Titel: Notizen aus der Adalbert-Eisenhütte in Kladno; von Johann Zeman.
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. IX., S. 32
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IX. Notizen aus der Adalbert-Eisenhütte in Kladno; von Johann Zeman. Aus den Technischen Blättern“ 1870 S. 149. Mit Abbildungen auf Tab. I. Zeman, über die Adalbert-Eisenhütte in Kladno. Die Adalberthütte in Kladno (Böhmen) bietet dem Fachmanne viele sehr interessante Einrichtungen dar. Manche Anordnungen sind neu und bisher noch nirgends publicirt, andere nach zwar bereits bekannten Systemen aber derartig durch den Hüttendirector Julius Jacobi modificirt, daß der Hohofenbetrieb in Kladno einen sehr erfreulichen in den letzten Jahren auffallend günstigen Aufschwung genommen hat. Die Ursachen desselben sind, abgesehen von der günstigeren Gestaltung der einheimischen Industrieverhältnisse, gründliche Verbesserungen in der Aufbereitung der zur Verhüttung gelangenden Erze sowohl als auch rationelle Construction des Hohofens, worüber nachstehend einige Mittheilungen folgen sollen. I. Aufbereitung der Eisensteine. Ein großer Theil der in den Kladnoer Hohöfen zur Verschmelzung kommenden Erze wird vorher in Schachten mit eingeschichtetem Brennmaterial geröstet und dann, um den Schwefel möglichst vollständig zu entfernen, einem Auslaugproceß unterworfen. Rösten der Eisensteine. – Das Rösten der Erze erfolgt in 17 in regelmäßigem Betriebe stehenden Oefen. 7 Stück derselben sind nach der in England gebräuchlichen Form construirt und besitzen bei 14 1/4 Fuß (4,505 Met.) Höhe eine Gichtöffnung von 20 Fuß (6,322 Met.) Länge und 10 Fuß (3,161 Met.) Weite. 2 Röstöfen haben die in Figur 1 bis 3 ersichtlich gemachte Gestalt; die Länge beträgt 60 Fuß (18,967 Met.), die durchaus gleiche lichte Weite 9 Fuß (5,690 Met.), endlich die Höhe 10 1/2 Fuß (3,319 Met.). Die übrigen 8 Röstöfen sind cylindrisch (Fig. 4 bis 6), 9 Fuß (2,845 Met.) weit und 15 Fuß 8 Zoll (4,952 Met.) hoch. Die letzteren zwei Gattungen von Röstöfen (Fig. 1 bis 6) sind nach Jacobi's Plänen sehr einfach und billig hergestellt und haben sich im mehrjährigen Betrieb auf's Beste bewährt. Das Schachtmauerwerk M ist aus feuerfesten Ziegeln in der Stärke von 1 Fuß (0,316 Met.) hergestellt und wird durch horizontal eingelegte gußeiserne Platten und verticale Schienen s (Fig. 1, 3 u. 4) zusammengehalten; unten ruht dasselbe auf einer ringförmigen Gußplatte und mehreren 2 Fuß (0,632 Met.) hohen gußeisernen Füßen, auf welche Weise am ganzen Umfang des Ofens das Ausziehen der gerösteten Erze ungehindert und gleichmäßig erfolgen kann. Die Luftzuführung in den Ofenschacht geschieht durch eine angemessene Unzahl, im Mantelmauerwerk ausgesparter Oeffnungen – welche in der Zeichnung nicht angedeutet sind –, ferner durch möglichst viele Canäle in dem am Boden in der Ofenmitte aufgebauten, hohlen Abrutschkegel K, welcher mit der Atmosphäre durch Röhren in Verbindung steht. Dieser Abrutschkegel K hat außerdem noch den Zweck, das regelmäßige Niedergehen der Erze im Röstofen zu befördern, ebenso wie ein etwa ungleichmäßiger Gang derselben längs der Ofenwand durch das zufolge Verstärkung des Mauerwerkes bei e (Fig. 3 u. 4) bewirkte Zusammenziehen des