Titel: Das Werder'sche Hinterladungsgewehr.
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XXX., S. 96
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XXX. Das Werder'sche Hinterladungsgewehr. Mit Abbildungen auf Tab. III. Werder's Hinterladungsgewehr. Das bayerische Werdergewehr, in Figur 3 und 4 abgebildet, gehört nach einer Beschreibung in dem preußischen „Militär-Wochenblatt,“ 1869 (polytechn. Journal Bd. CXCII S. 190), zu den einfachen Hinter ladern kleinen Kalibers (11 Millimet.) mit gasdichten Patronen. (Dem Vernehmen nach wird die Berdan'sche PatroneBeschrieben im polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIII S. 272. für dasselbe verwendet.) Das Verschlußstück b bewegt sich um eine in seinem hinteren Theile liegende, zur Richtung der Seelenachse rechtwinkelige Drehachse c zum Oeffnen nach vorwärts, abwärts, umgekehrt zum Schließen. Ueber die Drehachse nach hinten ragt dasselbe mit einem kurzen gabelförmigen Theile noch hinaus. Eine muldenförmige Vertiefung auf der oberen Fläche der Verschlußklappe dient zum Einlegen der Patrone. Bei der Bewegung abwärts wirkt das Verschlußstück mit seinem vorderen Theile auf den Patronenauswerfer d, welcher einen Winkelhebel bildet, die Patrone an zwei einander diametral gegenüberliegenden Stellen packt, und durch die Abzugsfeder e in seine Lage zurückgedrückt wird. Der Zündstift f geht der Länge nach durch das Verschlußstück und unterliegt nach dem Zurückziehen des Hahnes der Einwirkung einer Spiralfeder, welche ihn in seine ursprüngliche Stelle bewegt. Das Verschlußstück wird durch das Spannen des Hahnes geschlossen und durch eine zweiarmige Verschlußfeder g, welche hinter dem rückwärtigen Ende der Klappe liegt, geöffnet. Um letztere in ihrer geschlossenen Stellung zu erhalten, dient eine besondere Stütze h, auf welcher der vordere Theil des Verschlußstückes mit einem angesetzten Arme i ruht, und die nach dem Abgehen des Hahnes als alleinige Unterstützung dient. Die Stütze ist um dieselbe Achse wie der Abzug k drehbar und ragt mit einer Zunge durch das Abzugsblech, welches vor der Zunge des Abzuges liegt, und umgekehrt wie diese gebogen ist. Das Schloß ist ein sogenanntes Mittelschloß und besteht aus Hahn 1, Schlagfeder m, Abzug k und Abzugsfeder e. Der Hahn bewegt sich innerhalb des hinteren gabelförmigen Theiles der Verschlußklappe, der Daumgriff liegt auf der rechten Seite des Schlosses. Beim Zurückziehen des Hahnes wirkt ein an demselben angesetzter Arm n mit Rolle aufwärts drückend auf das Verschlußstück. Sämmtliche Achsen liegen, in zwei parallel zu einander stehenden Schloßplatten, und findet die ganze Verschluß- und Schloßmechanik ihre Aufnahme in einem vierkantigen Schloßkasten a, welcher mit dem Laufe zusammengeschraubt ist. Eine Schraube o, welche zugleich den Abzugsbügel festhält, dient zur Verbindung zwischen Mechanik und Schloßkasten. Ist das Gewehr gespannt, so ist es zugleich geschlossen; wird abgedrückt, so schlägt der Hahn gegen den Zündstift und dieser wirkt auf die Zündung. Will man, nachdem der Schuß heraus ist, öffnen, so geht der Zeigefinger der rechten Hand, welcher an der Zunge des Abzuges angelegen, gegen die Zunge der Stütze, welche nunmehr unter dem Verschlußstück hinweggleitet und es der Einwirkung der beim Schießen in Spannung versetzten Verschlußfeder g überläßt. Letztere drückt dasselbe mit dem vorderen Theile abwärts, und das Gewehr ist geöffnet, gleichzeitig auch der Auswerfer in Thätigkeit getreten und die leere Hülse entfernt. Der ganze Vorgang erfolgt, während der Schütze das Gewehr aus dem Anschlag senkt. Auf der oberen Vertiefung der Platte gleitet die neue Patrone in den Lauf; es erfolgt das Spannen des Hahnes, somit das Schließen, und das Gewehr ist schußfertig. Ein Druck gegen die Stütze vor dem Abdrücken brächte jetzt keine Wirkung hervor, da erstere durch einen Vorstand des Hahnes, so lange letzterer gespannt ist, an der Rückwärtsbewegung gehindert ist. Ein vorzeitiges Oeffnen der Klappe kann also nicht vorkommen. Soll das Gewehr nach dem Schuß geschlossen bleiben, so hat die Vorwärtsbewegung des Zeigefingers nur zu unterbleiben. Will man das Gewehr entladen, so läßt man den Hahn langsam nieder und drückt gegen die Zunge des Abzuges, dann öffnet sich das Gewehr und die Patrone springt heraus. Das Werdergewehr gehört zu denjenigen einfachen Hinterladern, welche vermöge ihres sinnreichen Mechanismus ein Maximum von Feuergeschwindigkeit ergeben. Eine noch größere Vereinfachung in den Functionen ist schwer denkbar. Abgesehen von dem ersten Ausschießen des Magazines vermag dasselbe mit jedem Repetirgewehr nicht allein zu concurriren, sondern übertrifft dasselbe um so mehr, ein je längerer Zeitraum gesteckt ist. Als ein besonderer Vorzug der Einrichtung muß die leichte Zerlegung des Schloßmechanismus gelten, was eine sehr berechtigte Anforderung an Kriegswaffen bildet. Die ganze Construction ist äußerst solid und bietet alle Garantie gegen Gefährdung und Hemmnisse. Petzold. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1871, Bd. XV S. 221.)

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