Titel: Ueber Panzer und Panzergeschütze.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LIV., S. 200
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LIV. Ueber Panzer und Panzergeschütze. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Ueber Panzer und Panzergeschütze. Die Idee, hölzerne und eiserne Schiffe zum Schutze gegen die verheerenden Wirkungen der feindlichen Bomben mit einer eisernen Panzerung zu bekleiden, ist bekanntlich zuerst von Louis Napoleon, dem ehemaligen Kaiser der Franzosen, praktisch ausgeführt worden. Vor 18 Jahren ließ er die schwimmenden Panzer-Batterien erbauen, welche noch an einer der letzten Unternehmungen des Krimkrieges, dem Bombardement und der Eroberung von Kinburn, mit Erfolg Theil nahmen. Dem von Frankreich gegebenen Beispiel der Anschaffung von Panzerschiffen folgten zunächst England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika, bald aber auch alle übrigen Seemächte, besonders nachdem das berühmt gewordene Seeduell zwischen dem nordstaatlichen, von dem talentvollen Ericsson gebauten Panzer-Thurmschiff „Monitor“ und dem südstaatlichen Panzer-Widderschiff „Merrimac“ am 8. März 1862 auf der Rhede von Hampton stattgefunden und die außerordentlich große Widerstandsfähigkeit des Eisens gegen Geschützfeuer, selbst aus nächster Nähe, unwiderleglich dargethan hatte. Aber die augenblicklich aus dem Felde geschlagene Artillerie fühlte wenig Neigung, die den so verwundbaren Holzschiffen gegenüber Jahrhunderte hindurch behauptete unbedingte Ueberlegenheit so leichten Kaufes an ihre nunmehr eisengewappneten Gegner abzutreten. Es begann vielmehr zwischen Geschütz und Panzer ein mit äußerster Energie geführter Wettstreit, der auch für die Allgemeinheit insofern von wohlthätigen Folgen begleitet war, als er auf beiden Seiten allen Erfindungsgeist und alle Hülfsmittel der Technik im höchsten Maaße anspannte, um den endlichen und entscheidenden Sieg über den furchtbaren Widersacher zu sichern. Hier die gezogenen Geschütze, Vorderlader und Hinterlader, die Steigerung der Kaliber, der Geschoßgewichte und der Ladungen zu einer bisher ungeahnten Höhe; die erfolgreiche Ausbildung der theoretisch zwar längst bekannten, aber praktisch noch in der Kindheit liegenden sogenannten „künstlichen Metallconstruction“ der Geschützröhre (Krupp's und Armstrong's Ringröhre); die Vervollkommnung des Gusses eiserner Röhre (Rodman's Methode der Kühlung mit kaltem Wasser oder kalter Luft, welche durch den hohlen Kern des Gußstückes strömen); der Gebrauch von Geschossen aus Gußstahl und Eisenhartguß (Gruson's Schalenguß); endlich die Anwendung neuer Pulversorten von möglichst großer Triebkraft, aber möglichst geringer Offensivität (preußisches und russisches prismatisches Pulver, englisches Kieselpulver u.a.m.); – dort ein Aufbieten der riesigsten Kräfte und der sinnreichsten Ofenanlagen, um immer größere Eisenplatten erhitzen, schweißen, walzen und zu Panzerplatten von möglichst großer Dicke und möglichst widerstandsfähiger Form gestalten zu können; der Guß ungeheurer Hartgußmassen zu gepanzerten Geschützständen für Landbefestigungen (Gruson's Panzer-Cassematte von Eisenhartguß); ein ebenso emsiges, wie mühevolles praktisches Studium der wichtigen Frage, welche Hinterlager den Panzerplatten zu geben, in welcher Reihenfolge ihre einzelnen Holz- und Eisenschichten anzuordnen und mit welcher Sorte von Schraubenbolzen das Ganze zu verbinden sey, um ihm ein Maximum von Widerstandsfähigkeit gegen anprallende Geschosse zu verleihen. Auf diesem Wege mußte man natürlich zu staunenswerthen Resultaten nach beiden Richtungen hin gelangen. Vor 10 Jahren besaß England, die erste Seemacht der Welt, nur vier fertige Panzerschiffe („Warrior,“ „Black Prince,“ „Defence“ und „Resistance“), deren Panzer von 11 1/2 Centimeter (4 1/2 Zoll engl.) Dicke als Muster von Stärke und Widerstandsfähigkeit galten (auch die französischen Panzerlinienschiffe „Magenta“ und „Solferino“, und die Fregatten der „Gloire“-Classe behalfen sich mit solchen Platten); damals erschien ferner