Titel: | Ferrie's selbstkohkender Steinkohlen-Hohofen auf den Monkland Eisenwerken (Schottland). |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XXXVIII., S. 108 |
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XXXVIII.
Ferrie's selbstkohkender Steinkohlen-Hohofen auf den Monkland
Eisenwerken (Schottland).
Aus Engineering, Juni 1871, S. 413.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Ferrie's selbstkohkender Steinkohlen-Hohofen.
Hinsichtlich des Problems, die Gichtgase welche aus den in Schottland mit roher
Steinkohle betriebenen Hohöfen entweichen, zur Winderhitzung und Dampfkesselheizung
zu benutzen, kam William Ferrie auf die Idee, daß die
Schwierigkeit großentheils überwunden würde, wenn die Steinkohle im Ofen in ungefähr
derselben Weise, wie in den Gasretorten, verkohkt werden könne, und zur Aussührung
dieses Gedankens begann er mit einem kleinen Hohofen zu experimentiren, welcher etwa
den fünfzehnten Theil des Fassungsraumes eines gewöhnlichen offengichtigen Ofens von
50 Fuß Höhe hatte. Der obere Theil dieses kleinen Ofens war in zwei Abtheilungen
oder Kammern, gewissermaßen Retorten getheilt, in welche die Steinkohlen, die Erze
und die Zuschläge aufgegeben wurden; die Gicht war auf gewöhnliche Weise, durch Hut
und Trichter geschlossen. Die Gase zogen in ein Rohr ab, welches mit Canälen oder
Zügen am Boden der Retorten in Verbindung stand; in diesen Canälen wurden die Gase
mit Luft gemischt und dann angezündet. Die Canäle waren spiralförmig, damit die von
den brennenden Gasen entwickelte Hitze die in den Retorten enthaltenen
Schmelzmaterialien durchdringen konnte; sie mündeten in eine über den Retorten
angebrachte Esse, durch welche die erschöpften Gase, d. h. die gasförmigen
Verbrennungsproducte, abzogen. Dieser Ofen wurde etwa zwei Monate lang mit roher
Steinkohle als Brennmaterial betrieben und die erzielten Resultate waren sehr
befriedigend. Das erzeugte Eisen war Nr. 1, Nr. 3 und Nr. 4, und zwar aus einer
Beschickung dargestellt welche nur sechzehn Stunden im Ofen verweilt hatte, mit
solcher Geschwindigkeit „trieb“ derselbe. Das Innere des Ofens
wurde täglich an der Sohle der Retorten untersucht; stets erwies sich die Steinkohle
durchgängig verkohkt
und in voller Hitze, der Kalk war bei derselben Temperatur vollständig gebrannt und
die Erze waren ebenso genügend erhitzt.
Nach diesen Resultaten schritt man zum Bau eines nach demselben System construirten
großen Ofens auf den Monkland-Werken, und dieser Ofen, welcher Ende October
vorigen Jahres angeblasen wurde, ist in Figur 21 bis 25
dargestellt. Er hat 83 Fuß Höhe bei 18 Fuß Rastweite und 12½ Fuß Gichtweite.
Die Gichtmündung ist mittelst einer Glocke (Hut) und eines Aufgebrumpfes (Trichters)
geschlossen; die Gichtgase werden auf gewöhnliche Weise dem Winderhitzungsapparate
zugeführt. Der obere Theil des Ofenschachtes ist auf eine Tiefe von 20 Fuß unterhalb
des von Hut und Trichter eingenommenen Raumes durch senkrechte, auf Bögen ruhende
und, wie sich aus den Figuren ergibt, radial vom Centrum auslaufende Mauern in vier
Abtheilungen oder Kammern getheilt. Diese Einrichtung des oberen Theiles vom
Ofenschachte vermehrt ohne Zweifel den Reibungswiderstand, welche dem Niedergange
der Gichten entgegenzusetzen ist, und somit erfüllen die Scheidemauern neben ihren
übrigen Zwecken eine wichtige Aufgabe dadurch, daß sie die entstandenen Kohks von
einem Theile des durch die Beschickung auf sie ausgeübten Druckes entlasten.
