Titel: Apparat zum Ausziehen der Oelsamen mit einem flüchtigen Lösungsmittel (Canadol) behufs Darstellung von Speise- und Maschinenölen; von Dr. Herm. Vohl in Cöln.
Autor: Hermann Vohl
Fundstelle: Band 201, Jahrgang 1871, Nr. XLVI., S. 166
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XLVI. Apparat zum Ausziehen der Oelsamen mit einem flüchtigen Lösungsmittel (Canadol) behufs Darstellung von Speise- und Maschinenölen; von Dr. Herm. Vohl in Cöln. Mit Abbildungen auf Tab. III. Vohl, Extractionsapparat für Oelsamen etc. Das Extrahiren der Oelsamen mit einem leichtflüchtigen Lösungsmittel statt der kalten und warmen Pressung findet immer mehr und mehr Aufnahme: einestheils weil die Ausbeute eine größere und anderntheis weil die Qualität eine ungleich bessere ist, ohne die Rückstände (sonst Preßkuchen) in irgend einer Weise bezüglich ihres Werthes als Viehfutter zu beeinträchtigen. Man hat es bei der richtigen Wahl des Lösungsmittels ganz in der Hand, ein Oel mit verschiedenen Eigenschaften (Qualitäten) aus ein und derselben Samenart zu erzielen. Bei der bisher gebräuchlich gewesenen Methode, dem Oelschlagen resp. Pressen, wurde dieses durch die Kalt- und Warmpressung erzielt, aber niemals in dem Grade der Sicherheit und Vollkommenheit erreicht, wie es durch die Extractionsmethode ermöglicht ist. Samen, welche vermittelst der alten Schlag- und Preßmethode keine lohnende Ausbeute gaben, können noch mit Erfolg nach der Extractionsmethode auf Oel verarbeitet werden. Ein großer Uebelstand bei der Extractionsmethode war lange Zeit die Verunreinigung oder Zersetzung des Lösungsmittels und die Schwierigkeit der Extraction des von den Samenrückständen aufgesaugten Menstruums. Durch Ersteres wurde das gewonnene Oel verunreinigt, durch Letzteres außer einem erheblichen Verlust an Lösungsflüssigkeit eine schlechte Qualität der Samenrückstände erzielt, wodurch sie zur Verwendung als Viehfutter mehr oder minder untauglich wurden. Ueber die Vorzüge welche das Canadol dem Schwefelkohlenstoff gegenüber hat, habe ich mich schon früher in diesem JournalIm Jahrg. 1866, Bd. CLXXXII S. 319; ferner im Jahrg. 1867, Bd. CLXXXV S. 453 u. 456. ausgesprochen und die vieljährigen Erfahrungen bis heute haben die Richtigkeit meiner Aussagen und Ansichten bestätigt, so daß es nicht mehr in Frage stehen kann, daß der Schwefelkohlenstoff als Lösungsmittel bei Bereitung von Speise- und Maschinenöl in den Hintergrund treten muß. Die Schwierigkeiten welche sich bei dieser Methode darboten, lagen fast lediglich in der Construction der dazu zu benutzenden Apparate und wenn man auch noch im Laufe der Zeit eine Menge wichtiger Verbesserungen und Entdeckungen bezüglich der Oelsamen-Extraction und der dabei anzuwendenden Apparate machen wird, so kann man doch schon jetzt mit den bestehenden Apparaten eine sichere und lohnende Fabrication fortführen. In der neuesten Zeit habe ich Versuche angestellt, um vermittelst dieser Methode die Cacaobohnen zu entölen und bin zu sehr günstigen Resultaten gelangt. Da dieses Lösungsmittel das Theobromin nicht zu lösen vermag, so behält die Cacaomasse ihren ganzen Theobromingehalt; die Ausbeute an Cacaobutter ist größer und von guter Qualität. Das Aroma der Cacaomasse wird durch diese Methode nicht eingebüßt. Auch läßt sich diese Methode zum Entfetten der Knochen mit