Titel: Neue Methode zum vollständigen Ausdecken und Reinigen des bereits erzeugten oder fertig gekochten Zuckers in den bekannten Zuckerformen; von J. Kodl und J. Juge in Ronow, Böhmen.
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. XXXIX., S. 136
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XXXIX. Neue Methode zum vollständigen Ausdecken und Reinigen des bereits erzeugten oder fertig gekochten Zuckers in den bekannten Zuckerformen; von J. Kodl und J. Juge in Ronow, Böhmen. Bayerisches Patent vom 19. Juli 1869. – Aus dem bayerischen Industrie- und Gewerbeblatt, 1871 S. 56. Mit einer Abbildung auf Tab. III. Kodl und Juge's Zucker-Deckapparat. Die neue Methode besteht in der Anwendung des hydrostatischen oder aerostatischen Druckes von mindestens 2/10 bis 3 Atmosphären, zum Ausdecken mittelst der Zuckerlösung (Deckkläre) des bereits erzeugten Zuckers, so daß das Ausdecken des Zuckers in 1/2 bis 6 Stunden, je nach der Größe des Druckes und der Qualität der Füllmasse, bewerkstelligt wird, was bei der gewöhnlichen Deckmethode kaum in 3 bis 5 Tagen erzielt werden kann.Ueber die Leistungen und Vortheile dieses Verfahrens hat Hr. Dr. Cech im Jahrgang 1870 des polytechn. Journals, Bd. CXCVI S. 153, ausführlich berichtet. Der Zucker kann in die gewöhnlichen Zuckerformen oder in andere Gefäße von beliebig großem Durchmesser, die aber eine nicht zu große Höhe besitzen dürfen, gefüllt werden. Man stellt – in dem in Figur 1 abgebildeten Apparat – die bis ca. auf 3/4 Zoll zum Rande gefüllten Formen, welche mit der bis ca. auf 25–35° C. erkalteten Zuckerfüllmasse 1 gefüllt sind, auf eine Stellage 2 und verpackt sie oben luftdicht mittelst eines Deckels 3 durch das Anziehen des Bügels 4 bei dem Formringe. In dem Raum zwischen dem Deckel 3 und dem Zucker 6 mündet ein an die beiden Stutzen 7 und 8 luftdicht befestigtes Kautschukrohr 9, welches mit einem Querrohre 10 communicirt. 11 ist ein Quetschhahn zum Verschließen des Kautschukrohres 9 bei etwaigem Undichtseyn der Form, oder beim Einstellen des Deckens. Das Rohr 10 erhält so viele Verzweigungen, als für die zu deckenden gefüllten Formen nöthig sind. Für das Rohr 9 reicht ein Durchmesser von 1/2 Zoll und für das Rohr 10 zur Leitung der Deckkläre auf ca. 300 Stück Formen ein Durchmesser von 3 Zoll aus, und so weiter nach dem Verhältnisse der Formenzahl. Oberhalb der Formen befindet sich ein in der Zeichnung weggelassenes Reservoir, in welches die Zuckerlösung eingegossen, oder mittelst eines Monte-jus durch den Luftdruck eingetrieben wird. Aus diesem Reservoir communicirt das Rohr 12 mit dem Querrohr 10. Auf dem Rohre 12 befindet sich die Sperrung 13 und auf dem Communicationsrohre 15 ist die Sperrung 14. Sobald das Reservoir, von ca. 40 bis 60 Kubikfuß Inhalt, mit der Zuckerlösung (Deckkläre) gefüllt und die Sperrung 13 geöffnet worden ist, läuft die Deckkläre durch die Rohre 12, 10, 8, 9, 7 in den Raum oberhalb 5, drückt auf den Zucker und verdrängt vor sich den Syrup, welcher durch die Oeffnung 16 aus der Form 1 in ein Rohr oder eine Rinne 17 und von da in ein Sammelgefäß 18 läuft. Während der Deckzeit ist das Reservoir stets gefüllt zu erhalten. Ein Druckrohr von 32 Fuß, oder eine Atmosphäre reicht hin, die Brode in ca. 2 1/2 bis 3 Stunden vollständig auszudecken, jede kürzere Deckzeit bedingt auch einen verhältnißmäßig höheren Druck. Durch den Lufthahn 6 wird die Luft beim Anstellen des Druckes herausgelassen. Man läßt die Deckkläre so lange continuirlich auf den Zucker drücken, bis unten durch das Loch 16 ein reiner Nachlauf zum Vorschein kommt. Zuerst läuft der Grünsyrup, dann der Decksyrup und endlich der Nachlauf durch das Loch ab. Der Decksyrup und der Nachlauf wird wieder zum Decken benutzt, indem man solche in separaten Gefäßen sammelt und dann nach einander in das Deckreservoir schafft. Wenn das bestimmte Quantum Decksyrup aus dem Reservoir abgelaufen ist, so schafft man den Nachlauf hinein; nach dessen Ablaufen