Titel: | Ueber die Herstellung eines gelblichen Farbentones auf weißen Marmorarten; von Professor R. Weber in Berlin. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. CXIX., S. 508 |
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CXIX.
Ueber die Herstellung eines gelblichen
Farbentones auf weißen Marmorarten; von Professor R. Weber in Berlin.
Vom Verein für Gewerbfleiß
in Preußen gekrönte Preisbewerbung.
Aus den Verhandlungen des Vereines zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen,
1870 S. 108.
Weber, über Herstellung eines gelblichen Farbentones auf weißen
Marmor.
Der Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen hat die Preisaufgabe
gestellt, ein Verfahren zu ermitteln welches geeignet ist, den weißen Marmor mit
einem gelben haltbaren Farbentone zu versehen, und welches zugleich die Bedingungen
erfüllt, daß der erzeugte Farbenton ein gleichförmiger, der Antike ähnlicher ist,
daß derselbe Heller oder dunkler nach Bedürfniß sich erzielen läßt, daß das
Färbmittel 1/12'' tief in den Stein eindringt und die Natur des Marmors nicht
verändert.
Bezüglich der Färbung des Marmors finden sich in der technischen Literatur nur
verhältnißmäßig wenig Angaben, und die bereits bekannten Methoden bieten nur
geringen Anhalt für die Ermittelung des gewünschten Verfahrens dar, indem sie sich
auf Herstellung anderer als der verlangten Töne beziehen, von unhaltbaren Pigmenten
und von ölartigen Mitteln ausgehen, welche den Marmor verändern und deßhalb durch
die Fundamentalbedingungen vorliegender Aufgabe selbstredend ausgeschlossen
sind.
Es sind zur Färbung von Marmor organische Pigmente, als: Gutti, Gelbholz, Aloe,
Catechu, Quercitron, Krapp vorgeschlagen, und es sind die den Marmor bekanntlich
leicht durchdringenden öligen Stoffe in Verbindung mit veränderlichen Farbstoffen
für den Zweck der Färbung des Gesteines benutzt. Von der Anwendung dieser Stoffe, welche
theils veränderlich sind, theils die Transparenz des Marmors modificiren, hat der
Verfasser vollständig Abstand und nur auf unorganische Färbmittel und auf
Lösungsmittel Bedacht genommen, welche ohne Einfluß auf die Transparenz des Marmors
sind.
Die Anzahl der anorganischen Stoffe, welche den hier geforderten Farbenton besitzen,
ist nicht groß. Eine der Aufgabe entsprechende Nüance hat das Eisenoxyd. Mit diesem
Stoffe lassen sich bekanntlich auf Zeugen haltbare Farben erzeugen, welche die
zartesten Abstufungen hellgelber Töne und die Uebergänge bis zu den tief braunrothen
Nüancen umfassen. Es ist dieses Oxyd das färbende Agens in manchen Marmorsorten, und
es erzeugt den von den Künstlern als angenehm (warm) bezeichneten Farbenton, welchen
der Marmor zuweilen auf den sogenannten Bergkanten, auf natürlichen
Spaltungs- und Absonderungsflächen besitzt.
Daß Verbindungen des Eisens in den Marmor tief eindringen und demselben einen
Farbenton geben, welcher von den zartesten blaßgelben Tönen bis zu dunklen,
braunrothen Nüancen variirt, läßt sich an Marmorgegenständen beobachten, welche,
eiserne Verbindungstheile enthaltend, der feuchten Luft während längerer
Zeitperioden ausgesetzt sind. Gelegenheit zu derartigen Beobachtungen bieten die im
königl. Schloßgarten zu Charlottenburg aufgestellten Marmorstandbilder dar, deren
Sockel an mehreren Stellen eiserne Klammern enthalten. Man erkennt äußerlich
gefärbte Stellen, deren Ton den Tönen der Bergkanten ähnlich ist und deren Nüance
die oben gedachten Verschiedenheiten besitzt. Die gefärbte Zone hat zuweilen eine
erhebliche Ausdehnung.
Die hier beobachtete Färbung ist wahrscheinlich in folgender Weise vor sich gegangen:
Unter dem Einfluß der Atmosphärilien oxydirt sich das Eisen; das Kohlensäure
enthaltende Wasser löst das erzeugte kohlensaure Eisenoxydul auf und führt es in den
Marmor ein. Daselbst erfolgt später durch atmosphärischen Sauerstoff die Umwandlung
der Eisenverbindung in Oxyd.
Dieser Vorgang erfordert eine sehr lange Dauer der Einwirkung der Agentien, und es
gaben, wie vorauszusehen, die angestellten Versuche kein günstiges Resultat.
