Titel: | Soper's Hinterladungs-Gewehr. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LIII., S. 188 |
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LIII.
Soper's Hinterladungs-Gewehr.
Nach Engineering, Januar 1871, S.
26.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Soper's Hinterladungs-Gewehr.
Unter den verschiedenen Hinterladungs-Handfeuerwaffen, welche in Folge des
Kriegsministerial-Erlasses v. J. 1866 dem brittischen Gouvernement vorgelegt
wurden, befand sich auch ein Gewehr von William Soper,
welches trotz der sehr befriedigenden Raschheit und Sicherheit seines Feuers bei der Prüfung
verworfen wurde, weil der Verschlußmechanismus zu complicirt und die dem Abzugsbügel
beigefügte Sicherheitsscheibe nicht als genügender Ersatz des in Ruhe gestellten
Hahnes zu betrachten sey. — Das verschiedenen Abänderungen unterworfene
Gewehr wurde dann im November 1868 der Auswahl-Commission eingesendet, traf
aber zur Mitbewerbung um einen Tag zu spät ein, und blieb daher bei den Versuchen
unberücksichtigt, welche mit der Annahme des Martini-Henry Gewehres endigten.— Seine vorzügliche
Ausdauer, Feuergeschwindigkeit und Schußsicherheit haben ihm jedoch zu Wimbledon und
an anderen Orten bereits die verdiente Beachtung verschafft, so daß der Erfinder
fortwährend Aufträge auf die neueste Modification dieses in Fig. 14 –20
dargestellten Gewehres erhält.
Fig. 14 ist
eine Seitenansicht dieses Gewehres; von den Längendurchschnitten Figur 15 – 17 zeigt Figur 15 den
Mechanismus des Hahnes, Fig. 16 die
Extractorbewegung und Fig. 17 den
Verschlußblock nebst seinen Theilen; Fig. 18, 19 und 20 sind die betreffenden
Querdurchschnitte.
Das Eigenthümliche von Soper's Erfindung liegt in der
besonderen Combination weniger Theile, durch welche eine Handbewegung auf den
Seitenhebel o (Fig. 14) genügt, um den
Verschluß des Gewehres zu öffnen, den Hahn desselben zu spannen und die Hülse der
abgeschossenen Patrone auszuziehen.
Der hintere Theil des Verschlußrahmens a ist, wie die
Figuren
15 und 16 zeigen, mit dem Schafte durch eine Schraube verbunden, welche zugleich
den Abzugsbügel festhält; an den vorderen Theil dieses Verschlußrahmens ist das
hintere Röhrende angeschraubt (s. Fig. 15 und 16). —
Oben ist dieser Verschlußrahmen zur Einführung der Patrone in das Rohr offen, und
dicht hinter dem letzteren zur Aufnahme des vermittelst Stift f′ im Scharnier gehenden Verschlußblockes f ausgeschnitten. Der am weitesten vom Gewehrlaufe entfernte Theil des
Scharnierstiftes f′ hat einen Vorsprung, für
welchen sich ein entsprechender Einschnitt im Verschlußrahmen befindet, in welchen
letzteren nahe bei diesem Scharnierstift-Vorsprunge noch ein mit
excentrischem Kopfe versehener Stift eingeschraubt ist, welcher so gedreht werden
kann, daß dadurch der Vorsprung des Scharnierstiftes f′ umfaßt und letzterer somit an seiner Stelle festgehalten wird. Auf
der dem Scharnier entgegengesetzten Seite des Verschlußblockes hat derselbe eine
über den zugehörigen Ausschnitt des Verschlußrahmens hinausragende Schulter, mit
welcher er sich beim Schließen des Verschlusses auf dessen Rand auflegt. Derjenige
Theil des Verschlußblockes, gegen welchen sich der hintere Patronentheil anzulehnen
hat, ist so ausgekehlt,
daß dadurch Gasentweichungen, auch in dem Falle wo eine Patrone bersten sollte,
vermieden werden. Der Verschlußblock enthält ferner, wie die Figuren 14, 17 und 18 zeigen, den
zum Abfeuern des Gewehres dienenden Stift p in der
Weise, daß dessen Centrum bei geschlossenem Verschlusse mit der Seelenachse des
gezogenen Gewehrlaufes zusammenfällt; am hinteren Ende des Verschlußblockes passirt
dieser Stift p ein in ersteren eingeschrobenes Piston,
und ist dort mit einer conischen Schulter versehen, welche bei etwaigen
Gasentweichungen aus dem Gewehrverschlusse sich gegen das betreffende Lager im
Piston anlehnt und so weiterer Gasausströmung entgegentritt. Auf die vierkantige
Achse o′ (Fig. 18) des Seitenhebels
o (Fig. 14) ist eine für
sich bestehende Nuß h aufgesetzt, welche mit dem
Verschlußblocke durch die Verbindungsstange i (Fig. 17) in
Zusammenhang gebracht wird. Diese Verbindungsstange kann in der für sie bestimmten
Oeffnung des Verschlußblockes sich frei bewegen und der Zusammenhang beider ist
durch einen Stift und eine diesem entsprechende Ausstanzung bewirkt, welche
Einrichtung auch die Zusammenwirkung der Nuß und der Verbindungsstange bedingt. Die
dem Seitenhebel o ertheilte Bewegung überträgt sich
vermittelst der Nuß h hiernach so auf den Verschlußblock
f, daß dadurch die Auf- und Niederbewegung
desselben erreicht wird. Wie man aus Fig. 19 ersieht, ist in
dem Verschlußrahmen a für diese Verbindungsstange i noch eine Führung angebracht, welche das Eindringen
von Schmutz in den im Schloß-Inneren befindlichen Mechanismus verhindert.
