Titel: Ueber die Darstellung und Anwendung des mangansauren und übermangansauren Alkalis; von Gewerbschullehrer E. Desclabissac in Aachen.
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XIX., S. 58
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XIX. Ueber die Darstellung und Anwendung des mangansauren und übermangansauren Alkalis; von Gewerbschullehrer E. Desclabissac in Aachen. Desclabissac, über Darstellung und Anwendung des mangansauren und übermangansauren Alkalis. In Folge einer von dem Vereine zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen erlassenen Honorar-Ausschreibung hat Herr Desclabissac diesem Verein eine ausführliche Abhandlung über die Darstellung und Anwendung des mangansauren und übermangansauren Alkalis überreicht, für welche ihm der Preis von 100 Thalern zuerkannt wurde, und welche in den Verhandlungen des genannten Vereines, Jahrgang 1870 S. 142–167, abgedruckt ist. In dem ersten Theil dieser Abhandlung beschreibt der Verfasser die Darstellung und die Eigenschaften des mangansauren und übermangansauren Kalis und Natrons. Wir theilen hier Folgendes daraus mit: Die beiden Säuren des Mangans bilden auch mit Natron in Wasser lösliche Salze von denen der Kalisalze ähnlichen Eigenschaften. Das mangansaure Natron bildet sich beim Glühen von Braunstein mit Natronhydrat oder kohlensaurem Natron, jedoch nur im Luftstrom. Ohne Luftzutritt entsteht sogar bei Anwendung von Natronsalpeter keine Spur von mangansaurem Natron; die Zersetzung des Natronsalpeters erfolgt schon bei einer Temperatur, bei welcher die Bildung von Mangansäure noch nicht stattfindet. Man kann das mangansaure Natron krystallisirt erhalten, wenn man gleiche Theile gepulverten Braunstein und Natronsalpeter in der Muffel eines Steingutofens längere Zeit bis zur hellen Rothgluth erhitzt, nach dem Erkalten die gepulverte schwarze Masse mit Wasser auskocht und die Lösung filtrirt. Beim Erkalten scheiden sich fast farblose, glaubersalzähnliche Krystalle von der Zusammensetzung NaO, MnO3 + 10 HO aus, welche sich beim Auflösen in Wasser etwas zersetzen, wodurch die Lösung sich grün färbt. Bis vor wenigen Jahren waren die mangansauren und übermangansauren Salze fast nur im Laboratorium des Chemikers zu finden. Im Jahre 1862 figurirten sie zum ersten Mal als industrielle Erzeugnisse auf der allgemeinen Londoner Industrie-Ausstellung, und es ist namentlich das Verdienst des Londoner Fabrikanten H. B. Condy, dieselben in verschiedenem Grade der Reinheit in den Handel gebracht zu haben. Seitdem ist ihre Fabrication eine immer ausgedehntere und ihr Preis in demselben Grade niedriger geworden (rohes mangansaures Natron wird schon zu 1 Franc das Kilogramm geliefert), so daß eine Anwendung zu technischen Zwecken ermöglicht wurde. Zur Darstellung dieser Salze im Großen können folgende Vorschriften dienen: 1) 500 Pfd. frisch bereiteter Kalilauge von 45° Baumé werden mit 105 Pfd. reinen chlorsauren Kalis in einem eisernen Kessel stark eingedampft, dann unter beständigem Umrühren 182 Pfd. sehr fein gepulverten Braunsteins hinzugefügt, und das Erhitzen so lange fortgesetzt, bis die Masse ruhig fließt. Man rührt bis zum Erkalten. Die pulverige Masse wird darauf in kleineren eisernen Kesseln zur Rothgluth erhitzt, bis sie halbflüssig geworden ist, die erkaltete Masse zerschlagen, dann in einem großen Kessel mit Wasser erhitzt und eine Stunde der Ruhe überlassen. Die klare Lösung wird darauf zur Krystallisation eingedampft. Man erhält aus 180 Pfd. Braunstein 98 bis 100 Pfd. übermangansaures Kali in schönen langen Nadeln. 