| Titel: | Merget's neuer photographischer Druckproceß. | 
| Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. LVIII., S. 231 | 
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                        LVIII.
                        Merget's neuer photographischer Druckproceß.
                        Aus den photographischen Mittheilungen, April 1872, S.
                              									12.
                        Merget's photographischer Druckproceß.
                        
                     
                        
                           Die meisten Druckprocesse, welche in den letzten Jahren erfunden wurden, sind alle
                              									ziemlich derselben Art, begründet auf die Einwirkung des Lichtes auf
                              									doppelt-chromsaures Kali und Gelatine. Jede Abweichung von diesem
                              									breitgetretenen Pfade muß deßhalb als etwas Wichtiges betrachtet werden. Merget's Proceß ist durchaus auf eine in der Photographie
                              									ganz neue Reaction gegründet, und wenn auch beim ersten Anblick die Erfindung viel
                              									Gemeinsames mit dem Daguerre'schen Verfahren zu haben
                              									scheint, so ist diese Aehnlichkeit mehr scheinbar als wirklich. Denn, obgleich bei
                              									beiden Verfahren das wirkende Medium Quecksilberdampf ist, sind doch die durch das
                              									flüchtige Metall hervorgebrachten Resultate in beiden Fällen vollständig
                              									verschieden.
                           In Daguerre's Verfahren spielt das Quecksilber die Rolle
                              									des Entwicklers, indem es das latente Bild, welches bereits auf dem belichteten
                              									Häutchen von Silberjodid vorhanden ist, hervorruft; die kleineren Partikelchen von
                              									Quecksilber hängen in einer mehr oder weniger concentrirten Form auf der
                              									empfindlichen Silberplatte und vollenden so das Werk, welches die Sonnenstrahlen
                              									begonnen haben. In Merget's Verfahren dagegen hat das
                              									Quecksilber die Aufgabe, durch Druck Copien von einem
                              									Original-Silbercollodiumbild zu liefern, ohne
                                 										Mitwirkung des Lichtes.
                           Aus der Darstellung allein, welche Hr. Merget über dieses
                              									Verfahren in seiner Abhandlung „über die Diffusion der
                                 										Quecksilberdämpfe“ an die französische Akademie der Wissenschaften
                              									gemacht hat,Im polytechn. Journal Bd. CCIII S.
                                       												385 (erstes Märzheft 1872). würden wir vielleicht nicht von der Anwendbarkeit desselben überzeugt worden
                              									seyn. Doch alle unsere Zweifel sind beseitigt worden durch Hrn. Davanne, welcher in der letzten Sitzung der französischen
                              									Photographen-Gesellschaft (deren Präsident er ist), auf sehr geschickte Weise
                              									bewies, daß Photographien zufriedenstellend und schnell mit Hülfe dieses Verfahrens
                              									gedruckt werden könnten.
                           Die erhaltenen Drucke waren indessen noch nicht vollkommen und konnten natürlich nur
                              									als wissenschaftliche Versuche betrachtet werden. Aber daß hier ein Druckverfahren
                              									vorliegt und zwar eines, welches die Hülfe des Lichtes überflüssig macht, wurde
                              									festgestellt.
                           Wir wollen die Verfahrungsweise kurz wiedergeben. Die Matrize, von der gedruckt wird,
                              									ist eine gewöhnliche Photographie auf Collodium, indessen kein Negativ, sondern ein
                              									Positiv. Auf der Oberfläche des Bildes wird ein Niederschlag von Quecksilber
                              									gebildet und dann das Bild mit silber- oder platinhaltigem Papier
                              									zusammengepreßt; das Quecksilber erzeugt das Bild, indem es die Salze der edlen
                              									Metalle, mit welchen das Papier getränkt worden ist, reducirt. Um einen solchen
                              									gleichmäßigen Niederschlag von Quecksilber auf dem Glasbilde zu bekommen, wird
                              									dasselbe einfach erwärmt und mit der Collodiumschicht nach unten auf eine
                              									gequecksilberte Kupferplatte gelegt, von welcher sie indessen durch ein Blatt
                              									Fließpapier getrennt ist. Die Wärme des Glases macht das Quecksilber bald
                              									verdampfen. Dieses durchdringt das dicke schwammige Papier wie ein Sieb und hängt
                              									sich an die Glasplatte, jedoch nicht gleichmäßig über die Oberfläche, sondern in
                              									verschiedener Stärke je nach der Dicke des Silberniederschlages auf dem Positive, so
                              									daß sich in die tiefen Schatten des Positives das Quecksilber dick und fest anhängt,
                              									während in den Halbschatten sich weniger von dem flüchtigen Metall niederschlägt. Zu
                              									diesem Proceß ist eine halbe Stunde Zeit erforderlich, dann kommt die
                              									Druckoperation. Diese ist fast augenblicklich, da das gequecksilberte Positiv nur
                              									mit sensibilisirtem Papier zusammengepreßt werden muß.
                           Das empfindliche Papier (unter welchem Ausdruck zu verstehen ist Papier, empfindlich
                              									gemacht für Quecksilber, nicht für Licht) ist mit Salzen edler Metalle präparirt,
                              									als salpetersaures Silberoxyd, lösliches Goldchlorid, Palladium-,
                              									Iridium-, Platinchlorid u.s.w. Soll indessen salpetersaures Silber angewandt
                              									werden, so muß das Drucken im Dunkeln vor sich gehen, sonst wirkt das Licht auf das
                              									Papier und würde die Güte des Resultates beeinträchtigen.
                           Nach der letzten Erklärung des Hrn. Davanne zu Paris hatte
                              									er eine ammoniakalische Lösung von salpetersaurem Silber angewendet und gefunden,
                              									daß er einer sehr starken Lösung bedurfte, um das Papier empfindlich zu machen.
                           Wenn das Positiv mit dem Silberpapier zusammengepreßt ist (in einem gewöhnlichen
                              									Copirrahmen), so reducirt das Quecksilber sofort das Silber und so ist ein
                              									photographischer Druck geliefert. Der Ton wechselt je nach dem angewandten edlen
                              									Metall, indessen wirkt das Quecksilber so energisch, daß es in sehr vollkommener
                              									Weise die tiefen Schatten der Photographie wiedergibt.
                           Daraus ist zu ersehen, daß dieses neue Druckverfahren vollständig von anderen bis jetzt bekannten
                              									Copirmethoden abweicht. Es ist kein mechanisches Verfahren und doch liefert es
                              									Abdrücke ohne Hülfe des Lichtes; auf der anderen Seite ist es auch kein
                              									ausschließlich chemisches Verfahren, denn es sind verschiedene mechanische
                              									Manipulationen von Wichtigkeit dabei, welche beachtet seyn wollen. Mit Hülfe dieses
                              									Verfahrens kann die Vervielfältigung von Abdrücken bis in's Unendliche getrieben
                              									werden ohne Beihülfe eines natürlichen oder künstlichen Lichtes und doch ist das
                              									Bild durch chemische Thätigkeit erzeugt.
                           Was die Beständigkeit der Abdrücke anbelangt, so hat man alle Ursache die besten
                              									Hoffnungen zu hegen. Die Dauerhaftigkeit von Drucken, welche mit salpetersaurem
                              									Silber hergestellt sind, mag dahingestellt bleiben. Aber diejenige von solchen mit
                              									Hülfe von Platin und Iridium gefertigten wird sicher seyn.
                           Um solche Drucke zu fixiren, genügt es, sie einfach gut auszuwaschen, um die
                              									unzersetzten Theile von der Collodiumschicht zu entfernen. Wenn mit Silber gemacht,
                              									so werden die Copien getont und fixirt, wie ein gewöhnlicher
                              									Albuminpapier-Druck.
                           Das vorliegende Verfahren ist noch kein vollkommenes zu nennen. Merget's Untersuchungen über die Wirkungen der Quecksilberdämpfe auf
                              									gewisse Metalle waren rein theoretischer Natur und nicht unternommen mit der
                              									Absicht, ein photographisches Verfahren auszuarbeiten.
                           Wir sind erfreut zu hören, daß die vielversprechenden Resultate in dieser Richtung
                              										Merget veranlaßt haben, seine Untersuchungen
                              									fortzusetzen, und er hegt selbst die Zuversicht, daß es ihm gelingen werde, seine
                              									Arbeiten zu einem baldigen und erfolgreichen Abschluß zu bringen.
                           