ein grobkörniger Bruch und ein sprödes Gefüge in so kolossalen Walzstücken als selbstverständlich und unvermeidlich, und die preußische gezogene 15 Centimeter-Kanone (24 Pfünder) mit 2,25 Kilogrm. gewöhnlichen Pulvers und mit gußeisernen Vollgeschossen von 34 Kilogrm. Gewicht wurde noch als ein mächtiges „Panzergeschütz“ angesehen, weil sie die 11 1/2 Centimeter-Platten mit einigen Treffern, wenn auch nicht durchschlagen, so doch zerschmettert und zersplittert hatte. Fünf Jahre später dagegen (1867) trat Friedrich Krupp in Essen bei Gelegenheit der Pariser allgemeinen Industrie-Ausstellung bereits mit seinem berühmten 1000 Pfünder auf, einem gezogenen Hinterlader von 35 1/2 Centimet. Seelendurchmesser und 50000 Kilogrm. Rohrgewicht (mit Verschluß), der ein 480 Kilogrm. schweres Geschoß mit 75 Kilogrm. prismatischen Pulvers verfeuert; zu derselben Zeit schickten auch die Franzosen, welche der grimmige Concurrenzneid dem grand canon der schon damals bitter genug gehaßten Prussiens gegenüber nicht ruhig schlafen ließ, einen gußeisernen, am Bodenstück mit Ringen von Puddelstahl (aus der renommirten Fabrik von Pétin und Gaudet in Rive de Gier bei St. Etienne) verstärkten glatten 42 Centimeter-Hinterlader auf die Ausstellung; dieses Ungethüm, welches ursprünglich auch gezogen werden sollte und für das sogar schon Langgeschosse gegossen und ebenfalls mit ausgestellt waren, hatte indeß eine so dünnwandige und gebrechliche Gestalt, daß es sich gleich auf den ersten Blick nicht sowohl als Geschützrohr, sondern lediglich als ein röhrenförmiges Schaustück charakterisirte, welches nicht den mindesten artilleristischen Werth beanspruchen konnte und unseres Wissens auch niemals eine praktische Verwendung gefunden hat. Auf der anderen Seite war es aber den Vertretern des defensiven Elementes, also der Schutzpanzer, bereits im Jahre 1868 gelungen, Platten von 38 Centimeter (15 Zoll engl.) Stärke herzustellen, welche allerdings nicht auf Schiffen, sondern nur in Landbefestigungen Verwendung finden sollten. Ihre Beschießung mit englischen 10- und 12zolligen Woolwich-Vorderladern und einer amerikanischen glatten 15zölligen Rodman-Columbiade fand im Juni 1868 zu Shoeburyneß statt. Die eine Platte, von gewalztem Schmiedeeisen, hatte man aus den Atlas-Werken (Brown und Comp.) in Sheffield, die andere, von gehämmertem Eisen, aus den Themse-Eisenwerken in Blackwall bezogen. Keine von beiden hielt sich bei der Beschießung gut; indeß erwies sich doch die gewalzte Platte immerhin viel widerstandsfähiger, als die gehämmerte, wie dieß auch allen in dieser Richtung bisher gemachten Erfahrungen entspricht, wornach der Walzproceß für die Herstellung von Panzerplatten bei weitem den Vorzug vor dem Hammerproceß verdient. Die schwersten schwimmenden Platten (für Panzerschiff-Thürme) wurden im vorigen Jahre ebenfalls zu Shoeburyneß beschossen; die eine Scheibe hatte eine Platte von 35 1/2 Centimet. (14 Zoll engl.), die andere eine Platte von 15,2 und eine zweite von 20,3 (zusammen ebenfalls 14 Zoll engl.); der Woolwich-12 Zöller mit einer Ladung von 38,6 Kilogrm. Pebble- (Kiesel-) Pulver vermochte beide Scheiben weder mit Granaten, noch mit Vollgeschossen zu durchschlagen. Aber nicht nur in der Herstellung mächtiger Panzer, sondern auch in deren kunstgerechter Zerstörung bestrebten sich die Engländer stets das Aeußerste zu leisten. Indeß ist das Kaliber ihrer schweren Küsten- und Marinegeschütze, wenn man von einigen später wieder aufgegebenen Versuchen mit Armstrong'schen 13 Zöllern absieht, in Wirklichkeit noch nie über den gezogenen 12 Zöller (30,5 Centimet.) hinausgekommen, obwohl man schon 1868 die kühne Idee erfaßt hatte, einen gezogenen Woolwich-20 Zöller nach Fräser'schem Fabricationsprincip anzufertigen; kurz darauf wollte man sich zwar schon mit 14 Zöllern begnügen; aber auch diese scheinen vorerst noch nicht dem Bereich des Thatsächlichen angehören zu sollen; vielmehr ist gegenwärtig noch ein Woolwich-12 Zöller von 35 Tonnen (= 35000 Kilogrm.) Rohrgewicht, sinniger Weise das Woolwich Baby (der „Woolwich Säugling“) genannt, der einzige Vertreter der schwersten Geschützart Englands. Sonach hat die englische Artillerie vorläufig ebenso wenig unserem Krupp'schen 1000 Pfünder einen ebenbürtigen Rivalen an die Seite zu stellen, wie die französische, deren schwerstes Geschütz der gezogene 27 Centimeter-Hinterlader ist mit 22000 Kilogrm. Rohrgewicht, 216 Kilogrm. Gewicht der Panzergeschosse, und 24 (gegen Panzer 36) Kilogrm. Ladung, aber nur 342 Meter Anfangsgeschwindigkeit, also auch nur einer verhältnißmäßig sehr geringen Durchschlagskraft. Nur die Vereinigten Staaten von Nordamerika besitzen schon seit geraumer Zeit Geschütze von größerem Kaliber, als unser 1000 Pfünder, nämlich die von Rodman construirten gußeisernen 15- und 20 Zöller von bezüglich 38 und 50,7 Centimet. Seelendurchmesser; aber es sind dieß nur glatte Kanonen, deren Wirkung im Verhältniß zu gleichnamigen gezogenen Kalibern natürlich um ein sehr erhebliches Maaß zurückstehen würde, wie die oben erwähnten im Juni 1868 zu Shoeburyneß stattgehabten Panzerschießversuche überzeugend genug dargethan haben; denn der bei dieser Gelegenheit mit den englischen Woolwich-Geschützen in Concurrenz getretene amerikanische glatte 15 Zöller ergab trotz seiner 205 Kilogrm. schweren Vollkugeln von vorzüglichem, mit Holzkohle gegossenen Eisen und seiner Ladung von 38 Kilogrm. sehr offensiven Pulvers (large grained rifle powder) doch nur ungemein geringe Eindringungstiefen, während sich seine erschütternde Wirkung gegen die Ziele allerdings etwas größer herausstellte. Der vorerwähnte Rodman-20 Zöller oder Tausendpfünder von 50,7 Centimet. Seelendurchmesser ist in zwei verschiedenen Constructionen gegossen worden; die schwerere von 59000 Kilogrm. Gewicht war für die Küsten-Artillerie, die leichtere, welche nur 50750 Kilogrm. wog, für die Bewaffnung der Schiffe bestimmt. Das erstere Rohr ist 6,11 Meter lang und hat einen Durchmesser von 1522 Millimet. am Bodenstück, und von 863 Millimet. an der Mündung. Das zugehörige Geschoß, eine eiserne Vollkugel, wiegt 500, die Laffette 18000 Kilogrm. Ein Schießversuch mit diesem Geschütz fand zuerst am 26. October 1864 im Fort Hamilton bei New-York statt; es gab einen blinden und zwei scharfe Schüsse ab, jenen mit 45,35, diese mit 22,5 und 45 Kilogrm. Pulver; zum Einbringen der Geschosse in das Rohr bediente man sich eines Hebezeuges. Das Geschütz soll sich bei diesem Versuch im Ganzen gut verhalten, dagegen bei verschiedenen anderen Gelegenheiten eine sehr wenig befriedigende Wirkung an den Tag gelegt haben. Dessenungeachtet sind die Amerikaner von der ferneren Anfertigung glatter 20 Zöller nicht abgegangen; sogar das im Jahre 1871 vollendete Panzerschiff Stevens Battery ist noch mit zwei solchen Geschützen in einem Thurm bewaffnet worden. Auch den Russen ist dieser ziel- und erfolglose Abweg der amerikanischen Artillerie nicht ganz erspart geblieben, obschon sie sich principiell im Großen und Ganzen unbedingt für das System der preußischen Hinterlader entschieden und auch schon eine ganz beträchtliche Anzahl der letzteren bei sich eingestellt haben. Im Jahr 1869 wurden mehrere russische Monitors mit glatten 15 Zöllern ausgerüstet und seitens der kaiserlichen Geschützgießerei zu Perm sogar der Guß eines 20 Zöllers glücklich vollendet, den man nach der Construction des Generals Pestisch nach Rodman's Princip (mit künstlicher Abkühlung von innen nach außen) gegossen und für ein Panzer-Thurmschiff bestimmt hatte. Das Geschoß wog 550 und die Pulverladung 70 Kilogrm. Diesen gewaltigen Anstrengungen und Leistungen der Artillerie gegenüber blieb aber auch, wie schon erwähnt, die Panzertechnik keineswegs müßig, sondern suchte dem übermächtigen Feinde, dem Canon, von Stufe zu Stufe immer stärkere und widerstandsfähigere Schutzmittel entgegenzustellen, und wenn dieser rastlose „Krieg im Frieden“ in verschiedenen Staaten, namentlich in England und Amerika, erstaunlich große Summen verschlungen hat, so ist doch dadurch andererseits auch der Förderung und Entwickelung der Eisenindustrie