Titel: Ueber das Färben der Steinnußknöpfe; von Leopold Müller.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXII., S. 399
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CXII. Ueber das Färben der Steinnußknöpfe; von Leopold Müller. Müller, über das Färben der Steinnußknöpfe. Die Steinnuß oder das vegetabilische Elfenbein ist die Frucht eines zum Geschlecht der Fächerpalme gehörigen strauchartigen Baumes (Phytelephas macrocarpa), der im nördlichsten Theile Südamerikas, so viel bis jetzt bekannt, wild wächst, neuerdings aber bereits durch Anpflanzungen zur regelmäßigen Abnutzung gepflegt wird. Die Frucht hat, wie die Roßkastanie, eine rauhe, stachelige Schale, welche vor der Verschiffung an Ort und Stelle abgelöst wird. Darunter liegen, von einer zweiten, aber ganz festen Schale eingeschlossen, die eigentlichen Steinnüsse, in der Regel zwei, öfter mehr, ebenso häufig aber nur eine. In diesem Zustande gelangt die Frucht in den Handel; Cartagena, Maracaibo u.s.w. sind die Exportplätze. Wenn man mittelst des Hammers die zweite, feste Schale gesprengt hat, so findet man die eigentliche zur Verarbeitung geeignete Nuß, die in der Form und Größe, so wie auch im äußeren Ansehen einer Kartoffel gleicht. Diese sogenannte Nuß ist von so harter Beschaffenheit, daß nur Stahlwerkzeuge sie angreifen. Unter der sie bedeckenden, ganz dünnen, braunen Masse liegt eine compacte, feste, weiße Masse, welche mit Elfenbein große Aehnlichkeit hat. Noch vor 15 Jahren wußte man nicht, was mit diesem Artikel, welchen heimkehrende Schiffe als Ballast brachten, anzufangen sey; seitdem man aber die Steinnuß zur Anfertigung von Knöpfen verwendet, ist die Nachfrage darnach sehr beträchtlich. Zur Anfertigung der Knöpfe werden durch eine Kreissäge kleine Platten in der Größe des zu bearbeitenden Knopfmusters geschnitten, und diese dann mit entsprechend geformten Drehstählen auf der Drehbank behandelt. Der fertige, aber noch nicht polirte Knopf wird gefärbt. Die Nuß verhält sich zu einigen Farben eigenthümlich, verträgt durchaus keine Säure, weicht im Verhalten gegen tingirende Einflüsse ganz von der vegetabilischen Faser ab, und verlangt stellenweise besonders präparirte Farben, da jede Präparation des Knopfes, als der späteren Politur schädlich, wegfallen muß. Für das Färben der Steinnußknöpfe lassen sich keine genauen Gewichtsverhältnisse der zu verwendenden Ingredienzen angeben, weil dieser Artikel selten in bestimmten Quantitäten, sondern grosweise nach Bedarf des Bestellers gefärbt wird, andererseits aber die Steinnuß, wahrscheinlich je nach der Jahreszeit und dem Orte ihrer Gewinnung, so verschiedene Structurverhältnisse und verschiedene Fähigkeit zur Aufnahme der Farben besitzt, daß jede Angabe bestimmter Quantitäten des Farbstoffes für ein gegebenes Quantum schon deßhalb illusorisch wäre. Schöne Farben jeglicher Nüance erzielt man nur durch ganz allmählichen geringen Farbenzusatz, lange, gleichmäßige Behandlung beim Kochen und stete Klarheit der Flotte. Für alle Farben muß der Steinnußknopf rein und sauber, namentlich frei von etwa aus der Fabrication ihm anhängenden Fetttheilen seyn. Wenn dieß auch wirklich der Fall ist, so wird doch kurzes Kochen in einem schwach mit Seife versetzten Bade mindestens den Vortheil bringen, das Feuer der Farben bedeutend zu erhöhen. Gelbliche Knöpfe werden bei zarteren Farben heraus sortirt und für dunkle und schwarze Nüancen verwendet. Roth wird mit Anilinfarben gefärbt. Die Knöpfe kommen mit der nöthigen Menge Wasser in einen kleinen Kessel; die Farbe wird vorher in einem besonderen Gefäß durch Kochen in Wasser gelöst, die Lösung filtrirt, und von derselben der Flotte ganz wenig zugesetzt. Man erhitzt die Flotte bis zum Kochen, setzt allmählich und langsam Farbelösung bis zur gewünschten Nüance zu, rührt die Knöpfe mit einer Holzkelle fleißig um, und bringt sie nach der Ausfärbung