zwischen der in den Luftwänden befindlichen und der äußeren atmosphärischen Luft entweder hergestellt oder gestört wird. Es unterliegt keinem Zweifel, daß das angeführte Princip, welches in anderer Richtung schon mehrfach für Weckereinrichtungen zweckdienlich ausgenutzt wird, auch zu Sicherheitsvorrichtungen für Cassen eine ausgezeichnete Anwendung zuläßt. L. K. Das Verhalten der Stahlschienen in der praktischen Verwendung. Der Bericht, welchen die Eisenbahn-Commissäre des Staates Massachusetts im Monat Februar d. J. dem Senatspräsidenten desselben Staates erstattet haben, ist eine brauchbare Zusammenstellung der Thatsachen, die sich auf Eigenschaften und Kostenverhältniß der Stahlschienen beziehen und soweit sie vor der amerikanischen Praxis an den Tag gelangt sind. Die Commissäre hatten von 57 Bahnlinien Auskunft erhalten; von 20 derselben waren noch keine Versuche mit Stahlschienen gemacht worden; 11 hatten nur wenige einzeln probirt und allerdings von bedeutender Festigkeit befunden. Die übrigen 26 Linien hatten Stahlschienen in Quantitäten von 100–15,000 Tonnen angewendet und ihre Berichte waren im Allgemeinen den Stahlschienen günstiger, als den anderen; namentlich hatte sich überall da ein Vorzug herausgestellt, wo die Bahn einem schweren Dienst und starkem Gebrauch ausgesetzt war. Das Gewicht der Schienen variirt von 52–67 Pfd. per Yard und sie stammen von den verschiedensten Fabricationsbezirken sowohl Europa's als des Inlandes. Die Mehrkosten der Beschaffung schwanken gegen Eisen schienen von 50–100 Proc.; trotzdem schätzen die Commissäre das Quantum an Stahlschienen, welches zur Zeit verwendet wird, auf 100,000 Tonnen und (genau bis 1. Januar 1870) daneben das der Stahlkopfschienen auf etwa 10,000 Tonnen noch nebenher. Wenn auch (nach amerikanischen Urtheilen) hierbei vielleicht eine Ueberschätzung stattgefunden, so ist doch hervorzuheben, daß der Verbrauch in enormen Verhältnissen wächst und jene Zahl vermuthlich leicht überstiegen haben mag. Die allgemeinen Schlußfolgerungen aber, zu denen die Commissäre nach Ausweis ihrer Zusammenstellung gelangt sind, lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen; 1) Temperaturextreme, selbst in weiten Schwankungen, afficiren die Stahlschienen nicht ernstlich; die eine Bahnlinie berichtet, daß ein Frost von 30° F. und 0° keinen Einfluß gezeigt, und auch von anderen Bahnen ist nichts bemerkt worden. 2) Die Dauerhaftigkeit der Stahlschienen übertrifft die der besten Eisenschienen um ein Bedeutendes. Bis jetzt wurde noch keine Stahlschiene als in Folge starken Verbrauches ausrangirt angemeldet. Die Eriebahn zeigt an, daß ihre Stahlschienen eine Dauer gezeigt, welche 14 Erneuerungen eiserner Bahnschienen entspreche und dabei kaum Spuren von Gebrauch sehen lasse. 3) Die starken Steigungen und scharfen Curven afficiren nicht merklich die materielle Beschaffenheit der Schienen. 4) Vor dem Legen der Schienen ist es gut, dieselben einer sorgfältigen Besichtigung zu unterwerfen, wobei alle Fehler und Unvollkommenheiten leicht entdeckt und Brüche während des Betriebes verhütet werden können. Das gegenwärtig noch geltende Risico an Leben und Eigenthum kann in den meisten Fällen illusorisch gemacht werden durch Anwendung zweckmäßiger Proben und ohne große Geldausgaben. 