Titel: Ueber die Erkennung der Qualität des Transmissionsriemen-Leders; nach W. Eitner, technischem Chemiker in Prag.
Fundstelle: Band 203, Jahrgang 1872, Nr. CXXV., S. 494
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CXXV. Ueber die Erkennung der Qualität des Transmissionsriemen-Leders; nach W. Eitner, technischem Chemiker in Prag. Eitner, über Erkennung der Qualität des Transmissionsriemen-Leders. Der Werth der Transmissionsriemen hängt zumeist von der Güte des Materiales, also des Leders, welches dazu verwendet, weniger schon von der Art und Weise der Fabrication des Riemens selbst ab, und ist demnach immer bei Beurtheilung eines Riemens zuerst die Vollkommenheit des Leders in Betracht zu ziehen. Die genaue Erkennung der Güte des Leders ist aber nicht so ganz leicht, da das Aussehen desselben je nach der Bereitungsweise sehr verschieden seyn kann und gewisse Normen nur zur Beurtheilung einer oder der anderen, nicht aber aller Sorten ausreichen und da es ferner auch noch möglich ist, dem Leder durch Zurichtung das Aussehen guter Vollendung zu geben, die es in Wirklichkeit nicht besitzt, so daß selbst Fachmänner oft über den wirklichen Werth getäuscht werden können. In den „Technischen Blättern,“ Jahrg. 1871, Heft IV S. 246 gibt nun W. Eitner einige Anhaltspunkte, welche die richtige Beurtheilung der Güte des Leders ermöglichen. Er hebt dabei hervor, daß eine mangelhafte Gerbung immer in der Fläche eines Schnittes, welchen man mit einem scharfen Messer senkrecht auf die Hautoberfläche führt, erkannt werden kann. Das gegenwärtig zu Maschinenriemen verwendete Leder läßt sich hinsichtlich seiner Fabricationsweise, von der auch sehr die Güte des Produktes abhängt, in zwei große Gruppen theilen: 1) in Leder welches in der Brühe, d.h. mit ziemlich concentrirten Gerbstoffextracten gar gemacht wurde, und 2) in solches welches dadurch erzeugt wurde, daß die Haut nach einer vorhergegangenen kurzen Angerbung in Brühe mit dem verkleinerten Gerbmaterial direct bestreut in Gruben gethan (versetzt) worden, wodurch sie in längerer Zeit ihre Durchgerbung erfahren. Erstere Gerbungsmethode heißt die süße oder Brühegerbung und kann hier auch als Schnellgerberei bezeichnet werden, weil bei ihr die Gerbung in kürzerer Zeit, z.B. die von stärkeren Häuten für Riemenleder in 3 bis 4 Monaten, vollendet ist, während sie bei der zweiten, welche man die saure oder auch Grubengerbung nennt, je nach der Stärke der Haut 8, 12 bis 16 Monate währt. Das süßgegerbte Leder erscheint, senkrecht auf die Oberfläche durchschnitten, in seiner ganzen Breite als ganz homogene Masse, in der sich keine einzelnen Bestandtheile unterscheiden lassen, also auch keine Structur wahrzunehmen ist. Unter der Loupe erscheint diese Masse aus lauter äußerst feinen Fasern gebildet und ist ganz ähnlich dem Schnitte eines Filzes. – Der Schnitt des sauer gegerbten Leders hingegen läßt zwei von einander ganz verschiedene Elemente erkennen. Lichte Fasern treten an verschiedenen Stellen der Schnittfläche zu Tage, zwischen denen eine dunkle, etwas glänzende Grundmasse eingelagert ist, welche körnig erscheint und deren einzelne Körner um so größer und dunkler sind, je besser das Leder gegerbt ist. Je mehr sich der Schnitt einer Ledersorte dieser Beschaffenheit nähert, desto besser ist letztere. Ein solches Leder ist fest, massig, elastisch, aber auch der gewisse Grad von Geschmeidigkeit und Biegsamkeit welcher vom Riemenleder verlangt wird, fehlt ihm nicht. Schneidet man aus demselben ein rundes Stück aus, hämmert dieses tüchtig durch, und bringt es wieder an seine alte Stelle zurück, so soll es wieder in das