zum Abkühlen und Trocknen auf ein Sieb. Nachher werden sie polirt und dabei gebohnt. Man erzeugt ein schönes Fuchsinroth mit Diamant-Fuchsin, Ceriseroth mit Anilin-Cerise, Ponceau, Scharlach, Granat, Corallroth mit den gleichfarbigen Anilinfarben welche letzteren vier Farben, ebenso wie die unten erwähnten, von Leopold Müller in Berlin, Prenzlauerstrahe 35, zu beziehen sind. Gelb, und zwar Strohgelb, wird ebenso wie Roth mit Pikrinsäure gefärbt; ein ganz dunkles Gelb wird mit chromsaurem Kali in ganz einfacher Manier durch Zugabe von in Wasser gelöstem chromsauren Kali warm gefärbt; doch ist dabei zu berücksichtigen, daß der Knopf beim Abkühlen nachdunkelt, welchen Umstand man beim Absud der Farbe beachten muß. Grün wird mit Jodgrün gefärbt. Die pulverförmige Farbe wird in lauwarmem Wasser gelöst, und die Lösung allmählich den in einem reinen Wasserbade befindlichen Knöpfen zugesetzt. Man erwärmt langsam bis höchstens 50° C.; man nüancirt mit Pikrinsäure oder färbt die Knöpfe damit vor, falls man ganz hell grüne Nüancen wünscht. Man kann Grün auch kalt färben, da das Jodgrün ohne jede weitere Beize kalt auf die Steinnuß geht; dieses Verfahren kostet nur mehr Zeit. Dunkel- und Russich-Grün erzeugt man durch Blau und Pikrinsäure in der Art, wie unten bei Blau angegeben ist. Violett färbt man mit rothem oder blauem wasserlöslichen Jodviolett in derselben Art, wie Fuchsin. Die feinen Lila und Modegrau werden ebenfalls damit gefärbt, indem man nur äußerst wenig Violettfarbstoff der Flotte zusetzt. Blau kann mit wasserlöslichem Anilinblau oder dem neueren Alkaliblau gefärbt werden. Die Knöpfe werden in einem Seifenbade, dem man stark Blaulösung zusetzt, mindestens zwei Stunden lang gekocht, leicht gespült und darauf behufs Entwickelung der Farbe in ein schwach mit Essigsäure angesetztes kaltes Bad genommen. Färbt man mit Alkaliblau, so setzt man der Seifenflotte etwas Borax zu. Zur Blaufärbung darf man nur die weißesten Knöpfe auswählen, um reine Nüancen zu erhalten. Braun wird entweder mit Anilinbraun, dem man zur Nüancirung, je nach Wunsch, Spuren von Fuchsin, Jodviolett, Jodgrün oder Orange zugesetzt hat, oder häufiger, weil es billiger ist, mit einem Absud von Catechu gefärbt, dem zur Darstellung der verschiedenen Nüancen eine heiße Passage durch Eisenvitriol, Kupfervitriol, chromsaures Kali etc. folgt. Orange kann nur mit der gleichfarbigen Anilinfarbe gefärbt werden. Gefärbt wird es wie Fuchsin. Grau wird sehr schön mit Sumach dargestellt. Je nach der helleren oder tieferen Nüance kochen die Knöpfe längere oder kürzere Zeit in einem Absud von Sumach und passiren dann ein heißes Bad mit Eisenvitriol. Ein bläuliches Grau wird in gleicher Weise durch einen Absud von Galläpfeln hervorgebracht. Schwarz wird mit Blauholz und chromsaurem Kali gemacht. In einem kräftigen Absud des Blauholzes kochen die Knöpfe mindestens eine halbe Stunde, kommen dann auf ein kaltes Chrombad, verbleiben darin 10 Minuten, werden gespült, kommen wieder zurück auf das Blauholzbad, gehen abermals auf das Chrombad und werden, falls sie noch nicht ganz tief schwarz sind, noch einmal auf Blauholz genommen. Gesprenkelte oder mehrfarbige Knöpfe werden dargestellt, indem man den ungefärbten oder bereits grundirten Knopf mit einer weingeistigen Lösung von gebleichtem Schellack bespritzt, die Spritzflecke trocknen läßt, den Knopf ausfärbt und nach der Ausfärbung den anhaftenden Schellack mit Spiritus entfernt. Die Farbe geht natürlich nur an die nicht befleckten Stellen und bildet auf diese Weise ein mehrfarbiges Muster. Die Auftragung der Schellacklösung geschieht mittelst einer Bürste, welche mit einem Holze oder auf einem Siebe abgestrichen wird. Gelbliche Knöpfe werden mit Vortheil gebleicht, indem dieselben über Nacht in eine Lösung von übermangansaurem Kali in Wasser und dann in flüssige schweflige Säure gelegt werden. (Musterzeitung.)