Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 202, Jahrgang 1871, Nr. , S. 88 |
Download: | XML |
Miscellen.
Miscellen.
Das Hodgson'sche
Drahtseilbahnsystem.
Der Ingenieur J. Buch in Salgo-Tarjan soll –
wie das ungarische Centralblatt für Eisenbahnwesen, Dampfschiffahrt und Verkehr
meldet – an dem Hodgson'schen Drahtseilbahnsystem
(beschrieben im polytechn. Journal Bd. CCI S.
378, erstes Septemberheft 1871) zur Beseitigung gewisser Mängel die
Verbesserung eingeführt haben, daß statt eines Seiles zwei parallel laufende Seile
angewendet werden, auf welchen die Last aufgehängt wird. In Folge dessen sey es
möglich, jede, auch die
kleinste Curve anzulegen, Steigungen bis zu 1: 5 zu überwinden, Seitengeleise
anzubringen, über jedes noch so gebirgige Terrain mit beliebig vielen
Seitenabzweigungen und Curven bedeutende Lasten zu transportiren. Da das Schwanken
des Seiles aufhöre, welches beim Hodgson'schen Systeme
die meisten Seilbrüche herbeiführt, so sey man im Stande beim doppelseiligen System
verhältnißmäßig schwerere Hunde fortzuschaffen.
Amerikanische Handbohrmaschine.
Der Fabrikant P. Suckow in Breslau legte – nach der
Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1871, Bd. XV S. 402 – in einer
der letzten Sitzungen des Breslauer Bezirksvereines eine amerikanische
Handbohrmaschine vor, welche besonders gute Dienste bei Gas- und
Wasserleitungsarbeiten zum Anbohren der Rohre
leistet.
Die Stocksäule ist auf die Hälfte ihrer Länge mit einem Gewinde versehen; es läßt
sich das Bohrgeräth mittelst zweier Klemmbratzen und Muttern sehr solid höher oder
tiefer stellen, da die beiden Bratzen stets parallel bleiben. Am oberen Theile der
Säule ist ein verstell- und drehbarer Schlitten angebracht, an dessen
Vordertheile sich das drehbare Lager für die Bohrspindel befindet und zwar ist die
Bohrhülse, welche ihrer Länge nach mit einem Gewinde und am oberen Ende mit einem
Stellrädchen versehen ist, in dem Lager eingeschraubt. Durch die Hülse geht die
eigentliche Bohrstange, welche durch eine oben aufgesetzte Kurbel in Drehung gesetzt
wird. Zum Zurückziehen des Bohrers bedient man sich einer Falle, wobei die Kurbel
selbstverständlich links gedreht wird.
Man kann sich dieses Bohrgeräthes auch zum Gewindeschneiden bedienen. Zu diesem Zwecke wird ein Schraubenbohrer an
Stelle des gewöhnlichen Bohrers eingesetzt und mittelst des Stellrädchens in das
vorgearbeitete Loch eingedrückt. Sobald der Bohrer gefaßt hat, zieht sich die
Bohrspindel nach Maaßgabe der Gewindesteigung nach, da die Kurbel auf der Bohrstange
in diesem Falle verschiebbar ist. Der Preis dieser empfehlenswerten Handbohrmaschine
beträgt 18 Thlr.
Marsden's
Steinbrechmaschine.
Die auf dem Agricultural Show in Wolverhampton
ausgestellte Marsden'sche Steinbrechmaschine, welche im
polytechnischen Journal, 1869, Bd. CXCIV S. 197 beschrieben wurde, zeigt einige
bemerkenswerthe Verbesserungen. So ist der bewegliche Brechbacken unten abgerundet
und dem entsprechend der fixe Brechbacken gekrümmt. Es kann daher unzerkleinertes
Material nicht mehr hindurchfallen. Weiter sind die Kerbungen des schwingenden
Backens nach unten zu von der Linken zur Rechten gekrümmt, umgekehrt aber beim fixen
Brechbacken. Auf diese Weise erleidet das durchgehende Material eine intensivere
Quetschung und kommt gleichförmiger zerkleinert aus der Maschine. Eine Abbildung der
neueren Construction ist übrigens unserer Quelle –
Engineering, Juli 1871, S. 19 – beigegeben.
Bestimmung der Schornsteindimensionen.
Der praktische Maschinenconstructeur, 1871 S. 142, bringt nach den Vorlesungen des
Prof. Gustav Schmidt am deutschen Polytechnicum in Prag
empfehlenswerthe empirische Formeln zur Bestimmung der Schornsteindimensionen.
Dieselben sind direct auf die Pferdestärken N bezogen,
für welche die Anlage dienen soll, und lauten:
(1)
N = 14 F√H
(2)
H = [7N/(N + 14)]²
und aus (1)
(3)
d² = N/11√H.
F ist der obere lichte Querschnitt des Schornsteines in
Quadratmeter, H die Höhe in Meter und d der dem kreisförmigen Querschnitt F entsprechende Durchmesser in Meter.
Schmidt's Formeln, welche auf Armengaud's Erfahrungsresultaten basiren, sind, wie er in seinen
Vorlesungen ausdrücklich bemerkt, von N = 20 bis N = 1000 Pferdestärken zulässig.
