Titel: R. Brown's kohkender Steinkohlen-Hohofen.
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XXXIX., S. 114
Download: XML
XXXIX. R. Brown's kohkender Steinkohlen-Hohofen. Aus Engineering, Juni 1871, S. 391. Mit Abbildungen auf Tab. II. Brown's kohkender Steinkohlen-Hohofen. Die rasche Entwickelung der Eisenindustrie im Cleveland-District (England) und die außerordentlich niedrigen Productionskosten des Roheisens an den Ufern des Tees haben natürlich bei den schottischen Eisenhüttenbesitzern Besorgnisse hervorgerufen. Letztere würden schon längst dem am Tees ihnen dargebotenen Beispiele gefolgt seyn und zur Vermeidung ihrer bisherigen Brennstoffvergeudung ihre Oefen erhöht, ihre Gichten geschlossen und die abziehenden Gase zur Benutzung aufgefangen haben, wenn die schottische Steinkohle eine Qualität von Kohks gäbe, welche den berühmten harten Durham-Kohks nur einigermaßen nahe käme. Bisher aber sah man sich in Schottland genöthigt, rohe Steinkohle zu verwenden und in Folge des geringen Tragvermögens dieses Brennstoffes mußte man sich mit kleinen Hohöfen von geringer Productionsfähigkeit begnügen, durch welche aber in Verbindung mit der offenen Gicht und dem kohlenverwüstenden Charakter der Oefen die Roheisenproduction den Werkbesitzern weit theurer zu stehen kam, als im Cleveland-Districte. Nun ist es W. Ferrie, Betriebsdirector der Monkland Iron and Steel Works bei Glasgow, gelungen, einen gewöhnlichen schottischen Hohofen so abzuändern, daß man die Gicht schließen und die Gase zur Benutzung abfangen kann, obgleich rohe schottische Steinkohle (die sich ihres stark schwelenden Verhaltens wegen nur schwer verkohken läßt) als Brennmaterial angewendet wird. Dieser Fortschritt, welcher das Roheisen in Schottland weit wohlfeiler zu produciren gestattet, war den Betheiligten kaum bekannt geworden, als ein neuer Schritt in derselben Richtung gethan wurde. Der Erfinder dieser neuen Hohofenanordnung ist Richard Brown, Ingenieur der Shotts Iron Company. Derselbe erreicht die angestrebte Brennmaterialersparniß durch verhältnißmäßig einfache Abänderungen an den Oefen wie sie gegenwärtig in Schottland in Gebrauch stehen. Wie man aus Figur 14 und 15 ersieht, besteht der neue Hohofen aus zwei Schächten, 1–2 und 8–8. Der untere Schacht ist der gewöhnliche Typus der schottischen Hohöfen, deren Höhe gewöhnlich zwischen 45 und 55 Fuß (engl.) schwankt, während der obere Schacht eine neue Zugabe bildet, dessen Höhe 25 bis 30 Fuß bei einem in allen Theilen gleichen Durchmesser von ungefähr 12 Fuß beträgt. Der untere Ofenschacht ist im Wesentlichen von derselben Art, wie bei den jetzt gebräuchlichen Hohöfen, mit der Ausnahme daß er an seiner Mündung oder Gicht geschlossen oder bedeckt ist und seitlich, etwas unterhalb derselben, bei 3, einen mit Ventil versehenen Auslaß hat, mittelst dessen ein Theil der brennbaren Gase abgeleitet und durch die Leitung 4 den Winderhitzungsapparaten, Dampfkesselherden etc. zugeführt werden kann, um ihre Heizkraft zu verwerthen. Nur dieser Ofenschacht wird unmittelbar mit Brennmaterial beschickt; die Anordnung zum Aufgeben desselben ist bei 17 ersichtlich. Der obere Ofenschacht ist derjenige Theil, in welchen der geröstete oder rohe Eisenstein nebst dem Zuschlagskalk aufgegeben wird. Derselbe ist, wie man aus Fig. 14 ersieht, nach dem System der Oefen mit offener Gicht construirt. Rings um diesen Schacht, und zwischen ihm und dem Rauhgemäuer, sind Züge 9 angebracht, welchen ein Theil der brennbaren Gase aus dem Unterschachte mittelst eines oder mehrerer, bei 5 angedeuteter Canäle zugeführt wird; jeder dieser Canäle ist mit einem, bei 6a (Fig. 14) angedeuteten Regulirungsventil versehen. Aus den Zügen 9 treten die Gase durch eine Anzahl von Oeffnungen 10, 10 in das Innere des oberen Ofenschachtes; die zu ihrer vollständigen oder theilweisen Verbrennung erforderliche atmosphärische Luft wird entweder durch ein einziges Ventil, wie bei 11 angedeutet, oder durch einen oder mehrere Schieber zugelassen, welche letztere so hoch angebracht werden, daß die Antheile der Gase welche durch die unterste Oeffnung in den Oberschacht einströmen, sich nicht entzünden können. Die Gase werden in den Zügen, oder