Titel: Eismaschine zur Bereitung von Gefrorenem, von Professor Dr. Meidinger.
Fundstelle: Band 204, Jahrgang 1872, Nr. CXIV., S. 409
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CXIV. Eismaschine zur Bereitung von Gefrorenem, von Professor Dr. Meidinger. Mit einer Abbildung. Meidinger's Eismaschine zur Bereitung von Gefrorenem. Die bisher zur Bereitung von Gefrorenem mittelst Eis und Salz verwendeten Apparate in Form einer von zwei Seiten zugänglichen drehbaren Büchse, konnten zwar als ganz praktische Vorrichtung für das Hauswesen bezeichnet werden, ihre Bedienung, die Herstellung des doppelten Verschlusses, sowie das dauernde Drehen ist aber immerhin etwas umständlich und der Preis ein hoher, so daß diese Maschinen eine nennenswerthe Verbreitung für Familiengebrauch bis jetzt nicht haben erlangen können. Eine neue Beobachtung hinsichtlich der Kälteerzeugung bei gegenseitiger Einführung von Kochsalz und Eis, führte nun den Prof. Dr. H. Meidinger, Vorstand der großh. badischen Landes-Gewerbehalle, auf die Construction einer Eismaschine, welche gegenüber den gebräuchlichen Drehmaschinen von überraschender Einfachheit und Handlichkeit ist, und kaum den dritten Theil der Herstellungskosten verursacht; Form und Bedienung gestatten dieselbe auf die Tafel zu stellen und die Bildung des Gefrorenen mit dem Auge zu verfolgen. Durch diese Eigenschaften dürfte sich die neue Maschine den Zutritt in jede Familie eröffnen und bald, an den Orten wenigstens, wo das Roheis billig zu beziehen ist, als ein ebenso unentbehrlicher Haushaltungsapparat erscheinen, wie eine Pudding- oder eine Kuchenform, welche kaum niediger im Preis stehen. Prof. Dr. Meidinger theilt in der technischen Beilage der badischen Gewerbezeitung „der häusliche Fortschritt“ Bd. V Nr. 6 u.a. Folgendes darüber mit. Die übliche Kältemischung zur Bereitung von Gefrorenem etc. wird durch ein Gemenge von Kochsalz und Eis im Verhältniß von 1 zu 3 hergestellt. Diese Mischung erzeugt unter allmählichem gegenseitigen Lösen eine Temperaturerniedrigung bis – 21° C. Dieselbe besitzt die unangenehme Eigenschaft, in erster Zeit sich zu einem harten Klumpen zusammenzuballen, in welchen man die Gefäße nicht hineinstellen kann. Die Abkühlung von Substanzen in Gefäßen läßt sich deßhalb bloß in der Weise bewerkstelligen, daß man die Gefäße in die Kühltöpfe erst einstellt und dann um dieselben schichtenweise gestoßenes Eis und Salz aufhäuft. Die Masse legt sich dabei nicht dicht zusammen, sondern läßt größere Zwischenräume bestehen, so daß, wenn späterhin ein Theil der Masse zur Lösung gekommen ist, ein starkes Zusammensinken stattfindet, wodurch der obere Theil des zu kühlenden Gefäßes der Wirkung der Kältemischung entzogen wird. Zugleich sinkt dann das Salz zusammen und übt keine Wirkung mehr auf das Eis aus. Man ist aus beiden Gründen genöthigt, das Gemenge nach einiger Zeit zu rühren oder auf sonstige Weise dauernd in Bewegung zu erhalten. Darauf gründen sich die bekannten Eismaschinen zur Bereitung von Gefrorenem der Konditoren und für den Hausgebrauch. Es besitzt nun aber nicht bloß das feste Salz die Fähigkeit, das Eis unter starker Kälteerzeugung zu verflüssigen, sondern auch die Salzlösung, wie Prof. Meidinger gefunden hat, und zwar vermag Salzlösung von jeder Concentration bei 0° eine der gelösten Menge Salzes fast genau entsprechende Menge Eis zu schmelzen. Die Temperaturerniedrigung ist dabei um so stärker, je concentrirter die Lösung ist, und sie beträgt bei Anwendung einer gesättigten Kochsalzlösung nahe – 19° C., kaum 3 Grad weniger als beim Gemenge von festem Salz und Eis. Befindet sich ein Ueberschuß