wird die Deckkläre hineingefüllt und läßt man dieselbe so lange drücken, bis die Brode ausgedeckt sind. Man kann auch mehrere Reservegefäße für die verschiedenen Lösungen oben anbringen, die alle mit dem Rohre 12 communiciren und nach Erforderniß gesperrt werden können. Es kann in dem einen Reservegefäße der Decksyrup, in dem zweiten der Nachlauf und in dem dritten die Deckkläre zur Anwendung eingefüllt seyn, und im ersten Drittel der zum Ausdecken nöthigen Zeit der Decksyrup, in dem zweiten Zeitdrittel der Nachlauf und im dritten Zeitdrittel die Deckkläre verwendet werden. Wenn schon unten durch die Oeffnung 16 die farblose Zuckerlösung abläuft, so sind die Brode ausgedeckt. Sogleich schließt man die Sperrung 13 und öffnet die Sperrung 14. Durch irgend eine beliebige mechanische Vorrichtung wird die Luft in das Rohr 19 eingepumpt oder eingetrieben; dieselbe gelangt in das Rohr 20, dann durch die geöffnete Sperrung 21 in das Rohr 15, sonach durch die Sperrung 14 bis in den Raum über 5, wo sie auf die Deckkläre drückt und dieselbe bis in den Zucker hineindrängt. Die Sperrungen 22 und 23 bleiben geschlossen. Der Luftdruck kann nach dem Manometer 24 durch das Sicherheitsventil 25 regulirt werden, indem das Lauf- oder Belastungsgewicht 26 nach Bedarf am Hebel hin- und hergeschoben werden kann. Die überflüssige Luft wird durch das Aufheben des Ventiles 25 entfernt, oder ausgeblasen. Das Nachdrücken mit der Luft geschieht deßwegen, damit vor dem Wegtragen der Brode bei der Abnahme der Deckel in dem Raum über 5 sich keine Deckkläre befindet, welche ausgegossen werden könnte. Sobald aber die Deckkläre vom Deckel 3 bis auf den Zucker 6 durch den Luftdruck verdrängt worden ist, was annähernd 15 bis 20 Minuten dauert, oder wenn sich schon bei 16 vor Ablauf dieser Zeit Luftbläschen zu bilden anfangen, werden die Formen mit dem ausgedeckten Zucker, falls solche nicht schon auf dem Nutschapparate während der Deckzeit standen, auf denselben oder auf eine Stellage zur möglichst vollständigen Entfernung der noch darin befindlichen Zuckerlösung aus den Broden gestellt. Erlauben es die Verhältnisse nicht, das Deckklär-Reservoir in die Höhe zu bringen, so kann man dasselbe an einem beliebigen anderen Orte aufstellen; anstatt des hydrostatischen muß man sich dann des aerostatischen Druckes bedienen, und zwar in nachfolgender Weise: 27 ist ein Monte-jus, 28 das Wasserstandsglas, 29 der Luft- oder Probehahn, 30 der Trichter zum Füllen der Deckkläre mit der Sperrung 31; 32 ist ein Ablaßhahn. Wird das Monte-jus bis zum Probehahn 29 mit der Zuckerlösung 33 gefüllt, so wird 31, 21, 13 und 29 gesperrt und die Sperrung 22, 23, 14 und 11 geöffnet. Sobald man die Luft durch 19, 22 auf die Deckkläre 33 preßt, wird dieselbe durch 35, 23, 15, 14, 10, 8, 9, 7 in den Zucker 5 gedrückt und deckt ihn so aus, wie früher angegeben. Sobald der Zucker ausgedeckt ist, sperrt man 22, 23 zu, öffnet 21 und drückt wieder die Deckkläre wie früher in den Zucker 5. Die Manipulation und das Abtragen der Brode vom Apparate sind dieselben wie vorher erwähnt. Das Dampfausblasrohr sammt der Sperrung ist 34. Die nöthigen Reservegefäße können von einer beliebigen Größe seyn. Das Ausdecken des Zuckers in größeren Gefäßen, die in der Construction den Zuckerformen nicht gleich sind und einen breiten Boden haben, bildet in der Deckmethode und der Manipulation, abgesehen von den Quantitätsverhältnissen, keinen Unterschied, wohl aber in der Vorrichtung des unteren Theiles des Deckgefäßes. Letzteres enthält in dem Boden auf den Quadratfuß Fläche 16 bis 20 halbzöllige Löcher, welche vor der Füllung zugestopft und nach dem Erkalten der Füllmasse für die Deckmanipulation wieder offen gehalten werden müssen. Der Vortheil des Zuckerausdeckens in größeren Gefäßen, die jedoch nicht eine übermäßige Höhe haben sollen, ist ein wesentlicher, da man diesen Zucker sofort für die Deckklärebereitung verwenden kann.

Tafeln

Tafel Tab. III
Tab. III