entstandene Loch passen oder wenigstens nicht merklich größer geworden seyn, wobei es auch natürlich von seiner ursprünglichen Dicke nicht viel einbüßen darf; es ist dieß ein Zeichen seiner Dichte und Elasticität, welche eben nur bei sehr gut gegerbten Producten gesucht werden darf. Schneiden läßt sich solches Leder sehr leicht und es erfordert hierzu nicht mehr Kraft, als etwa zum Schneiden eines zwei Tage alten Brodes; die Richtung, nach welcher der Schnitt geführt wurde, darf sich sehr schwer erkennen lassen. Bei unvollkommen sauer, besonders aber bei süß gegerbtem Leder legen sich immer feine Fasern in der Richtung des Schnittes gleich den Haaren des Tuches nach dem Strich, wodurch die Schnittfläche an dieser Seite viel lichter und etwas glänzend erscheint; wendet man die Schnittfläche um, so erscheint sie dunkler und matt, und läßt auch die Textur viel besser erkennen. Diese Erscheinung rührt vom Vorwalten des faserigen und von schwächerer Anwesenheit des körnigen Elementes des Leders her, welches letztere aber gerade dem Leder größere Festigkeit, Dichte und Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse gibt. Ist es schon im Allgemeinen von Vortheil, sauer gegerbtes Leder für Riemen anzuwenden, so gilt dieß noch mehr dort, wo diese als Antriebsriemen schwer gehender Maschinen, Verbindungen von Transmissionen, Hauptriemen fungiren oder in feuchten Localen verwendet werden; sie dehnen sich nicht, brauchen nicht nachgespannt zu werden, reißen nicht und dauern äußerst lange. Es soll damit nicht gesagt seyn, daß Riemen aus gut süß gegerbtem Leder gar nichts taugen; als leichte Riemen oder doppelt genommen (wo sonst vom sauren Leder ein einfacher genügt), werden sie vielfach mit Vortheil angewendet. Zwischen den zwei Haupttypen des in der Riemenfabrication in Verwendung stehenden Leders ergeben sich nun aber viele Zwischenglieder dadurch, daß beide Gerbemethoden combinirt werden und zwar in der Weise, daß zuerst süß, d.h. mit Extracten angegerbt wird, dann aber die weitere Durchgerbung in der Sauergrube erfolgt, wo dann aus dem Mehr oder Weniger sowohl der einen oder der anderen Gerbeweise, als auch aus dem der ganzen Gerbung, Producte von verschiedener Güte und auch Aussehen entstehen, deren Hauptcharakter sich jedoch immer im Schnitt manifestirt, so zwar, daß Leder welches mehr Sauergerbung erfahren, mehr dem angeführten sauren Typus, jenes welches mehr süß gegerbt wurde, mehr dem süßen entspricht. Bei Allen aber ist Hauptsache vollendete Durchgerbung, ohne welche weder süß noch sauer gares Leder gut ist. Der Grad der Durchgerbung bestimmt eben den wahren Werth des Leders, weßhalb auch die richtige Kenntniß desselben für den Consumenten von nicht unbedeutendem Werth ist. Gut gegerbtes Leder, auf welche Weise es auch hergestellt sey, soll einen durchaus gleichmäßigen Schnitt zeigen, d.h. der Schnitt muß seiner ganzen Breite nach mit Ausnahme des Narbens, der sich als lichte Linie markirt, dieselbe Farbe und dieselbe Textur haben, wobei die Textur je nach der Bereitungsweise einem der angeführten Haupttypen sich nähert. Es dürfen sich im Schnitt keine leichten oder dunklen Streifen zeigen, welche parallel mit der Hautoberfläche laufen, was davon herrührt daß theilweise noch keine oder nur eine unvollständige Durchgerbung stattgefunden hat; diese Streifen markiren sich beim Befeuchten der Schnittfläche viel deutlicher. Dieß war bisher der Anhaltspunkt der Beurtheilung der Güte des Leders, der bei Weitem aber nicht für alle Fälle ausreicht und vielfache Täuschungen zuläßt; so zeigt süß gegerbtes Leder fast immer einen ganz gleichmäßigen Schnitt und ist trotzdem