Titel: Talmigold und Talmigold-Schwindel; von Dr. Clemens Winkler.
Fundstelle: Band 203, Jahrgang 1872, Nr. LXXV., S. 295
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LXXV. Talmigold und Talmigold-Schwindel; von Dr. Clemens Winkler. Winkler, über Talmigold. Der Umstand, daß einerseits die Vergoldung der unächten Bijouterien wegen der durch die große Concurrenz bedingten Herabdrückung der Preise immer dünner, spärlicher und deßhalb unhaltbarer geworden ist, und daß andererseits die galvanische Vergoldung, weil die Goldschicht porös ist und sich nicht innig mit ihrer Unterlage verbunden hat, an und für sich nicht sehr dauerhaft ist, hat die galvanisch vergoldeten Bijouterien in Laufe der Zeit bedeutend in Mißcredit gebracht, und dieß hat die Fabrikanten veranlaßt, nach einem vollkommeneren Vergoldungsverfahren zu suchen. Den Beweis dafür, daß ein solches gefunden sey, gab das Auftreten des sogenannten Talmischmuckes, welcher seit einer Reihe von Jahren eine hervorragende Rolle auf dem Bijouteriemarkte spielt. Das Talmigold wurde zuerst von Paris aus in den Handel gebracht, und die daraus gefertigten Maaren besitzen in der That eine Schönheit und Dauerhaftigkeit, welche Aufsehen erregt. Der Verkauf derselben erfolgt zumeist unter Garantie, und gut gearbeiteter Talmischmuck kann wirklich viele Jahre lang getragen werden, ohne daß er an Glanz und Ansehen mehr einbüßt, als die ächte Goldwaare. Gewöhnlich wird angenommen, daß das Talmigold aus einer besonders glücklich gewählten Composition von unedlen Metallen bestehe, und Sauerwein gibt an (polytechn. Journal, 1863, Bd. CLXX S. 154) daß er es aus Kupfer 86,4 Proc. Zink 12,2 Zinn   1,1 Eisen   0,3 zusammengesetzt und schwach vergoldet gefunden habe. Aber eine derartige Legirung wird weder für sich, noch bei der stärksten galvanischen Vergoldung solche Dauerhaftigkeit zeigen, wie das Talmigold sie besitzt. Die Composition, welche den Kern, die Hauptmasse des Talmigoldschmuckes bildet, kann im Gegentheil sehr verschiedenartig zusammengesetzt seyn, und der Fabrikant braucht sich durchaus nicht an ein bestimmtes Recept zu binden; die Hauptsache ist die Art der Vergoldung, und zwar darf diese nicht auf galvanischem Wege, sondern sie muß durch die sogenannte Plattirung hergestellt seyn. Das Material für die Anfertigung der Talmigoldwaaren wird erhalten durch Auswalzen von mit Goldblech belegten Kupfer-, Tombak- oder Messingplatten zu Blech oder durch Ausziehen derselben zu Draht, wodurch die unächte Unterlage einen Goldüberzug erhält, der nicht allein eine beträchtliche Stärke besitzt, sondern auch innig mit derselben verschmolzen ist, somit äußerst fest haftet und die Porosität der galvanischen Vergoldung nicht zeigt. Während man früher die unedle Metallcomposition zunächst formte und darnach in's Goldbad brachte, stellt man jetzt Blech und Draht daraus dar, welche auf dem Wege der Plattirung eine dauerhafte, verhältnißmäßig starke Goldbekleidung erhalten, und formt diese zu Schmuckgegenständen, indem man z.B. den vergoldeten Draht zu Kettengliedern biegt oder in das Blech Arabesken und andere Verzierungen drückt, wie wir sie an Brochen, Ohrgehängen etc. finden. Hierin liegt das ganze Geheimniß der Erzeugung des Talmigoldes und die Erklärung für die auffallende Unveränderlichkeit der unter diesem Namen in den Handel gebrachten Goldschmuck-Imitationen. Läßt sich auch auf dem Wege der Plattirung ein verhältnißmäßig kleines Goldquantum über eine sehr große Fläche unedlen Metalles ausbreiten, so sind doch hier die Grenzen weit enger gezogen, als bei der galvanischen Vergoldung. Auf einem Quadratmeter galvanisch vergoldeten Tombakbleches liegen nicht mehr als 0,3 bis 0,5 Grm. Gold, während