Titel: | Das Woodbury'sche Photo-Reliefdruck-Verfahren. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XVI., S. 74 |
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XVI.
Das Woodbury'sche
Photo-Reliefdruck-Verfahren.
Aus dem photographischen Archiv, August 1870, S.
216.
Woodbury's Photo-Reliefdruck-Verfahren.
Im Folgenden beschreiben wir eingehend dieses Verfahren, wie dasselbe gegenwärtig in
der Goupil'schen Druckerei zu Asnière ausgeübt wird. Dasselbe
unterscheidet sich in manchen Punkten von dem ursprünglichen (im polyt. Journal,
1866, Bd. CLXXIX S. 138) mitgetheilten.
Ein durch doppelt-chromsaures Kali lichtempfindlich gemachtes Blatt Gelatine
wird in einem gewöhnlichen Copirrahmen unter einem Negativ der Sonne oder dem
elektrischen Licht ausgesetzt. Wo das Licht wirkt, wird die Gelatine unlöslich, und
wo es nicht wirkt, bleibt sie löslich. Legt man sie also nach dem Belichten in
warmes Wasser, so werden die unbelichteten Theile durch Auflösen entfernt, während
die belichteten stehen bleiben und eine Reliefplatte
bilden.
Dieses Gelatinebild wird auf eine Stahlplatte gelegt, mit einer Platte aus
Letternmetall bedeckt, und damit dem Druck einer hydraulischen Presse ausgesetzt.
Die erhabenen Theile des Bildes pressen sich in die weichere Metallplatte ein. Im
Gelatinebild sind die Lichter vertieft und die Schatten erhaben, während im
Metallcliché die Lichter erhaben und die Schatten vertieft sind.
Auf das Metallcliché gießt man eine Mischung von heißer Gelatine und
Farbstoff, legt dann ein Blatt gut geleimtes Papier darauf, und drückt Beides
zusammen. Nach dem Erkalten der Gelatine ist der Abdruck fertig.
Um ihn durchaus haltbar zu machen, da er sich in warmem Wasser auflösen würde, taucht
man ihn in eine Auflösung von Alaun oder Tannin.
Dieß ist der Umriß des Verfahrens. Wir kommen jetzt zu den Details.
Eine Glasplatte wird eingefettet und mit einer heißen Gelatinelösung übergossen,
welche doppelt-chromsaures Kali und etwas Farbstoff enthält. Nach dem
Trocknen wird die Schicht mit einer dicken Lage Papiercollodium überzogen. Dann wird
sie vom Glase entfernt und in einem Buch bis zum Gebrauch aufbewahrt. Das Einfetten
des Glases geschieht, um das Ablösen der Schicht zu ermöglichen. Die Schicht ist
ganz schwarz und so dick wie ein Stück Cartonpapier. Der Farbstoff wird nur
zugesetzt, damit man die Entwickelung des Blattes verfolgen kann, und das Collodium
gibt dem entwickelten Bilde Halt.
Das Blatt Gelatine wird nun auf das im Copirrahmen befindliche Negativ gelegt, die
Collodiumseite in Berührung mit dem Negativ. Dann wird es entweder der Sonne, oder
einem sehr energischen elektrischen Licht ausgesetzt. Im Sonnenschein dauert die
Belichtung eine halbe bis eine Stunde; im elektrischen Licht zwei bis vier Stunden.
Das Sonnenlicht ist das beste, weil die Strahlen parallel und sehr wirksam sind. Der
elektromagnetische Apparat besteht aus fünfzig Hufeisen-Magneten und der Cylinder wird durch eine
Dampfmaschine von sechs Pferdekräften in Bewegung gesetzt. Meistens werden sechs
Copirrahmen gleichzeitig in der Entfernung von einigen Fuß exponirt. Als Reflector
dient ein großer Bogen weißen Cartons. Das Licht erzeugt sich zwischen zwei
Kohlenspitzen, die mit den beiden von der Maschine ausgehenden Drähten verbunden
sind. Bei der Belichtung wird kein Lichtmesser benutzt; das elektrische Licht ist so
constant, daß man nach einiger Erfahrung beim Ansehen des Negativs schon sagen kann,
wie viel Belichtung es braucht.
Eine Glasplatte wird mit benzolischer Kautschuklösung überzogen. Man legt das
belichtete Blatt mit der Collodiumseite darauf, preßt Beides zusammen (damit sich
die Schicht im Wasser nicht rollt), und legt die Platte in eine Schale mit warmem
Wasser. Das Wasser wird von Zeit zu Zeit erneut. Die Entwickelung nimmt sehr viel
Zeit, zuweilen 24 Stunden in Anspruch. Der Farbstoff löst sich im Wasser, da wo die
Gelatine löslich geblieben ist, ab und läßt schließlich ein klares Bild zurück. Der
Abdruck wird sodann aus dem Wasser genommen, von der Glasplatte entfernt und
getrocknet. Er bildet ein schönes Transparent und ist ein wirkliches Reliefbild, in
welchem die tiefsten Schatten die anfängliche Dicke der Gelatineschicht
besitzen.