von Eis in der Salzlösung, so schmilzt derselbe nur allmählich im Verhältniß als durch Wärmeaufnahme von Außen die Temperatur steigt. Das Eis kann durch Schmelzen die Temperatur nicht tiefer als bis zum Gefrierpunkt der betreffenden Lösung erniedrigen, wobei zu beachten ist, daß derselbe steigt, d.h. dem Nullpunkte sich um so mehr nähert, je verdünnter die Lösung ist, und daß das schmelzende Eis selbst die Lösung fortwährend verdünnter macht. Die Temperatur bleibt jedoch immer unter Null, dem Gefrierpunkte des reinen Wassers.Den eigenthümlichen Vorgang kann man sich auch folgendermaßen denken. Man habe eine gesättigte Kochsalzlösung, 1 Pfd. Salz in 3 Pfd. Wasser; dieselbe nimmt bei 0° 1 Pfd. Eis auf und kühlt sich dabei bis nahe – 19° C. ab. Sie erwärme sich jetzt wieder bis 0°; nun vermag sie ein neues Pfund Eis zu schmelzen, die Temperatur sinkt dabei bis – 16°; wieder bis 0° erwärmt, löst sie ein drittes Pfund Eis auf; nunmehr fällt die Temperatur auf – 12° und so fort durch jedes neue Pfund Eis, das bei 0° aufgenommen wird, erniedrigt sich die Temperatur auf – 11, – 9,6, – 8,6, – 7,7, – 7,0° etc.; die Differenzen werden immer kleiner. Eine Kältemischung von gesättigter Kochsalzlösung und Eis kann somit nicht dazu dienen, eine ganz gleichförmige niedrige Temperatur herzustellen. Hängt man jedoch ein Säckchen oder siebartiges Gefäß mit festem Salz in die Lösung, so wird letztere in demselben Verhältniß, als sie durch Schmelzen des Eises verdünnt wird, das feste Salz aufnehmen, dadurch concentrirter werden und nun eine neue Quantität Eis bei niedrigster Temperatur zu schmelzen vermögen. Auf diese Weise ist man im Stand, dauernd, d.h. so lange als Eis und festes Salz vorhanden ist, die Temperatur auf gleichem tiefsten Stand zu erhalten.Die Tiefe der Temperatur hängt ganz von der Geschwindigkeit ab, mit welcher Wärme von Außen aufgenommen wird; würde gar keine Kälte entzogen, so könnte die Salzlösung selbst ganz concentrirt werden und dabei die Temperatur bis – 21° C., dem Gefrierpunkte der gesättigten Salzlösung, sinken, gerade wie beim Mengen von festem Salz und Eis. Eine Kältemischung derartig bereitet, besitzt nun den Vorzug, daß sie von Anfang an nachgiebig (breiartig) ist, den ursprünglichen Raum dauernd ausfüllt und nicht gerührt zu werden braucht. Textabbildung Bd. 204, S. 411 Für eine solche Kältemischung ist die neue Eismaschine eingerichtet. Dieselbe besteht aus drei Theilen: einem cylindrischen Hafen B, B (Kühlgefäß), einem ringförmigen Gefäß mit innerer Siebwandung C, C (Salzbehälter), und einem nach unten sich conisch verjüngenden Becher A (Friergefäß); alle Theile sind aus Blech, das Aeußere des Hafens ist elegant lackirt. Das Kühlgefäß besitzt zum Schutz gegen Wärmeaufnahme von Außen doppelte Wandung, der Zwischenraum ist mit einem schlechten Wärmeleiter ausgefüllt; dadurch kann der Apparat eine Reihe von Stunden wirksam bleiben. Der Salzbehälter hat außen eine cylindrische Blechwand, die oben umgelegt ist, so daß der Behälter auf dem Rande des Hafens hängen kann. Die innere Wand ist conisch und besteht aus Lochblech oder Drahtgeflecht. Das Friergefäß trägt an seiner Oeffnung eine ringförmige Scheibe mit umgebogenem Rand, der beim Aufsetzen den Hafen fest umschließt. Das Eis muß gut gepulvert seyn; es sollte keine Stücke größer als eine Erbse enthalten. Behufs Zerkleinerns bringt man die Klumpen in Menge von 1 bis 2 Pfund in einen Sack von grobem Zeug (etwa 0,25 Met. breit, 0,50 Met. lang) und klopft, indem man das offene Ende zuhält, mittelst eines breiten Holzhammers so lange darauf, bis die richtige Feinheit hergestellt ist. – Das Kochsalz