im Allgemeinen ein recht ersprießlicher und in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzender Vorschub geleistet worden. Die Anforderungen, welche man an eine brauchbare Panzerplatte zu stellen hat, gipfeln offenbar darin, daß diese möglichst zähe und geschmeidig seyn soll, damit sie dem Eindringen der Geschosse einen maximalen Widerstand entgegen zu setzen vermöge, ohne daß ein Brechen oder Abreißen einzelner Plattentheile zu besorgen steht. Aus diesem Grunde kann gewöhnliches Gußeisen augenscheinlich als geeignetes Metall für Panzerplatten überhaupt gar nicht in Betracht kommen, wogegen die bisher fast ausschließliche Verwendung des Schmiedeeisens als Plattenmaterial sehr erklärlich erscheint. Die Herstellung der schmiedeeisernen Platten geschieht in der Regel durch Walzen, wobei man, anfangs mit kaum 50 Millimet. Plattenstärke beginnend, bereits bis zu fast 400 Millimet fortgeschritten ist; auch hat man durch sinnreiche Benutzung von Kreosotdämpfen zur Erzeugung höchst möglicher Hitzegrade selbst die stärksten Platten in alle Formen biegen gelernt, wie sie ihre Verwendung zu Panzerthürmen u. dgl. erheischt. Vor einigen Jahren hat man in England auch noch ein anderes, von Capitän Smith angegebenes Verfahren zur Anfertigung der schmiedeeisernen Platten praktisch versuchl. Eisenstäbe wurden (in ähnlicher Weise, wie bei der Fabrication der Armstrong'schen Geschützröhre) in warmem Zustande über einen cylindrischen Dorn zu Ringen (sogenannten coils) zusammengebogen und geschweißt, dann der so entstandene Cylindermantel in zwei, einander diametral gegenüber liegenden und seiner Achse parallelen, geraden Linien aufgeschnitten und endlich die beiden halbrunden Hälften zu zwei ebenen Platten von etwa 2 Meter Länge und 1,4 Met. Breite ausgewalzt. Bei Schießversuchen indeß, welche man mit dem Armstrong-Siebenzöller gegen derartige Platten zur Ausführung brachte, legten sie durchaus eine ungenügende Widerstandsfähigkeit an den Tag, wobei es sich ganz gleichgültig erwies, ob die Längsrichtung der Eisenfasern in den Platten waagrecht oder senkrecht lag. Die besten und stärksten schmiedeeisernen Platten werden immer noch von einigen englischen Fabriken geliefert (unter denen namentlich Brown und Comp. in Sheffield rühmlich hervorzuheben sind); auch die französischen Platten von Pétin und Gaudet in Rive de Gier bei St. Etienne, sowie die österreichischen, von steirischen Werken bezogenen, haben sich im Ganzen recht gut bewährt; dagegen steht die deutsche Eisenindustrie in dieser Beziehung leider immer noch sehr gegen das Ausland zurück, indem ihre bisherigen Leistungen in der Plattenfabrication ein praktisch verwerthbares Resultat noch nicht erzielt haben. Um das Eindringen der Geschosse in das verhältnißmäßig weiche Schmiedeeisen zu erschweren, ist auch der Versuch gemacht worden, die eisernen Platten mit einer Decklage von aufgeschraubten Stahlplatten zu versehen. Bei dem Beschießen derartiger Ziele wurde auch in der That eine ziemliche Anzahl Geschosse durch die harte Oberfläche des Stahles abgelenkt; doch stellte sich zugleich der große und entscheidende Uebelstand heraus, daß, wenn auch die Geschosse nicht in den Panzer eindrangen, doch die dünnen Stahlplatten stets theilweise zertrümmert wurden und Risse von bedeutender Länge erhielten, so daß bei den folgenden Treffern fast immer größere Plattenstücke sich losrissen. Auch die Verbindung der Eisen- und Stahlplatten durch Schraubenbolzen erwies sich als die Quelle mannichfacher Uebelstände; namentlich wurden die Bolzen, wenn von einem Geschoß direct getroffen, häufig derartig durch die Panzerwand hindurchgetrieben, wie dieß übrigens bei den Bolzen welche einfache schmiedeeiserne Platten mit der zugehörigen Holz- und Eisenhinterlage verbinden, ebenfalls oft zu geschehen pflegt; durch die in solchem Falle im Batteriedeck des Schiffes mit großer Gewalt umhergeschleuderten zahlreichen Eisentrümmer (Bolzenschäfte, Bolzenköpfe, Muttern, Unterlegscheiben u.s.w.) würde dann stets eine kartätschartige, mörderische