Dieses Gelatinerelief wird nun in eine Metallplatte gepreßt, nach einem dem Auer'schen
„Natur-Selbstdruck“ ähnlichen Verfahren. Es wird auf
eine harte Stahlplatte gelegt und mit einer Platte aus Letternmetall bedeckt, die
aus Blei und Antimon besteht und 3/4 Zoll dick ist. Das Ganze wird in einer
kräftigen hydraulischen Presse einem Druck von einer halben Tonne auf den
Quadratcentimeter ausgesetzt und nach fünf Minuten herausgenommen. Beim Abnehmen der
Platte findet man das Gelatine-Relief unversehrt und in der Metallplatte
seinen getreuen Abdruck. Das Relief kann von beiden Seiten in die Platte gepreßt
werden.
Das Metallcliché wird mit einer Kreissäge rundum beschnitten und ist dann
druckfertig. Es kommt in den Saal, wo eine Anzahl großer drehbarer Tische stehen,
deren jeder sechs Pressen trägt. An jedem Tische steht ein Drucker. Neben sich hat
er ein Oefchen, in dem sich ein Gefäß mit schwarzgefärbter Gelatine befindet. Das
Cliché wird ganz waagrecht in eine der Pressen gelegt. Die Presse ist einfach
ein eiserner Kasten mit einem Metalldeckel. Etwas gefärbte Gelatine wird mitten auf
das Cliché gegossen und der Tisch so gedreht, daß die zweite Presse vor den
Drucker kommt. Wenn die sechste Presse beschickt ist, kann das erste Bild
herausgenommen werden. Ein geübter Drucker macht in der Stunde etwa 40 Abzüge.
Das Papier ist durch Lack wasserdicht gemacht und satinirt. Nach jedem Abzug wird das
Cliché mit einem in Oel getauchten Lappen abgewischt, damit die Farbe nicht
anhängt. Die Gelatine muß in der Presse selbst erstarren; der Abdruck wird auf einen
Tisch gelegt, bis er ganz fest und hart ist. Wenn man ihn im feuchten Zustand mit
dem warmen Finger berührt, so fließt die Gelatine zusammen.
Der Abdruck hat einen dicken Rand von ausgepreßter Gelatine, die der Drucker mit
einem stumpfen Meißel abnimmt und wieder in den Farbtopf wirft; die Farbe wird durch
den Gebrauch verbessert.
Zum Schluß werden die Abdrücke in Alaunlösung gebadet, dann gewaschen, getrocknet und
beschnitten.
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Woodbury liefert seit Kurzem auch Abdrücke in fetter Farbe
statt in Gelatinefarbe, und hat auf dieses Verfahren in England ein Patent genommen,
welches wir hier mittheilen:
„Meine Verbesserungen bestehen erstens: in der Erzeugung eines auf
photographischem Wege nach einem Negativ oder einer Zeichnung erhaltenen
Gelatine-Reliefs, von dem durch Druck vermittelst der hydraulischen oder
Schraubenpresse in einer weichen Metallplatte ein Cliché genommen wird,
das man nach Art des Kupferdruckes in fetter Farbe drucken kann; wenn nöthig,
kann man von dem Cliché einen galvanoplastischen Abdruck machen.
Zweitens: in einem verbesserten Verfahren, eine gekörnte Oberfläche zu erhalten,
welche beim Druck die Farbe hält. Dieß erreiche ich dadurch, daß ich der
Chrom-Gelatine statt Farbe (wie beim Kohleverfahren) ein körniges Pulver
beimische.
In gewissen Fällen lasse ich das Gelatine-Relief halb trocken werden und
stäube es mit Schmirgelpulver ein. Dieses haftet dann nur an den Stellen welche
die dunkeln Theile des Bildes wiedergeben.
Drittens erzeuge ich direct vom Gelatine-Relief, indem ich es mit Carton,
Papier, Leder, Papiermaché etc. zusammenpresse, Abdrücke auf diesen
Stoffen in folgender Weise: Eine Schicht von Gelatine, Farbe und Bichromat wird
unter einem photographischen Negativ oder Positiv belichtet, die belichtete
Seite unter Wasser auf eine Stahl-, Kupfer- oder Zinkplatte
gedrückt. Die Platte wird dann mit der Schicht in warmes Wasser gebracht, worin
sich der größte Theil der Gelatine auflöst. Nach dem Trocknen wird die Platte
mit Carton etc. durch die Presse gezogen und erzeugt darin einen Abdruck. In
Papier liefert sie Abdrücke die Wasserstempeln gleichen.“