Wahrscheinlich ist die Anwendbarkeit eines Ofens von so bedeutender Höhe
hauptsächlich durch die mittelst dieser Einrichtung verstärkte Stützung bedingt,
denn sonst würden die aus schottischer Steinkohle erzeugten verhältnißmäßig mürben
Kohks eine so hohe Schmelzsäule kaum zu tragen vermögen.
Die Scheidemauern dienen aber noch zu einem anderen, und zwar ihrem Hauptzwecke, daß
nämlich die Verkohkung der Kohle im oberen Theile des Ofenschachtes bewerkstelligt
werden kann. Aus den Abbildungen ersieht man, daß die senkrechten Scheidewände,
sowie die peripherischen Mauern, von Canälen durchzogen werden, so daß bei dieser
Anordnung ein Theil der in der oberen Schachtgegend gefaßten Gase bis zum Niveau der
Sohle der Kammern oder Retorten hinabgeleitet, und — nach Zuführung der
erforderlichen Menge atmosphärischer Luft durch Roste oder Gitter, die im
Rauhgemäuer des Ofens angebracht sind — angezündet und in den Canälen welche
die die Kammern bildenden Umfassungs- und Scheidemauern durchziehen,
verbrannt werden kann, indem der Zug durch diese Canäle vermittelst Essen, welche an
der Gichtmündung angebracht sind, befördert wird. Die Mauern welche die Canäle von
den Kammern oder Retorten trennen, sind 9 Zoll stark; die Temperatur in den Canälen
beträgt zwischen 1500 und 1700° F. (816 und 927° C.) Die durch die
Wände transmittirte Wärme verkohkt die in den Kammern enthaltene Kohle mehr oder
weniger, und bei Gelegenheit eines vor einigen Monaten von I. Lowthian Bell
auf den Monkland-Werken abgestatteten Besuches wurde durch die Ofenmauer,
ungefähr im Niveau der Widerlagslinie der Bögen auf welchen die Scheidemauern
theilweise ruhen, ein Loch gebohrt; demselben gegenüber zeigte sich das
Brennmaterial im glühenden Zustande, ein Beweis daß es seine gasigen Bestandtheile
abgegeben hatte, also vollständig verkohkt worden war. Gleichzeitig untersuchte
einer von Bell's Assistenten die Temperatur in 6 Zoll
Entfernung vom Schachtfutter mittelst eines Siemens'schen
Pyrometers und fand dieselbe bei einer Ablesung zu 1434° F. (779° C.),
bei einer anderen zu 1554° F. (845° C.).
In ökonomischer Beziehung waren die mit Ferrie's Ofen
erhaltenen Resultate höchst befriedigend und hinsichtlich dieses Punktes können wir
nichts Besseres thun, als nachfolgende Stelle aus einem von Ferrie im verflossenen März im Iron and Steel
Institute gehaltenen Vortrage anführen:
„Im Lanarkshire-District schwankt das zur Erzeugung einer Tonne
Roheisen Nr. 1 erforderliche Quantum Steinkohle von 50 bis 52 Centner im Ofen,
während in dem neuen Ofen eine Tonne Roheisen derselben Qualität mit einem Aufwande von 32 bis 36 Centr. Steinkohle
producirt werden kann, so daß per Tonne ausgebrachten
Eisens fast eine Tonne Brennstoff erspart wird. An Erzen werden im neuen Ofen per Tonne Eifen ungefähr 2½ Ctr. erspart. Diese
Ersparniß an Erzen mag beim ersten Anblicke unglaublich erscheinen; ich gestehe, daß
ich dieselbe nicht vermuthet hatte, aber nach den sorgfältigsten und wiederholten,
mit derselben Beschickung in mehreren neben dem neuen Ofen liegenden Hohöfen
abgeführten Versuchen stellte sich die Erzersparniß als unzweifelhafte Thatsache
heraus. Dieselbe läßt sich dadurch erklären, daß der Eisenstein bei den gewöhnlichen
Oefen in der Tiefe von einigen Fuß im Schachte zu Pulver zerfällt und durch die
Gicht herausgeblasen wird, wie dieß auch bezüglich der Steinkohle der Fall ist, von
deren verwerthbaren Bestandtheilen nicht weniger als 31,54 Procent beim
Schmelzprocesse durch die Gicht hindurch verloren gehen. Man hat auch den
fortgeblasenen Erzstaub auf einer hinter den Hohöfen von Monkland befindlichen
schrägen Mauer, sowie auf dem umliegenden Boden mittelst eines Magnetes gesammelt.