5) Viereckige Bolzenlöcher im Fuß der Schiene scheinen Veranlassung zu feinen Rissen zu geben, aus denen später offene Brüche sich ausbilden. In Betreff einer Durchlochung des Halses sind keine Meinungen laut geworden, doch neigt sich die Majorität hierbei der Anwendung des Bohrens zu. Eine umschließende Verbindung, welche keinerlei Löcher in den Schienen verlangt, dürfte als die anwendbarste für Stahlschienen überhaupt erscheinen. Die Stahlkopfschienen haben bis jetzt noch nicht so lange der Prüfung unterlegen als die ganz aus Stahl bestehenden Schienen; die ersten, welche zur Anwendung kamen, hatten sehr oft Anzeichen unvollkommener Schweißung zwischen Eisen und Stahl. Die inspicirenden Commissarien waren wenigstens in der Lage dergl. öfters zu constatiren. Mit den gemachten Erfahrungen kamen aber auch die Fabrikanten nach und nach dahin, Stahlkopfschienen zu liefern, welche sich durch gelungene Schweißung auszeichneten; der niedriger als für Stahlschienen sich stellende Preis verursachte eine rasche Steigerung des Verbrauches, die noch lange anhalten wird. Von 21786 Stück Stahlkopfschienen, welche zu Trenton gemacht und auf der Eriebahn verlegt worden sind, erwiesen sich nur 107 als nicht brauchbar. Daneben sind Versuche mit der Booth'schen Schiene gemacht worden, welche eine Stahlkappe trägt und nicht von der Schweißung des Eisens und Stahles abhängt, sondern von der rein mechanischen Umschließung der stählernen Kopfumhüllungsplatte. Außer ihrer größeren Dauer haben die Stahlschienen auch den Vorzug größerer Festigkeit und Steifigkeit auf dieselbe Materiallänge bezogen; die vergleichende Festigkeit gleicher Querschnitte an Eisen oder Stahl stellt sich wie 5 : 3 und die Steifigkeit wie 4 : 3. Seit der ersten Einführung der Eisenbahnen in dieser Gegend hat sich das Gewicht der Maschinen bekanntlich verdoppelt und wächst noch immer mehr. Dagegen hat sich durchschnittlich das Gewicht der Schienen noch nicht verdoppelt und wenn es auch hie und da geschehen seyn mag, so ist doch kein entsprechender Vortheil in Betreff der Festigkeit und Steifigkeit erzielt worden. Stahlschienen erfüllen deßhalb alle Anforderungen, welche mit der Anwendung schwererer Maschinen und stärkeren Verkehres sich verbinden. Mit Stahlschienen, welche 50 Proc. mehr als Eisenschienen kosten, erreicht man in ökonomischer Beziehung mehr, sobald die durchschnittliche Dauer der Eisenschienen nicht über 5 Jahre hinausgeht. Rechnet man die Eisenschienen mit 80 Doll. per Tonne, ferner den Umtausch gegen neue nach 5 Jahren mit 40 Doll., endlich die Kosten des Umlegens mit 3 Doll. per Tonne und nimmt man 7 Proc. Capitalinteressen als Betrag des Zins auf Zins an, so stellt sich eine Tonne Schienen nach dem zehnten Jahr auf 258 Doll. Eine Tonne Stahlschienen zu 120 Doll. Ankaufspreis, ebenfalls mit 7 Proc. Capitalinteressen verzinst, ergibt am Ende des zehnten Jahres erst 247,88 Doll. und repräsentirt außerdem eine größere Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit als die Eisenschienen. Trotzdem sind die Grundlinien des Problemes, betreffend den Vorzug der einen oder anderen Schienensorte, so außerordentlich variabel, daß die Bestimmung einer Regel hierfür als fruchtloser Versuch gelten muß. Jede Bahn muß, wenn die Zeit der Auswechselung gekommen ist, die Summe der Lasten und