Titel: | Ueber eine schnell ausführbare und genaue Methode der Bestimmung der Salpetersäure in den Trinkwässern; von Fr. Goppelsroeder. |
Fundstelle: | Band 198, Jahrgang 1870, Nr. CXXVII., S. 535 |
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CXXVII.
Ueber eine schnell ausführbare und genaue Methode
der Bestimmung der Salpetersäure in den Trinkwässern; von Fr. Goppelsroeder.
Im Auszug aus dem
Journal für praktische Chemie, 1870, Bd. I S. 198.
Goppelsroeder, über Bestimmung der Salpetersäure in
Brunnenwässern.
Eine rasch ausführbare Methode zur Bestimmung der Salpetersäure in Brunnenwässern
wurde in der letzten Zeit von Prof. Dr. Marx mitgetheilt (polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCI S.
315).
Marx versetzt in einem etwa 1/4 Liter fassenden
Kochkölbchen 50 Kubikcentimeter des zu untersuchenden Wassers mit 100 K.-C.
concentrirter reiner Schwefelsäure, welche langsam unter Bewegung des Kölbchens
zugesetzt wird, wobei der Inhalt sich auf etwa 120° C. erhitzt. Dann wird
unter Bewegung des Kölbchens aus einer Bürette eine mit Wasser sehr verdünnte Lösung
von Indigoschwefelsäure zugegossen. Bei Anwesenheit von Nitraten wird diese sofort
zersetzt und die Flüssigkeit gelb. Beim ersten Tropfen zu viel zugesetzter
Indigolösung erscheint die Flüssigkeit grün, welches Ende der Reaction sich bei
einiger Uebung genau feststellen läßt. Die Indigolösung ist mit Hülfe einer Lösung
chemisch reinen salpetersauren Kalis empirisch titrirt worden, das heißt man weiß,
daß 1 Kubikcentimeter Indigolösung so und so vielen Bruchtheilen von Grammen
salpetersauren Kalis, resp. Salpetersäure (NO⁵) entspricht. Man kann daher
aus der verbrauchten Menge von Kubikcentimetern der Indigolösung die Menge der
Salpetersäure (NO⁵) z.B. in 1 Liter des untersuchten Wassers berechnen.
Wie schon Marx hervorhebt, darf das Wasser nicht auch
andere leicht oxydirbare Stoffe enthalten, weil diese durch die bei Einwirkung der
Schwefelsäure auf die Nitrate frei werdende Salpetersäure oxydirt würden, somit
weniger Indigolösung zerstört würde. Dieser Uebelstand ist namentlich da zu
befürchten, wo das Wasser in solchem Maaße verunreinigt ist, daß sich die
Verunreinigung schon den Sinnesorganen zu erkennen gibt. Die Titration muß rasch
ausgeführt und es muß dabei umgeschüttelt werden. Die Temperatur darf nicht unter
100° C. sinken. Gegenwart von Chloriden beeinflußt nicht das Resultat. Wenn
aber das Wasser mehr als 6 Milligrm. Salpetersäure enthält, so wird, wie Marx beobachtet hat, die Flüssigkeit zu stark durch die
Oxydationsproducte des Indigos gefärbt, so daß die Erkennung des Endes der Operation
an Schärfe verliert.
Mit dieser hinsichtlich der leichten Ausführbarkeit sehr praktischen Methode habe ich
keine genügend genauen Resultate erhalten können, wohl aber ist es mir gelungen,
durch folgende Abänderung dieselbe sehr genau zu machen. Zuerst wurde ein
vorläufiger Versuch nach Marx's Methode angestellt.
Alsdann wurde eine gleich große Menge der Salpeterlösung zuerst mit der beim
Vorversuche gefundenen Menge Kubikcentimeter Indigolösung versetzt, und hierauf erst
wurde unter Umschütteln die Schwefelsäure zugefügt. Gegen Ende des Zusatzes der
nöthigen Menge der Säure entfärbte sich die Indigolösung in's Gelbe, ein Beweis daß
nach dem von Marx vorgeschlagenen Operationsgange zu wenig Indigolösung verbraucht
und daher der Gehalt der Wässer an Salpetersäure zu niedrig gefunden wird. Jetzt wurde mit
Indigolösung bis zur grünen Färbung nachtitrirt. Auf diese Weise ergaben sich bei
Versuchen mit verschiedenen Wässern Basels übereinstimmende Resultate.
