Titel: Versuche über die Zugfestigkeit verschiedener Transmissionsriemen aus Leder, Kautschuk und Gutta-percha; von Tresca.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XL., S. 169
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XL. Versuche über die Zugfestigkeit verschiedener Transmissionsriemen aus Leder, Kautschuk und Gutta-percha; von Tresca. Nach dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Februar 1872, S. 57. Tresca, über die Zugfestigkeit verschiedener Transmissionsriemen aus Leder, Kautschuk und Gutta-percha. Noch vor wenigen Jahren wurden zu Transmissionen ausschließlich lederne Riemen angewendet. Seit dieser Zeit jedoch hat man sie durch andere Fabricate zu ersetzen gesucht, welche sich zum Theil auf die Anwendung von Kautschuk und Gutta-percha mit oder ohne Zwischenlagen eines Gewebes gründen und eine erhöhte Widerstandsfähigkeit, sowie eine gesicherte Dauer ihrer transversalen Dimensionen zum Zweck haben. Da die beiden letzteren Substanzen durch Walzwerke zu Bändern von unbegrenzter Länge und willkürlicher Dicke und Breite geformt werden können, so bieten sie in dieser Beziehung Vortheile dar, welche dem Leder, das nur in Bändern von beschränkter Länge und Breite von dem Rücken des Thieres genommen werden darf, abgehen. Nachfolgende, im Conservatoire des arts et métiers (zu Paris) sorgfältig ausgeführte vergleichende Versuche mit Transmissionsriemen aus den drei genannten Stoffen, sowie mit Kautschukriemen welche mit einem gewebten Stoffe gefüttert sind, dürften einiges Interesse darbieten. Das zu der letzteren Riemengattung verwendete englische Gewebe ist von dem französischen etwas verschieden. Das französische Gewebe ist ein grober Baumwollstoff von 45 Einschlagfäden und 110 Kettenfäden auf den Decimeter, und einem Gewichte von 0,981 Kilogramm auf 1 Meter Länge und 1,03 Meter Breite. Kette und Einschlag bestehen aus 3 zusammengezwirnten Fäden. Das englische Gewebe ist dem französischen sehr ähnlich; es enthält 52 Einschlagfäden und 85 Kettenfäden per Decimeter; aber die Fäden haben eine andere Zusammensetzung, indem auf den Einschlag 6 und auf die Kette 7 zusammengezwirnte Fäden kommen. Der Stoff wiegt 1,086 Kilogrm. auf 1 Meter Länge und 1,05 Meter Breite. Diese, dem Segeltuch ähnlichen Gewebe werden den Transmissionsriemen bei der Fabrication in mehreren Schichten, welche den Kautschuk zwischen sich fassen und mit diesem einen Körper bilden, einverleibt. Für gewisse Fälle hat man dafür gesorgt, daß eine Schichte des Gewebes auf beiden Seiten des Riemens offen liegt, was wir mit dem Ausdrucke „Gewebe Außen“ bezeichnen werden, womit indessen nicht gesagt seyn soll, daß im Inneren des Riemens nicht noch eine oder mehrere Gewebelagen vorhanden sind. Wir werden uns ferner des Ausdruckes „Gewebe Innen“ bedienen, wenn dasselbe auf der äußeren Fläche des Riemens nicht sichtbar ist. Um eine Verunstaltung der äußersten Enden der Riemen, welche der Reihe nach einer bedeutenden Zugkraft ausgesetzt werden sollten, möglichst zu vermeiden, wurden Backen aus Eisenblech von der Breite des größten Riemens durch eine genügende Anzahl von Bolzen mit einander so verbunden, daß sie das Ende des Riemens auf eine gewisse Länge hin fest einklemmten. Eine hydraulische Presse lieferte die nöthige Zugkraft, welche überdieß durch eine mit der festen Klemmvorrichtung in Verbindung gebrachte Schnellwaage gemessen werden konnte. Die Dehnungen oder Verlängerungen wurden zwischen zwei in der Nähe der Backen gezogenen Merkzeichen beobachtet, wobei man sich eines Maaßstabes