– Es wurde nämlich in eine Lösung welche kohlensaures Eisenoxydul enthielt
(durch Vermischen einer sehr verdünnten, reinen Eisenchlorürlösung mit
doppelt-kohlensaurem Natron bereitet), bei dichtem Verschluß des Gefäßes,
Marmor gebracht, und es wurde beobachtet, daß nach Verlauf mehrerer Tage die Lösung
nur wenig in den Stein gedrungen und eine nicht genügende Färbung eingetreten war. Es ist wohl
möglich, daß der Marmor nach längerer Zeit, nach Monaten, oder unter Anwendung von
stärkerem Druck eine größere Menge des Mittels aufgenommen haben würde; indessen
dürfte doch mit Rücksicht auf die Umständlichkeit die praktische Bedeutung eines
solchen Verfahrens sehr in Frage zu stellen seyn.
Es wurde auch, indessen ohne sonderlich günstigen Erfolg, versucht, den Marmor mit
verdünnten Lösungen anderer Eisenoxydulsalze, z.B. mit Eisenchlorürlösung zu
imbibiren und zu färben.
Erfahrungsmäßig fällt der kohlensaure Kalk das Eisenoxydul nicht; aber bei
Luftzutritt erfolgt bekanntlich eine Bildung von Oxydsalz, und es findet dann die
Fällung des Oxydes durch den kohlensauren Kalk statt. Die Eisenoxydullösung drang
indessen schwer in den Marmor ein, und außerdem entstand auf diesem Wege kein guter
Farbenton. Es wurden ferner Versuche mit wässerigen Eisenoxydlösungen angestellt.
Bekanntlich werden diese Lösungen (salzsaures, salpetersaures, essigsaures etc.
Eisenoxyd) durch kohlensauren Kalk gefällt, und es dringen aus diesem Grunde die
betreffenden Flüssigkeiten in den Marmor nicht genügend ein. Lösungen schwer
zersetzbarer Doppelverbindungen von Alkali, Eisen und Pyrophosphorsäure führten auch
zu keinem günstigen Resultate.
Das schließlich angewendete Verfahren basirt auf einer chemischen Reaction, welche,
soweit der Verfasser ermittelt, noch nicht bekannt ist, nämlich auf der Thatsache,
daß Auflösungen von Eisenoxydsalzen in starkem Alkohol
von kohlensaurer Kalkerde nicht gefällt werden. Die wässerige Lösung gedachter Salze
wird dagegen, wie allgemein bekannt, von der Kalkverbindung leicht zersetzt. Günstig
für die Anwendung der alkoholischen Eisenlösungen als Mittel zur Imprägnation des
Marmors ist der Umstand, daß Alkohol leichter als Wasser den Marmor durchdringt. Auf
diese letzterwähnte, interessante Thatsache ist an mehreren Stellen der Literatur
hingewiesen worden, und es nimmt der Verfasser keineswegs deren Erkennung für sich
in Anspruch. Bei den Färbeversuchen mit dem Eisensalz enthaltenden Alkohol kommt
noch ein anderes, in physikalischer Beziehung eigenthümliches Phänomen, das
Verhalten des gelösten Farbstoffes zum Marmor in Betracht, welches auch bei
Anwendung anderer Farbstoffe beobachtet worden. Wenn nämlich die stark gefärbte
alkoholische Lösung die Marmorfläche in der Nähe der Kante berührt, so beobachtet
man an der entstehenden Transparenz, wie tief der Alkohol eindringt; die imbibirte
Schicht hat indessen nicht durchgehend den Ton der Lösung, sondern die tieferen
Schichten sind farblos und das färbende Salz haftet in einer verhältnißmäßig dünnen
oberen Partie. Aehnliches wird bekanntlich beobachtet, wenn wässerige Farbelösungen,
z.B. Decocte von
Farbhölzern, auf Filtrirpapier gebracht werden; die Faser bindet leicht das Pigment,
und in Folge dessen umgibt ein fast farbloser feuchter Hof ringförmig den
dunkelgefärbten Pigmentfleck. Ein ähnlicher Vorgang findet, beiläufig bemerkt, wohl
bei der Ausscheidung von Salzen und Lösungen durch pulverförmige Körper statt.