die Geschwindigkeit in Betracht ziehen, welche der Betrieb in Thätigkeit gebracht hat, daneben auch das Wachsen des Verkehres während einer gewissen Periode, um sich über die Lebensdauer einer Schiene Gewißheit zu verschaffen; die Preisdifferenz zwischen Eisen und Stahl und die Capitalsinteressen kommen demnächst erst zur Berücksichtigung. (Der gebräuchliche Zinsfuß jeder Gegend und daneben der geschäftliche Credit jeder Bahngesellschaft alteriren indessen die Grundlagen der Geldberechnung in allen einzelnen Fällen.) Vergleicht man mit den amerikanischen Berichten die über englische Schienen gemachten Angaben von Williams (aus 1866) und von Sandberg (aus 1868), so zeigt sich eine deutliche Aehnlichkeit in den meisten Resultaten. Keine einzige Stahlschiene wurde bis jetzt außer Dienst gesetzt und unter zahlreichen Beispielen für die Haltbarkeit ist nur eine Notiz anzuführen, daß auf der London and Northwestern railroad eine Stahlschiene 23 ihr gegenüber eingelegte Eisen schienen überdauert habe und nur wegen eines Unfalles ausgewechselt werden mußte; dabei zeigt sich eine gleichmäßige Abnutzung von 5/16'' auf dem Kopf derselben. Die Dauer der Schienen wird gemessen durch das Product des Gewichtes der getragenen Lasten mit der Schnelligkeit der Bewegung, und beträgt für England nach älteren Versuchen 220,000,000 Tonnen mit 1 Meile pro Stunde für Eisenschienen guter Qualität. Nach neueren Mittheilungen wird dieses Maaß jedoch selten mehr erreicht – ein Beweis daß die Eisenschienen schlechter geworden sind. Die Stahlkopfschienen, deren Anfertigung im Anfang ähnliche Schwierigkeit bot wie in Amerika, sind jetzt sehr verbreitet und stellen sich selbst solchen Eisenschienen gegenüber billiger, welche 10–15 Jahre halten, während Stahlschienen nur einer 5jährigen Haltbarkeit der Eisenschienen gegenüber vortheilhaft verwendbar erscheinen. Die auf der Charing Cross Linie in London gelegten Schienen mit aufgeschraubtem Stahlkopf (compound rails) ergaben noch keine Resultate. (Berggeist, 1870, Nr. 68.) Die sogen. Drittel-Silberlegirung. Diese Legirung (alliage tiers-argent) besteht nicht, wie in Les Mondes, 1868, t. XV p. 557 (polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S. 356) angegeben wurde, aus 1/3 Silber und 2/3 Nickel, sondern nach Dr. El. Winkler (Blaufarbenwerk Pfannenstiel bei Aue) aus: Kupfer 59,06 Silber 27,56 Zink 9,57 Nickel 3,42 ––––– 99,61 Die äußere Farbe des verarbeiteten Drittel-Silbers (von Mousset, 116 rue de Rivoli in Paris) ist der des reinen Silbers vollständig gleich; auf dem Bruche, welcher feinkörnig erscheint, ist dagegen die Farbe lichtgelb mit einem Seich in's Röthliche. (Wagner's Jahresbericht über die Leistungen der chemischen Technologie für 1869, S. 115.) Ueber die Verwendung des wolframsauren Natrons zu einer elastischen Masse. Nach Sonnenschein erhält man eine elastische, kautschukartige Masse durch Zusammenbringen von wolframsaurem Natron mit einem Proteinkörper. Fügt man nämlich zu Leim Wolframsäure oder wolframsaures Natron und dann Salzsäure, so schlägt sich eine Verbindung von Wolframsäure mit Leim nieder, welche bei + 30 bis 40°C. so elastisch ist, daß man ganz dünne Platten daraus ziehen kann. Die beim Erkalten erstarrende Masse wird brüchig und fest, läßt sich aber durch Wärme wieder plastisch