Der Gaszünder von Prof. Dr. Klinkerfues.
Hr. Prof. Dr. Klinkerfues,
Director der Sternwarte in Göttingen, hat einen hydrostatisch-galvanischen
Gaszünder erfunden, mittelst dessen es möglich werden soll, eine beliebige Anzahl
Gasflammen von Einem Punkt aus anzuzünden. Der Scientific
American vom 17. Juni d. J. brachte seine Patentbeschreibung, und wir
verfehlen nicht, aus dieser amerikanischen Quelle über die deutsche Erfindung eine
vorläufige Mittheilung zu machen.
Die Erfindung besteht im Wesentlichen darin, daß durch eine in einem Gefäß enthaltene
Flüssigkeit, wenn dieselbe mit einem Paar in dem Gefäß befindlichen galvanischen
Platten in Verbindung gebracht wird, eine Kette geschlossen wird, in welcher der
elektrische Strom eine oder beliebig viele Stücke Platindraht mittelst katalytischer
Wirkung zum Glühen bringt. Die katalytische Wirkung des Platins in seiner
schwammigen, pulverigen oder porösen Beschaffenheit ist oft zum Zweck des Anzündens
von Flammen benutzt worden, aber wenn man von dem kurzen Erfolg des Döbereiner'schen Apparates abstrahirt, sind praktische
Erfolge damit nicht erzielt. Das Platin in dieser Form ist zu sehr der Veränderung
unterworfen, um einer eigentlich praktischen Verwendung fähig zu seyn. Dr. Klinkerfues hat Versuche
angestellt, um zu ermitteln, bei welcher Temperatur metallischer Platindraht oder
Platinblech so viel katalytische Wirkung besitzt, daß es Leuchtgas entzündet, und er
hat gefunden, daß dazu nicht einmal Rothglühhitze erforderlich ist. Ein Platindraht,
der zwischen den Polen einer kleinen Zink-Kohlen-Batterie angebracht
war, entzündete einen Gasstrom augenblicklich, ohne daß selbst im Finstern an
demselben die geringste Lichterscheinung zu bemerken war. Die Temperatur des
Platindrahtes ist ausschließlich Folge katalytischer Wirkung und die Anwendung
dieses Vorganges, statt wie bisher des elektrischen Funkens, neben dem hydraulischen
Schluß für den galvanischen Strom, sind die charakteristischen Eigenschaften der
Erfindung.
Die Apparate welche sich Dr. Klinkerfues hat patentiren lassen, sind verschiedener Art. Der erste
derselben besteht aus einer dünnen, cylindrischen Glasröhre, die unten geschlossen
und oben mit einer Platte versehen ist, an der nach Innen ein Paar galvanische
Platten, Zink und Kohle, von kleineren Dimensionen angebracht sind. Diese Platten
sind nach Außen mit Leitungsdrähten verbunden, zwischen welchen ein Stück
Platindraht eingeschaltet ist. Die Glasröhre ist mit doppelt-chromsaurem Kali
und verdünnter Schwefelsäure gefüllt. Will man diesen Apparat zum Anzünden von Gasflammen für häusliche Zwecke verwenden, so braucht man
denselben nur etwas geneigt derart zur Flamme zu führen, daß der Platindraht von dem
ausströmenden Gas getroffen wird. Bei dieser geneigten Stellung tauchen die Platten
in die Flüssigkeit ein, und der Strom ist hergestellt.
Ein anderer Apparat dient dazu, Straßenflammen anzuzünden.
Ein hermetisch verschlossenes Gefäß ist mit einem isolirten Fach oder einer Glocke
versehen, welche unten offen ist, und mit dem Gasreservoir oder dem Hauptgasrohr
communicirt. An dem Deckel des Gefäßes hängt ein galvanisches Plattenpaar, Zink und
Kohle in solcher Höhe, daß sie in die Flüssigkeit womit der untere Theil des Gefäßes
gefüllt ist (doppelt-chromsaures Kali und Schwefelsäure), nicht eintauchen so
lange der Apparat nicht in Function ist. Ein weiteres Rohr, welches das Gas zum
Brenner führt, geht gasdicht durch den Deckel des Gefäßes und reicht so tief in
dasselbe hinunter, daß es in die Flüssigkeit eintaucht, und so den Zufluß des Gases
von dem Rohr absperrt. Dieser hydraulische Verschluß ersetzt den üblichen
Lampenhahn. Endlich geht von dem oberen Theil der isolirten Kammer oder Glocke noch
ein Rohr aus, welches in beliebiger Länge nach dem Punkte hin geführt wird, von
welchem aus das Anzünden erfolgen soll, und durch welches man im Stande ist, den
Druck in der Kammer oder Glocke zu verringern, so daß das Niveau der Flüssigkeit sich dort
hebt, in dem Gefäß selbst dagegen senkt, die Unterkante des Brennerrohres frei wird,
so daß das Gas ausströmt, und bei weiterer Niveauveränderung die Eintauchung der
beiden Platten in die Flüssigkeit und damit der galvanische Strom hergestellt wird.