die durch Plattiren erzeugte Goldbekleidung auf demselben Flächenraume 6 bis 10 Grm. beträgt, somit 20 Mal stärker ist. Die Vertheilung des Goldes durch fortgesetztes Auswalzen oder durch ursprünglich schwächeren Beleg weiter zu treiben, ist zwar möglich, aber nicht empfehlenswerth, weil dann die Schönheit und Gleichmäßigkeit der Farbe leidet, und leicht Flecke oder Streifen zum Vorschein kommen, die zum Theile von einer zu innigen Verschmelzung des Goldblattes mit der Unterlage herrühren. Hieraus ist ersichtlich, daß in der Verdünnung des Goldbeleges ein bestimmtes Maaß nicht überschritten werden kann, während bei Anwendung des galvanischen Stromes schon der leiseste Goldhauch sichtbar und glänzend hervortritt. Erwägt man außerdem, daß die galvanische Vergoldung einen nur lose aufsitzenden, porösen Ueberzug bildet, die Plattirung dagegen eine dichte, compacte, mit der unedlen Unterlage innig verbundene Golddecke liefert, so muß man dem Plattirungsverfahren den Vorzug ungleich größerer Solidität zugestehen. Der Goldgehalt des sogenannten „ächten“ Talmigoldes, also einer auf dem Wege der Plattirung vergoldeten unedlen Metallcomposition, ist, trotz der Widerstandsfähigkeit desselben gegen atmosphärische Einflüsse, schwefelhaltige Ausdünstungen etc., kein hoher und überschreitet selten 1 Proc. Aber dieses eine Procent Gold bildet eine in günstigster Weise zur Schau gestellte Umhüllung des unedlen Kernes, aus welchem der Gegenstand geformt ist, und genügt vollständig, um diesen vor Oxydation und Schwärzung zu bewahren. Es wurden einige Glieder einer Talmigold-Kette, welche vier Jahre lang unausgesetzt getragen worden war, ohne daß sie das Mindeste an Glanz eingebüßt hatte, der Untersuchung unterworfen. Die Kette rührte angeblich aus der Fabrik von Tallois in Paris her; doch war ein Stempel nicht an derselben zu entdecken. Beim Auflösen in Salpetersäure blieb die den Draht umhüllende Goldbekleidung in Form dünnwandiger Röhrchen theilweise unversehrt zurück, während die den Kern bildende Legirung sich oxydirte. Das Ergebniß der Analyse war: KupferZink 89,889,32 Kern Gold 1,03 Beleg –––––––––––––––––– 100,23 Ein hohler Talmigold-Ohrring, aus Paris, jedoch von unbekannter Firma herrührend, wurde in seine beiden Hälften, den in Arabeskenform gedrückten vorderen Theil und die platte Rückhälfte mit dem Schließhaken, zerlegt und beide in Salpetersäure gelöst. Auch hier konnte man beobachten, wie die Vergoldung sich als zusammenhängende Schicht ablöste, welche theilweise die ursprüngliche Form beibehalten hatte. Die Zusammensetzung beider Theile war nahezu gleich; es enthält nämlich die vordere Hälfte hintere Hälfte Kupfer 90,74 90,00 Zink 8,33 8,98 Gold 0,97 0,91 –––––– ––––– 100,04 99,89 In diesem Falle erwies sich die Golddecke etwas silber- und kupferhaltig; wahrscheinlich war legirtes Gold aufgewalzt worden. Bei vielen anderen Schmuckgegenständen aus Talmigold findet man die Ersparnis; beobachtet, daß nur der dem Auge zur Schau gestellte Theil vergoldet, der andere dagegen unbelegt geblieben ist. Dieß war z.B. der Fall bei Manschettenknöpfen aus der Fabrik von Savoir in Paris, deren Producte sich übrigens vortheilhaft auszuzeichnen scheinen. Diese Knöpfe waren äußerst sauber in der Ausführung, elegant in der Form und mit geschmackvoller Verzierung versehen. Die obere Platte bestand aus dünnem, plattirtem Tombakblech, welches sich über einen den Rückentheil bildenden Doppelknopf salzte; der Zwischenraum war durch eine kleine Pappscheibe ausgefüllt. Der Fabrikstempel erschien scharf und deutlich ausgeprägt, und lautete: Textabbildung Bd. 203, S. 297 Beim Auflösen des oberen, vergoldeten Theiles in Salpetersäure blieb der Goldüberzug in der Form