bediente, dessen eines Ende man bei jeder Beobachtung mit einem dieser Zeichen coincidiren ließ. Die Verlängerungen wurden per Meter Länge, und die correspondirenden Belastungen per Quadratmillimeter Querschnitt in Rechnung gebracht. I. Gewöhnlicher Lederriemen. – Es wurden mit drei solcher Riemen Versuche angestellt. Der erste, 145 Quadratmillimeter im Querschnitt und 1,7 Meter lang, von sehr guter Qualität, angefertigt von Paillard, wurde als Typus genommen. Der zweite, aus derselben Fabrik, 335,5 Quadratmillimeter im Querschnitt und 2 Meter lang, wurde mit Rücksicht auf eine in der Mitte befindliche Naht, der dritte mit Bezug auf eine Vernietung, welche die beiden Enden gleichmäßig vereinigte, probirt. Die Belastung fing mit 25 Kilogram. an und wurde, immer um 25 Kilogrm. zunehmend, bis zu 700 Kilogrm. gesteigert. Das Resultat des Versuches war folgendes. Der als Typus dienende Riemen riß unter einer Totalbelastung von 400 Kilogrm., oder von 2,758 Kilogrm. per Quadratmillimeter des ursprünglichen Querschnittes. Die dem Bruch vorangehende Verlängerung, welche 0,15 der ursprünglichen Länge betrug, hatte nicht so rasch wie die Belastungen zugenommen. Die beiden anderen Riemen, ein Fabricat von Scellos, rissen, der eine an der Naht, der andere an der Nietstelle bei einer Belastung von beziehungsweise 500 Kilogrm. oder 1,493 Kilogrm. per Quadratmillimeter, und 700 Kilogrm. oder 2,09 Kilogrm. per Quadratmillimeter. II. Gutta-perchariemen. – Querschnitt = 8,5 × 140 = 1190 Quadratmillim., Länge = 2 Meter, sehr schön gearbeitet und von sehr homogenem Aussehen. Es wurden zwei Versuche mit demselben angestellt. Nach dem ersten Versuche zeigte sich der genannte Querschnitt in Folge der bleibenden Verlängerung auf 1112 Quadratmillim. reducirt. Während des Zuges verlängerte sich der Riemen bei einer von 100 bis 400 Kilogrm. zunehmenden Belastung bis auf 2,528 Meter, dann ging er wieder auf 2,140 Meter zurück. Hierauf arbeitete man abermals mit einer freien Länge von 2 Metern. Am Ende des ersten Versuches verlängerte sich der Riemen unter einer Spannung von 0,336 Kilogrm., am Ende des zweiten Versuches unter einer Spannung von 0,360 Kilogrm. per Quadratmillim. in's Unbestimmte. Schon von 100 Grammen per Quadratmillim. an hatten die Verlängerungen weit rascher zugenommen, als die spannenden Kräfte. Nach dem Resultate der beiden Versuche kann die schließliche Spannung nur zu ungefähr 350 Grammen per Quadratmillimet. oder zu 35 Atmosphären geschätzt werden. Unter dieser Spannung kann man, ohne daß der Bruch erfolgt, wenigstens auf eine Verlängerung gleich der Hälfte der ursprünglichen Länge rechnen. III. Kautschukriemen. – Querschnitt = 98 × 5,5 = 539 Quadratmillimet., Länge = 2 Meter, Belastung von 50 bis 250 Kilogrm., um je 50 Kilogrm. wachsend. Beim ersten Versuch konnte man leicht erkennen, daß die Verlängerungen rascher zunahmen, als die Belastungen, aber der Bruch erfolgte in einer der Befestigungsstellen bei einer Spannung von 0,464 Kilogrm. per Quadratmillimeter des ursprünglichen Querschnittes. Ein zweiter, unter gleichen Bedingungen angestellter Versuch zeigte, daß die Verlängerungen für die nämliche Belastung bedeutender geworden waren; aber der Kautschuk hatte in Folge der ersten Belastungen zugleich an Elasticität gewonnen, und die Verlängerungen blieben bis zum Moment des Zerreißens, welches gleichfalls in einer der Befestigungsstellen erfolgte, proportional. IV. Riemen aus Kautschuk mit 4 Lagen von englischem Stoff (Gewebe Innen). – Querschnitt = 50 × 7,5 = 375 Quadratmillimet.; Länge = 2 