Durch diese Niveauveränderung wird der Apparat in Thätigkeit gesetzt, der
Platindraht glühend und das ausströmende Gas entzündet. Man hat drei verschiedene
Niveaustände, welche drei verschiedenen Functionen des Apparates entsprechen. Beim
ersten ist das Zuflußrohr abgesperrt und die Platten tauchen nicht ein, der Apparat
ist nicht in Thätigkeit; beim zweiten Stand ist das Zuflußrohr geöffnet, die Platten
tauchen ein, der Apparat functionirt, das Anzünden erfolgt; beim dritten Stand, der
zwischen den beiden ersten liegt, ist das Zuflußrohr offen, die Platten reichen aber
nicht mehr in die Flüssigkeit hinein, es ist dieß der Zustand während des Brennens
der Flammen, den man deßhalb herstellt, um nicht fortwährend Flüssigkeit zu
consumiren. Will man die Flammen auslöschen, so stellt man einfach den ersten Stand
wieder her, die Zuflußrohren sind abgeschlossen und der Apparat ist in Ruhe.
Soweit die amerikanische Patentbeschreibung. Aus der mündlichen Mittheilung des Hrn.
Dr. Klinkerfues glauben
wir uns zu erinnern, daß derselbe die hier beschriebene Vorrichtung für
Straßenflammen insofern abzuändern beabsichtigt, als zur Herstellung der
verschiedenen Flüssigkeits-Niveaus nicht ein besonderes Rohr gelegt, sondern
dazu der Druck in den Gasröhren selbst benutzt werden soll. Es sind überhaupt drei
verschiedene Stände herzustellen. Beim ersten Stand ist der Apparat außer Function
und das Brennrohr hydraulisch geschlossen; beim zweiten tauchen die Platten ein und
ist das Brennrohr offen, das ist beim Anzünden; beim dritten Stand tauchen die
Platten nicht ein, das Brennrohr ist aber noch offen, das ist während des Brennens.
Den ersten Zustand kann man sich in jeder Laterne für den Tagesdruck herstellen; den
zweiten Stand wählt man so, daß er etwa dem vollen Abenddruck plus 2 Linien entspricht; man hat also, um die Laternen anzuzünden, den
vollen Abenddruck und für einige Minuten den Ueberschuß zu geben, dann kann man den
Ueberschuß wieder abnehmen, die galvanischen Ströme werden aufgehoben und die
Flammen brennen fort; beim Auslöschen hat man den Druck auf den gewöhnlichen
Tagesdruck zu reduciren, und die Zuflußrohren werden hydraulisch verschlossen, der
Gasstrom hört auf.
Wir halten die Idee für außerordentlich sinnreich, und die Bedenken angesichts der
colossalen Ersparnisse, um die es sich handeln würde, nicht für unüberwindlich; wir
wünschen daher, im Interesse der Sache, daß Hr. Dr. Klinkerfues bald Veranlassung nehmen möge, seine
Erfindung selbst eingehender öffentlich zu besprechen, und dadurch Anregung zur
Anstellung von Versuchen in großem Maaßstabe zu geben, wodurch allein die Bedeutung
der praktischen Schwierigkeiten constatirt und letztere überwunden werden können.
Dr. N. H. Schilling.
(Journal für Gasbeleuchtung, 1871, Nr. 14.)
Ueber Eisenoxyd zur Reinigung des Leuchtgases.
Seitdem man weiß, daß der Kalk in der Laming'schen Masse
für den Proceß der Gas-Reinigung eigentlich ohne Bedeutung, ja sogar
nachtheilig ist, insofern man ihn als Ballast jedesmal mit aus- und eintragen
muß, wird statt der Laming'schen Masse fast nur
Eisen- oder Manganoxyd zur Gas-Reinigung angewendet. Man benutzt
natürliches Eisenoxyd (Raseneisenerz, Wiesenerz), welches sich in den großen
Niederungen des Flachlandes unter Wiesen, Moorgrund etc. theils in kleineren, theils
in weit ausgedehnten Ablagerungen findet, so z.B. in der Lausitz, in
Niederschlesien, in der Mark Brandenburg, in Mecklenburg, Pommern etc. Was die
Zusammensetzung desselben betrifft, so enthält es je nach dem Grade seiner Reinheit
20 bis 60 Proc. Eisenoxyd, gewöhnlich auch etwas Eisenoxydul und Manganoxyd, 30 bis
50 Proc. Sand, 7 bis 30 Proc. Wasser, außerdem meist noch andere Beimengungen in
geringerer Menge. Für den Zweck der Gas-Reinigung ist natürlich das
oxydreichste Erz das werthvollste, und die unreineren Sorten kommen überhaupt nicht
zur Verwendung. In Norddeutschland findet das natürliche Eisenoxyd ausgedehnte
Anwendung.