der Platte bis auf die feinsten Zeichnungen und Riffelungen unversehrt zurück, ein Beweis daß die Plattirung sehr gut ausgeführt war. Die Zusammensetzung beider Theile war folgende: Deckplatte Knopf Kupfer 89,57 82,37 Zink   7,55 17,06 Zinn   1,12   1,03 Gold   0,97 –––––– –––––– 99,23 100,46   Man sieht, daß in diesem Falle eine doppelte Ersparniß beobachtet worden ist. Einestheils ist nur die beim Gebrauche zur Schau gestellte dünne Deckplatte mit solider Vergoldung versehen, während der dem Gewichte nach die Hauptmasse betragende eigentliche Knopf gar keinen Goldgehalt aufweist, und anderntheils hat man sich zur Anfertigung des letzteren einer zinkreicheren, somit billigeren Legirung bedient, wozu man übrigens auch der Erreichung des richtigen Farbentones halber genöthigt gewesen seyn dürfte. Ein derartiger Knopf läßt betreffs der Unveränderlichkeit kaum etwas zu wünschen übrig, und doch hat das geschickte Anbringen des Goldes nur einen geringen Aufwand an Edelmetall nöthig gemacht. Die als Decke dienende vergoldete Platte wog circa 0,2 Grm. und enthielt nicht ganz 0,002 Grm. Gold, deren Werth sich auf nur ungefähr 0,6 Pfennig beläuft. Diese Thatsache spricht unbedingt zu Gunsten der Pariser Bijouteriewaaren-Industrie und beweist, daß diese es sich angelegen seyn läßt, mit geringen Mitteln und zu niedrigem Preise Waaren von großer Vollkommenheit darzustellen, und daß sie bemüht ist, durch Verbesserung der Fabricationsmethoden und weise Eintheilung des Materiales den unausbleiblichen Preisdrückungen Rechnung zu tragen, anstatt den bequemeren Weg der Unsolidität zu betreten. Dieß ist auch zum Theil die natürliche Ursache, warum gerade die Pariser Bijouterien allenthalben geschätzt und denen anderen Ursprunges vorgezogen werden. Der politische Umsturz der jüngsten Zeit hat auch auf die Schmuckwaaren-Erzeugung seinen Einfluß geltend gemacht, und man ist in Deutschland ernstlich daran gegangen, die Pariser Waare durch heimisches Fabricat zu ersetzen. Die Verhältnisse können für dieses Bestreben nicht günstiger seyn, als sie augenblicklich sind, zumal sich mit der Vertreibung der deutschen Arbeiterschaft vom fränkischen Boden die Verpflanzung dieses bedeutenden Industriezweiges ganz von selbst vollziehen wird. Um so ernstlicher aber wird man bemüht seyn müssen, der deutschen Waare denselben und noch besseren Ruf zu verschaffen, dessen die französische sich bisher erfreute, und da gilt es denn zunächst, dem Schwindel nach Kräften zu steuern, der seit längerer Zeit auch auf diesem Gebiete Platz gegriffen hat. Dieser Schwindel wird vorzugsweise in der österreichischen Metropole in der großartigsten und widerlichsten Weise getrieben, und fast ausnahmslos mit deutschen Producten. Jede österreichische Zeitung führt uns eine Menge pomphafter Anpreisungen von Talmigold Schmuck vor Augen, welche den Unkundigen glauben machen müssen, daß Wien der bedeutendste Platz der Welt für die Fabrication und den Markt von Goldschmuck-Imitation sey. Ein jeder der sogenannten „Fabrikanten“ weiß sich mit dem Glorienscheine der Großartigkeit zu umgeben, ein jeder spricht von seiner „Industriehalle,“ seinem „Waarenhause“ und deren Abtheilungen, z.B. Abth. III für Talmi, Abth. V für Stahlwaaren, und ein jeder endlich stellt sich als den Erfinder des Talmigoldes hin. Halten wir aber einen Umgang in diesen Geschäften, so finden wir, daß die Inhaber derselben Juden sind, welche das leichtgläubige Publicum in der dreistesten Weise ausbeuten, daß ihr Lagerbestand in gar keinem Verhältniß zu der gemachten Reclame steht, und daß kein einziger dieser „Fabrikanten“ eine Fabrik besitzt, daß vielmehr die von ihnen verkaufte Waare, mit Ausnahme gewisser Sorten von Uhrketten, welche