Wirkung gegen die Geschützbedienung der Batterie erzeugt werden, welcher sich nur dadurch einigermaßen vorbeugen läßt, daß man an den Innenwandungen der Panzerung geeignete Splitterfänger (Flechtwerk von starken Tauen u. dgl.) anbringt. Aus obigen Gründen mußte daher von combinirten, durch Schrauben zusammengehaltenen Stahl- und Eisenpanzern Abstand genommen werden, und man wandte sich nunmehr dem allerdings ziemlich nahe liegenden Versuch zu, die Panzerplatten ganz aus Stahl herzustellen. Diese Idee zeigte in der praktischen Ausführung indeß auch recht bedenkliche Seiten. Bei genügender Stärke fielen die Platten, wenn man ihnen die wünschenswerthe Härte gab, zu spröde aus und zerschellten in Folge dessen bei dem Beschießen sehr leicht; wenn man sie aber auf der anderen. Seite, um ihre Zähigkeit entsprechend zu steigern, ungefähr ebenso weich machte, wie Schmiedeeisen, so übertrafen sie auch letzteres an allgemeiner Widerstandsfähigkeit gegen auftreffende Geschosse nur noch in so geringem Grade, daß sie bei weitem nicht mehr die Vortheile darboten, welche man von ihnen, nach Maaßgabe ihres höheren Preises im Vergleich mit schmiedeeisernen Platten, unter allen Umständen beanspruchen mußte. Man gab deßhalb auch die ganz stählernen Platten wieder auf, und kehrte nochmals zu dem System der aus Schmiedeeisen und Stahl combinirten Panzerplatten zurück, wagte aber diesesmal, anstatt beide Metalle durch Schraubenbolzen zu verbinden, den kühnen Versuch, ihnen durch Zusammenschweißen eine möglichst innige Vereinigung zu geben. Man legte zu diesem Behuf zwei Brammen von entspechender Größe, die eine von Schmiedeeisen die andere von Stahl, beide in genügend erhitztem Zustande auf einander und walzte sie unter starten Walzwerken zu Panzerplatten aus; auf diese Weise erhielt man Panzer, welche an der dem Feinde zugewendeten Fläche hart, im Inneren dagegen weich und zähe waren. Schießversuche gegen derartige Platten lieferten, je nach der verschiedenartigen Güte der Fabrication, theils recht günstige, theils aber auch entschieden ungünstige Ergebnisse. Und eben die bedeutenden Schwierigkeiten der Anfertigung, die großen Kosten des angewendeten Verfahrens und die niemals unbedingt zu garantirende Sicherheit eines völligen Gelingens des Processes bildeten wohl die maaßgebenden Gründe dafür, daß sich auch die in dieser, gegen früher wesentlich vervollkommneten Weise hergestellten combinirten Stahleisenpanzer keinen dauernden und erfolgreichen Eingang in die Schiffbautechnik zu verschaffen im Stande gewesen sind; denn schon ein geringer Fehler in der Schweißung, wie er bei der vorbeschriebenen Art der Fabrication offenbar ungemein leicht vorkommen kann, und der dadurch bedingte weniger innige Zusammenhang beider Platten ruft, wenn er nur einige Ausdehnung erreicht, alsdann ähnliche Uebelstände hervor, wie sie bereits in Betreff der an einander geschraubten Platten erwähnt wurden. Ebenso führten die Versuche, Panzerplatten von bedeutender Stärke durch Zusammenschrauben und Zusammennieten einer größeren Anzahl dünner Platten herzustellen, im Großen und Ganzen nicht zu befriedigenden Resultaten, indem auch hier die zahlreichen Verbindungsbolzen und Verbindungsniete immer als vorzugsweise schwache Theile dieser Constructionen sich erwiesen. Was den größeren oder geringeren Grad von Schußfestigkeit anbelangt, so scheint vorläufig wenigstens so viel festzustehen, daß zusammengesetzte Panzerungen, deren einzelne Platten einander unmittelbar berühren, weniger widerstandsfähig sind, als massive Panzer von derselben Stärke, daß sie dagegen letzteren in dieser Beziehung mindestens gleichkommen, wenn sich zwischen den einzelnen Platten immer Lufträume befinden; es könnte das seinen Grund wohl darin haben, daß die Zwischenräume ein freieres Durchfedern der verschiedenen Platten und somit auch eine vollkommenere Entwickelung der Elasticität des ganzen Systemes gestatten. Jedenfalls kann das vielfach als gültig und maaßgebend angesehene Gesetz: daß die Widerstandsfähigkeit zweier Panzerplatten von