Meter. Ein Doppelversuch lieferte den Beweis, daß ein Transmissionsriemen dieser Construction bis zu einer Belastung von 400 Kilogrm. oder von 1,067 Kilogrm. per Quadratmillimet. seine ganze Elasticität bewahrt, und daß diese selbst bei einer doppelten Spannung wenig alterirt wird. Beim ersten Versuch zerriß der Riemen in einer der Befestigungsstellen durch eine Totalbelastung von 400 Kilogrm., nachdem er sich um 248 Millimeter verlängert hatte, und zog sich dann wieder auf seine ursprüngliche Länge zusammen. Auch beim zweiten Versuch erfolgte der Bruch an der Befestigungsstelle, und zwar unter einer Totalbelastung von 875 Kilogrm. oder 2,333 Kilogrm. per Quadratmillimet. Die Länge betrug nach der Entlastung 2,043 Meter und zeigte somit eine bleibende Verlängerung von 21,5 Millimet. per Meter. V. Riemen aus Kautschuk mit 2 Lagen englischen Stoffes (Gewebe Innen). – Querschnitt = 100 × 4,25 = 425 Quadratmillimet.; Länge = 2 Meter. Dieser Riemen, dessen Querschnitt etwas größer als derjenige des vorhergehenden ist, von dem er sich überhaupt durch das Verhältniß seiner transversalen Dimensionen unterscheidet, verhielt sich genau wie dieser. Er zerriß bei einer Totalbelastung von 1125 Kilogrm. oder bei 2,649 Kilogrm. per Quadratmillimet. und zeigte nachher nur eine bleibende Verlängerung von 23 Millimet. per Meter. VI. Riemen aus Kautschuk mit 6 Lagen englischen Stoffes (Gewebe Innen). – Querschnitt = 150 × 10,5 = 1575 Quadratmillimet.; Länge = 2 Meter; Belastung um je 100 Kilogrm. zunehmend. Bei den beiden ersten Versuchen erfolgte der Bruch in den Befestigungsstellen unter Belastungen von beziehungsweise 0,952 und 1,079 Kilogrm. per Quadratmillimet. ohne bleibende Verlängerung. Beim dritten Versuch erfolgte der Bruch gleichfalls in einer Befestigungsstelle, aber erst unter einer Belastung von 2 Kilogrm. per Quadratmillimet., wornach sich eine bleibende Verlängerung von 14,7 Millimet. per Meter herausstellte. VII. Riemen aus Kautschuk mit 2 Lagen französischen Stoffes (Gewebe Innen). – Querschnitt = 3,5 × 100 = 350 Quadratmillimet., Länge = 2 Meter. Die Resultate sind mit den unter Nr. V verzeichneten Resultaten so zu sagen identisch und zeigen, daß die Ersetzung des einen Gewebes durch das andere die elastischen Eigenschaften des Stoffes in keiner Weise modificirt hat. VIII. Riemen aus Kautschuk mit 3 Lagen englischen Stoffes (Gewebe Außen). – Querschnitt = 50 × 5 = 250 Quadratmillimet.; Länge = 2 Meter. Bei Kautschukriemen ist die mangelhafte Adhäsion in Folge ihrer Glätte ein großer Uebelstand. Dieser Fehler läßt sich aber glücklicher Weise dadurch sehr verringern, daß man die beiden äußeren Flächen mit dem Gewebe bekleidet. Die Rauhigkeit und die Zusammendrückbarkeit der Maschen gewähren in obiger Hinsicht einen bemerkenswerthen Vortheil. Der Versuch hat gezeigt, daß eine solche Anordnung die mechanischen Eigenschaften des Transmissionsriemens nicht alterirt. Der Riemen leistete zwischen den Merkzeichen einen Widerstand bis zu 3,3 Kilogrm. per Quadratmillimet. Die Verlängerungen waren von den bei den vorhergehenden Versuchen erhaltenen Verlängerungen für die gleichen Belastungen sehr wenig verschieden. IX. Riemen aus Kautschuk mit 6 Lagen englischen Stoffes (Gewebe Außen). – Querschnitt = 120 × 9 = 1080 Quadratmillimet. Es wurden zwei Versuche angestellt. Der Riemen zerriß zuerst in einer Befestigungsstelle unter einer Totalbelastung von 1600 Kilogrm. oder 1,482 Kilogrm. per Quadratmillimet. und behielt eine bleibende Verlängerung von 13 Millimetern per Meter. Der zweite Versuch konnte