Vortheil anwenden, wodurch man eine Knochenmasse erhält, die zu Messerheften etc. verarbeitet, ihre blendende Weiße beständig behält und außerdem viel leichter in der Masse zu färben ist. Dasselbe gilt von dem ächten Elfenbein und Marwall-Elfenbein. Das Fett, welches man auf diese Weise den Knochen entzogen hat, kann ohne weitere Läuterung zur Seifen- und Lichterfabrication verwendet werden. — Knochen welche auf diese Weise entfettet sind, ergeben einen vorzüglichen Leim und ist die Ausbeute desselben vermehrt. Beschreibung des Vohl'schen Oelsamen-Extractionsapparates. Dieser Apparat, in Figur 1 auf Tab. III im senkrechten Längendurchschnitt dargestellt, besteht aus drei Haupttheilen: aus den beiden Extractoren A, A, dem Sammel- und Siedegefäß B, und dem Condensationsgefäß C. Die Extractoren bestehen aus kupfernen, innen stark verzinnten Cylindern a a, a a, welche an beiden Enden mit gewölbten Böden c c, c c aus gleichem Material versehen sind. Diese kupfernen Cylinder befinden sich in einem Mantelgefäß von Eisenblech b b, b b. Der Leerraum zwischen diesen beiden Cylindern steht mit dem inneren Raum des kupfernen Cylinders in keiner Verbindung und dient nur zur Aufnahme von heißem Wasser oder Wasserdampf, welche durch die Röhren d, d zugeleitet werden. Zur Ableitung des Wassers resp. des condensirten Wassers dienen die Röhren e, e. Die beiden kupfernen Cylinder sind im Inneren mit kupfernen innen und außen verzinnten Schlangen f f, f f versehen, welche am unteren Boden vermittelst der Röhren g g, g g mit dem Sammel- und Siedegefäß B in Verbindung stehen. Diese Verbindung kann durch Schließen der Hähne h, h unterbrochen werden. Die oberen Enden dieser Schlangen münden in die Röhren i i, i i, wodurch sie mit dem Condensationsgefäß C verbunden sind. Die oberen gewölbten kupfernen Deckel der Extractoren haben ferner Füllöffnungen k, k, welche mit gut schließenden kupfernen verzinnten Deckeln durch Anwendung von Stellschrauben dicht verschlossen werden können. Um einen sicheren dichten Verschluß zu erzielen, sind diese Deckel am äußeren Rande mit einem Korkfutter oder mit einem feuchten reinen Hanfkranze versehen. Mennigkränze oder Bleiringe sind nicht anwendbar, weil sie eine Verunreinigung des Oeles bedingen, und Kautschukringe lösen sich auf. Außerdem nehmen diese Deckel die Röhren l, l mit den Hähnen m, m und m′, m′, die Röhren n, n mit den Hähnen o, o und die Röhren p, p mit den Hähnen q, q auf. Ferner sind diese Deckel mit einem Manometer r und einem Ventil s versehen (siehe Fig. 2, die obere Ansicht des Extractors). Die Böden der Extractoren sind mit weiten Oeffnungen t, t versehen, welche den Füllöffnungen k, k ganz gleich sind und auch ebenso wie diese verschlossen werden. Außerdem befinden sich an dem tiefsten Punkte derselben die Röhren u u, u u, welche mit den Hähnen v, v und w, w versehen sind. Diese beiden Röhren münden in das gemeinschaftliche Rohr x, x und stehen dadurch mit dem Sammel- und Siedegefäß B in Verbindung. Das Sammel- und Siedegefäß B besteht aus zwei halbkugelförmigen Gefäßen, wovon das innere kleinere T, T aus Rothkupfer besteht und im Inneren stark verzinnt ist. Der gewölbte Deckel W besteht ebenfalls aus verzinntem Rothkupfer und nimmt die Röhren x und g auf. Erstere mündet einen halben Zoll über dem Boden, wohingegen letztere bloß