und knetbar machen. Es wurde dieses Mittel statt des theuren Eiweißes dazu verwendet, die Baumwolle damit zu animalisiren, sie der Wolle ähnlich und dann mit Anilinfarben färbbar zu machen. Auch zum Gerben und zum Schutz der leimgebenden Gewebe vor Verwesung ist der Körper versucht worden. Das Leder war zwar sehr dauerhaft, wurde aber steinhart, was die Anwendung zur Fußbekleidung beeinträchtigt. – Eine als Kitt zu verwendende Masse entsteht, wenn man zu Gelatinelösung wolframsaures Natron und Salzsäure setzt und den Niederschlag erwärmt, worauf derselbe plastisch wird. Ueber Bereitung farbiger, in kurzer Zeit sehr fest werdender Kitte; von Professor Böttger. Rührt man eine Natronwasserglaslösung von 33° Baumé mit feiner Schlämmkreide (kohlensaurem Kalk), unter Zusatz nachfolgender Stoffe, recht innig zu einer dicken plastischen Masse an, so erhält man in sehr kurzer Zeit (meistens schon innerhalb 6 bis 8 Stunden) erhärtende, verschieden gefärbte Kitte von außerordentlicher Festigkeit, welche für chemische, industrielle wie häusliche Zwecke gewiß die ausgebreitetste Anwendung zulassen, und zwar unter Anwendung von: 1) fein gesiebtem (oder besser gebeuteltem) Schwefelantimon, eine schwarze Kittmasse, die sich nach erfolgtem Festwerden mit einem Achatstein poliren läßt und dadurch ein metallisch glänzendes Ansehen erhält; 2) Limatura ferri (staubförmigem Gußeisen) einen grauschwarzen Kitt; 3) Zinkstaub (sogenanntem Zinkgrau) eine außerordentlich festwerdende graue Masse, welche nach ihrem Erhärten mit einem Achatstein polirt die glänzende weiße Farbe des metallischen Zinkes annimmt, so daß schadhaft gewordene Zinkornamente, sowie Zinkgefäße aller Art auf das Dauerhafteste damit ausgebessert werden können, einen Kitt, den man einen Zinkguß auf kaltem Wege nennen könnte; derselbe haftet ebenso fest an Metallen, wie an Stein und Holz; 4) kohlensaurem Kupferoxyd, einen hellgrünen, 5) Chromoxyd, einen dunkelgrünen, 6) sogenanntem Thénard'schen (oder Kobalt-) Blau, einen blauen, 7) Mennige, einen orangefarbenen, 8) Zinnober, einen hochrothen, 9) Carmin, einen violettrothen Kitt. Wasserglaslösung mit Schlämmkreide allein gemengt, gibt einen weißen Kitt von großer Festigkeit; Schwefelantimon und Limatura ferri zu gleichen Maaßtheilen gemengt und mit einer Wasserglaslösung angerührt, gibt einen außerordentlich festwerdenden schwarzen Kitt; Zinkstaub und Limatura ferri zu gleichen Maaßtheilen und mit Wasserglaslösung gemischt, einen steinhart werdenden dunkelgrauen Kitt. (Jahresbericht des physikalischen Vereines zu Frankfurt a. M. für 1868–1869, Mai 1870.) Fenster- oder Glaskitt von vorzüglicher Schönheit und Dauerhaftigkeit erhält man, indem man 7 Theile Leinöl 2 bis 3 Stunden lang mit 4 Theilen gemahlener Umbra kocht, der heißen Masse 4 Theile gelbes Wachs zumischt, die Mischung vom Feuer nimmt und noch warm mit 5 1/2 Theilen fein geschlämmter Kreide und 11 Theilen gemahlenem Bleiweiß zusammenknetet. (Verhandlungen und Mittheilungen des nieder-österreichischen Gewerbevereines.) Chlorcalcium zum Besprengen von Straßen. Wiederholt, zuerst wohl vor circa 40 Jahren von Leuchs, ist das Chlorcalcium, welches bei mehreren Industriezweigen als Nebenproduct abfällt, wegen seiner bekannten Eigenschaft, aus der Atmosphäre Feuchtigkeit anzuziehen, zum