Titel: | Beschreibung eines Gasdruck-Registrators; von Prof. Heeren. |
Fundstelle: | Band 201, Jahrgang 1871, Nr. LXXXI., S. 296 |
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LXXXI.
Beschreibung eines Gasdruck-Registrators;
von Prof. Heeren.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereines,
1871 S. 139.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Heeren's Gasdruck-Registrator.
Der zwischen dem Magistrate der Stadt Hannover und der Administration des Gaswerkes
abgeschlossene Contract enthält neben den übrigen Regulationen die Bestimmung, daß
der Druck des Gases in den Leitungen während der Tageszeit 5 Linien engl., während
der Nachtzeit aber 10 Linien betragen soll.
Die zur deßfallsigen Controlle in hiesiger Raths-Apotheke unter meiner
Mitwirkung eingerichtete Control-Anstalt enthält neben den sonstigen
Apparaten einen von mir angegebenen und von dem Mechaniker Bube und Uhrmacher Möbius ausgeführten Apparat,
welcher den Gasdruck in der Art graphisch registrirt, daß eine Papierscheibe von
etwa 10 Zoll Durchmesser, durch ein Uhrwerk getrieben, sich sehr langsam dreht,
nämlich in einer Woche Einen Umgang macht, während eine vor der Papierscheibe
befindliche Bleifeder dem Gasdruck entsprechend sich hebt oder senkt und dabei auf
der sich drehenden Papierscheibe eine Linie beschreibt, welche somit den während der
Woche in jedem Augenblick stattgehabten Gasdruck verzeichnet. Nach Ablauf der Woche
wird die Papierscheibe abgenommen und an den Magistrat abgeliefert, der auf diese
Art zu beurtheilen vermag, ob und in wie weit die contractliche Bestimmung
eingehalten worden.
Es existiren nun zwar verschiedene andere, denselben Zweck in ähnlicher, wenn auch
abweichender Art erfüllende Apparate, doch schien auch der meinige wohl einer
Beschreibung würdig, die hier mittelst der Zeichnungen Figur 1 – 4 einen Platz
finden mag.
Den Haupt- und wesentlichsten Theil bildet natürlich die Vorrichtung welche
die Bleifeder dem Druck entsprechend hebt oder senkt. In einem kupfernen Behälter
A, B, der bis zu einer gewissen Höhe w mit Wasser gefüllt ist, befindet sich ein auf dem
Wasser schwimmender cylindrischer aus dünnem Kupferbleche angefertigter Schwimmer
a, b mit hohlen Seitenwänden, dessen Gewicht so
regulirt ist, daß er im Ruhezustande d. h. wenn kein Gasdruck einwirkt, etwa zur
Hälfte in das Wasser eintaucht. In den inneren Raum des Schwimmers tritt ein mit der
Gasleitung communicirendes Rohr h bis über den
Wasserspiegel, welche Anordnung zur Folge hat, daß der Gasdruck, seiner Stärke
entsprechend den Schwimmer, mithin auch die an ihm befestigte Bleifeder mehr oder
weniger heben wird.
Die Sache ist in so weit gewiß sehr einfach, aber es kommen bei der Anfertigung
gewisse Berechnungen in Betracht, ohne welche es schwerlich gelingen würde, die
Dimensionen richtig zu treffen.
Zunächst macht sich die Anforderung geltend, daß bei wirkendem Gasdruck die Höhe, bis
zu welcher dieser den Schwimmer hebt, genau oder doch annähernd übereinstimme mit
der dem Gasdruck entsprechenden Wasserhöhe, also z. B. bei einem Gasdruck von 5
Linien soll auch der Schwimmer 5 Linien steigen. Es läßt sich nun aus Gründen,
welche hier übergangen werden können, zeigen daß sich diese Anforderung erfüllt,
wenn die Kreisfläche des inneren Raumes cd gleich ist
der Durchschnittsfläche der ringförmigen hohlen Wand ac,
oder, was dasselbe sagt, wenn die Kreisfläche des inneren Raumes cd gerade die Hälfte von der Kreisfläche des ganzen
Schwimmers ab beträgt. Da sich nun Kreisflächen
verhalten wie die Quadrate der Durchmesser und umgekehrt die Durchmesser wie die
Quadratwurzeln der Kreisflächen, so folgt, daß sich der äußere Durchmesser ab zum inneren cd verhalten
muß wie Textabbildung Bd. 201, S. 297, oder wie 1 : 0,707.