Letzterer wird aus zwei Platten n′ gebildet, die
von einer an den Schaft befestigten Bodenplatte n
ausgehend, zur Aufnahme der Achse der Nuß h durchbohrt
sind, welche letztere sich in diesen Achslöchern frei bewegen kann. In dieser
Nußwelle befindet sich das hohle Vierkant für die Welle des Seitenhebels o, und zur Seite der Nuß dreht sich auf dieser Nußwelle
der Hahn l, welcher vermittelst einer an ihm und an der
Nuß angebrachten Schulter oder eines Vorsprunges dabei gezwungen wird in die durch
Fig. 15
dargestellte Lage zurückzugehen, sobald diese Nuß h zur
Hebung des Verschlußblockes f vermittelst des
Seitenhebels o nach rückwärts hin gedreht wird.
Andererseits läßt dieser Vorsprung oder diese Schulter an der Nuß bei deren
entgegengesetzten Bewegung den Hahn aber ganz unberührt, so daß die Nuß zum
Niederziehen des Verschlußblockes sich nach vorwärts hin drehen kann, während der
Hahn dabei gespannt oder in Ruhe stehen bleibt. — Weiter steht die Thätigkeit
des Patronenhülsen-Ausziehers mit diesen Bewegungen durch die Einrichtung im
Zusammenhange, daß der in den Figuren l5, 16, 18 und 19 seiner Form
nach deutlich ersichtliche Extractor im oberen Theile des Schloßkastens zwischen dessen beiden
Seitentheilen hin und her gleitet, indem er, an seinem vorderen Ende zum Festhalten
des unteren Patronenhülsen Randes mit einer Klaue versehen, an seinem hinteren Ende
eine Oeffnung hat, die zur Aufnahme des Hebels s dient,
welcher den Extractor r mit dem Hahn l (Fig. 16) so in Verbindung
bringt, daß dadurch dem Extractor beim Niederdrücken des Hahnes l eine beschleunigte Geschwindigkeit ertheilt wird, die
ihn zuerst langsam rückwärts gleiten und dann die Patronenhülse mit genügender
Raschheit aus dem Gewehrlaufe herausschlendern läßt. Der auf dem Boden des
Gewehrschlosses im Scharnier gehende Doppelhebel s ist
zu diesem Zweck so geformt, daß er in seinem kurzen Arme beim Niedergehen des Hahnes
l (Fig. 16) von einem
Ansätze l′ desselben gefaßt wird und dadurch mit
seinem langen Arme den Patronen-Extractor r beim
Gespanntwerden des Hahnes zu einer beschleunigten Rückwärtsbewegung zwingt, wie dieß
Fig. 16
veranschaulicht. Der kurze Arm des Doppelhebels ruht zwischen zwei Lippen des
Hahnes, welche dem Extractorhebel gestatten, nicht nur durch Niedergehen seines
kurzen Armes mit dem Hahne den Extractor (wie eben gesagt) zurückzuziehen, sondern
auch diese Extractorstange durch denselben Hebel s in
ihre normale Lage zurückzuführen, wenn der Seitenhebel des Verschlußstückes
emporgehoben wird.
Damit der Extractor nicht zurückfallen kann, wenn der Hahn allmählich emporgehoben
und so (ohne die Ladung abzufeuern) mit dem Verschlußblock in Contact gebracht wird,
lehnt sich der Punkt s6 in der Weise an den Punkt l6 (Fig. 16) an, daß der
Extractorhebel unbeweglich wird. — Der seitlich des Schaftes vorstehende
kleine Drücker u (Fig. 14 und 17) verhindert
den Verschlußblock f am Niederfallen während der Zeit wo
die Patrone in das Rohr eingeführt wird, und stellt nach dem Niedergange des
Verschlußblockes die Nuß fest, so daß dann ein zufälliges Oeffnen des Verschlusses
nicht mehr eintreten kann.
Die Verbindungsstange i hat außer dem angegebenen Zwecke
auch noch den, die Thätigkeit des Schlagstiftes p zu
regeln, wozu sie mit demselben so in Verbindung steht, daß der beim Niederlegen
vermittelst des Drückers u festgestellte Schlagstift
beim Ausheben dieses Drückers und Anwendung von Druck auf den Seitenhebel o durch die (sich emporhaltend) auf eine schiefe Ebene
des Schlagapparates wirkende Verbindungsstange i in
seinem vorderen Theile bis zur Vergleichung mit der vorderen Ebene des
Verschlußblockes f in das auf denselben aufgeschraubte
Piston zurückgezogen wird.
Es ist einleuchtend, daß ein besonderes Verdienst dieser Einrichtungen in ihrer Uebereinstimmung mit
denen des erprobten Modelles vom Enfield-Gewehr besteht.
Die bei der vorjährigen Zusammenkunft der Freiwilligen zu Wimbledon mit dem Soper-Gewehr angestellten Versuche haben die
früheren Erfahrungen hinsichtlich seiner Wirksamkeit bestätigt. Es fielen dabei von
den zwanzig besten, auf 200 Yards Zielentfernung abgegebenen Schüssen: 13 dem Soper-Gewehr, 4 dem Henry- und 2 dem Martini-Gewehr
zu, und von sechs bei 500 Yards Zielentfernung ausgetheilten Preisen erhielt das Soper-Gewehr drei. Bei dieser Gelegenheit hat das
Soper-Gewehr sich auch bezüglich der Sandprobe
und anderer von der Kleingewehr-Auswahlcommission vorgeschriebenen Prüfungen
in sehr befriedigender Weise bewährt.