Titel: Trennung des Eisenoxydes vom Uranoxyd, und Phosphorsäurebestimmung mittelst Uran; von H. Rheineck.
Autor: H. Rheineck
Fundstelle: Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CV., S. 383
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CV. Trennung des Eisenoxydes vom Uranoxyd, und Phosphorsäurebestimmung mittelst Uran; von H. Rheineck. Rheineck, über Trennung des Eisenoxydes vom Uranoxyd etc. Nach Arendt und Knop Fresenius, Anleitung zur quantitativen chemischen Analyse, 4. Auflage S. 421. erhält man beim Kochen der essigsauren Lösung beider Oxyde einen Uran-haltigen Niederschlag von Eisenoxyd. Um in dieser Weise das Eisen vom Uran abzuscheiden, wurde die salpetersaure Lösung der Oxyde mittelst kohlensauren Natrons dem neutralen Zustande ziemlich nahe gebracht, durch essigsaures Natron in essigsaure Lösung übergeführt und mit Wasser etwa auf's 50 fache Gewicht der Oxyde verdünnt. Da ich die Beobachtung gemacht, daß essigsaures Uranoxyd beim Kochen an die vom Feuer berührte Gefäßwandung leicht Oxyd absetzt, wurde die Abscheidung des Eisenoxydes durch Erwärmung im Wasserbade vorgenommen. Eine Probe des mit heißem Wasser gewaschenen Niederschlages wurde frei von Uran befunden. Die übrige Nasse dagegen blieb unvollkommen ausgewaschen längere Zeit stehen und zeigte dann eine krystallinische Beimischung, welche nur durch Erwärmen mit viel Wasser entfernt werden konnte, was im Wasserbade geschah. Dann war das Eisenoxyd vollkommen frei von Uran. Die kleinen schwer löslichen Kryställchen zeigten, vom Eisenoxyde abgeschlämmt, die Farbe der Uranoxydsalze und hatten Tetraëderform. In doppelter Hinsicht war es von Interesse, diesen Uran-haltigen Körper zu untersuchen, einmal, um seine Natur kennen zu lernen, dann um zu sehen ob er als Urmaaß bei volumetrischen Bestimmungen, namentlich der Phosphorsäure, dienen könne. Versetzt man irgend ein Uranoxydsalz mit essigsaurem Natron in wässeriger Lösung, so entsteht je nach der Verdünnung entweder sogleich ein krystallinischer Niederschlag oder eine Krystallisation nach einiger Zeit. Der abgewaschene und an der Luft getrocknete Körper hat folgende Eigenschaften: Er stellt kleine harte, glänzende Krystalle dar, meist Octaëder mit Hexaidflächen, auch Tetraëder. Er ist luft- und lichtbeständig, und die Lösung in Wasser verändert sich selbst in directem Sonnenlichte nicht. Bei gewöhnlicher Temperatur bedarf er etwa 25 Theile Wasser zur Lösung. Er kann ohne Veränderung und ohne Gewichtsverlust über 130° C. erhitzt werden. Zu diesen für besagten Zweck ausgezeichneten Eigenschaften kommt noch das aus Folgendem ersichtliche hohe Aequivalent. An der Luft erhitzt bis zum schwachen Glühen, verglimmt er, indem die Essigsäure verbrennt und es hinterbleibt ein gelbes Oxyd. Einmal wurden 68,68 ein andermal 67,21 Proc. davon erhalten. Beim Erhitzen mit Schwefelsäure im Ueberschuß so lange, bis bei schwachem Glühen alle Essigsäure nebst der überschüssigen Schwefelsäure entwichen war, wurde ein Rückstand erhalten im Betrage von 93,82 Proc. Phosphorsaures Natron, welches mit Essigsäure angesäuert war, gab einen Niederschlag, der nach dem Glühen 78,15 Proc. betrug. Der Glühverlust ist, da kein Krystallwasser vorhanden ist, als Essigsäure (C⁴H³O³) anzusehen und gibt, verglichen mit dem Phosphorsäureniederschlag, Aufschluß über die Zusammensetzung des Körpers. Die Quotienten (100 – 68,68)/C⁴H³O³ und (100 – 67,21)/C⁴H³O³ = 31,32/59 und 32,79/59 = 0,614 und 0,643 verhalten sich zu dem Quotienten 78,15/((U²O²)² PO⁷) = 78,15/359 = 0,2176 etwa wie 3 zu 1. Es kommen also auf 3 Aeq. Essigsäure 2 Aeq. Uranoxyd, der Rest ist Natron. Die Formel (U²O²)²Na, 3C⁴H³O⁴ = 472, wenn U = 60 gilt, verlangt 67,59 Proc. Glührückstand, 94,70 Proc. schwefelsaures Salz, (U²O²)²Na, 3SO⁴, endlich 76,05 Proc. pyrophosphorsaures Uranoxyd. Es ist dasselbe Salz, welches Wertheim Journal für praktische Chemie, Bd. XXIX