Außerdem bilden auch seit Jahren die Anilinfabriken ausgiebige Bezugsquellen für
eisenoxydhaltige Reinigungsmasse. Neuerdings hatte die Redaction des Journals für Gasbeleuchtung
Gelegenheit, die von der Gesellschaft für Anilinfarben-Fabrication
Rummelsburg bei Berlin gelieferte Masse einer Analyse zu unterziehen, und es fanden
sich nach Prof. A. Wagner's Untersuchung in derselben,
nachdem vorher einige grobe Eisenstückchen durch Absieben entfernt worden waren,
73,8 Proc. Eisenoxyd (entsprechend 71,2 Proc. Eisenoxyduloxyd), 15,1 Proc. Wasser
und organische Substanzen und als Rest Sand etc. Ueber die Masse wurde 6 Stunden
lang ein starker Strom Schwefelwasserstoff geleitet; hierauf wurde dieselbe 8 Tage
lang unter Anfeuchten zur Regeneration stehen gelassen. Die Masse enthielt nun (wenn
man das zum größten Theil noch als Eisenoxyduloxyd vorhandene Eisen auf Eisenoxyd
berechnet) 62,2 Proc. Eisenoxyd, 12,0 Proc. freien Schwefel und 0,27 Proc.
Schwefelsäure. Schwefeleisen war nicht mehr vorhanden. 100 Pfd. dieser Masse würden
also auf diese Weise 159 Kubikfuß Schwefelwasserstoffgas absorbiren. Die Masse wird
als Rückstand bei der Anilinfarben-Fabrication, nämlich bei der Reduction des
Nitrobenzols mittelst Eisenfeile gewonnen und in Berlin sowohl von den städtischen
Anstalten, als auch von denen der
Imperial-Continental-Gas-Association, außerdem von den
Anstalten in Charlottenburg und Leipzig mit Erfolg angewendet; die Production der
Fabrik (2500 bis 3000 Kilogr. täglich) ist jedoch so bedeutend, daß noch eine Anzahl
anderer Gaswerke mit diesem Material versehen werden können; der Preis des
Materiales, offen in Waggons verladen, beträgt pro
Centner ab Berlin 12 1/2 Sgr. (Journal für Gasbeleuchtung, 1871, Nr. 14.)
Metallene Gegenstände mit einem fast kostenlosen, sich von
selbst bildenden dauerhaften, schwarzglänzenden Ueberzug zu versehen; von C. Puscher in Nürnberg.
Auf der letzten Pariser Industrie-Ausstellung fanden sich in der französischen
Abtheilung Herde und Oefen ausgestellt, welche mit einem schwarzglänzenden dünnen
Lacküberzug, der sich nicht mittelst des Fingers abkratzen ließ, überzogen waren.
Auch andere metallische von Paris stammende Artikel, wie z.B. Corsettstahl, besitzen
diesen elastischen, selbst beim Erwärmen weder riechenden noch klebenden Ueberzug.
Die große Egalität desselben, sowie das Fehlen eines Pinselstriches, erweckten in
mit die Vermuthung, daß der Ueberzug wohl auf eine andere Weise, als durch bloßes
Anstreichen oder Eintauchen erzeugt seyn müßte. Nach verschiedenen Versuchen führte
mich nachstehendes Verfahren zum Ziele.
Man bedeckt den Boden eines 18 Zoll hohen cylindrischen gußeisernen Topfes ungefähr
1/2 Zoll hoch mit Steinkohlengries, legt einen Zoll höher einen Rost ein und füllt
nun den übrigen Raum des Topfes mit den Gegenständen aus, welche man mit erwähntem
Ueberzuge versehen will. Ich habe außer verschiedenen Eisengußwaaren, Gegenstände
von Eisendraht, Messing, Zink, Bandstahl, verzinnten Blech- und Töpferwaaren
dazu gewählt. Nun schließt man den Topf mit einem passenden Deckel und stellt
denselben auf ein bereit gehaltenes Kohksfeuer unter einem gut ziehenden Schlot.
Anfangs verdunstet nur die in den Steinkohlen befindliche Feuchtigkeit, bald aber
tritt Verkohkung ein und es entweichen tiefbraune, die Lungen zum Husten reizende
Dämpfe. Nachdem der Boden des Topfes etwa 1/4 Stunde einer angehenden Rothgluth
ausgesetzt war, wodurch zugleich die eingesetzten Gegenstände eine ziemlich hohe
Temperatur erhalten, ist die Verkohkung der Steinkohlen größtentheils vollendet. Der
Topf wird nun vom Feuer entfernt und nach etwa 10 Minuten der Deckel desselben zum
Abdunsten der Einlagen geöffnet. Sie sind alle bis auf die Thonwaaren mit einem
schwarzglänzenden Ueberzug versehen, der die erwähnten Eigenschaften besitzt.
Derselbe schützt nicht nur nach angestellten Versuchen die Metallwaaren vor
Oxydation, sondern hält auch, da er ja bei großer Hitze erzeugt wird, hohe
Temperaturen aus, erst bei angehender Glühhitze verschwindet er, daher seine
Anwendung zu Oefen und Herden, denen er zugleich ein schönes Aeußere gibt. Feine
Eisendrahtgegenstände, wie z.B. Siebe, sind mit einer bewunderungswürdigen Egalität
dieses Ueberzuges bekleidet, wie sie niemals durch Anstreichen erzielt werden kann.