unteren Theiles des Schachtes verhütet wird. Die zu röstenden Erze werden in kopfgroßen Stücken abwechselnd mit Brennmaterial schichtenweise aufgegeben. Das gleichmäßige, gute Durchrösten so großer Erzstücke, ohne ein Sintern derselben befürchten zu müssen, wird durch die Benutzung des bei der Kohkskohlenwäsche abfallenden und sonst nicht weiter zu verwendenden Kohlenschlammes (Schmand) als Brennmaterial erzielt. Dabei ermöglicht auch die feine Zertheilung des Schmandes das bequeme, vollkommene Abscheiden der gerösteten Erzstücke von der Asche. Der cylindrische Röstofen faßt 750 Wiener Ctr. (840 Zoll-Ctr.) und röstet in einer zwölfstündigen Arbeitsschicht 150 W. Ctr. (168 Z.-Ctr.) Eisensteine; der oblonge Röstofen hat einen Fassungsraum für 3600 W. Ctr. (4032 Z.-Ctr.) Erz und werden in gleicher Zeit 600 W. tr. (672 Z.-Ctr.) geröstetes Erz durchgesetzt. Während demnach im oblongen Ofen viermal so viel als im cylindrischen Ofen geröstet wird, betrugen die Anlagskosten des ersteren nur das Doppelte jener des letzteren. Da der größte Theil der in Kladno gerösteten Erze nach dem Rösten immer noch bedeutende Mengen, in Wasser aber löslicher schwefelsaurer Salze enthält, so werden die Eisensteine zunächst auf einem durch eine Dampfmaschine betriebenen Quetschwalzwerk auf Eigröße zerkleinert und dann einem durch Director Jacobi zuerst eingeführten Laugproceß unterworfen. Auslaugen der gerösteten, schwefelhaltigen Eisensteine. – Das Nucicer Erz, welches in Kladno des massenhaft billigen Vorkommens wegen zumeist zur Verhüttung gelangt, enthält roh 1,5 bis 1,8 Procent und auch noch mehr Schwefel; nach dem Rösten sinkt der Schwefelgehalt im Durchschnitt auf 0,5 bis 0,6 Procent. Eine weitere, nur unbedeutende Kosten verursachende Herabminderung des Schwefelgehaltes erzielt man durch einen rationell eingeleiteten Auslaugproceß, bei welchem das geröstete, auf halbe Faustgröße zerkleinerte Erz in eigenen Bassins mit wechselndem Wasser behandelt wird. Eine Anlage von vier mit einander in Verbindung stehenden Erzlaugbassins ist in Fig. 7 bis 9 im Grundriß und Detail veranschaulicht. Je ein Bassin – im horizontalen Durchschnitt rechteckig – hat eine obere lichte Länge von 11 Klafter 4 1/2 Fuß (22,286 Met.), eine Breite von 8 Klafter 6 Zoll (15,331 Met.) und eine Tiefe von 6 Fuß (1,897 Met.).Die neueren 6 Bassins sind 7 Fuß (2,213 Met.) tief und fassen je 18000 W. Ctr. (20160 Z.-Ctr.) Erz. Der Inhalt je eines Bassin beträgt circa 10000 W. Ctr. (11200 Z.-Ctr.), so daß die vorhandenen 10 Erzbassins über 150000 W. Ctr. (168000 Z.-Ctr.) Eisensteine fassen. Die Erzauslaugbassins sind aus Ziegelmauerwerk hergestellt und mit Cement bekleidet; der Boden derselben ist aus Beton mit einer etwa zwei-zölligen (0,053 Met.) Cementschichte.Ein Bassin wurde mit einem Boden aus Sandsteinplatten versehen, da sich die Cementschicht durch das Erzausschaufeln allmählich ablöste. Längs der oberen Umfassungsmauern der 4 Bassins geht behufs Wasserzuleitung ein circa 10 Zoll (0,263 Met.) tiefer und ebenso breiter offener Canal w, welcher mit Bretern ausgefüttert ist. Von dieser Wasserrinne führen in jede Abtheilung je 4 Canäle a, deren Anordnung aus dem Detail in Fig. 9 zu entnehmen ist. Soll frisches Wasser in