Titel: Einfaches Verfahren, Lacküberzug und dergleichen von verzinntem Bleche abzulösen; von Dr. H. Emsmann in Stettin.
Autor: August Hugo Emsmann [GND]
Fundstelle: Band 198, Jahrgang 1870, Nr. XXXVII., S. 165
Download: XML
XXXVII. Einfaches Verfahren, Lacküberzug und dergleichen von verzinntem Bleche abzulösen; von Dr. H. Emsmann in Stettin. Emsmann, Verfahren Lacküberzug u. dgl. von verzinntem Bleche abzulösen. Als ich bereits vor etwa 25 Jahren zufällig eine kleine lackirte Blechbüchse mit Leder in Berührung brachte, durch welches Quecksilber gepreßt worden war, löste sich zu meiner Ueberraschung die eine Lackfläche der Büchse als ein zartes Blatt in ihrer ganzen Ausdehnung ab. Es that mir leid, daß die hübsch verzierte Büchse verletzt war, aber da sie einmal Schaden genommen hatte, untersuchte ich auch die übrigen Flächen und es gelang mir an sämmtlichen den Lacküberzug, ohne ihn zu zerreißen, zu entfernen. Die Erklärung der Erscheinung war einfach. Der Lacküberzug an der aus verzinntem Eisenbleche verfertigten Büchse war an den Rändern theilweis abgescheuert; das Quecksilber, welches an dem Leder sitzen geblieben war, hatte das Zinn amalgamirt; zwischen der Eisenfläche und dem Lacküberzuge hatte sich eine flüssige Schicht gebildet und das nun gewissermaßen auf der Flüssigkeit schwimmende Lackblatt mußte sich in Folge hiervon mit größter Leichtigkeit abziehen lassen. Es drängte sich mir nun die Frage auf, ob diese Erscheinung irgend wie verwerthet werden könne, und deßhalb wurden noch einige Versuche angestellt. Ich überstrich verzinntes Eisenblech mit Leinölfirniß, wie man ihn zum Anstreichen der Fenster und Thüren gebraucht, wobei ich den Pinsel stets in einer und derselben Richtung führte; als die Firnißschicht nach einigen Tagen getrocknet war, strich ich eine zweite Schicht auf in einer die erste rechtwinkelig kreuzenden Richtung. Nach dem Trocknen dieser zweiten Schicht wurde nahe am Rande ein Messerschnitt durch den Firniß hindurch bis auf das Blech geführt, und nachdem etwas Quecksilber auf diese frei gelegte Stelle getröpfelt worden war, löste sich die ganze Firnißscheibe ab und zeigte auf der Seite, welche das Blech berührt hatte, eine pergamentartig glatte Fläche. Hierauf bestrich ich dasselbe Blech, nachdem das Quecksilber verdunstet worden war, wiederholt in der angegebenen Weise mit Leinölfirniß, bis die Schicht ungefähr die Dicke eines Millimeters hatte. Wegen des zeitraubenden Trocknens dauerte dieß ziemlich lange; aber ich erhielt nun eine Platte wie starkes Leder, dessen eine Fläche sich spiegelglatt zeigte. Aus dem erhaltenen Leder schnitt ich unter Anderem rechteckige Dreiecke und Lineale für Reißzeuge. Da dieselben sich aber wenig fest, vielmehr spröde erwiesen, so spannte ich einen Papierbogen in einen Rahmen, überstrich diesen auf beiden Seiten zu wiederholtenmalen in der angegebenen Weise und erhielt so in der halben Zeit bogengroße Stücke von beliebiger Dicke, die wegen des eingeschlossenen Papieres sich zu dem bezeichneten Zwecke brauchbar erwiesen, allerdings aber keine so glatte Fläche hatten. Die Sache läßt sich jedenfalls weiter verfolgen und möchte ich durch diese Zeilen hierzu die Anregung geben. Aus den verschiedenartigsten Stoffen werden sich Blätter von beliebiger Größe und Dicke auf die angegebene Weise herstellen lassen, die vielleicht gerade zu besonderen Zwecken sich brauchbar erweisen dürften. Auf beiden Seiten mit einer Schicht von Leinölfirniß überzogenes Papier, welches dann mit Leimwasser überzogen wird, läßt sich wie Pergament verwerthen. Ein Stoff, der in vielen Fällen Leder ersetzen würde, möchte sich so bereiten lassen. Eines würde jedenfalls neu seyn, wenn nämlich ein Maler seine Kunst auf verzinntem Bleche versuchte, wie es auf Präsentirtellern schon geschieht, dann das eingebrannte Gemälde ablöste und wieder auf Papier oder Leinwand befestigte. Man erhielte dann ein Gemälde in gewohnter Weise, welches seinen Farbenglanz nie verlieren würde und keine Bedeckung nöthig hätte, da es sich ohne Nachtheil durch Wasser reinigen läßt. Das erste derartige Gemälde würde wohl Aufsehen erregen, da seine Herstellung räthselhaft erscheinen dürfte.