bis zu 2200 Kilogrm. Totalbelastung oder 2,037 Kilogrm. per Quadratmillimet. fortgesetzt werden, wobei sich eine weitere bleibende Verlängerung von nur 4 Millimet. oder von 2,35 Millimet. per Meter herausstellte. X. Riemen aus Kautschuk mit 3 Lagen französischen Stoffes (Gewebe Außen). – Querschnitt = 50 × 5 = 250 Quadratmillimet.; Länge = 2 Meter. Dieser Riemen zerriß zwischen den Marken unter einer Belastung von 2,3 Kilogrm. per Quadratmillimet. und zeigte eine um Weniges größere Verlängerung als die beiden vorhergehenden Riemen. An vorstehende Versuche reihten sich noch weitere Proben mit dem englischen und französischen Gewebe allein, welche eine größere Widerstandskraft des französischen Fabricates dem englischen gegenüber constatirten. Nachdem der Berichterstatter hieran noch einige Betrachtungen über den Einfluß der Zwischenlagen von gewebten Stoffen geknüpft hat, gelangt er als Endresultat sämmtlicher Versuche zu nachstehenden Schlußfolgerungen: 1) Lederne Transmissionsriemen bieten die am meisten veränderlichen Verlängerungen dar, weßhalb man genöthigt ist, dieselben vor ihrem Gebrauch vorgängigen Spannungen auszusetzen, um jene Dehnungen während des Gebrauches zu vermeiden. 2) Im Mittel dehnen sich um 1/10 ihrer ursprünglichen Länge aus: Lederriemen bei einer Belastung von 0,77, Riemen aus Kautschuk und Gewebe bei einer solchen von 0,7, Kautschukriemen bei 0,28 und Gutta-perchariemen bei 0,25 Kilogrm. per Quadratmillimet. Demgemäß nähern sich in dieser Hinsicht die gemischten Riemen sehr den Lederriemen. 3) Aber eine doppelte Verlängerung, welche beim Leder durch eine Belastung von 1,66 Kilogrm. per Quadratmillimet. erzielt wird, erfordert bei einem aus Kautschuk und Gewebe zusammengesetzten Riemen eine Belastung von 2,52 Kilogrm. 4) Die Industrie hat daher mit Vortheil die Eigenschaft des Leders nachgeahmt, Verlängerungen zu gestatten, welche weit weniger rasch zunehmen, als die Spannungen. 5) Diese, hinsichtlich der Anwendung charakteristische und interessante Eigenschaft, ist in dem einen wie in dem anderen Falle ohne Zweifel den Hindernissen zuzuschreiben, welche sich dem Wiedergeraderichten der Längsfasern entgegensetzen, d.h. den Kettenfäden bei Geweben und den in den Zellen haftenden Stoffen beim Leder. 6) Diese beiden Arten von Transmissionsriemen können für gewöhnlich unter einer Spannung von 1 Kilogrm. per Quadratmillimet. in Gebrauch genommen werden. 7) Die Kautschukriemen ohne Gewebe und die Gutta-perchariemen dürfen keiner stärkeren Spannung als 0,25 Kilogrm. per Quadratmillimeter unterworfen werden. Bei einer Temperatur von 20° C. und unter einer Spannung von 0,35 Kilogrm. zieht sich die Gutta-percha in's Unbestimmte auseinander, und Kautschuk reiht bei 0,4 Kilogrm. 8) Die Gutta-percha läßt sich in allen denjenigen Fällen, wo die Transmission der Benetzung mit kaltem Wasser ausgesetzt ist, mit großem Vortheil anwenden; man muß es aber sorgfältig vermeiden, sie den Sonnenstrahlen auszusetzen. Auch lassen sich die Ueberbleibsel leicht zu neuem Gebrauch immer wieder umformen. 9) Der vulcanisirte Kautschuk verschlechtert sich mit dem Gebrauch und wird sehr brüchig. Die Beigabe des gewebten Stoffes verleiht seiner Anwendung größere Sicherheit und Dauer. 10) Endlich läßt sich letztere Art der Fabrication leicht für Dimensionen anwenden, welche mit dem Leder nicht hergestellt werden können. Sie eignet sich insbesondere für Transmissionsriemen welche zur Uebertragung großer Kräfte bestimmt sind, wobei die Spannung nicht über 0,5 Kilogrm. per Quadratmillimeter hinausgeht.