ein Bassin geleitet werden, so entfernt man den Abschlußschieber s an der oberen Mündung des Canales a in die Wasserrinne w. In diesem Fall tritt frisches Wasser unten am Boden in das betreffende Bassin ein. In den Scheidewänden zwischen je zwei Abtheilungen sind die abschließbaren Verbindungscanäle b angelegt, durch welche das Laugwasser aus einem Bassin in das andere, im Sinne der Pfeile (Fig. 8) befördert wird, wenn in das erstere durch die Canäle a frisches Wasser zufließt. Die gänzliche Entfernung des Laugwassers aus einem Bassin wird durch Oeffnen des betreffenden Abschlusses c bewerkstelligt. Im Boden jeder Abtheilung ist eine runde Oeffnung, welche jedoch durch einen von oben stellbaren Stöpsel c (Fig. 8) verschlossen werden kann. Um bei einem gefüllten Bassin das Nachfallen von Erz zu vermeiden, ist über die Abzugsöffnung ein unten durchlöcherter Blechcylinder aufgestellt. Die vier Wasserabzugsöffnungen c communiciren nun mit dem Ableitungscanal d. Die Manipulation ist je nach der zur Verfügung stehenden Wassermenge verschieden. Auf alle Fälle wird das vorher gut geröstete Erz entsprechend zerkleinert, in die einzelnen Bassins geführt und diese bis nahe dem oberen Rand gefüllt. Ist hinlänglich Wasser vorhanden, so wird dasselbe in die mit Erz angefüllten Abtheilungen eingelassen und nach 1 oder 2 Tagen wieder abgelassen und durch frisches ersetzt. So verfährt man durch 6 bis 8 Wochen, wobei die Zeitdauer wesentlich vom Erz abhängt. Steht jedoch nicht so viel Wasser zur Verfügung, um in der angezeigten Weise vorzugehen, ist im Gegentheil die äußerste Sparsamkeit mit Wasser geboten, so läßt man frisches Wasser stets nur in jenes Bassin, in welchem das Erz bereits am längsten ausgelaugt, d.h. der Schwefelgehalt am kleinsten ist. Das in diesem Bassin befindliche Wasser wird in die benachbarte Abtheilung mit dem nächst reinsten – also etwas schwefelreicheren – Eisenstein durch die Canäle b, b befördert. In dieser Art geht es weiter, bis das Wasser, welches immer mehr schwefelsaure Salze aus dem Erz aufgenommen hat, schließlich auf das zuletzt eingefüllte, frischeste Erz kommt und endlich abgeleitet wird. Die Dauer des Auslaugprocesses wird in diesem Falle selbstverständlich entsprechend verlängert.Der Vorgang bei diesem Entschwefelungsverfahren läßt sich nachstehend erklären: Beim Rösten wird der im Erz enthaltene Schwefelkies zersetzt, ein Theil des Schwefels entweicht, ein anderer Theil bildet mit den vorhandenen Basen lösliche schwefelsaure Verbindungen. Kommt nun das durch die Röstung aufgelockerte, also poröse Erz unter Wasser, so steigt die Luft aus den Poren, welche sich mit Wasseranfüllen; dasselbe löst die schwefelsauren Salze bis zu seinem Sättigungspunkte auf. Ein weiterer Erfolg wäre dadurch nicht erreicht, wenn nicht eine Diffusionsthätigkeit einträte, d.h. das Bestreben der Lösung der schwefelsauren Salze sich mit dem umliegenden, specifisch leichteren Wasser zu mischen. Es entsteht hierdurch eine ununterbrochene Strömung von Innen nach Außen und umgekehrt, bis eine gleichmäßige Concentration der im Erz enthaltenen und der um dasselbe befindlichen Flüssigkeit hergestellt ist. Diese wird abgelassen und bei dem nächstfolgenden frischen Wasser