Der Verfasser hat nun die Beobachtung gemacht, daß durch Wärme das erwähnte Verhalten
des Marmors zu dem farbigen Alkohol verändert, resp. dessen Absorptionsvermögen für
das gelöste Eisensalz geschwächt wird. Während nämlich in dem kalten Marmor das
färbende Agens weniger tief eindringt, wird dasselbe von mäßig erhitztem Marmor
nicht in diesem Maaße oberflächlich zurückgehalten, sondern dringt leicht bis auf
1/12 Zoll und darüber ein. Wird der trockene Marmor später mit Wasser befeuchtet, so
zersetzt sich im Inneren des Steines das Eisensalz durch den kohlensauren Kalk, und
es scheidet sich höchst fein vertheiltes, von den Marmorpartikeln mechanisch nicht
trennbares Eisenoxyd aus. An der Aenderung der Oberflächenfärbung kann man die
eintretende Zersetzung beobachten.
Aus den erwähnten Elementen combinirt sich folgendes von dem Verfasser angewendetes
Verfahren: In starkem, circa 85–90procentigen
Weingeist wird neutrales, eingedampftes Eisenchlorid von der Beschaffenheit der von
Schering hierselbst bezogenen Waare gelöst, und es
wird der zu färbende, in einer Ofenröhre oder über Kohlenfeuer etc. mäßig erwärmte
Marmor mit der gleichfalls erwärmten Lösung in Berührung gebracht. Zur Ausführung
dieser Operation kann man sich eines Pinsels, einer Spritzflasche oder eines
ähnlichen Geräthes bedienen, auch läßt sich durch Uebergießen der Zweck erreichen.
Selbstredend muß bei der Ausführung die Concentration der Lösung nach Maaßgabe der
beabsichtigten Färbung modificirt, und es muß die Erfahrung bezüglich des Grades der
Erwärmung zuvor gewonnen werden. Es ist zu empfehlen, das Tränken, namentlich für
hellere Töne, mit entsprechend verdünnten Lösungen mehrfach zu wiederholen. Nach
erfolgter Trocknung wird der Marmor dann mit Wasser benetzt, oder auch nur der
feuchten Luft ausgesetzt; es findet die Zersetzung des Eisensalzes in der oberen
Schicht statt, und es vollendet sich der Färbeproceß. Die Fläche kann dann
beschliffen werden, oder wenn der Schliff bereits erfolgt ist, muß ein Abreiben der
Flächen mit genähtem Zeuge ausgeführt werden.
Nach diesem Verfahren gefärbte und dann abgeschliffene Platten zeigen, daß der
gefärbte Marmor an der Politurfähigkeit und Härte nichts eingebüßt hat, also durch
das Verfahren in seiner Natur nicht verändert worden ist.
Viele Marmorsorten besitzen bekanntlich ein ungleichförmiges Gefüge. Es wechseln
öfter härtere Partien mit weicheren ab, und es hat der Marmor zuweilen bekanntlich
Einschlüsse von fremden Mineralien; sogar Quarz ist darin vorgefunden worden. Auch
die weißesten, dem Auge homogen erscheinenden Marmore zeigen im Gefüge
Verschiedenheiten, und die darin vorkommenden harten Partien von größerer
Ausdehnung, namentlich aber die harten stengligen Absonderungen, die sogenannten
Stifte, verursachen dem Künstler öfter große Unbequemlichkeiten. Die Verschiedenheit
des Gefüges ungleichartiger Marmorsorten bedingt naturgemäß ein verschiedenes
physikalisches Verhalten der Substanz derselben gegen eindringende Färbemittel und
wie der Verfasser beobachtet, treten diese Verschiedenheiten namentlich dann hervor,
wenn unter Beihülfe stärkerer Erwärmung eine namhaft dicke Marmorschicht gefärbt
wird. Marmorsorten von gleicher homogener Dichtigkeit färben sich bei der
Färbeoperation auch gleichförmig; bei Gattungen von erheblich verschiedenem Gefüge
treten unvermeidlich Abweichungen in den Farbenintensitäten der Flächen hervor. Wenn
eine erheblich verschiedene physikalische Beschaffenheit der Theile einer Schicht
vorhanden ist, durch welche naturgemäß die Fähigkeit des Materiales, von Agentien
durchdrungen zu werden, modificirt wird, so liegt es auf der Hand, daß unter solchen
Umständen Verschiedenheiten des Farbentones unvermeidlich sind. In verhältnißmäßig
geringem Maaße machen diese Verschiedenheiten, wie der Verfasser beobachtete, sich
dann geltend, wenn nur eine geringe Intensität der Färbung hervorgebracht und wenn
eine nicht zu starke, dicke Schicht gefärbt wird. Bei der Herstellung von Statuen
und in den Meisten Fällen bei Anfertigung von Ornamenten liegt es nicht im
Bedürfniß, einen tiefen grellen, sondern einen zarten Ton zu erzielen, und auch nur
in den seltensten Fällen dürfte es nothwendig seyn, eine namhaft starke Schicht zu
färben. Bezüglich des letzteren Punktes sey bemerkt, daß wohl aus dem Grunde weil
ein Nacharbeiten des gefärbten Gegenstandes in Aussicht genommen, das tiefe Eindringen der Farbe zur Bedingung gemacht worden.