bis in die Kuppel reicht. Auch befindet sich auf dem Deckel noch das Ventil G. An dem tiefsten Punkte dieses inneren Gefäßes T, T ist die Röhre D mit dem Hahn E angebracht. Der Theil der Röhre D welcher über dem Hahn E liegt, steht mit dem Niveaumeter F in Verbindung. Die äußere größere Halbkugel J, J besteht aus Gußeisen und es befinden sich an derselben die Röhren y und Z. Erstere dient zum Zuführen von Wasserdampf, letztere zum Ablassen des condensirten Wassers. Das Condensationsgefäß C besteht aus Eisenblech und enthält zwei kupferne, innen verzinnte Schlangen, wovon jede mit dem entsprechenden Extractor vermittelst der Röhren i und l in Verbindung steht. H dient zum Zufließen des kalten und R zum Abfließen des heißen Wassers. Handhabung dieses Apparates. Man öffnet zuerst die Oeffnung t des Extractors A und bedeckt den Boden mit einer circa ¼ Zoll dicken Filzscheibe, welche ⅔ der Bodenfläche einnimmt. Dieselbe ist im Mittelpunkte mit einem Filzpfropf versehen, welcher durch Aufeinanderheften kleiner Filzscheibchen gebildet ist und bequem in die Röhre u gebracht werden kann. Dieser Pfropf darf nicht zu fest schließen, da sonst der Abfluß zu sehr gehemmt und zuletzt unmöglich wird. Auch richtet sich je nach der zu extrahirenden Substanz die Dichtheit des Filzes und die Dicke desselben. Man verschließt nun t wie schon erwähnt und füllt durch die Füllöffnung k die zu extrahirende Substanz, d. h. den geknirschten oder gemahlenen Samen ein. Derselbe wird in dem Gefäße gleichförmig vertheilt, ohne daß man ihn erheblich zusammendrückt. Man kann ohne Nachtheil den Extractor bis zum Beginn des Deckels füllen und legt nun eine Filzscheibe auf, welche der Oberstäche entspricht und für die Nöhre i den entsprechenden Ein- und Ausschnitt hat. Alsdann verschließt man die Füllöffnung sorgfältig. Von den Hähnen sind geschlossen o, q, w und E; dagegen sind geöffnet m, m′, v und h. Durch Oeffnen des Hahnes o der Röhre n, welche mit dem Behälter in Verbindung steht worin sich das Lösungsmittel (Canadol) befindet, stießt letzteres in den Extractor und wird durch die aufgelegte Filzscheibe gleichförmig vertheilt. Die Luft welche sich in dem Apparate befindet, entweicht durch die Röhre l und die Hähne m und m′. Das Lösungsmittel gelangt mit Oel beladen durch die Röhre u, den Hahn v und die Röhre x, x in das Sammel- und Siedegefätz B. Die Luft welche aus letzterem verdrängt wird, entweicht durch die Röhre g, den Hahn h, die Schlange f, f, Röhre i, i und gelangt schließlich durch den Hahn m′ ebenfalls in's Freie. Nachdem eine hinreichende Quantität des Lösungsmittels, welche vorher bestimmt werden muß, zugeflossen und T, T bis zu ⅔ gefüllt ist, was man durch das Niveaumeter F erkennt, wird o geschlossen und vermittelst der Röhre y ein schwacher Dampfstrahl, welcher nach dem Siedepunkt des Lösungsmittels zu bemessen ist, eingeblasen und dadurch der Inhalt in T, T in's Sieden gebracht. Da x, x durch die Flüssigkeit gesperrt ist, so entweichen die sich bildenden Dämpfe des Lösungsmitels durch die Röhre g und gelangen in die Schlange f, f, wo sie anfangs vollständig condensirt werden und nach B zurückfließen. Nachdem der Inhalt in A sich erwärmt und schließlich den Siedepunkt des Lösungsmittels erreicht hat, gelangen die Dämpfe durch die Röhre i, i nach dem Condensator C und werden hier