Besprengen von Straßen empfohlen worden (man s. z.B. polytechn. Journal, 1868, Bd. CLXXXIX S. 269); diese Verwendungsweise ist aber wohl nirgends über das Versuchsstadium hinausgekommen. Der Grund dafür dürfte theilweise in den Kostenverhältnissen zu suchen seyn. In Paris brauchte man pro Quadratmeter 0,25 Kilogrm. gereinigtes Chlorcalcium, welches 15,07 Frcs. pro 100 Kilogrm. kostete, so daß sich also der Quadratmeter ohne Arbeitslöhne und Anfuhrkosten auf 3,8 Centimes stellte. Die Wirkung des Besprengens war 5 bis 6 Tage zu bemerken; bei Anwendung von ungereinigtem, Chlormangan haltendem Chlorcalcium, welches 7,6 Frcs. pro 100 Kilogrm. kostete, brauchte man 1/2 Kilogrm. pro Quadratmeter und die Wirkung dauerte nur 3 Tage. Fr. Scheeffer in Mainz berechnet dagegen im Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1870 S. 216, 1 Kubikmeter – circa 2000 bis 2500 Pfd. Flüssigkeit zu circa 3 Thlr. und veranschlagt, daß man damit 10 Quadratmeter Fläche etwa 1 Centimeter zu gießen habe; es würde sich also der Quadratmeter auf 9 Sgr. stellen. Wie man sieht, ist diese Annahme eine viel zu hohe. Mehr begründet sind dagegen Scheeffer's weitere Einwendungen, daß nämlich der erste Regen die Salzlösung spurlos hinwegspüle und daß, wenn von der Lösung etwas an Kleider und Schuhe komme, was doch fast unvermeidlich sey, dieselben befleckt und zerstört werden. In Berührung mit Seife werde das Chlorcalcium derart zersetzt, daß in den Stoffen Kalkseife sich niederschlägt, welche dieselben vollständig verdirbt, namentlich würden Strümpfe nach dem Waschen sehr übel aussehen. Welche Wirkungen der rohe salzsaure Kalk der Salinen auf die Geruchs- und Athmungsorgane und den Feuchtigkeitsgehalt der Luft ausüben dürfte, sey abzuwarten und reines Chlorcalcium möchte doch wohl nicht angewendet werden. Auch dürften die Fische der benachbarten Gewässer, wohin der Regen abfließt, zu berücksichtigen seyn, ebenso alle Diejenigen, welche reines Flußwasser zum Waschen und zu technischen Zwecken bedürfen. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 35.) Ueber arsensaures Kali zu Reservagen für den Druck von Lapisartikeln; von Girardin. Im Moniteur de la teinture, Juli 1870, S. 154 macht Girardin auf die Nachtheile aufmerksam, welche bei Anwendung von saurem arsensaurem Kali zu Reservagen für den Druck von Lapisartikeln entstehen können, wenn dieses Salz durch arsenige Säure verunreinigt ist. Letztere reducirt, namentlich wenn sie in saurem arsensaurem Kali eingemengt ist, sehr leicht verschiedene Metalloxyde etc., so wird Kupferoxyd zu Kupferoxydul, Quecksilber- und Silberoxyd und ebenso Quecksilberchlorid zu Metall reducirt. Girardin wurde auf diesen Gegenstand schon vor längerer Zeit durch ein Vorkommniß in der Indiennesfabrik von H. Simont in Rouen aufmerksam gemacht Hier wurde nämlich die Reservage für Lapis hergestellt aus 10 Klgrm. saurem arsensaurem Kali, 2,5     „       Quecksilberchlorid, 48 Liter lauem Wasser. Dieser Lösung wurden dann noch 7,5 Klgrm. kohlensaures Kali und 0,5     „     Salmiak zugesetzt. Es zeigte nun auf einmal diese Flüssigkeit einen gräulichen Niederschlag, anstatt wie früher klar zu seyn, und die Reservage war nicht mehr brauchbar. Die Untersuchung ergab in dem sauren arsensauren Kali einen beträchtlichen Gehalt an arseniger