Ferner hat Dr. Macadam,
Professor der Chemie zu Edinburgh, am 11. März mittelst des Spectroskops in der
Flamme eines der (offengichtigen) Monkland-Hohöfen Calcium, Natrium, Mangan
und Eisen nachgewiesen.“
Bei einem mit aller Sorgfalt im Großen ausgeführten Versuche zur Feststellung der
Vorzüge des ferrie'schen Ofens vor den in Schottland Land allgemein
gebräuchlichen Hohöfen mit offener Gicht — einer Untersuchung welche durch
die Monkland Iron and Steel Company unternommen wurde
und einundsiebzig Schichten beanspruchte — wurden in einem neben dem neuen
Ofen stehenden älteren schottischen Hohofeu dieselben Quantitäten derselben
Beschickung verschmolzen. Man erhielt folgende Resultate:
Mit Ferrie's patentirtem Hohofen.
Textabbildung Bd. 201, S. 111
Verbrauch:; Per
Tonne erzeugten Roheisens:; Tonnen.; Centner.; Quarters.; Centner.;
Steinkochlen; Eisenstein; Erz (Spatheisenstein?); Schlacken; Zuschlagskalk; Production:; Roheisen Nr. 1 889 5 0; Roheisen Nr. 3
210 13 0; Roheisen Nr. 4 35 16 0; Im Ganzen. 1135 14 0;
Mit dem gewöhnlichen schottischen Ofen Nr. 7 zu
Monkland.
Textabbildung Bd. 201, S. 111
Verbrauch:; Per
Tonne erzeugten Roheisens:; Tonnen.; Centner.; Quarters.; Centner.;
Kohlen; Eisenstein; Erz; Schlacken; Zuschlagskalkstein; Production:; Roheisen; Roheisen; Roheisen; Im Ganzen.
Kürzlich wurden auch seitens der Coltness Iron Company
unter der Leitung ihres Betriebsdirectors Hunter Versuche
mit Ferrie's und einem gewöhnlichen Ofen abgeführt. Bei
denselben wurden Hüttenarbeiter sowohl von Monkland, als von Coltneß (beide im
Glasgower District) verwendet; die letzteren hatten die Materialien für den Ferrie'schen Ofen abzuwägen und den Betrieb desselben zu
besorgen, während die ersteren den gewöhnlichen Ofen abwarteten, und so abwechselnd.
Steinkohle, Eisenstein und Zuschlag waren für beide Oefen dieselben und von der
Coltness Company geliefert. Die als sehr befriedigend
anzusehenden Resultate waren nachstehende.
Mit Ferrie's patentirtem Hohofen.
Textabbildung Bd. 201, S. 112
Verbrauch:; Per
Tonne producirten Roheisens: Tonnen.; Centner.; Quarters.; Centner.;
Steinkohle; Eisenstein von Woodsend; Eisenstein von Salsburgh; Eisenstein von
Crofthead; Eisenstein von Braidwood; Eisenstein von Skaterigg; Zuschlagskalk;
Production:; Roheisen; Roheisen; Im Ganzen
Mit dem Hohofen Nr. 7 zu Coltneß.