S. 216. durch Vermischen der Essigsäureverbindungen des Uranoxydes und Natrons in wässeriger Lösung erhalten und beschrieben hat, sowie auch in den compendiöseren Werken über Chemie angegeben ist. Behufs der volumetrischen Phosphorsäurebestimmung wird gerade so verfahren wie Stohmann Fresenius, Zeitschrift für analytische Chemie, VII. Jahrgang. angibt, nur kann die Uranflüssigkeit viel einfacher dargestellt werden und macht die Titerstellung mittelst phosphorsauren Natrons entbehrlich. Die Lösung des Salzes, welches man klein krystallisirt oder etwas zerrieben abwägt, kann vollständig bei gewöhnlicher Temperatur hergestellt werden. Eine sehr geeignete Flüssigkeit enthält z.B. 47,2/2 Grm. Doppelsalz im Liter, sie ist 1/20 normal, d.h. 1 Kubikcentimeter zeigt 0,00005 Gramm-Aequivalente oder 0,00355 Grm. PO⁵ an. Sie ist der Gefahr des Auskrystallisirens nicht ausgesetzt und könnte, ohne der Genauigkeit der Bestimmungen Eintrag zu thun, noch mehr verdünnt werden. Bei den Versuchen wurden auf 10 K. C. 1/10 normaler phosphorsaurer Natronlösung immer 2 oder 3 1/10 K. C. mehr als 20 K. C. verbraucht, um die Reaction mit Ferrocyankalium schwach auftreten zu machen. Es ist nothwendig, um diese Reaction zur Erscheinung zu bringen, daß ein gewisser Ueberschuß an Uran zugegeben werde; deßhalb beendige ich den Versuch durch Zusatz der phosphorsäurehaltigen Flüssigkeit bis eben die Ferrocyanreaction nicht mehr wahrgenommen werden kann. Wählt man hierzu statt der zu untersuchenden Flüssigkeit eine 1/20 normale phosphorsaure Natronlösung, so braucht man nur die verbrauchten Kubikcentimeter derselben von denen der Uranflüssigkeit abzuziehen. Man wird ohne Zweifel auf diese Weise der wahren Gleichung zwischen Phosphorsäure und Uranoxyd näher kommen, als wenn man sich mit der Ferrocyanreaction begnügt. Für die genauere Feststellung des bei der volumetrischen Phosphorsäurebestimmung zwischen dem Urandoppelsalz und der Phosphorsäure stattfindenden Gewichtsverhältnisses wurden Lösungen von gleichem Gehalte, d.h. welche in gleichen Raumtheilen gleiche Gewichtsmengen enthalten, bereitet und zwar nach einem Verfahren, welches unabhängig von der Waage und den Meßgefäßen macht, sowie den Einfluß der wechselnden Temperatur beseitigt. Ihr Gehalt war 2 Grm. Substanz auf 100 K. C. – 10 K. C. der phosphorsauren Natronlösung wurden mit Essigsäure angesäuert und erwärmt. Nach Zusatz von 15 K. C. Urandoppelsalzlösung gab ein Tupfen (Bruchtheil eines Tropfens), mit einem Tupfen Ferrocyankaliumlösung (solche liegen vorräthig auf einer Porzellanplatte) gemischt, eine starke braune Färbung; nach Zusatz von 2 K. C. der ersten Lösung: keine Reaction; nach Zusatz von 2 K. C. der zweiten: ziemlich starke Reaction; nach Zusatz von 0,5 Kub. Centim. der ersten: schwache Reaction; nach Zusatz von 0,2 Kub. Centim. der ersten: sehr schwache Reaction; endlich auf Zusatz von 0,2 K. C. der ersten hörte die Reaction auf. Ein Tropfen Uranlösung = 1/20 K. C. rief sie wieder sehr schwach hervor. Hiernach sind auf 12,9 K. C. der ersten Lösung 17 K. C. der zweiten verbraucht worden, d.h. auf 129 Gewichtstheile phosphorsaures Natron 170 Gewichtstheile essigsaures Uranoxydnatron. Wenn das Aequivalent des phosphorsauren Natrons, Na²H, PO⁸ + 24HO zu 359 angenommen wird, und nach der Reactionsgleichung Na²HPO⁸ + (U²O²)²Na, 3C⁴H³O⁴ = 3C⁴H³NaO⁴ + (U²O²)² HPO⁸ 129 : 170 = 359 : 473,1 ist, so könnte man für den Gebrauch bei der volumetrischen Phosphorsäurebestimmung die Zahl 473 für das Urandoppelsalz einhalten. Jedenfalls ist, wenn 472 (U = 60) die richtige Zahl ist, der Fehler sehr klein; er beträgt unter dieser Voraussetzung nur 0,233 Proc. des Urans, welche zu viel angewendet worden sind, und da man eben so viele Procente über den wahren PO⁵-Gehalt erhält, so kann man entweder in der Rechnung oder in der Lösung des Urans die erforderliche Correction anbringen. Hagen, 28. Mai 1871.