in den Oeffnungen angezündet. Wenn die Luft welche in den oberen Schacht zur Vermischung mit den in dem Unterschachte erzeugten Gasen zugelassen wird, zu deren vollständiger Verbrennung hinreicht, so beschränkt sich die Wirkung dieser Gase nach der Verbrennung auf das Trocknen und Erhitzen der Materialien, sowie auf das Austreiben der Kohlensäure aus dem Kalksteine und auch aus dem Eisensteine, sofern dieser im rohen Zustande angewendet wurde. Nach Brown's Dafürhalten dürfte es aber in der Praxis von Vortheil seyn, die Beschickung noch weiter vorzubereiten; es ließe sich nämlisch ein hinlängliches Vorwärmen der Schmelzmaterialien dadurch erzielen, daß ein Theil der Gase zur Verbrennung gebracht wird, während der Antheil welchem kein Sauerstoff durch atmosphärische Luft zugeführt wird, eine mehr oder weniger desoxydirende Wirkung auf die Beschickung ausüben und in dieser Weise die Schmelzung und die schließliche Reduction des Eisensteines im unteren Schachte oder eigentlichen Ofen erleichtern könnte. Um für den Fall einer Explosion des Gasgemisches den entstandenen gasförmigen Verbrennungsproducten freien Austritt zu sichern, werden an den Mündungen der Canäle Klappenventile angebracht. Auf einem unmittelbar hinter jedem der erwähuten Lufteinlaßventile vorgerichteten Roste wird ein schwaches Steinkohlen- oder Kohksfeuer unterhalten, um die Gase in brennendem Zustande zu erhalten oder dieselben nach einem zufälligen Erlöschen sofort wieder anzuzünden, damit sich das Gasgemisch nicht in solcher Menge anhäufen kann, daß eine gefährliche Explosion entstehen könnte. Es wurde bereits erwähnt, daß der obere Ofenschacht offengichtig ist; es kann aber nöthig werden, einen Zug hervorzubringen, um das Einströmen der Gase in diesen Schacht zu befördern; in diesem Falle schließt man seine Mündung mittelst geeigneter Klappen und bringt einen mit einer Esse in Verbindung stehenden Fuchs an. Nachdem der Eisenstein und Kalkstein im oberen Ofenschachte gehörig vorgewärmt und chemisch verändert sind, werden sie dem unteren Schachte oder eigentlichen Hohofen durch eine an der Sohle des Oberschachtes angebrachte, nach Belieben zu öffnende Thür 13 (Fig. 14) zugeführt. Zunächst gelangt die Beschickung in einen Kasten 13, welcher über einer zu der Mitte des Unterschachtes führenden schiefen Ebene 6 angebracht ist. Nachdem dieser Kasten mit der geeigneten Menge der im Oberschachte vorbereiteten Beschickung gefüllt ist, wird seine obere Oeffnung mittelst eines Schiebers 15 geschlossen; dann wird seine aus einer Doppelthür 16 bestehende Sohle geöffnet, so daß der Inhalt des Kastens in den Unterschacht hinabfällt. Hierbei kann man leicht die Menge der aus dem Oberschachte in den Unterschacht übertragenen Materialien berechnen und darnach die erforderliche Menge von Steinkohlen, Kohks oder anderem kohligen Brennmaterial normiren. Das Brennmaterial kann in den Unterschacht auf demselben Wege 6 aufgegeben werden; der Erfinder zieht es aber vor, dasselbe mittelst mehrerer, in gleichen Abständen an den Seiten angebrachter Canäle 7 in den Ofen zu bringen, welche nach der Mitte des Ofens zu gerichtet sind, um eine möglichst innige Mengung des Brennstoffes mit dem Eisenstein und den Zuschlägen zu erzielen. Zum Einführen des Brennmateriales kann man den mit vier Gefachen versehenen Speiseapparat 17 benutzen. Derselbe wird mittelst eines Sperrkegels festgehalten, während man das oberste Gefach füllt; dann dreht man ihn, damit der Inhalt der eben gefüllten Abtheilung sich in den Canal 7 entleert, während gleichzeitig das nächste Gefach in die zum Füllen geeignete Stellung gebracht wird. Selbstverständlich muß man beim Transportiren der vorgewärmten Beschickung aus dem Oberschachte in den Unterschacht möglichst rasch zu Werke gehen, um jede unnöthige Berührung mit der äußeren Luft zu vermeiden. Zu diesem Zwecke werden die Seiten der Thür 13 möglichst luftdicht erhalten und die Thür selbst wird nicht weiter geöffnet, als zum Aufgeben der vorbereiteten Beschickung erforderlich ist. Auf mehreren schottischen Werken beabsichtigt man Versuche zur Prüfung dieser Einrichtungen auf ihre Zweckmäßigkeit anzustellen.

Tafeln

Tafel Tab.
									II
Tab. II