verschiedener Stärke sich unter sonst gleichen Umständen verhält wie die Quadrate der bezüglichen Plattenstärken, auf das Verhältniß der massiven zu den zusammengesetzten Panzern keine Anwendung finden, indem darnach ein beispielshalber aus 25 oder 36 einzelnen Platten von je 1 Centimet. Dicke zusammengesetzter Panzer nicht widerstandsfähiger seyn würde, als eine massive Platte von 5 oder 6 Centimet. Stärke, was den factischen Ergebnissen der betreffenden Schießversuche keineswegs entspricht. Eine vollständige Aufklärung über diese Verhältnisse darf man indeß erst von der Zukunft erwarten. Neben den hier besprochenen heterogenen Versuchen, gute Panzerplatten von genügender Stärke auf möglichst einfache, wohlfeile und zuverlässige Weise herzustellen, blieb indeß das hauptsächlichste und im Allgemeinen auch von Erfolg gekrönte Bestreben der Panzertechnik nach wie vor darauf gerichtet, die Fabrication schmiedeeiserner massiver Platten hinsichtlich ihrer guten Beschaffenheit sowohl als auch in Betreff der noch irgend zu erreichenden Stärkenabmessungen nach Möglichkeit zu vervollkommnen. Und in der That gelang es auch schließlich, wie wir bereits erwähnt haben, Platten von 38 Centimet. = 15 Zoll englisch Dicke herzustellen, sowie den für Panzerthurmschiffe und für die Panzerschilde und Panzercasematten der Küstenbatterien bestimmten Platten, unter Anwendung außerordentlich hoher Hitzegrade, die für jene Zwecke erforderlichen, zum Theil eigenthümlich und mit sehr kleinen Radien gebogenen Formen zu geben. Immerhin aber blieben diese Processe äußerst schwierig und somit auch kostspielig. Diese Uebelstände im Verein mit dem sehr berechtigten Wunsche, eine Panzerung mit einer möglichst harten Außenschicht bei weicher und zäher innerer Masse zu erhalten, führten auf den im Princip gewiß als durchaus rationell zu bezeichnenden Gedanken, die Panzerplatten nicht mehr zu walzen oder zu schmieden, sondern sie einfach durch ein zweckentsprechendes Gußverfahren herzustellen. Die Gießerei von Gruson in Buckau bei Magdeburg war unseres Wissens die erste, welche diese Idee in einer für die Praxis verwerthbaren Gestalt zur Ausführung brachte. Aus einem Gußeisen von vorzüglicher Güte stellte sie durch Schalenguß Panzerungen von Eisenhartguß dar, welche die obengenannten Eigenschaften in befriedigendem Maaße in sich vereinigten und dem entsprechend auch bei verschiedenen Schießproben ein Alles in Allem nicht ungünstig zu nennendes Resultat lieferten. Dieß beruhte, außer auf den guten Eigenschaften des Metalles an sich und den kolossalen Stärkenabmessungen der Panzerung, zum Theil auch auf der sehr günstigen, vorn spitzbogenartig zugewölbten und deßhalb die Wirkung der feindlichen Geschosse möglichst paralysirenden Gestalt, die man dem Gußstück mit leichter Mühe und ohne irgendwelche Anwendung eines die Wandungen durchsetzenden Bolzens oder Nietes hatte geben können, während dieselbe Form der Verwendung von Schmiedeeisen enorme, ja fast unüberwindliche Schwierigkeiten entgegengestellt haben würde. Die gewaltige Dicke und das daraus resultirende sehr bedeutende Gewicht des Eisenhartguß-Panzers lassen ihn indeß vorläufig nur für Landbefestigungen und nicht auch für Schiffe geeignet erscheinen; dieser Umstand gewährt aber andererseits zugleich den Vortheil, daß alle nicht unmittelbar der vorderen Wölbung des Schildes angehörenden und deßhalb weniger stark construirten Theile des Schildes mit einer schützenden Erddecke umgeben werden können. Ob sich der Preis der Eisenhartguß-Panzerungen bei ihrer Verwendung im Großen entschieden wohlfeiler stellen würde, als für schmiedeeiserne Panzer von gleicher Widerstandsfähigkeit, erscheint vorläufig, im Hinblick auf die so beträchtlichen Abmessungen und Gewichte der ersteren, mindestens noch zweifelhaft. Sollte aber der Vorzug größerer Billigkeit nicht auf Seite des Eisenhartgusses liegen, so würde damit wohl überhaupt jeder zwingende Grund für dessen fernere Anwendung fortfallen; denn Schmiedeeisen besitzt unzweifelhaft eine immerhin überlegene Zähigkeit