Zinnerne, verzinnte oder mit weichem Loch gelöthete Metallwaaren können, wegen der
dabei stattfindenden
Temperatur, bei welcher das Loth schmelzen würde, nicht mit diesem Ueberzug versehen
werden.
Es treten bei dieser Verkohkung der Steinkohlen nicht die riechenden Theerproducte
auf, wie sie sich bei der bei Luftabschluß startfindenden Verkohkung in den
Gasanstalten zeigen, weßhalb der Ueberzug geruchlos ist. Wird die Verkohkung der
Steinkohlen zu weit getrieben, so verlieren die Gegenstände ihren Glanz und werden
matt schwarz, der Ueberzug ist dann nicht so zähe und solid.
Kleinere Artikel, wie z.B. Haken und Oesen, erhalten diesen Ueberzug, wenn solche in
einer Kaffeetrommel, mit kleinen Stückchen Steinkohlen gemischt, unter stetem
Umdrehen so lange erhitzt werden, bis sich derselbe erzeugt hat. Die Anwendung von
Colophonium statt der Steinkohle gab keine so günstigen Resultate. Große Bedeutung
möchte dieser fast kostenlose Ueberzug für die Eisengußwaaren haben, und jeder
Industrielle wird sich leicht nach dem Mitgetheilten eine passende Einrichtung für
obigen Zweck selbst construiren können. (Bayerisches Industrie- und
Gewerbeblatt, 1871 S. 217.)
Ueber die Darstellung der Aethylenbasen im Großen; von
Professor A. W. Hofmann in Berlin.
Schon vor einem Jahre hat der Verf. auf eine Verwerthung hingewiesen, welche die
Nebenproducte der immer schwunghafter betriebenen Chloralfabrication gestatten,
nämlich auf die Benutzung der flüchtigeren Antheile jener Nebenproducte zur
Darstellung der Aethylamine (polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVI S. 149). Seit jener
Zeit sind die höher siedenden Fractionen derselben von Krämer einer näheren Untersuchung unterworfen worden, welche gezeigt hat,
daß erhebliche Quantitäten von Aethylenchlorid und Aethylidenchlorid in denselben enthalten sind. Da nun,
wie gleichfalls von Krämer beobachtet wurde, das
Aethylenchlorid nur erst bei ziemlich hoher Temperatur (160° C.) vom Ammoniak
unter Bildung von Collidin angegriffen wird, so lag der Gedanke nahe, daß sich das
Gemenge der höher siedenden Choride in ähnlicher Weise für die Darstellung der
Aethylenbasen eignen möge, wie sich die niedriger siedenden Fractionen als eine
unerschöpfliche Quelle der Aethylbasen erwiesen hatten.
Hr. Schering stellte dem Verf., nm diese Vermuthung zu
prüfen, eine große Menge der hochsiedenden Nebenproducte der Chloralfabrication zur
Verfügung. Die Bearbeitung derselben wurde in den Werkstätten der HHrn. Martius und Mendelssohn-Bartholdy in Rummelsburg, wo
der Verf. besonders eines prachtvollen emaillirten Autoclaven von Gußeisen, der
mehrere hundert Kilogramme Flüssigkeit faßte, sich bedienen konnte, ausgeführt.
Versuche im Kleinen hatten dargethan, daß die besten Resultate erzielt wurden, als
man das Gemisch der Chloride mit einem Ueberschusse alkoholischen Ammoniaks auf 100
bis 120° C. erhitzte. Dasselbe Verhältniß wurde auch im Großen eingehalten.
Das Ergebniß war über alle Erwartung befriedigend. Die nach acht- bis
zehnstündigem Erhitzen auf etwa 110° C. erhaltene braune Flüssigkeit wurde
zunächst von dem ausgeschiedenen Salmiak abfiltrirt und alsdann durch Destillation
von dem Alkohol und den nicht angegriffenen Chloriden befreit. Aus dem
zurückbleibenden Syrup schossen alsbald kleine Nadeln an, welche durch mehrfaches
Umkrystallisiren aus Wasser und Waschen mit Alkohol, in dem sie unlöslich sind,
gereinigt wurden. Diese Krystalle sind das Chlorhydrat des Aethylendiamins,
C²H¹⁰N²Cl² =
(C²H⁴) H⁴N², 2HCl,
dessen Reinheit durch die Analyse festgestellt wurde. Durch directe Krystallisation
wurden etwa 1 1/2 Kilogrm. dieses schönen Salzes gewonnen, welches in prächtigen,
silberglänzenden, 10 bis 15 Centimeter langen Nadeln anschießt. Wenn sich keine
Krystalle mehr absetzen, wird die braune Mutterlauge mit Natriumhydrat destillirt;
die ersten Destillate liefern wieder mit Salzsäure Krystalle des bereits genannten
Salzes. Die späteren Fractionen enthalten die höheren Aethylenbasen, Diamine und Triamine.
Mittelst des bereits gewonnenen Materiales hofft der Verf. seine Untersuchungen über
die Körper, welche bei der Einwirkung des Ammoniaks auf das Chlorid und Bromid des
Aethylens entstehen, fortzusetzen. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft
zu Berlin, 1871, Nr. 12.)