2) Eine Lösung von 12 Theilen wasserfreien Aetznatrons, also 36 Theile Aetznatronlauge von 1,337 specifischem Gewicht oder 34 Theile einer solchen von 1,365 specifischem Gewicht, frisch bereitet oder möglichst frei von Kohlensäure, wird in einem eisernen Kessel nebst 10 Theilen chlorsauren Kalis unter Umrühren und allmählichem Zusatz von 18 Theilen guten und sehr fein gepulverten Braunsteins in kleinen Portionen so lange eingedampft, bis eine heraus genommene Probe erstarrt. Bei stärkerem Feuer erhitzt man nun weiter, bis die Masse völlig ausgetrocknet und krümlich trocken ist. Diese Masse füllt man in eiserne Grapen und erhitzt sie intensiv bis zum Rothglühen. Nach dem Erkalten wird sie in kleine Stücke zerschlagen und in einem eisernen Kessel mit circa 200 bis 220 Theilen oder der 15- bis 17fachen Menge Wasser übergossen, oder umgekehrt in 200 Theile kochendes Wasser eingetragen. Nach genügender Lösung setzt man die Flüssigkeit bei Seite und decantirt sie mittelst eines gläsernen Hebers nach 24 Stunden in Stein- oder Glasflaschen. Der Rückstand, welcher nach dem Auswaschen des Schlammes verbleibt, wird getrocknet, gepulvert und zu einer neuen Darstellung an Stelle des Mangansuperoxydes verbraucht, und zwar12 Theile = 10 Theilen Braunstein gerechnet. 3) In einem eisernen Grapen werden 10 Theile Aetznatron und 1 Theil Kalisalpeter bis zum Schmelzen erhitzt. Wenn die Masse ruhig wie Oel fließt, trägt man nach und nach 6 Theile Braunstein von mindestens 80 Procent ein, der zuvor auf einer Platte oder in einem Grapen beträchtlich erhitzt worden ist. War der Braunstein heiß genug, so tritt keine Unterbrechung im Schmelzen ein. Man rührt gut um — wenn die Masse erstarren sollte, mit einem glühend gemachten Spatel —, nimmt dann und wann eine Probe und löst in Wasser. Möglichste Lösung mit tief grüner Farbe zeigt das Ende der Operation an. Der Grapen wird mit einem vorher glühend gemachten Schöpflöffel geleert und sogleich wieder beschickt. Ein Arbeiter kann drei solche Grapen in Arbeit haben und an einem Tage leicht 2 Ctr. übermangansaures Natron darstellen. Man nehme nicht zu viel Schmelze auf einmal, da eine größere Menge schwieriger zu schmelzen ist, und, wenn die Masse einmal abgekühlt ist, es sehr lange dauert, ehe sie wieder dünnflüssig wird. Der im Kessel verbleibende Schlamm wird mit Wasser ausgelaugt, und dieses Wasser zum Auflösen einer neuen Schmelze verwendet, oder man leitet in dasselbe bis auf etwa 15° C. Abgekühltes Chlorgas, bis es damit gesättigt ist. Letztere Flüssigkeit kann als besonderes Desinfectionsmittel angewendet werden. 4) Zur billigen Herstellung von mangansaurem Natron bedienen sich Tessié du Mothay und Maréchal der bei der Chlorbereitung als fast werthloser Rückstand zurückbleibenden Flüssigkeit, aus welcher durch Zusatz von Aetzkalk Manganoxydul abgeschieden wird. Dieses wird zu gleichen Aequivalenten mit Aetznatron gemengt, und das Gemenge bei Luftzutritt auf 400° C. erhitzt, wodurch sich mangansaures Natron bildet. Die Umwandlung dieses Salzes in übermangansaures Salz (zur Verwendung in der Bleicherei) wird leicht und mit geringen Kosten bewirkt durch einen Zusatz von schwefelsaurer Magnesia, Chlormagnesium oder Chlorcalcium zu der Auflösung. Die Zersetzung geht vor nach der Gleichung: 3 (NaO, MnO3) + 2 (MgO, SO3) + 2 HO = NaO, Mn2)O7 + 2 (NaO, SO3) + 2 (MgO, HO) + MnO2.″ In dem zweiten Theile der Abhandlung gibt der Verfasser eine Zusammenstellung der bisher vorgeschlagenen Anwendungen der mangansauren und übermangansauren Alkalien 1) zu speciell chemischen, 2) zu technischen und 3) zu sanitätischen Zwecken. (Polytechnisches Centralblatt, 1871 S. 639.)