Säure. Ein solcher Gehalt läßt sich am besten dadurch nachweisen, daß man das feingemahlene saure arsensaure Kali mit starkem Alkohol auszieht, der nur die arsenige Säure löst; diese alkoholische Lösung wird auf 1/3 ihres Volumens eingedampft und mit Wasser verdünnt; sie gibt dann mit schwefelsaurem Kupferoxydammoniak einen gelbgrünen Niederschlag, sowie mit den anderen bekannten Reagentien auf arsenige Säure die entsprechenden Reactionen. Die Verunreinigung des arsensauren Kalis war übrigens in dem vorliegenden Falle durchaus keine absichtliche, sondern vielmehr durch fehlerhafte Fabrication herbeigeführt. (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 32.) Anthracenroth von Gebrüder Gessert in Elberfeld. Dr. J. Gessert in Elberfeld bemerkt in einem Schreiben an Prof. Dr. Wagner in Würzburg über das Anthracenroth Folgendes: „Die Darstellungsmethoden für das künstliche Alizarin aus dem Anthracen wurden bisher geheim gehalten. Der erzielte Farbstoff liefert sehr schöne Nüancen in Roth und Braun, vorzüglich aber ein sehr feuriges Gelbroth. Das mit ihm erzeugte Violett hat einen bläulich grauen, lernen Stich und steht bei Weitem dem mit Alizarin aus Krapp erzeugten nach. Diese Eigenthümlichkeit des Anthracenroths dürfte darauf beruhen, daß in demselben neben reinem Alizarin ein gelber Farbstoff enthalten ist, und es wird ohne Zweifel bald gelingen diesen zu entfernen, und das Anthracenroth dem Alizarin gleichwerthig zu machen. In der Aechtheit steht das Anthracenroth dem Alizarin nicht nach, und Garn welches mit Anthracenroth türkischroth gefärbt ist, verliert bei der Avivage wesentlich weniger, als mit Krapp oder Garancin auf gleiche Stärke gefärbtes Garn. Was endlich die Concurrenzfähigkeit des Anthracenroths mit dem Krappfarbstoff betrifft, so sieht es damit vor der Hand für das erstere noch sehr ungünstig aus. Die durch sehr lebhafte Nachfrage bei sehr geringer Production zu einer unnatürlichen Höhe gesteigerten Preise des Anthracens sowohl, als die Neuheit der Fabrication macht es verständlich, daß das Anthracenroth bisher sehr wesentlich theurer zu stehen kommt, als derselbe Farbstoffwerth in dem Garancin. Dagegen ist schon jetzt eine Concurrenz des Anthracenroths mit dem Krappextract möglich, und da sicher zu erwarten ist, daß die Preise des Anthracens sich binnen Kurzem auf 1/3 des jetzigen Preises reduciren werden, und daß man in der Fabrication des Anthracenroths sehr wesentliche Fortschritte machen wird, so darf es nicht bezweifelt werden, daß nach einer gewissen Zeit das künstliche Alizarin aus Anthracen dem Krappbau und der Garancinfabrication eine tödtende Concurrenz machen wird.“ (Deutsche Industriezeitung, 1870, Nr. 22.) Spritzdruck auf Tuch. Gewisse Tuchsorten pflegt man mit feinen, von der Farbe des Tuches grell abstechenden Pünktchen zu bedecken, die mit Hülfe seidener Fädchen eingewebt werden. Man hat angefangen, diese Art Verzierung auch für ordinäre Tuche anzuwenden, indem man die Pünktchen nicht einwebt, sondern durch Oeldruck hervorbringt. Das Aufbringen der Pünktchen geschah mit Hülfe einer Spritzvorrichtung, welche die Oelfarbe außerordentlich fein vertheilt über das Tuch hinspritzt. Der Apparat besteht aus einem Blechkasten, welcher überall geschlossen und nur an der Vorderseite offen ist. Auf den