Bei Ausführung des Apparates freilich wird es nie gelingen, das genannte Verhältniß
der Durchmesser 1 : 0,707, genau einzuhalten, es hat aber auch eine kleine
Abweichung nur die Folge, daß das Steigen und Sinken der Bleifeder dem Gasdrucke
nicht genau gleich ist, welchem Unterschiede man bei Anfertigung der registrirenden
Papierscheibe, wie unten gezeigt wird, leicht Rechnung tragen kann.
Das Verhältniß zwischen Durchmesser und Höhe des Schwimmers unterliegt zwar keiner
bestimmten, die Wirkung des Apparates beeinflussenden Nothwendigkeit, doch werde ich
im Folgenden der Einfachheit wegen annehmen, daß, wie auch bei dem Exemplar der
Control-Station, Höhe und Durchmesser gleich seyen.
Es handelt sich nun ferner um die absolute Größe des Schwimmers und zwar um das
Verhältniß dieser Größe zu der Dicke des disponiblen Kupferbleches, weßhalb bei
Anfertigung eines Apparates der Mechaniker zunächst eine Prüfung der disponiblen
Kupferbleche vorzunehmen und die Dicke derselben, oder, was leichter geht, das
Gewicht von einem Quadratcentimeter möglichst genau zu bestimmen haben wird, denn
darnach allein richtet sich die Größe des Schwimmers.
Die Theorie des Schwimmens lehrt, daß ein auf Wasser schwimmender Körper genau so tief in das
Wasser einsinkt, daß das Gewicht des verdrängten Wassers (d. h. das Gewicht einer
Wassermasse von gleichem Rauminhalt mit dem Rauminhalte des eingetauchten Theiles
des Körpers) gleich ist dem Gewichte des ganzen Körpers.
Soll nun unser Schwimmer etwa zur Hälfte eintauchen, so muß er sehr leicht, also von
dünnem Kupferblech angefertigt seyn, und die beiden einen ringförmigen hohlen
Zwischenraum einschließenden Seitenwände müssen sich in geeigneter Entfernung von
einander befinden, damit der eingetauchte Theil den, wie vorhin gezeigt, nöthigen
Raum ausfülle; es muß also der ganze Schwimmer, mithin das Kupferblech aus welchem
er besteht, so viel wiegen wie das verdrängte Wasser; das Volumen des Kupferbleches
aber wird, wegen des specifischen Gewichtes = 8,9 auch um ebensoviel geringer seyn
als jenes des verdrängten Wassers. Dieses letztere aber ist, wenn wir mit D den Durchmesser des Schwimmers (ab) bezeichnen,
= D3 π/16,
folglich das Volumen des Kupferbleches, 8,9 mal kleiner
= D3 π/142,4.
Nun aber berechnet sich aus den Dimensionen des Schwimmers die Fläche des Kupferbleches = 2,082 D2π, nämlich
Textabbildung Bd. 201, S. 298
die obere Blechscheibe; der untere
ringförmige Boden; die Außenwand; die Innenward; Summa; mithin die Dicke des Kupfers
Hiernach muß der Durchmesser des Schwimmers 296,5 mal größer seyn als die Dicke des
Bleches. So würde bei einer Blechdicke von ½ Millimeter der Durchmesser des
Schwimmers 14,8 Centimeter betragen. Man vermeide aber, wegen der zur Bewegung der
Bleifeder nöthigen Kraft, dem Apparate allzu kleine Dimensionen zu ertheilen. Ein
Durchmesser von 8 Zoll preuß. oder 20,9 Centimeter bei einer Dicke des Bleches von
0,705 Millimeter, von welchem der Quadratcentimeter 0,627 Gramme wiegt, genügt jedenfalls
und wurde auch bei dem Apparate der Control-Station angewandt.
Dem nach der Oberfläche berechneten Gewichte des Schwimmers addirt sich zwar noch das
Gewicht der Führungsstange, sowie jenes der gelötheten Verbindungen, aber dieses
kleine Mehrgewicht konnte bei den Berechnungen unberücksichtigt bleiben, weil es nur
allein ein etwas tieferes Eintauchen des Schwimmers herbeiführt, ohne das richtige
Spiel des Apparates zu beeinflussen.
Die zur Führung des Schwimmers dienende Messingstange f
trägt oben die Bleifeder, welche sich leicht gegen die Papierscheibe drückt, um zwar
eine sichtbare Linie zu geben, aber nicht durch Reibung das freie Spiel des
Schwimmers zu stören. Diese Führungsstange ist oben bei o, und unten mittelst eines Kupferstreifens p
mit dem Schwimmer fest verbunden, bewegt sich aber in der oberen Hülse r des Deckels und der unteren s frei auf und ab.