und verspricht deßhalb, bei gleicher ursprünglicher Widerstandsfähigkeit, im Allgemeinen gegenüber der zerstörenden Wirkung des Geschützfeuers eine größere Dauer, als Eisenhartguß, bei welchem die allgemeine Zerstörung nothwendig sehr rasch fortschreiten muß, sobald erst einmal die harte und somit auch entsprechend spröde Außenschicht von einem wirksamen Treffer durchbrochen ist. Ein anderer, sehr beachtenswerther Vorschlag, um Panzerungen wenigstens theilweise durch Guß herzustellen, ist von dem Ingenieur Kaselowsky, technischem Director der Berliner Maschinenbau-Actien-Gesellschaft (vormals L. Schwartzkopff) ausgegangen. Den Hauptstoff des Kaselowsky'schen Panzers bildet weder Schmiedeeisen, noch Stahl, noch Eisenhartguß, sondern Bronze, und zwar die sogenannte Geschützbronze (bekanntlich eine Legirung von 10 Theilen Kupfer und einem Theil Zinn), welche sich durch ihre ungemein große Zähigkeit und ihre geringe Neigung, von heftigen Stößen und Erschütterungen Risse und Sprünge zu bekommen, für den in Rede stehenden Zweck vor den meisten anderen Metallen vortheilhaft auszeichnet; wenigstens existirt wohl keines, das bei gleicher Härte eine ebenso große Zähigkeit und umgekehrt bei gleicher Zähigkeit eine eben so große Härte besäße, wie die Geschützbronze; überdieß ist sie auch verhältnißmäßig leicht schmelzbar und läßt sich daher ohne Mühe und mit relativ geringen Kosten in jede beliebige Form gießen. Auf der anderen Seite aber ist die Bronze wieder viel zu weich, um dem Eindringen schwerer Panzergeschosse einen genügenden Widerstand entgegensetzen zu können, und bedarf deßhalb einer ähnlichen harten Außenschicht, wie sie die Eisenhartgußpanzer haben und wie sie durch die Combination der Stahl- und Eisen-Panzerplatten ebenfalls erstrebt wurde. Bei dem Kaselowsky'schen Panzer sollen zu diesem Zweck Bolzen von gehärtetem Gußstahl oder Eisenhartguß in die Bronze eingegossen werden; die vorderen Flächen dieser Bolzen, Fig. 17 und 18, bilden regelmäßige Sechsecke und lassen zwischen einander nur ganz schmale Fugen übrig, so daß sie fast die gesammte Oberfläche der Bronzeplatte ausfüllen; die Bolzenschäfte sind nach innen vielfach gabelförmig verzweigt und mit Widerhaken versehen, so daß sie von auftreffenden Geschossen keinenfalls, wie gewöhnliche Bolzen, derartig durch die ganze Platte hindurch getrieben werden können, zumal die Verschiebung eines Bolzens immer mindestens noch sechs andere in Mitleidenschaft ziehen muß. Auf diese Weise sind gewissermaßen eine harte Stahl- und eine weiche Bronzeplatte möglichst innig zu einem Ganzen verbunden, und zwar nach einem System, dessen Zuverlässigkeit unstreitig besser gewährleistet ist, als bei der Verbindung zweier Platten durch Schraubenbolzen oder Niete. Außerdem können aber auch weitgehende Risse in der Oberfläche der Platten, eben vermöge deren durchgängiger Gliederung in lauter einzelne Stahlstifte, kaum noch entstehen, während zugleich die erhebliche Zähigkeit der Bronze einem Durchbrechen der Platte an ihrer inneren Fläche den größtmöglichen Widerstand entgegenzusetzen vermag. Die Herstellung derartiger combinirter Stahl-Bronze Panzerungen würde sich natürlich höchst einfach gestalten; jeder Gießerei ließen sich die erforderlichen Einrichtungen mit sehr geringen Unkosten geben, und die Geschützgießereien bedürften für diesen Fabricationszweig gar keiner besonderen Vorbereitung, denn der Guß ist im Wesentlichen von jedem anderen Bronzeguß, also auch vom Guß bronzener Geschützröhre durchaus nicht verschieden; die einzige Abweichung besteht darin, daß vor dem Guß sämmtliche Stahlbolzen in die Form, worin die Platte gegossen werden soll, ordnungsmäßig einzulegen und durch Drahte mit einander oberflächlich in Verbindung zu bringen sind. Die Bolzen selbst lassen sich natürlich nach Form und Größe sehr verschieden anfertigen. Grundbedingung für ihre Construction bleibt immer nur: einerseits möglichst geringe Zwischenräume zwischen den vorderen Kopfflächen, und andererseits möglichst umfassende Verzweigung und Verschränkung