in sehr vielen Fällen noch sehr wenig gar. Um nun in allen Fällen auf das Genaueste die Art und Weise der Durchgerbung eines Leders und zwar sowohl Sohl- als Riemenleders bestimmen zu können, gibt Eitner eine Methode an, welche sich auf die Thatsache gründet, daß die Bindegewebe- oder Leimsubstanzfaser der Haut von Säure geschwellt wird, wodurch die einzelne Faser bedeutend an Volumen zunimmt und in eine gelatinöse durchscheinende Masse verwandelt wird. Diese Erscheinung findet aber nicht mehr statt, wenn die Leimsubstanzfasern durch und durch, also vollständig mit Gerbstoff durchdrungen sind; auf eine so veränderte Leimsubstanz üben Säuren nicht die mindeste Wirkung. Ist die Durchgerbung nicht vollständig, sind die Leimsubstanzfasern nur oberflächlich mit Gerbstoff überkleidet, wodurch wohl allerdings das Leder das äußere Aussehen der vollständigen Gerbung erhält, so wird die Substanz immer zu dicken durchscheinenden gelatinösen Fasern aufquellen und zwar um so rascher und in um so größerem Maaße, je weniger Durchgerbung stattgefunden hat. Bringt man einen 1 Millimet. dicken Lederschnitt in ein gläsernes Proberöhrchen, wie solche gewöhnlich in den Laboratorien in Verwendung sind, und übergießt diesen mit starker Essigsäure, welche sich zu diesem Versuche am besten eignet, so wird gut gegerbtes Leder, sey es nun in der Brühe oder in der Grube gar gemacht worden, weder gleich noch bei längerem, selbst Monate langem Stehen außer einem Dunkelwerden der ganzen Masse, wie dieß bei jedem Körper, welcher naß gemacht wird, der Fall ist, die mindeste Veränderung im Schnitt erfahren; sowohl die Farbe als auch die Textur bleibt in der ganzen Breite des Schnittes vollkommen egal. Anders ist dieß bei einem unvollkommenen Product, wo sich die geringsten Mängel in der Gerbung durch Erscheinungen im Schnitt genau kundgeben, welche selbst dem Laien in diesem Fache leicht erkennbar sind, weil an und für sich diese Veränderungen der Schnittfläche ganz deutlich wahrnehmbar sind, weiter aber auch noch durch die Rundung des Proberöhrchens ein bedeutend vergrößertes Schnittbild erscheint. Wird ein Schnitt von einem mangelhaft gegerbten Leder in das Proberöhrchen mit Essigsäure gebracht, so zeigt sich vorerst ein Dunkelwerden des ungaren Theiles, die Leimsubstanzfasern quellen auf und werden zuerst als solche erkannt, später aber verwandeln sie sich in eine durchsichtige gelatinöse Masse, in der nur einzelne gröbere Fasern, nämlich die elastischen, erkennbar sind; an den beiden Schnitträndern nur sind zwei dunkle, undurchsichtige Streifen, welche wirklich gegerbtes Leder sind, sichtbar. Weniger mangelhafte Leder zeigen bloß ein Dunkelwerden und theilweises Aufquellen, dieses aber immer, wenn auch nicht momentan, so doch längstens in 24 Stunden; schlechtere Leder ein größeres Aufquellen bis zum Durchscheinen und das um so rascher, je schlechter sie sind. Je nach der Intensität dieser Erscheinungen und der Raschheit mit welcher dieselben auftreten, ist die Güte der Gerbung eines Leders zu beurtheilen. Was das Material anbelangt, welches zum Gerben der Häute angewendet wurde, so ist das mit junger Eichenrinde hergestellte Leder am besten. Es kennzeichnet sich durch seine lichtrothbraune Farbe im Aeußeren und durch seinen dunkelbraunen, oft schwarzbraunen Schnitt. Mit Fichtenrinde gegerbtes Leder zeigt stets einen lichten röthlichbraunen. Schnitt und ist fast immer sehr mangelhaft gar. Dieß rührt nicht gerade davon her, daß der Gerbstoff der Fichtenrinde ein schlechterer wäre als der der Eichenrinde, sondern weil Fichtenrinde überhaupt viel weniger Gerbsubstanz enthält als