von böhmischen Gürtlern (z.B. J. Heller in Teplitz) geliefert werden, durchweg deutsches Erzeugniß ist und aus süddeutschen Fabriken, z.B. aus Schwäbisch-Gmünd, Pforzheim etc., bezogen wird. Es macht einen unangenehmen Eindruck, wenn man sieht, wie die deutsche Bijouteriewaaren-Fabrication sich in solcher Weise von Wiener Schwindlern mißbrauchen läßt, während diese gleichzeitig Pariser Waare mit der richtigen Quellenangabe verkaufen; noch verwerflicher aber muß es erscheinen, wenn man das Erzeugniß deutscher Industrie mit französischem Stempel versehen findet, weil es zu schlecht ist, um sich unter eigener Firma an's Licht zu wagen. Denn alle die Bijouterien, welche die Wiener Händler aus süddeutschen Fabriken beziehen und als Talmigold verkaufen, sind kein eigentliches Talmigold, sondern ordinärer, galvanisch vergoldeter Zehnkreuzerkram. Dieß beweisen die Untersuchungen verschiedener, in den betreffenden Geschäften gekaufter Schmucksachen, deren Resultate der Verf. nebst den bezüglichen Annoncen hier mittheilt. In den österreichischen Tageszeitungen findet man in großem Druck folgende Annonce: Neu erfundenes Edelmetall! Talmigold! Es wird garantirt, daß dieser Schmuck sich selbst nach langjährigem Tragen nicht verändert und vom ächten nicht zu unterscheiden ist. (Folgen die Preise.) Brillantschmuck, so ausgeführt wie ächter, da damit selbst Kenner getäuscht werden. Dieser Schmuck ist aus ächtem Chinasilber oder aus ächtem Talmigold, die Steine aus ächtem, mit Diamantstaub geschliffenen Bergkrystall, welche niemals das lebende Feuer verlieren etc. N. Glattan's erster Pariser Bazar für Oesterreich in Wien, Kärnthnerstraße 51, Palais Todesco.“ Manschettenknöpfe, bei N. Glattan gekauft, waren sauber gepreßt und zeigten die Farbe röthlichen Goldes. Die Decke derselben war galvanisch vergoldet, der eigentliche Knopf nicht. Der Hohlraum zwischen beiden enthielt eine Einlage von gelber Pappe. Der Stempel war undeutlich ausgeprägt und lautet: Textabbildung Bd. 203, S. 300 Beim Auflösen in Salpetersäure blieb der Goldbeleg nicht als zusammenhängendes Ganze zurück, sondern erschien in spärlichen dünnen Flittern. Die Zusammensetzung beider Theile war folgende: Deckplatte Knopf Kupfer 90,69 88,16 Zink   8,97 11,42 Gold   0,05 –––––– –––––– 99,71 99,58 In einer anderen Anzeige heißt es: „Alle von anderen Firmen annoncirten Talmigold-Gegenstände sind Nachahmungen von geringerer Qualität, wovor gewarnt wird. Allein ächtes gediegenes Talmigold. Dieses Talmigold ist eine patentirte Imitation von achtem 18karätigem Gold. Talmigold Schmuck für die Ewigkeit! (Folgen weitere Anpreisungen und Preisliste.) Vereinigte Industriehalle Anton Rix, Wien, Praterstr. 16.“ Diese „patentirte Imitation von 18karätigem Golde“, welche ebenfalls in Form von Manschettenknöpfen der Untersuchung unterworfen wurde, zeigte leichte Goldfarbe und war geschickt aus dünnem Blech gedrückt. Die Einlage bestand theils auß gelber, theils aus grauer Pappe; der Stempel war derselbe, welchen die Glattan'sche Waare trug. Die Analyse ergab: obere Platte unterer Theil mit Knopf Kupfer 87,48 83,13 Zink 12,44 16,97 Gold   0,03 –––––– –––––– 99,95 100,10 Die Vergoldung der Deckplatte war daher eine äußerst spärliche. Noch sey einer Ankündigung gedacht, welche sich durch komische Originalität auszeichnet. Sie lautet: Was ist Talmigold?