Casëin als Verdickungsmittel für Zeugdruckerei.
In einer längeren Abhandlung über Casëin und Kleber im Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse, 1871, t. XLI p. 103 berichtet E.
Schlumberger u.a. über ein neues Verdickungsmittel
für die Zeugdruckerei, das aus Casëin unter Zusatz von
Magnesia hergestellt ist. Behandelt man nämlich Casëin in der Kälte bei Gegenwart von Wasser mit sehr wenig, etwa 2
bis 3 Proc. Magnesia, so erhält man eine dicke, gummiartige Lösung, die nicht von
selbst, wohl aber durch die Wärme gerinnt: die geronnene Masse ist in alkalischen
Flüssigkeiten löslich. Druckt man unlösliche Färben mit dieser Lösung, so werden
dieselben in Folge des eintretenden Gerinnens beim Dämpfen fixirt, der Druck ist
aber, wie nach dem erwähnten Verhalten der geronnenen Masse gegen Alkalien zu
erwarten, nicht seifenächt.
Behandelt man dagegen das Casëin mit einer größeren Menge Magnesia, etwa 5 bis
10 Proc., so erhält man nicht mehr eine Lösung, sondern einen dicken, halbflüssigen,
homogenen Teig, der in Wasser angerührt werden kann, ohne eine eigentliche Lösung zu
geben. In Barytwasser dagegen gibt dieser Teig eine
dünnflüssige, gummiartige Lösung, die für gewisse Fälle als Verdickungsmittel
geeignet erscheint. Dieselbe gerinnt in der Wärme fast vollständig und die geronnene
Masse ist in Alkalien unlöslich. Die Lösung läßt sich, wie es scheint, sehr lange
ohne Zersetzung aufbewahren, nur muß sie vor Einwirkung der Kohlensäure der Luft
geschützt werden, die allmählich den Baryt fällt und so die Löslichkeit der
Magnesiaverbindung vermindert.
Zur Darstellung der Verdickungsmasse verwendet man 1 Kilogrm. gepulvertes
Casëin, 75 Grm. gebrannte Magnesia und 4 Liter Wasser; man rührt zuerst das
Casëin und die Magnesia, jedes für sich, mit etwas Wasser an, mischt dann und
rührt einige Zeit lang um, wobei die Masse bald dick wird. Nachdem man eine Nacht
hat stehen lassen, fügt man eine Lösung von 300 Grm. Barytkrystallen in 3 Liter
höchstens 35° C. warmem Wasser hinzu und rührt um, bis das Ganze eine völlig
gleichmäßige Masse bildet. Zur Darstellung von Druckfarben braucht man die
Verdickungsmasse nur mit den Farbenpulvern anzurühren, welche fixirt werden sollen.
Die oben beschriebene Masse enthält pro Liter 125 Grm.
Casëin. Vergleicht man die damit erhaltenen Nüancen mit denen, welche
Albuminfarben mit ebenfalls 125 Grm. Albumin pro Liter
geben, so zeigt sich, daß der Vortheil sowohl in Bezug auf Aechtheit wie in Bezug
auf Glanz eher auf Seite des neuen Verdickungsmittels ist. Ultramarin, Zinkweiß und
Beinschwarz bieten beim Drucken keine Schwierigkeit; das Guignet'sche Grün erfordert nur einen stärkeren Barytzusatz, da die Farbe
sonst gerinnt, wird dieß berücksichtigt, so läßt die Farbe nichts zu wünschen übrig.
Mit Anilinfarben hat Schlumberger kinen Erfolg erzielt;
dieselben werden durch die stark alkalische Lösung vollständig gefällt. Vielleicht
wäre der Zweck dadurch zu erreichen, daß man unlösliche Lacke dieser Färben
anwendete.
Enthält das neue Verdickungsmittel nicht Baryt im Ueberschuß, so gerinnt es leicht
bei Vermischung mit einem anderen Verdickungsmittel; das Gerinnen wird aber
verhindert und selbst das schon gebildete Gerinnsel wieder aufgelöst, wenn man etwas
überschüssigen Baryt zusetzt, und dann kann man die Masse mit Stärke, Traganth,
Senegalgummi und Dextrin vermischen, ohne daß das Gerinnen in der Wärme
beeinträchtigt wird. Ein Ueberschuß an Baryt hindert zwar demnach das Gerinnen nicht
und vermindert auch die Aechtheit der Färben nicht, es scheint aber als zersetzten
sich die Farbmassen um so leichter, je größer derselbe ist, so daß also für jede
Farbe die genau nöthige Menge Baryt zu ermitteln wäre. Wird diese nicht
überschritten, so lassen sich die Färben, wie es scheint, sehr lange aufbewahren,
ohne zu gerinnen, nur bildet sich durch Einwirkung der atmosphärischen Kohlensäure
eine dicke Haut, deren Entstehung man aber auch vermeiden kann, wenn man die Farbe
mit Oel oder Terpenthin bedeckt. Ein wesentlicherer Uebelstand liegt aber in der zu
großen Verdickungskraft des Casëins in der angegebenen Lösung. Eine Lösung
mit 125 Grm. Casëin pro Liter ist schon sehr
gummiartig und noch concentrirtere Lösungen werden sich schwer drucken lassen.