Eichenrinde. Braucht man nun schon mit Eichenrinde, je nach der Dicke der zu gerbenden Haut, 6, 12 bis 18 Monate zur vollendeten Durchgerbung, so würde Fichtenrinde nahezu die doppelte Zeit hierfür in Anspruch nehmen, welche Zeit ihr aber nie gegeben ist, daher diese Leder immer mehr oder weniger ungar sind. Leder welche mit Knoppern oder Valonien gar gemacht sind, sind leicht an ihrem düsteren, graubraunen, oft in's Grünliche ziehenden Farbeton erkennbar. Gewöhnlich sind sie gut gar, aber immer etwas spröde, welche üble Eigenschaft mit der Zeit immer mehr zunimmt, so daß das Leder zuletzt brüchig wird; überhaupt eignet sich dasselbe besser für Sohlen- als für Transmissionsleder, wird aber besonders in Oesterreich nicht selten zu letzterem Zwecke verwendet. – Mit Gerbstoffextracten, unter denen besonders der Hemlockextract (von Pinus canadensis) die Hauptrolle spielt, wird immer nur in der Brühe gegerbt (Schnellgerberei) und zeigen die dadurch erzeugten Leder den Typus der Brühengerbung; ihre Farbe ist dunkel, gewöhnlich mit einem sehr starken rothen Stich. Nächst der Gerbung ist bei Riemenleder die Einfettung, wodurch das Leder mehr Geschmeidigkeit, Biegsamkeit und Dauerhaftigkeit erhält, wenn auch in untergeordneter Weise, in Betracht zu ziehen. Es kommt hier auf die Art der Einfettung, besonders aber auf die Wahl des Schmiermittels viel an, doch ist dieß zu wissen mehr Sache des Gerbers. Zu erwähnen hierbei ist nur, daß in manchem Fall in diesem Punkte des Guten etwas zu viel gethan wird, was zwar nicht die Güte, manchmal jedoch das gute Aussehen, immer aber den Preis des Productes beeinflußt. Letzterer Umstand kann aber nur bei besser gegerbtem Leder vorkommen, da mangelhaftes, welches gerade eine reichliche Einfettung nöthig hätte, wenig und sehr schwer Fettstoff in sich aufnimmt und deßhalb auch doppelt schlecht ist. Das beste Riemenleder erzeugt Deutschland und Belgien, letzteres sogar vorzüglich, indem man dort mit der Gründlichkeit deutscher Gerbung die französische Eleganz der Zurichtung verbindet. Ebenso wird auch von mehreren französischen Fabriken sehr Gediegenes erzeugt, häufig aber kommt es bei französischen Riemen vor, daß sich hinter einer feinen Zurichtung mangelhafte Gerbung verbirgt. Auch Oesterreich liefert mit- unter gutes Product. Englische Riemen erfreuten sich schon lange eines guten Rufes, und dieß nicht mit Unrecht, weil dieselben gewöhnlich ganz gut, wenn auch nur in der Brühe durchgegerbt sind. Es kann auch nur England und nebstdem Amerika gutes Brüheleder erzeugen, weil bei dieser Gerbmethode viel Gerbmaterial angewendet werden muß, welches eben nur in diesen Ländern sehr billig beschafft werden kann. Wenn auch, wie erwähnt, Amerika unter gleich günstigen Umständen, wie England arbeiten kann, so erzeugt es dennoch ein Product, das dem englischen bedeutend nachsteht und nur neben ganz mittelmäßiges europäisches gestellt werden kann. Von diesem amerikanischen Leder werden große Partien nach Europa geschafft, weil es billiger als besseres europäisches ist, und hier zu Riemen verarbeitet, die dann meist als englisches Fabricat verkauft werden. Bei Zerreißproben, welchen Eitner beiwohnte, stellten sich belgische und deutsche Riemen als die vorzüglichsten heraus, englische und zwar von der renommirtesten Firma erzeugte Riemen standen ersteren weit nach, wogegen sie sich wieder bedeutend besser als amerikanische erwiesen. Firmen, deren Fabricate als ganz vorzügliche anzuführen sind, sind Joseph Devez in Herve bei Verviers in Belgien, August Greif in Dresden und Carl Beringer in Stuttgart. (Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 9.)