wiederholt sich der Vorgang von Neuem, bis das Lösliche im Erz gänzlich weggeführt ist. – Um die Zusammensetzung des Rückstandes mitzutheilen, welchen man beim Abdampfen des Laugwassers erhält, so wurden im Hüttenlaboratorium 5000 Gramme gut geröstetes Nucicer Erz mit destillirtem Wasser durch 48 Stunden behandelt, das Laugwasser bis zur Trockne eingedampft und der Rückstand – 54,5 Gram. – analysirt. Derselbe enthielt:Fe²O³0,57Al²O³0,61SiO²1,51CaO13,28MgO12,28SO³50,60PO³0,14HO21,09––––––Summa100,08 Eine besondere Beaufsichtigung erfordert das richtige Circuliren des Wassers in den einzelnen Abtheilungen, indem es sonst geschehen kann, daß unreineres Wasser zu bereits stark ausgelaugtem Erz geführt wird. Eine sehr bequeme Controlle wurde zu diesem Behufe in der Weise eingeführt, daß aus jedem Bassin täglich eine Wasserprobe genommen und nach dem Absetzen eventuell Filtriren derselben eine 10 Millimet. weite, graduirte Glasröhre von etwa 200 bis 250 Kubikcentimeter Inhalt angefüllt wird. Für jede Abtheilung dient eine eigene Controlröhre. Die in jeder Probe enthaltene Schwefelsäure kann nun einfach durch Chlorbaryum – nach vorangegangenem Zusatz einiger Tropfen Salzsäure – vollständig gefällt und die Höhe des entstehenden, im nöthigen Fall durch etwas Klopfen zusammenzuführenden Niederschlages an der Scala abgelesen werden. Wenn auch keine absolute Schwefelbestimmung, so dient dieser Vorgang als vollkommen sichere und sehr schleunige Controlle gegen Unregelmäßigkeiten in der Wasserführung, weiter aber auch zur annähernden Bestimmung des Zeitpunktes, in welchem der Laugproceß in einer Abtheilung dem Ende nahe ist. Von welcher Bedeutung das geschilderte Entschwefelungsverfahren der Eisensteine für die Adalberteisenhütte ist, erhellt aus den Mittheilungen, daß früher, bei einem Schwefelgehalt von 0,5 Procent, aus dem Nucicer Erz, welches nebstbei noch Phosphor enthält, kein graues, sondern nur kaltflüssiges, mattes weißes Roheisen zu erblasen war. Nachdem der Schwefelgehalt dieser Erze auf 0,1 ProcentDas in Kladno zum Auslaugen verwendete Grubenwasser ist selbst etwas schwefelhaltig; es kann daher mit reinem Wasser der Schwefelgehalt noch unter die oben angegebene Grenze reducirt werden. herabgemindert werden konnte, so wurde bei gleichem Kohksverbrauch im Hohofen ein ganz grobkörnig graues, dem schottischen ähnliches Roheisen erblasen, welches sich vorzüglich für die Gießerei eignet, indem es einen ganz weichen Guß ergibt. Wird zufällig einmal der Schwefelgehalt auf nur 0,2 bis 0,25 Procent reducirt, so erhält man nur halbirtes Roheisen. Aus unausgelaugtem Nucicer Erz bleibt die Erblasung von grauem Roheisen selbst bei hohem Kohks- und Kalksatz eine Unmöglichkeit. Die Aufbereitungskosten des Erzes werden durch Jacobi's Entschwefelungsverfahren nur um einen Neukreuzer – 0,01 fl. öst. W. – pro Wiener Centner Erz erhöht. Was nun noch die Anlagskosten für die Auslaugbassins anlangt, so stellten sich dieselben für das aus 4 (je 6 Fuß tiefen) Abtheilungen bestehende Bassin auf 4743,78 fl. öfter. W. und für das aus 6 (je 7 Fuß tiefen) Abtheilungen bestehende Bassin auf 9007,64 fl. öster. W. (Der Schluß folgt im nächsten Heft.)

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