Verbrauch:
Textabbildung Bd. 201, S. 112
Verbrauch:; Per
Tonne producirten Roheisens:; Tonnen.; Centner.; Quarters.; Centner.;
Steinkohle; Eisenstein von Woodsend; Eisenstein von Salsburgh; Eisenstein von
Crofthead; Eisenstein von Braidwood; Zuschlagskalk; Production:; Roheisen; Roheisen; Im Ganzen
Die Temperatur der Gichtgase wurde am 10. Februar von einem der Assistenten Bell's mittelst eines Siemens'schen Pyrometers bestimmt und während der Zeit von 10 Uhr 20 Min.
Vormittags bis 5 Uhr 20 Min. Nachmittags zwischen 752° F. (400° C.)
als Maximum und 392° F. (200° C.) als Minimum gefunden; das Mittel von
dreiunddreißig Beobachtungen ergab eine Durchschnittstemperatur von 589° F.
(309° C.).
Zwischen der Zeit, zu welcher der Ofen angeblasen wurde (October 1870) und dem Tage
an welchem Ferrie seinen oben erwähnten Vortrag hielt
(Ende März 1871), producirte der in Rede stehende neue Hohofen:
Tonnen.
Centner.
Quarters.
an Roheisen
Nr. 1
2258
3
0
an Roheisen
Nr. 3
1371
4
0
an Roheisen
Nr. 4
297
9
0
––––––––––––––––––––––––––––––––
Im Ganzen
3926
16
0
Dieses Quantum ergibt eine Durchschnittsproduction von 14 Tonnen 13 Centner per zwölfstündige Schicht, während nach Ferrie's Angabe die mittlere Production der Lanarkshire
Hohöfen sich per Schicht auf 10 bis 12 Tonnen beläuft.
Die von Ferrie's Ofen zur Erzeugung der angegebenen
Roheisen-Quantitäten und Qualitäten consumirten Materialien waren:
Textabbildung Bd. 201, S. 113
Per Tonne producirten Roheisens:; Tonnen.;
Centner.; Quarters.; Centner.; Steinkohle; Eisenstein; Erz; Schlacken;
Zuschlagskalk
Nach Ferrie's Angaben war der Gang des Ofens ein sehr
regelmäßiger, indem die Gichten weder kippten noch rollten, und ebenso wenig
Naseubildung an den Düsen vorkam. Die Menge der abgefangenen Gase erwies sich weit
größer, als zur Erhitzung der Gebläseluft und zur Heizung der Dampfkessel
erforderlich war; wo aber mit den Hohofenhütten auch Werke zur weiteren Verarbeitung
des Roheisens, zur Stabeisenfabrication etc. vorhanden sind, wird es nicht schwierig
seyn, für diesen Ueberschuß von Gichtgasen nützliche Verwendung zu finden. Bis jetzt
hat das den Retortentheil des Hohofens bildende Mauerwerk alle Anzeichen einer
befriedigenden Dauerhaftigkeit gegeben, was ein sehr wichtiger Umstand ist.
Hinsichtlich der mit Ferrie's Ofen erzielten ökonomischen
Vortheile, kann kein Zweifel obwalten, daß dieselben zum großen Theile bloß der
vermehrten Gichthöhe zuzuschreiben sind, welche durch die Einrichtung der
Retortenkammern ermöglicht wird, ohne daß eine zu große Belastung der Kohksgichten
verursacht wird. Aber welcher Antheil der Kohlen- und Erzersparniß dieser
Ursache, und welcher Antheil derselben der Einrichtung zuzuschreiben ist, daß ein
Theil der erzeugten Gase in den Canälen zum Verkohken der Rohkohle verbraucht wird,
dieß läßt sich noch nicht mit einiger Sicherheit feststellen. Iedenfalls hat Ferrie mit seiner Erfindung einen bedeutenden Fortschritt
bezüglich der Haushaltsverhältnisse des schottischen Hohofenwesens gemacht.