Titel: Ueber Schlösing's Methode der Trennung von Kali und Natron; von Prof. H. Kolbe.
Fundstelle: Band 203, Jahrgang 1872, Nr. XCVI., S. 390
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XCVI. Fehler in der Artikelnummerierung: Die Druckvorlage zählt hier fälschlich einen zweiten Artikel mit Nummer 96. Ueber Schlösing's Methode der Trennung von Kali und Natron; von Prof. H. Kolbe. Aus dem Journal für praktische Chemie, 1872, Bd. V S. 93. Kolbe, über Schlösing's Methode der Trennung von Kali und Natron. In den Comptes rendus t. LXXIII p. 1269 hat Schlösing eine Methode beschrieben, Kali von Natron quantitativ scharf zu trennen,Mitgetheilt in diesem Bande des polytechn. Journals S. 119 (zweites Januarheft 1872). welche auf der angeblichen Unlöslichkeit des überchlorsauren Kalis in verdünntem Alkohol beruht. Diese Methode imponirt besonders durch die große Schärfe der mitgetheilten analytischen Belege, und durch die Leichtigkeit ihrer Ausführung. Das lebhafte Interesse, welches ich gleich beim ersten Durchlesen der Abhandlung von Schlösing für seine Methode faßte, machte bei mir den Wunsch rege, sie selbst ausführen zu sehen, und ich veranlaßte deßhalb einen meiner Schüler, Hrn. Fahlberg, genau abgewogene Mengen von Chlorkalium und Chlornatrium nach Schlösing's Vorschrift als überchlorsaure Salze zu trennen. Diese Versuche gaben wider Erwarten wenig befriedigende Resultate, es wurden jedesmal viel geringere Mengen überchlorsaures Kali erhalten, als sich aus der Quantität des angewandten Kalisalzes berechneten. Nachdem die Versuche mehrmals mit gleichem Ergebniß wiederholt waren, fing ich an zu zweifeln, ob das überchlorsaure Kali in 36procentigem Alkohol, wie Schlösing voraussetzt, wirklich unlöslich ist. Ich stellte mir deßhalb durch Erhitzen von chlorsaurem Kali und oft wiederholtes Umkrystallisiren des Productes chemisch reines überchlorsaures Kali dar, welches keine Spur mehr von Chlorkalium und chlorsaurem Kali enthielt, und schüttelte eine beliebige überschüssige Menge des trockenen Salzes während 24 Stunden oft wiederholt mit 36procentigem Alkohol. Die Flüssigkeit von 17° C. wurde dann durch ein trockenes Filter filtrirt, und von diesem Filtrat wurden 30 Kub. Cent. in einer gewogenen Platinschale, nach Zusatz von etwas Wasser, um das Sieden des Alkohols zu vermeiden, im Wasserbade zur Trockne verdampft. Ich war überrascht, zu sehen daß ein beträchtlicher Rückstand hinterblieb, und fand, daß derselbe, nachdem er noch bei 150° C.Schlösing schreibt vor, das überchlorsaure Kali vor der Wägung bis 250° C zu erhitzen, um es ganz trocken zu haben. Ich verstehe nicht, weßhalb so hohe Temperatur nöthig seyn soll, da das überchlorsaure Kali schon unter 150° C. vollkommen trocken und im für die Wägung ganz geeigneten Zustande ist. getrocknet war, 0,160 Grm. wog. Bei einem zweiten, mit gleichen Mengen angestellten Versuche erhielt ich 0,159 Grm. rückständiges überchlorsaures Kali. Das überchlorsaure Kali ist demnach nicht, wie Schlösing voraussetzt, in 36procentigem Alkohol unlöslich, denn 100 Kubikcentimeter dieses Alkohols vermögen davon 0,53 Grm. zu lösen. Da in der Abhandlung von Schlösing möglicher Weise durch einen Druckfehler 36grädiger Alkohol statt 63grädiger angegeben seyn konnte (wennschon das wenig wahrscheinlich ist, da dieselbe Zahl in viermaliger Wiederholung vorkommt), so prüfte ich in derselben Weise wie zuvor das überchlorsaure Kali auf seine Löslichkeit in diesem beinahe noch einmal so starken Alkohol. Ich fand bei einem Versuche, wo 30 Kub. Centim. der bei 17° gesättigten Lösung verdampft wurden, 0,080 Grm. Rückstand, und bei einem zweiten Versuche, als ich 60 Kub. Centim. derselben Lösung zur Trockne brachte, 0,160 Grm. hinterbleibendes überchlorsaures Kali. Dieses Salz ist also auch in selbst 63procentigem Alkohol nicht unlöslich, da 100 Kub. Cent. desselben bei + 17° C. 0,265 Grm. davon aufnehmen, zufällig gerade halb so viel, wie die gleiche Menge 36procentiger Alkohol löst. Man könnte geneigt seyn, hiernach Schlösing's Methode der Kalibestimmung resp. der Trennung des Kalis vom Natron für unbrauchbar zu erklären, wenn nicht eben Schlösing die Genauigkeit seines Verfahrens mit überraschend gut zu einander stimmenden Ergebnissen mehrerer Analysen bewiesen hätte. Es liegt auf der Hand, irgendwo muß ein Irrthum vorhanden seyn, und ich vermuthe daß Hr. Schlösing bei Beschreibung seines analytischen Verfahrens noch einen Hauptpunkt anzugeben versäumt hat, von dem das Gelingen der Operation wesentlich abhängt. Es geschieht im allgemeinen Interesse, daß ich Hrn. Schlösing bitte, den Chemikern mitzutheilen, wie sie ungeachtet der Löslichkeit des überchlorsauren Kalis in 36grädigem sowohl, wie in 63grädigem Alkohol, seine Methode doch brauchbar verwenden können.