Andererseits aber wird diese Concentration in vielen Fällen, z.B. bei sehr dunklen
Färben, welche bedeutende Mengen zu fixirenden Farbstoff enthalten, zur Fixirung des
gesammten Farbstoffes nicht ausreichen.
In Bezug auf den Herstellungspreis stellt sich die Casëin-Magnesia gegen Albumin sehr vortheilhaft; Schlumberger berechnet ihn wie folgt:
1 Kilogrm. Casëin
2 Frcs.
75 Cts.
75 Grm. Magnesia zu 6 1/2 Frcs. pro Kilogrm.
– „
50 „
300 Grm. Barythydrat zu 3 Frcs.
„ „
– „
90 „
–––––––––––––
4 Frcs.
15 Cts.
(Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 39.)
Das Färben der Furnüre; nach C. Puscher.
Einige Industrielle in Nürnberg, welche seither ihre durch und durch gefärbten
Furnüre von Paris bezogen hatten, waren durch die jüngste Occupirung von Paris
genöthigt, sie selbst anzufertigen. Meine auf ihre Veranlassung deßhalb gemachten
Versuche erzeugten wohl anfangs schöne Farben, jedoch nur auf der Oberfläche, im
Inneren blieben sie ungefärbt. Erst nachdem ich die rohen Furnüre eine halbe Stunde
hindurch in einer 10procentigen Aetznatronlauge gekocht und 24 Stunden darin
digerirt hatte, nahmen sie, nachdem sie vorher durch öfteres Auswaschen von der
anhängenden Lauge befreit waren, auch die Farben im Inneren auf. Sie erhalten
dadurch im feuchten Zustande eine lederartige biegsame Beschaffenheit und müssen
nach dem Färben beim Trocknen zwischen Pappendeckel gelegt und gepreßt werden. Legt
man so vorbereitete Furnüre in eine concentrirte heiße Blauholz-Abkochung (1
Theil Blauholz auf 3 Theile Abkochung) 24 Stunden hindurch, läßt sie hierauf etwas
abtrocknen und bringt sie dann in eine warme Eisenvitriollösung (1 Theil Vitriol auf
30 Theile Wasser), so erhält man nach Verlauf von 24 Stunden sehr schön schwarz
durch und durch gebeizte Furnüre, die nach dem Abwaschen die Pariser Furnüre an
Tiefe der Farbe weit übertreffen.
Eine Auflösung von 1 Theil Pikrinsäure in 60 Theilen heißen Wassers und Zusatz von
etwas Aetzammoniak, bis zur Geruchswahrnehmung desselben, färbt so vorbereitete
Furnüre schön gelb und benachtheiligt, da die Pikrinsäure gesättigt ist, die später
stattfindende Politur nicht.
Corallin in heißem Wasser gelöst, dem man zuvor kleine Mengen Aetznatron und den
fünften Theil des Wassers Wasserglaslösung zugefügt hat, gibt je nach der Menge des
gelösten Corallins schön rosenrothe bis ponceaurothe Farben. Ein schönes Hochroth
erzeugt man mit einer heißen Auflösung von Fuchsin in Wasser, dem man zur
Hervorrufung der hochrothen Farbe eine entsprechende Menge einer wässerigen
Vesuvinlösung zugegeben hat. Es ist nothwendig, daß die vorbereiteten Furnüre auch
in diesen Farbenlösungen wenigstens 24 Stunden hindurch digerirt werden.
Die einzige Farbe, welche die Furnüre ohne vorherige Abkochung mit Aetznatron durch
und durch annehmen, ist ein sehr schönes Silbergran. Man erhält dasselbe, wenn man
die Furnüre einen Tag hindurch in eine sehr verdünnte Eisenvitriollösung legt (1
Theil Vitriol, 100 Theile Wasser). (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt,
1871 S. 217.
Materialverbrauch bei der Zuckerfabrication.
Um 100 Ctr. Rüben auf Rohzucker zu verarbeiten sind
erforderlich: 2 Klafter 3 füßiges Eichenholz oder 30 Ctr. Kladnoer Kleinkohlen.
Ferner bedürfen 100 Ctr. Rüben zur Verarbeitung
auf Saftmelis
40
Ctr.
Kladn.
Kleinkohlen.
Für
das
Raffiniren von 100 Pfd. Rohzucker sinderforderlich
118
Pfd.
„
„
„
„
die Wiederbelebung von 100 Pfd. Spodium
19,9
„
„
„
„
„
Erzeugung von Spodium aus 100 Pfd.Knochen
0,093
„
„
„
„
„
Umwandlung von 100 Pfd. Melasse in Spiritus
64
„
„
„
„
„
Umwandlung von der Schlempe aus 100 Pfd.Melasse in
Schlempekohle
106
„
„
„
„
„
Gewinnung von Rübenspiritus (Methode von Champonnois) aus 100 Ctr.Rüben benöthigt man 1 Klafter 3
füßiges Eichenholz von 50–60jährigenBeständen.
