Titel: Ueber die Behandlung der zu Wasserleitungszwecken bestimmten gußeisernen Röhren; von Ingenieur C. Poppe.
Autor: C. Poppe
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XLVI., S. 181
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XLVI. Ueber die Behandlung der zu Wasserleitungszwecken bestimmten gußeisernen Röhren; von Ingenieur C. Poppe. Mit einer Abbildung auf Tab. V. Poppe, über die Behandlung der gußeisernen Röhren für Wasserleitungen. Die Wasserversorgung der Städte mittelst Quellwasserleitungen spielt in neuerer Zeit eine so hervorragende Rolle im Gebiete größerer gemeinnütziger und industrieller Unternehmungen, daß es für einen großen Theil des technischen Publicums von Interesse seyn dürfte, zu erfahren, auf welche Weise die zu Wasserleitungen dienenden gußeisernen Röhren behandelt werden, ehe sie zur Verlegung gelangen. Eine größere Anlage dieser Art wird zur Zeit für die Stadt Frankfurt a. M. ausgeführt, nämlich eine Quellwasserleitung aus dem Vogelsberg nach der Stadt. Diese Leitung hat eine ganz bedeutende Ausdehnung, und werden die in verschiedenen renommirten Fabriken des In- und Auslandes angefertigten Zuleitungsröhren folgendermaßen behandelt. Die Röhren, welche stehend, in gut getrockneten Formen, mit dem Muff nach unten, gegossen werden, haben, nachdem sie von innen und außen vollständig von den Nähten und dem Gußsand gereinigt sind, eine Probe zu bestehen, indem man sie durch inneren Wasserdruck auf 20 Atmosphären prüft. Zu diesem Zweck werden die Röhren zwischen eine Presse gespannt, deren Construction aus Figur 5 im Aufriß zu ersehen ist. B und C sind zwei Gußplatten mit Rippen, welche den in der Längsrichtung des Rohres wirkenden, namentlich bei weiten Röhren sehr bedeutenden Druck aufzunehmen haben und dem entsprechend stark construirt werden müssen. Dieselben sind auf dem Fundament befestigt und durch Traversen D verbunden. In die Platte C ist ein Muttergewinde eingeschnitten, in welchem sich die Schraube F drehen kann, durch deren Vorwärtsbewegung die Preßplatte A gegen das Rohrende gepreßt wird. Diese Preßplatte wird durch zwei Rollen E getragen, welche oben auf den Traversen D laufen. Auf den beiden Platten A und B sind Holzscheiben, welche aus Hirnholz zusammengesetzt sind, befestigt, wodurch die Dichtung des Rohres bewirkt wird. Statt der Holzscheiben wendet man auch schmiedeeiserne Ringe an, welche mit Hanf umwickelt und zwischen Rohr und Platte gelegt werden; für Röhren von kleinerem Durchmesser benutzt man einfach Kautschukplatten. Indessen bewährt sich erstere Art der Verdichtung ganz gut. Durch Drehen an dem Schwungrad H wird das Rohr fest zwischen den Platten A und B eingespannt, und nachdem dieß geschehen ist, durch das Rohr G mit Wasser gefüllt. Die Luft kann durch ein anderes kleines Rohr J entweichen, welches bis dicht an den Muffrand geht. Ist das Rohr vollständig mit Wasser gefüllt, so wird mittelst einer Druckpumpe durch das Rohr G so lange Wasser eingepreßt, bis das Manometer den gewünschten Druck anzeigt. Alsdann wird mit dem Hammer auf das Rohr geschlagen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, daß dasselbe die gehörige Widerstandskraft gegen Erschütterungen welche von hydraulischen Stößen u. dergl. herrühren, besitzt. Nicht alle Fabriken prüfen die von ihnen gelieferten Röhren durch Hämmern während des Pressens; es sind indessen gerade durch hydraulische Stoßwirkungen des Wassers schon so häufig Brüche und allerlei Unfälle an Röhrenleitungen entstanden, daß man, um ganz sicher zu gehen, gut hut, jedes einzelne Rohr auch in Bezug auf diesen Punkt der Probe durch Hämmern zu unterwerfen. Die Röhren dürfen selbst unter einem verhältnißmäßig hohen Druck durchaus kein Wasser durchschwitzen lassen, was jedoch sehr häufig vorkommt, namentlich an dem dem Muff entgegengesetzten Ende. Weil nämlich die Röhren mit dem Muffe nach unten gegossen werden, sammeln sich die Theile von geringerem specifischen Gewicht, z.B. Schlacken und losgelöste Schwärze mit welcher Form und Kern bestrichen werden, am entgegengesetzten Ende an, wodurch der Guß dort leicht porös ausfällt. Sehr selten ist ein Rohr an dem Muff undicht. Unbedeutendes Schweißen des Rohres kann manchmal durch gelindes Verstemmen der Stelle beseitigt werden, oder auch dadurch daß man dasselbe einige Tage liegen läßt, wodurch ein Einrosten der porösen Stelle stattfindet. Durch eine nachträgliche Probe überzeugt man sich alsdann, ob das betreffende Rohr vollkommen dicht ist. Behufs Kontrolle der gehörigen Wandstärke werden die gut befundenen Röhren gewogen und sollen dieselben durchschnittlich das Normalgewicht haben. Für die Frankfurter Quellwasserleitung werden noch Röhren bis zu 3 Proc. unter dem Normalgewicht acceptirt. Um die Röhren vor dem Rosten zu schützen, gibt man denselben, nachdem sie geprüft sind, von innen und außen einen Ueberzug von abgedampftem Steinkohlentheer und zwar nach dem Patent von Dr. August Smith,Mitgetheilt im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVIII S. 263. indem man sie mittelst eines Krahnes in einen Kessel mit siedendem Theer eintaucht und so lange darin läßt, bis sie die Temperatur der Masse angenommen haben. Alsdann werden dieselben herausgewunden, so daß das Ueberflüssige abtropfen kann, und zum Abkühlen niedergelegt. In manchen Fabriken werden die Röhren nicht senkrecht, sondern horizontal eingetaucht, indessen ist erstere Methode, des gleichmäßigeren Ueberzuges halber entschieden vorzuziehen. Eine andere Art des Theerens der Röhren ist die, daß man dieselben zwischen eine Presse spannt, alsdann mittelst Dampf von mehreren Atmosphären Spannung erwärmt, und hernach den Theer mit großen Pinseln und Bürsten auf das Rohr aufträgt; nachdem dieß geschehen ist, wird das Rohr ausgespannt und dessen Inneres in gleicher Weise behandelt. Es ist indessen leicht einzusehen, daß bei der Smith'schen Methode durch das längere Eintauchen in der siedenden Theermasse, der Theer besser in die Poren des Eisens eindringt und das Rohr so zu sagen imprägnirt wird, und deßhalb dem Rosten nicht so leicht ausgesetzt ist, als die nach anderen Methoden getheerten Röhren. Bei dem Transport der fertigen Röhren muß mit der größten Sorgfalt zu Werk gegangen werden, damit sich dieselben nicht direct berühren können, da die Stöße und Erschütterungen durch den Transport den Röhren höchst nachtheilig sind. Es ist deßhalb, da wo es die Verhältnisse irgend wie erlauben, der Transport zu Wasser vorzuziehen. Bevor die Röhren verlegt werden, prüft man dieselben zum zweiten Male durch inneren Wasserdruck, um die durch den Transport beschädigten Röhren erkennen zu können. Der bei diesen nachträglichen Proben sich ergebende Ausschuß ist öfters ganz beträchtlich.

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