Titel: | Kraftmessender Regulator (regulirendes Dynamometer); von H. Haedicke Marine-Ingenieur in Kiel. |
Autor: | H. Haedicke |
Fundstelle: | Band 199, Jahrgang 1871, Nr. I., S. 1 |
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I.
Kraftmessender Regulator (regulirendes
Dynamometer); von H.
Haedicke Marine-Ingenieur in
Kiel.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Haedicke's kraftmessender Regulator.
1) Zweck des Apparates.
a) Messen der geleisteten
Arbeit. – Die an irgend einer Stelle der Wellenleitung übertragene
Kraft wird durch Einschaltung des Apparates, was in den meisten Fällen ohne
Aenderung vorhandener Theile, nur durch Hinzufügung neuer geschehen kann, insofern
gemessen, als der in einer gegebenen Entfernung von der übertragenden Achse wirkende
Druck durch die Stellung eines Gewichtshebels und eine bei demselben befindliche
Scala direct gefunden wird.
Vermittelst eines in der Nähe angebrachten, in seiner Länge verstellbaren einfachen
Pendels lassen sich in jedem Augenblick die Umdrehungen der betreffenden Welle
bestimmen. Eine für den Apparat angefertigte Tabelle, etwa beim Pendel hängend,
enthält für jeden durch den ersteren bestimmten Druck und jede am Pendel abzulesende
Umdrehungszahl die in dieser Zeit von der Maschine geleisteten effectiven Pferdestärken.
Hierdurch ist der Besitzer in den Stand gesetzt, zu beliebigen Zeiten und ohne
Weiteres, wenn die in einer bestimmten Zeit verbrauchten Kohlen gemessen sind, den
Verbrauch an Kohle pro Pferd und Stunde zu
bestimmen.
Bekanntlich besteht die Schwierigkeit, welche sich dem Fabrikbesitzer in der durchaus
nothwendigen Controlle des Heizers, des Heizapparates und der Güte der Maschine
entgegenstellt, darin, daß er nie das absolute Maaß der zu brauchenden Kohlen kennt,
es sey denn, daß er von Zeit zu Zeit Bremsversuche anstellt, oder aber regelmäßige
Indicator-Versuche vornimmt. Beides setzt immer schon die Gegenwart eines
geübteren Technikers voraus. Das Erstere ist außerdem bei größerer Arbeitsleistung
schwierig, und müssen dabei sämmtliche Arbeitsmaschinen ausgerückt werden. Es kann daher nur
entweder auf Kosten des Betriebes oder in der Freizeit geschehen, welche meistens
wieder zur Instandsetzung der Maschine und der Kessel benutzt wird.
Das Letztere ist bequemer, gibt aber immer nur einen relativen, namentlich von der
Güte des Indicators, den Indicator-Einrichtungen und der Geschicklichkeit des
die Curven abnehmenden Technikers abhängigen Werth an, aus dem die effective
Leistung nur sehr annährend zu bestimmen ist.
Durch den genannten Apparat hingegen ist diese Bestimmung zu jeder Zeit und ohne
Weiteres ermöglicht. Durch Combinirung des erhaltenen Werthes mit dem Gewicht der
pro Stunde verbrannten Kohlen erhält man den
Kohlenverbrauch pro Pferd und Stunde in einer Weise,
welche Jeder, der etwas rechnen kann, ohne technische Vorkenntnisse auszuführen im
Stande ist, die also tagtäglich durch einen kaufmännischen Beamten der Fabrik, resp.
durch den Heizer selbst ausgeübt werden kann. Das Wachsen oder Abnehmen dieser Zahl
gibt ohne alle Rücksicht auf die in der Zeit etwa geänderte Größe des
Fabrikbetriebes einen genauen Einblick, und gestattet die Beurtheilung der Güte der
Kohlen, der Arbeit des Heizers und der Güte der maschinellen Anlage bei der
Aenderung einer dieser drei Größen.
b) Regulirung der Maschine.
– Diese ist ein weiterer, wichtiger Zweck des Apparates, und wird von demselben ohne Geschwindigkeitsänderung ausgeführt.
Der von dem Apparate übertragene Druck wird, wie oben bemerkt, gemessen. Eine
Aenderung desselben gibt sich sofort in einer Bewegung von gewissen Theilen des
Apparates kund, und es wird diese nunmehr auf die Einströmung des Dampfes in der
Weise wirksam gemacht, daß die Menge desselben nach Maaßgabe der Kraftänderung ohne
Weiteres verändert wird. Der Apparat wirkt also ohne die oft so störenden, selbst
nachtheiligen Geschwindigkeitsänderungen, was durch die Kugel-Regulatoren nur
schwer, nur bei complicirteren Constructionen und auch meist nur innerhalb enger
Grenzen erreicht worden ist.
2) Einrichtung des Apparates (Fig.
1–3).