Da nun aber solche Schicht im Querschnitte naturgemäß Abstufungen der
Farbenintensität zeigen muß, und da bei der Nacharbeitung unvermeidlich verschiedene
Tiefen derselben berührt und aufgeschlossen werden, so wird auch bei gleichmäßig
dichtem Marmor der gleichförmige Teint der gefärbten Schicht (die Gleichartigkeit
der Farbennüance) durch die spätere Bearbeitung unfehlbar gestört.
Der Verfasser hat beobachtet, daß Marmorsorten welche, in stärkerer Schicht gefärbt,
Verschiedenheiten im Tone zeigen, selbst zarte und recht gleichförmige Töne
annehmen, wenn sie in der Kälte oder nur sehr gelinde erwärmt mit dem gedachten
Mittel behandelt werden. Die Farbe dringt dann, wie nochmals wiederholt wird, nicht
so tief ein; aber es dürfte diese Färbung in vielen Fällen dem Bedürfniß genügen,
indem bei den durch mehrfaches Tränken und Austrocknen erzielten Färbungen und
Abreibungen mit Zeugen eine für Statuen etc. als genügend tief anzusprechende
Einfärbung erzielt ist. Ohne dem Urtheile der Künstler vorgreifen zu wollen, dürfte
es empfehlenswerther seyn, selbst bei homogenstem Marmor, welcher mit gleichförmiger
farbiger Deckschicht versehen werden kann, die Färbung nach Vollendung des Werkes
auszuführen.
Werden nach der zuerst geschilderten Methode geäderte, partiell gefärbte,
insbesondere Marmorsorten von verschiedenem dichten Gefüge behandelt, und werden die
Gesteine vor der Tränkung verhältnißmäßig stark erwärmt, so lassen sich gewisse
Effecte erzielen, und es lassen sich eigenthümlich gefärbte Marmorarten produciren,
welche für manche Zwecke Verwendung finden dürften.
Die Concentration der alkoholischen Eisenlösung bedingt die Intensität der Färbung.
Wie der Verfasser beobachtete, bedingt die Concentration in einem gewissen Grade
auch die Qualität der Nüance. Verdünntere Lösungen geben einen mehr gelben Teint;
concentrirtere färben verhältnißmäßig stärker roth. Durch Zusatz geringer Mengen von
Manganchlorür zur alkoholischen Eisensalzlösung wird ein von der Eisenfärbung etwas
abweichender Ton erzielt. Enthält das Färbmittel Mangan, so empfiehlt es sich, die
Gegenstände nach dem Trocknen zuerst mit Alkohol, dem einige Tropfen Ammoniak
zugefügt werden, zu nässen und nach dem Trocknen schließlich zu befeuchten und
abzureiben.
Der Verfasser erlaubt sich noch Folgendes, welches zwar zur Aufgabe nicht gehört,
aber doch mit dem vorgeschlagenen Verfahren in mancher Beziehung steht, zu bemerken.
Es ist auf Grund einiger Versuche in Aussicht zu nehmen, daß der eingeschlagene Weg
unter Anwendung anderer Färbemittel als Eisen zur Hervorbringung anderer Färbungen
auf Marmor sich wird anwenden lassen. Ferner hat sich bei Versuchen mit wässeriger
Lösung von Salzen, welche durch die Substanz des Marmors voraussichtlich eine
Zersetzung nicht erfahren, eine große Verschiedenheit bezüglich der Fähigkeit des
Eindringens ergeben. Während z.B. wässerige Eisenoxydulsalzlösungen nur äußerst
schwierig in den Marmor dringen, werden von einer Lösung übermangansauren Kalis sehr
dichte, 1/2 Zoll starte Marmorplatten nach circa 24
Stunden fast ganz durchtränkt. Das eingehende Studium dieser eigenthümlichen
Erscheinungen, welche
mit den bekannten Absorptionsverhältnissen unzweifelhaft in Verbindung stehen, wird
vorbehalten.
Als wesentlichsten Punkt vorstehender Mittheilung erlaubt
sich der Verfasser zu bezeichnen: „Das Verfahren, den Marmor bis auf
größere oder geringere Tiefe durch alkoholische Eisenchloridlösung und zwar
eventuell unter Beihülfe von Wärme mit einem gelben Farbenton zu
versehen.“