Boden des Kastens bringt man die Oelfarbe, und in diese taucht eine kleine rotirende Bürste, welche parallel der offenen Vorderseite im Kasten liegt und mit Hülfe einer Kurbel an der Seile gedreht werden kann. Die Haare der Bürste laufen, nachdem sie sich mit Oelfarbe getränkt haben, gegen eine kleine Schneide und spritzen so die aufgenommene Oelfarbe in ganz feinen Tröpfchen aus dem Kasten heraus. Auf der Rückseite des Kastens ist eine Handhabe angebracht, an welcher man mit der linken Hand den Kasten festhält, während die rechte die Kurbel dreht. Auf diese Weise kann man den Staubregen von Farbe nach Belieben über das auf einen Tisch ausgebreitete Tuchstück dirigiren. Will man zwei Farben aufbringen, so wird nach dem Aufspritzen der ersten Farbe eine zweite darüber gespritzt. (Musterzeitung für Färberei etc.) Bleicherei der Schwämme. Zum Bleichen der gelben Badeschwämme benutzt man die schweflige Säure, da das Chlor das Material zu stark angreift. Zu diesem Zweck legt man die zu bleichenden Schwämme in verdünnte Salzsäure ein, welche auf 4 Quart gewöhnlicher Salzsäure immer 6 Quart Wasser enthält. In diesem Bade entwickeln sich aus den Schwämmen Gasblasen von Kohlensäure. Dieß rührt daher, daß die Schwämme immer kleine Quantitäten kohlensauren Kalkes enthalten, welcher durch die Salzsäure zerlegt wird. So lange sich noch Gasblasen entwickeln, bleiben die Schwämme in der verdünnten Salzsäure liegen. Man legt dann die Schwämme in reines Wasser, drückt sie in demselben mehrfach aus und erneuert das Wasser von Zeit zu Zeit. Die Waare kommt nun in ein Bad, welches man aus 2 Pfd. unterschwefligsaurem Natron, 12 Pfd. Wasser und 2 Pfd. Salzsäure zusammengesetzt hat. Die Salzsäure macht aus dem unterschwefligsauren Natron schweflige Säure frei, welche zum Bleichen des Schwammes dient. Man läßt die Schwämme etwa zwei Tage in dem letzten Bade und bedeckt dasselbe möglichst gut, um ein Ausströmen des schwefligsauren Gases an die Luft zu verhindern. Man spült nochmals. Sind die Schwämme noch nicht weiß genug geworden, so gibt man ein neues Bad aus unterschwefligsaurem Natron, dem man aber in diesem Falle, ohne die oben angegebenen Mengen Wasser und Salzsäure zu verändern, 4 Pfd. des Natronsalzes hinzusetzt. An Stelle des unterschwefligsauren Natrons (Antichlor), welches man allerdings gewöhnlich zur Hand hat, läßt sich mit noch größerem Vortheil das doppelt-schwefligsaure Natron verwenden; die Art der Benutzung dieses Salzes ist dieselbe wie beim Antichlor. (Musterzeitung für Färberei etc., 1870, Nr. 30.) Anwendung des Naphtalins gegen Motten etc. Gegen Motten und anderes Ungeziefer empfiehlt Prof. A. Gray (American Journal of Pharm.) nach gründlichen und höchst befriedigenden Versuchen Naphtalin, welches für den fraglichen Zweck besonders auch in Museen, Herbarien etc. sehr vortheilhaft statt des Kamphers anwendbar sey. Von Janota wurde das Naphthalin früher anstatt des weißen Arseniks zum Ausstopfen von Thieren vorgeschlagen. (Industrie-Blätter, 1870, Nr. 21.) Berichtigung. In Jacobi's Beiträgen zur Statistik der sächsischen Schwelerei-Industrie, im vorhergehenden Heft S. 417, lese man Brennkohle statt „Braunkohle“ auf Seite 419, Zeile 6 von oben, 420, Zeile 6, 11, 19, 24, 30 und 34 von oben, und 421 in den Köpfen beider Tabellen in Spalte 2.