Durch eine Welle a wird die von der Maschine gelieferte,
zu messende und zu regulirende Kraft auf ein Zahnrad b
übertragen, und von diesem an ein eingreifendes Zahnrad etc. abgegeben. Zwischen der
Welle a und dem Rad b ist
der messende und regulirende Apparat eingeschaltet.
Das Rad b ist nämlich nicht fest auf der Welle a, sondern drehbar lose, und wird von derselben durch einen Arm des
Winkelhebels c bewegt, welcher mit Kugelzapfen und Lager
in das Stirnrad d eingreift.
Dieser Winkelhebel c dreht sich um den Zapfen d des Armes e (Hebel c und Arm e sind symmetrisch
doppelt angebracht), welcher seinerseits durch Nabe und Keil fest mit der Welle
verbunden ist. Damit nun der Winkelhebel c beim
Mitnehmen des Rades b an der Drehung verhindert werde,
so wird er durch die Knebel f und f₁, welche durch den Druckarm g
vermittelst des Winkelhebels h und des Gewichtes k gegengepreßt werden, zur Uebertragung des mitnehmenden
Druckes befähigt.
Wird nun bei irgend einer Umdrehungszahl der Welle a eine
bestimmte Leistung übertragen, so wird derselben ein ganz bestimmter Druck, welcher
von Seiten des Kugelzapfens des Winkelhebels c gegen das
Lager des Rades a ausgeübt wird, entsprechen, und es
wird dabei der Gabelhebel h eine solche Lage annehmen
müssen, daß das Moment des daran lastenden Gewichtes k
gleich ist dem Momente des eben betrachteten Druckes.
Wird jetzt der Widerstand geringer, also etwa eine Arbeitsmaschine abgestellt, so
wird offenbar der Hebel c sich so weit verstellen, daß
wieder die Momente der wirkenden Kräfte (Gewicht und übertragender Druck) gleich
sind. In demselben Momente wird aber auch durch die nach der Dampfeinströmung
führende ausrückbare Bewegungsübertragung m der Druck
des Dampfes auf den Kolben entsprechend vermindert. Geschähe dieß nicht, so würde
der geringer gewordene Widerstand mit der dann gleichgebliebenen Betriebskraft
dadurch ausgeglichen, daß eine größere Geschwindigkeit entstände, so daß bei einem
geringeren Druck verbunden mit der größeren Geschwindigkeit dennoch dieselbe
Dampfmenge verbraucht, also auch eine gleiche Arbeit wie vorher geleistet werden
würde.
Umgekehrt wird bei Einschaltung eines neuen Widerstandes der Winkelhebel sich diesem
neuen Drucke entsprechend einstellen. Denn die zwischen der Maschine und dem Apparat
liegenden Massen des Schwungrades etc. würden genügen, für den Augenblick noch einen
weit größeren Druck herzugeben. Dadurch wird abermals die Welle m sofort gedreht, die Dampfeinströmung entsprechend
verändert, und zu gleicher Zeit durch die neue Stellung des Hebels h der neu übertragene Druck ablesbar gemacht.
Selbstverständlich muß bei diesem Apparat wie bei jedem anderen Regulator das Heizen
der zu leistenden Arbeit angepaßt werden; es muß vorausgesetzt werden können, daß
die zugeleitete Kraft zunächst constant sey. Fällt der Dampf, so muß die Verbindung
m aufgehoben werden, da sonst mit dem alsdann ebenfalls verminderten
übertragenden Drucke die Dampfzuströmung abermals vermindert werden würde.
Ebenso darf die Verbindung m nicht eher hergestellt seyn,
als die Maschine im Gange ist.
Die zwischen dem Stirnrad b und dem Doppelarm e angegebene Klauenkuppelung hat den Zweck, der
Wirksamkeit des Apparates die nothwendigen Grenzen zu setzen, eventuell eine
gewöhnliche Uebertragung zu vermitteln. Sie tritt in Thätigkeit für zu große und zu
kleine Kräfte, oder für den Fall daß der Apparat in Unordnung gerathen ist. Die
Kette 1 dient zum Mitnehmen des Druckarmes g. Sie muß
für den Fall eines möglichen Rückwärtsganges in eine steife Construction verwandelt
werden. Der durch den Druckarm ausgeübte seitliche Druck muß an der Welle a durch ein entsprechend construirtes, auf der Zeichnung
mit angegebenes Lager aufgenommen werden. Ferner würde bei starken, häufigen
Kraftschwankungen das Gewicht k durch eine Feder ersetzt
werden müssen. Diese Construction würde sich besonders für Walzwerke und
Schraubenschiffe eignen.
Die durch den beschriebenen, in der beigegebenen Zeichnung dargestellten regulirenden
Dynamometer zu übertragende Kraft variirt zwischen den Grenzen von 30–50
Pferdestärken, welche selbstverständlich ohne Schwierigkeit noch weiter ausgedehnt
werden können.