verdichtet. Sobald durch den Hahn m′ von dem Lösungsmittel abfließt, wird derselbe geschlossen. (Selbstverständlich mündet der Hahn m′ in ein Sammelgefäß). Es stießt nun das condensirte Lösungsmittel wieder zurück in den Extractor. Auf diese Weise wird der Same mit einer Verhältnißmäßig geringen Quantität des Lösungsmittels ausgezogen. Damit man erkennen kann ob der Same vollständig ausgezogen und von seinem Oele befreit ist, schließt man den Hahn v und nimmt vermittelst des Probehahnes w eine Probe. Erzeugt die genommene Probe auf Papier noch einen bleibenden Oelfleck, so ist die Extraction noch nicht beendet; findet das Gegentheil statt, so ist der Same erschöpft und man schließt den Hahn l, damit der Zufluß des Canadols zu dem Samen nicht mehr stattfindet und durch m1 abfließt. Man läßt nun durch die Röhre d Wasserdampf in das Mantelgefäß b, b eintreten, wodurch der Inhalt bedeutend stärker erwärmt wird und die sich entbindenden Canadoldämpfe einen bedeutenden Druck auf die Obersläche des Samenrückstandes ausüben. Der größte Theil des von dem Samen aufgesaugten Lösungsmittels wird nun nach unten hingepreßt und gelangt durch die Röhre u, dem Hahn v und die Röhre x, x nach B. Man hat bei diesen Manipulationen ganz besonders vorsichtig zu seyn und das Niveau in T, T zu beobachten. Man muß nämlich bedenken daß B zu ⅔ angefüllt war, der Inhalt sich durch die Erwärmung ausgedehnt hat und nun noch fast das ganze Quantum des in dem Samenrückstande enthaltenen Lösungmittels hinzukommt, daher ein Uebersteigen der in B enthaltenen Flüssigkeit in die Schlange f, f und schließlich in den Condensator stattfinden kann, wodurch ein großer Verlust herbeigeführt wird. Steigt das Niveau in B zu hoch, so muß sofort der Dampf nach A abgestellt und der Hahn q der Röhre p langsam geöffnet werden. Nachdem man das Abpressen beendigt hat, was man daran erkennt daß das Niveau in B abnimmt, so öffnet man q und schließt v. Die Röhre p steht mit einer Kühlvorrichtung und diese mit einem Exhaustor in Verbindung, wodurch die sich bildenden Canadoldämpfe kräftig aus dem Samenrückstand abgesaugt und, die Kühlvorrichtung passirend, verdichtet werden. Auf diese Weise wird der Samenrückstand sehr schnell pulverig trocken. Kühlt sich die Röhre p bei kräftiger Wasserdampfströmung dennoch ab, so ist der Samenrückstand trocken und enthält kein Lösungsmittel mehr. Er kann nun durch Oeffnen von t ausgeleert werden. Bei einer gut geleiteten Operation hat der Samenrückstand kaum einen schwachen Canadolgeruch. Der Inhalt des Apparates B wird nun durch Oeffnen des Hahnes E, dessen Röhre mit einem Abblaseständer in Verbindung steht, abgelassen und durch Einblasen von Wasserdämpfen von dem Canadol auf bekannte Weise befreit. Das abgeblasene Oel wird dann mit Kochsalz oder verwittertem Glaubersalz entwässert. Auch in der chemischen Technik, z. B. bei der Darstellung der Chinin- und anderen Basen, kann der Apparat mit Vortheil angewendet werden. Ich hebe nachträglich noch besonders hervor, daß bei der Darstellung von Speiseöl der Apparat im Inneren auf die beschriebene Weise verzinnt seyn muß und das Verzinnen mit reinem, nicht mit Blei legirtem Zinn geschehen muß. Cöln, im Mai 1871.

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Tafel Tab.
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Tab. III