                        
                           Nachschrift der Redaction der
                                 										photographischen Mittheilungen.
                           Aus dem Bulletin de la Société de
                                 										Photographie geht noch hervor, daß Davanne eine
                              									ammoniakalische Silberlösung von 50 Proc. angewendet habe, um Papier damit zu
                              									tränken. Es ist gesagt, er habe einige Tropfen Quecksilber auf eine Kupferplatte
                              									verrieben, darauf Fließpapier gelegt, dann die erwärmte Collodiumplatte, und so habe
                              									er das Ganze eine halbe Stunde liegen lassen, nachher im Copirrahmen das so
                              									gequecksilberte Positiv mit dem erwähnten gesilberten Papier zusammengepreßt. Die
                              									Abdrücke, die so erzielt wurden, werden genügend gut genannt. Wir haben dasselbe
                              									versucht, doch nur flaue, wenn auch deutliche Bilder dadurch erhalten, vielleicht in
                              									Folge der zu schwachen Silberlösung, da es uns nicht gelang, eine 50procentige
                              									ammoniakalische Silberlösung darzustellen. Das Amalgamiren der Kupferplatte hat
                              									übrigens seine Schwierigkeiten, das Quecksilber haftet nur auf reinem metallischen
                              									Kupfer, man muß deßhalb das Kupfer zuerst mit Salzsäure beizen. Das Verfahren ist in
                              									vorliegender Form interessant, doch hat es bei dem unangenehmen Arbeiten mit
                              									Quecksilber viel Mißliches.