Bei solchen Untersuchungen ist es nicht gleichgültig, ob das Wasser längere Zeit mit
Luft zusammen gestanden hatte oder nicht, indem bei Einwirkung des Sauerstoffes der
Luft auf stickstoffhaltige organische Substanzen deren Stickstoff zuerst in
salpetrige Säure, dann in Salpetersäure verwandelt werden kann. Umgekehrt kann durch
Stehen eines Wassers in verschlossener Flasche der Gehalt
an Salpetersäure durch Reduction derselben durch die im Wasser enthaltenen
organischen Stoffe abnehmen.
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Wenn nun auch das verbesserte Titrationsverfahren unstreitig viel genauere Resultate
liefert, so sind doch zwei wesentliche Punkte bei Berechnung
des Salpetersäuregehaltes zu berücksichtigen. Erstens enthält alles
destillirte Wasser salpetersaures Ammoniak, oft auch salpetrigsaures; zweitens
enthalten die natürlichen Wässer sehr oft neben den Nitraten nicht nur Spuren,
sondern auch erhebliche Mengen von Nitriten. Die salpetrige Säure des zu
untersuchenden Wassers wirkt auf die mit Schwefelsäure vermischte Indigolösung
ebenfalls oxydirend ein. Die für 1 Liter des untersuchten Wassers verbrauchte Menge
der Indigolösung entspricht dann nicht nur der in dem Liter Wasser enthaltenen
Salpetersäure, sondern auch der vorhandenen salpetrigen Säure. Da freilich, wo nur
Spuren oder nur eine sehr unbedeutende Menge von salpetriger Säure im Wasser ist,
kommt der Fehler nicht in Betracht, da hingegen, wo im Verhältnisse zur
Salpetersäure eine reichliche Menge salpetriger Säure vorhanden ist, muß die Menge
dieser in einer besonderen Operation bestimmt werden, was wohl am schnellsten und
annähernd genau nach Ansäuren einer abgemessenen Menge Wassers mit Schwefelsäure
durch Titration mit Kalipermanganatlösung geschehen kann, nachdem vorher ohne
Schwefelsäurezusatz die etwa vorhandenen leicht oxydirbaren organischen Stoffe mit
derselben Permanganatlösung titrirt worden. Die Differenz der bei der zweiten und
ersten Operation gefundenen Zahlen entspricht dem übermangansauren Kali, welches zur
Oxydation der salpetrigen Säure nöthig war. Diese aber entspricht einer bestimmten
Menge der Indigolösung, welche von der bei der Titration des Wassers mit
Indigolösung gefundenen abgezogen werden muß, um diejenige Menge von Indigolösung zu
erhalten, welche wirklich bloß der Salpetersäure entspricht.
Sowohl die in dem zur Verdünnung der Lösung des Indigos in Schwefelsäure angewandten
destillirten Wasser enthaltene Salpetersäure als auch die salpetrige Säure (beide in
Form von Ammoniaksalz vorhanden) wirken natürlich auch auf den gelösten Indigo
oxydirend ein, sobald sich die Lösung durch Vermischen mit Schwefelsäure erwärmt,
was jedoch gleichgültig ist, weil ja das Verhältniß der Indigolösung zu Kalinitrat
unter den gleichen Umständen ermittelt wurde und sowohl bei der Titerstellung als
auch bei der Titration von Brunnenwässern etc. die Indigolösung dadurch um denselben
Grad verdünnter erscheint. Die Menge von Salpetersäure und salpetriger Säure aber,
welche in dem zum Auflösen des Kalisalpeters angewandten destillirten Wasser
enthalten ist, darf nicht außer Acht gelassen werden. Man braucht bloß die Menge der
Indigolösung zu bestimmen, welche durch die in 1 Liter destillirten Wassers
enthaltene Menge der beiden Säuren zerstört wird, um die Menge der Indigolösung zu
kennen, welche für die in 1 Liter Salpeterlösung enthaltene Menge reinen
salpetersauren Kalis nöthig wäre.