“ Was ist Talmigold? ist die allgemeine Frage. In den Schmuckwaaren-Fabriken des Waarenhauses Traugott Feitel wird, wie allgemein bekannt, das Talmigold erzeugt. Der Name Talmi kommt jedoch daher, daß unsere französischen Arbeiter, welche dort beschäftigt sind, den Namen Traugott auf Talmi abkürzten. Den überraschend großen Aufschwung, den unsere Erzeugung des Talmigold Schmuckes genommen, beweist am deutlichsten, daß wir bereits 1200 Arbeiter speciell für dieses Fach beschäftigen. Die täuschende Aehnlichkeit mit dem ächten, sowie die Solidität und Dauerhaftigkeit desselben machen den ächten Goldschmuck überflüssig, und die zahlreichen Aufträge aus den höchsten Kreisen des großen Publicums und Adels beweisen es, daß der ächte Talmigold-Schmuck sich allgemein Bahn bricht. Wir machen daher auf unsere Hauptniederlage, Kärnthnerring 2, als das alleinige Depot von Talmigold aufmerksam und warnen vor pomphaft angekündigten Nachahmungen. Waarenhaus Traugott Feitel's, Talmigold-Abtheilung,Wien, Kärnthnerring 2.“ Die Waare, welche dieser bescheidene, fabriklose „Fabrikant“ liefert, ist nicht um ein Haar besser, als die seiner Concurrenten. Auch bei ihm wurden Manschettenknöpfe getauft, die, was Farbe, Ausführung, Stempel etc. anlangt, an die durch Glattan erhaltenen erinnerten. Ihre Zusammensetzung wurde gefunden, wie folgt: Deckplatte Knopf Kupfer 93,46 84,55 Zink   6,60 15,79 Gold   0,05 –––––– –––––– 100,11   100,34   Angesichts solchen Schwindels muß man zunächst den Wunsch hegen, daß derselbe vom deutschen Boden verbannt bleiben möge, sowie daß die deutsche Bijouteriewaaren-Fabrication sich recht bald mindestens dieselbe Achtung erringen möge, deren die Pariser sich zeither erfreute, damit sie nicht nöthig habe, sich unter fremder Firma hinter Lug und Trug zu verkriechen, sondern mit offenem Visir in die Welt hinaus treten könne. Wie soll das Publicum Vertrauen zu einer Waare fassen, die ihm unter der bestimmten Versicherung ihrer Solidität, unter Garantieleistung entgegen gebracht wird, wenn es hinterher findet, daß es schändlich belogen wurde? Muß ein solches Gebahren nicht den ganzen Industriezweig schädigen, und muß der Fabrikant, welcher wirklich den redlichen Willen hat, Besseres zu liefern, nicht in seinen Bestrebungen und seinen Erfolgen gehemmt werden? Die allgemeine Einführung der Goldplattirung an Stelle der leichten galvanischen Vergoldung würde unbedingt ein Schritt vorwärts seyn. Durch sie würde dem Publicum ein ebenso schöner als dauerhafter Schmuck zugänglich gemacht werden, ja, sie könnte berufen seyn, den jetzt bestehenden grellen Unterschied zwischen ächter und unächter Waare abzuschwächen, sobald durch gesetzliche Bestimmung der Goldgehalt der Plattirung in gewissen Abstufungen normirt würde, ganz so, wie die Löthigkeit des Silbers und die Karätigkeit des Goldes den Gehalt an Edelmetall bezeichnen, für welchen der Goldarbeiter einstehen muß. Wir wissen, daß die 1procentige Plattirung eine auf viele Jahre hinaus schützende Golddecke bildet; es hindert uns jedoch nichts, diese Plattirung 5-, 10-, 50- und mehrprocentig herzustellen, sobald von Seiten der Käufer Nachfrage darnach stattfindet. In der Kraft des Gesetzes liegt das einzige Mittel, dem auf Kosten des Publicums betriebenen unsinnigen Wettjagen der Concurrenz zu steuern, und an Stelle des jetzigen Legirungsverfahrens das viel rationellere Plattirungsverfahren zu setzen, welches, unbeschadet der Schönheit, die Anbringung einer stabilen unedlen Unterlage und die Bekleidung derselben mit einer Goldschicht von beliebiger Dicke und beliebigem, aber genau bestimmbarem Werth zuläßt. Es würde Vorurtheil seyn, wollte man sich scheuen, solid plattirte Schmucksachen zu tragen; ist es doch auch allgemeiner Brauch, furnirte Meubles zu führen, statt sie massiv aus Mahagoni anfertigen zu lassen. Die Goldplattirung hindert den Reichen nicht, sich nach Willkür mit Schätzen zu behängen, aber sie ermöglicht es dem Unbemittelten, sich mit gleichem und dauerndem Effect zu schmücken. (Deutsche Industriezeitung, 1871, Nr. 39 und 40.)