der Wurzeln ihrer Schäfte. Hinsichtlich der Stärke der Platten werden sich seitens der Bronzetechnik ohne Zweifel höhere Leistungen erzielen lassen, als die Anforderungen des praktischen Gebrauches voraussichtlich zunächst erheischen dürften; in dieser Richtung möchte vielmehr die einzige thatsächliche Grenze vorerst lediglich im Kostenpunkt zu suchen seyn. Was letzteren anbelangt, so scheint darin auf den ersten Blick allerdings eine nicht unwesentliche Schwäche des combinirten Stahl-Bronze-Panzers zu liegen. Denn während schmiedeeiserne Platten in den größten gebräuchlichen Stärken und selbst von gebogener Form schwerlich über 40 bis 45 Thaler pro 100 Kilogrm. zu stehen kommen, stellt sich der Preis des fertigen Bronzegusses mindestens auf 60 und der Stahlbolzen auf 20 Rthlr. für dasselbe Gewicht. Nimmt man nun an, daß der combinirte Panzer 75 Proc. Bronze und 25 Proc. Stahl enthält, so würden darnach 100 Kilogrm. von ihm 50 Rthlr. kosten. Ueberdieß kommt aber hinzu, daß das mittlere specifische Gewicht des Schmiedeeisens 7,7, des Gußstahles 7,88, der Bronze dagegen 8,6 beträgt; eine schmiedeeiserne und eine combinirte Stahl-Bronze-Platte von gleicher Länge und Breite können daher nur dann dasselbe absolute Gewicht haben, wenn letztere eine entsprechend geringere Stärke hat, als jene, und sie können auch umgekehrt nur dann die gleiche Dicke erhalten, wenn die Stahl-Bronzeplatte entsprechend schwerer gemacht wird. Da man nun a priori offenbar nicht darauf rechnen darf, dieselbe Widerstandsfähigkeit gegen feindliche Geschosse, welche ein Schmiedeeisenpanzer von gegebener Dicke besitzt, mit einem combinirten Stahl-Bronze-Panzer von geringerer Stärke zu erzielen, so ergibt sich für letzteren bei gleicher Leistung unmittelbar ein größeres absolutes Gewicht, also auch eine abermalige relative Preissteigerung im Vergleich mit schmiedeeisernen Platten. Andererseits darf indeß nicht unbeachtet bleiben, daß die zu dem combinirten Panzer verwendete Bronze ihren bedeutenden Metallwerth unter allen Umständen unverändert behält, während eine beschädigte und dadurch für den ferneren Gebrauch als Panzerung untauglich gewordene Schmiedeeisen-Platte fast völlig werthlos ist. Diese verschiedenen Gesichtspunkte führen zu dem Resultat, daß der combinirte Stahl-Bronze-Panzer zwar eine größere erste Capitalanlage bedingen, dafür aber auf die Dauer sich voraussichtlich wohlfeiler stellen würde, als schmiedeeiserne oder andere Panzerungen. Auf alle Fälle erscheint die Idee eines solchen Panzers hinlänglich rationell und durchdacht, um einen praktischen Versuch damit lohnend zu machen, zumal dessen Resultate sicher von hohem wissenschaftlichem Werth für die Aufklärung so mancher wichtigen physikalischen Fragen seyn und schon dadurch für den unerläßlichen Aufwand an materiellen Versuchsmitteln reichen Ersatz gewähren würden, selbst wenn das Ergebniß, soweit es direct die rein praktische Seite der schwebenden Panzerfrage berührt, wider Erwarten nur ein negatives seyn sollte. Vielleicht dürfte es sich auch empfehlen, mit diesem Versuch zugleich eine Erprobung der von Montefiore-Levi und Künzel in Belgien kürzlich erfundenen Phosphorbronze (Geschützbronze mit einem geringen Zusatz von Phosphor)Man s. die Mittheilungen von Montefiore-Levi und Künzel über die Anwendbarkeit der phosphorhaltigen Bronze zum Geschützgusse, als Kunst- und Decorationsbronze etc., im polytechn. Journal, 1871, Bd. CCII S. 48 und 123. Anm. d. Red. zu verbinden; die Phosphorbronze soll sich zwar für die Fabrication von Geschützröhren gar nicht bewährt haben, aber es wäre dessenungeachtet doch sehr möglich, daß der verhältnißmäßig hohe Härtegrad, welchen sie im Vergleich mit der gewöhnlichen Bronze unstreitig zu besitzen scheint, ihre Verwendung zu Panzerungen vorzugsweise begünstigte, besonders wenn die größere Härte keinen (oder doch nur einen verschwindend kleinen) nachtheiligen Einfluß auf die Cardinal-Eigenschaft der Bronze, ihre Zähigkeit, ausüben sollte. (ε)

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