1 Metzen = 1/3 Joch Area mittelst Dampf zu pflügen
(auf 10'' zu stürzen
100
Pfd.
Kladn.
Kohle.
1 Mandel Weizen mit Dampf zu dreschen
17,69
„
„
„
Dieser Kohlenverbrauch ist bei Kohlen gefunden, welche theoretisch 4493,76 Calorien
enthielten, 6,91. Pfd. Wasser theoretisch verdampften, praktisch jedoch nur 4,837
Pfd. zu verdampfen vermochten. Von Ostrauer Kohlen verbrauchte eine Wiener
Zucker-Raffinerie im großen Durchschnitt auf 100 Pfd. Rohzucker 75 Pfd. A.
Ahrens. (Technische Blätter, Jahrg. 1871, Heft II und
III, S. 181.)
Ueber die Carbolsäure.
In der Zeitschrift Hygiea (1871) theilt N. P. Hamberg
Beobachtungen über die Carbolsäure mit. Derselbe war nämlich in den Stand gesetzt,
aus der Fabrik F. C. Calvert's in Bradfort bei Manchester
die Saure chemisch rein zu erhalten und diese reine Säure mit der gewöhnlich im
Handel vorkommenden zu vergleichen.
Die reine Carbolsäure (Calvert's
Acid. carbolic. Nr. 1) bildet eine krystallinische Masse
von farblosen, nadelförmigen Krystallen. Geruch kampferartig, an Steinkohlentheer
nicht erinnernd. Specifisches Gewicht 1,066. Schmilzt bei 40 bis 41° C.,
erstarrt bei 39°, kocht bei 180 bis 180,5°. Löst sich bei 16 bis
17° in 15 Th. Wasser, ebenso bei 40° in 2 Volumen Ammoniak von 0,96
spec. Gewicht zu einer klaren Lösung, die jedoch bei 17 bis 18° milchig wird.
Hielt sich (ohne noch bei 37° zu schmelzen) im geschmolzenen Zustande im
Becherglase, mit einem Uhrglase bedeckt, 14 Tage lang und länger fast ganz
unverändert.
Die unter dem Namen „Acid. carbol. cryst. medic.
purissimum“ vorkommende Säure, sogenannte reine Säure der
Fabriken, in platten Flaschen aufbewahrt, mit dem Namen des Fabrikanten im Glase
eingedruckt, war dem Aeußeren nach auch ganz hübsch und farblos, aber von
unangenehmem Geruch, fängt bei 26° C. an zu schmelzen und ist bei 34 bis
35° vollständig flüssig. Bei der Destillation ging bei 176° eine
farblose, leichtflüssige, übelriechende, bei 18 bis 19° nicht erstarrende
Flüssigkeit über (wenige Procent); das bei 180 dis 183° Uebergehende
erstarrte sogleich; das bei 189 bis 191° blieb flüssig, je nach dem
zunehmenden Gehalte an Kresol und anderen Homologen. Die Verunreinigungen wurden zu
etwa 20 Proc. geschätzt.
1 Theil löst sich nicht klar in 20 Theilen Wasser, auch nicht in 2 Volumen Ammoniak
(von 0,96). In oben erwähnter Weise der Luft ausgesetzt, war die Säure nach 14 Tagen
hellflüssig, und der Schmelzpunkt von 340 auf 26 bis 28° gesunken.
Ein Krankheitsfall, von vermutheter Carbolsäure-Vergiftung herrührend, hatte
zunächst diese Untersuchung veranlaßt. Es wurden auch Versuche angestellt, um die
bis jetzt wenig bekannten Wirkungen der Carbolsäure und ihrer Verunreinigungen auf
den Organismus etwas genauer zu studiren.
Von reiner Säure wurden einem kleinen Hunde 0,5, 1, 2 bis 3 Grm. nach einigen Tagen
Zwischenzeit, mit Oel ohne Mehl und Wasser gemischt, eingegeben. Es wurden keine
Abweichungen vom Normalen bemerkt. Mit dem für Kresol gewonnenen, bei höherer
Temperatur erhaltenen Destillat gaben ähnliche Versuche dieselben Resultate.
Von roher Carbolsäure mit 50 Proc. kresolhaltiger Säure und 30 Proc. Theeräther
wurden einem mittelgroßen Hunde 3 Gramme gegeben. Nach einer Stunde traten
Muskelzuckungen in Augenbrauen, Lippen und Extremitäten, endlich Lahmheit in den
letzteren ein. Nach einigen Stunden schien jedoch das Thier wieder gesund.
Von dem unter 1760 erhaltenen flüssigen Destillate brachten 2 Grm. dieselben
Wirkungen, aber schon nach wenigen Minuten, hervor. Es scheint also dieser
flüchtigere, übelriechende Theil die namhaft schädlichen Wirkungen auf den
Organismus auszuüben.
Jedenfalls ist für medicinische Zwecke die Reinheit der Säure von großer Wichtigkeit.
(Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1871, Nr. 13.)