Das Uhrwerk bedarf keiner Beschreibung und wird von jedem intelligenten Uhrmacher
leicht hergestellt werden, nur ist zu berücksichtigen, daß wegen der ungemein
langsamen Drehung der Scheibe ein bedeutendes Gewicht angehängt werden muß.
Die lithographirten Papierscheiben g, h von starkem
Papier sind, den Wochentagen entsprechend, in 8 gleiche Theile getheilt; außerdem
enthalten sie, wie man aus der Zeichnung ersieht, eine Anzahl concentrischer
Kreislinien, den Gasdruck anzeigend. Wären nun bei Anfertigung des Schwimmers die
Dimensionen so genau getroffen, daß für jede Linie Gasdruck auch die Bleifeder genau
um eine Linie steigen würde, dann hätte man die concentrischen Kreise auch genau in
Abständen von 1 Linie auszuführen. Wenn aber empirische Versuche eine Abweichung von
jener Uebereinstimmung zeigen, so hat dieß nur die Folge, daß die Entfernung der
Kreise von einander entsprechend von wahren Linien abweichen muß. In dieser Absicht
hat man, wenn der Apparat bis auf die Papierscheiben völlig fertig dasteht, den
Gasdruck mittelst eines Manometers zu verschiedenen Zeiten möglichst genau zu messen
und zugleich die Bleifeder zu beobachten, um zu ermitteln wie sich ihr Steigen dem
wahren Druck gegenüber verhält, und demgemäß die Entfernung der Kreislinien zu
bestimmen.
Man befestigt die Papierscheibe mittelst einer Schraube auf einer an der Uhr
befindlichen Metallscheibe.
In Figur 3 ist
ein Achtel einer Scheibe, einem Wochentage entsprechend, in natürlicher Größe
dargestellt, wobei die auf der zweiten Kreislinie angebrachte Theilung die einzelnen
Stunden angibt. Der
durch die Bleifeder in Gestalt der Linie m n
aufgezeichnete Druck betrug Mitternachts 5½ Linie, sank um 2 Uhr auf
5′″, hob sich darauf ein wenig, machte um 6 Uhr einen kurzen Sprung
auf 7′″, ging um 7 Uhr auf 4½′″ herab, und blieb
bis Nachmittags 5 Uhr mit kleinen Schwankungen auf 5′″. Dann bei
Eintritt der Nachtzeit, um 6 Uhr, steigt er plötzlich, dem Contract entsprechend,
auf 10′″, hält sich ein Paar Stunden auf 9′″, geht dann
wieder herunter, und zeigt um 12 Uhr Nachts nur 5½′″. In den
Figuren 4
und 1 sind,
derselben Papierscheibe entnommen, ähnliche graphische Darstellungen, anderen Tagen
derselben Woche angehörig, abgebildet. —
Zur Füllung des Apparates mit Wasser und dem später von Zeit zu Zeit nöthigen Ersatz
des verdunsteten Wassers dient das kleine Trichterrohr u. Die Höhe der Bleifeder,
mithin die Richtigkeit der Angaben, setzt natürlich einen genau bestimmten
Wasserstand w im Apparate voraus, und es bleibt noch zu
zeigen, wie sich dieser Wasserstand ganz leicht reguliren läßt. Es sind zu diesem
Zwecke an dem Gaszuleitungsrohre h zwei Hähne t und v angebracht. Soll die
Regulirung vorgenommen werden, so schließt man den Hahn v, öffnet dagegen t, wodurch der innere Raum
des Schwimmers mit der freien Luft in Verbindung tritt, und folglich der Gasdruck im
Schwimmer verschwindet, die Bleifeder sinkt und auf die mit o bezeichnete Kreislinie zeigt. Sollte dieß nicht der Fall seyn, die
Bleifeder etwa tieser sinken, so hat man so lange vorsichtig Wasser zuzugießen, bis
die Bleifeder auf o einspielt. Im entgegengesetzten
Falle müßte man, etwa mit einem Stechheber, etwas Wasser entfernen. Da übrigens ein
Gas-Durchfluß durch den Schwimmer nicht stattfindet, und der Deckel des
Gefäßes A, B gut, wenn auch nicht luftdicht, was
fehlerhaft wäre, schließt, so kann eine Verdunstung des Wassers nur unendlich
langsam erfolgen, und der Wasserstand wird, einmal gut regulirt, lange Zeit
unverändert bleiben. Durch Anwendung von Glycerin statt des Wassers könnte eine
Aenderung im Wasserspiegel ganz vermieden werden; man hätte dann bei der oben
gegebenen Berechnung das specifische Gewicht des Kupfers nicht = 8,9, sondern etwas
geringer, dem anzuwendenden Glycerin entsprechend, anzunehmen.