ist am besten als grobkörniges zu verwenden. – Die Salzlösung, welche ganz gesättigt seyn muß, bereitet man sich, indem man 1 Raumtheil mit 2 Raumtheilen Wasser (also z.B. 1/2 Liter Salz in 1 Liter Wasser) einige Minuten ununterbrochen zusammenrührt. Die Bedienung des Apparates geschieht nun in der folgenden Weise. Das leere Kühlgefäß wird bis zu einer bestimmten Marke mit Eis gefüllt; dann Salzlösung eingegossen bis zu der gleichen Marke, dieselbe hat also bloß den zwischen den Eisstücken befindlichen Zwischenraum auszufüllen. Sodann wird das vorher mit Salz angefüllte Sieb eingehängt und endlich das leere Friergefäß eingedrückt. Dadurch erhebt sich die breiartige Mischung bis oben und es kann selbst etwas Flüssigkeit aus- und am Hafenrand herunterfließen; es ist dieß ein sicheres Zeichen, daß die Mischung den inneren Raum vollständig ausfüllt, was durchaus nothwendig ist. Nunmehr wird der zu gefrierende Syrup oder Crême in den Becher gegossen; der letztere darf davon nicht mehr als höchstens zu drei Viertel angefüllt seyn. Der Apparat wird sich ruhig selbst überlassen; die Wirkung der Kältemischung schreitet fort ohne das geringste äußere Zuthun. Die Materialien sind so berechnet, daß, wenn Eis und Salz aufgelöst sind, eine gesättigte Salzlösung vorhanden ist, von der ein Theil für eine zukünftige Verwendung in einer Flasche aufbewahrt werden kann, so daß man für die Folge die jedesmalige Bereitung derselben erspart. Die übrige Salzlösung kann in einem Kochgefäß auf dem Herd eingedampft und so das feste Salz wieder gewonnen werden; übrigens läßt sich dieselbe auch unmittelbar für das Salzen der Speisen verwenden und kann man den richtigen Geschmack damit sogar rascher treffen, als durch Zugabe festen Salzes, da dieses, um zu wirken, doch auch erst vollständig in Lösung übergegangen seyn muß. Will man bloß einen eisig kalten Anlauf von sehr dickem, bei niederer Temperatur, auch ohne zu gefrieren, schon fest werdendem Crême bereiten, wozu sich die Maschine ganz trefflich eignet, so genügt es, den fertig hergerichteten Apparat etwa eine Stunde ruhig hinzustellen. (Der Crême darf natürlich nicht warm, sondern nur möglichst abgekühlt bis Brunnenwasserwärme eingefüllt werden.) Man nimmt dann den Becher heraus und taucht ihn einen Augenblick in heißes Wasser; dadurch löst sich die Verbindung des Auflaufes mit dem Blech und derselbe kann auf eine Platte umgestürzt werden. Die Bereitung des eigentlichen Gefrorenen erheischt ein gelegentliches Verarbeiten der Masse. Mittelst eines Spatens löst man das an der Wand Erstarrte ab und mengt es mit der noch flüssigen Substanz, so daß ein allmählich dicker werdender Brei entsteht; man wiederholt solches in Zwischenräumen von 5 bis 10 Minuten. Auf diese Weise gewinnt das Gefrorene zuletzt die gewünschte butterartige Consistenz, worin die wässerigen Bestandtheile in äußerst kleinen Eiskrystallen von gewissermaßen Pulverform gleichmäßig gemengt sind. Versäumt man hingegen das Verrühren, so scheidet sich am Rand eine mehr wässerige hartkrustige Masse aus, und in der Mitte bleibt ein dicker, kaum gefrierender Syrup. Selbst wenn diese einmal so ausgeschiedenen Bestandtheile späterhin gemengt werden, vermag man doch das richtige Gefrorene daraus nicht mehr zu bilden; der Geschmack läßt immer Wasser und Syrup neben einander erkennen. Die Maschinen werden in der Blechwaarenfabrik von C. Beuttenmüller und Comp. in Breiten gefertigt und können auch vom Hoflieferant E. Cohn in Berlin, Hausvoigteiplatz 12, bezogen werden. Dieselben werden in vier Größen hergestellt und zwar die Portion zu 1/4 Pfd. gerechnet: Nr. 1 2   3   4 für Personen 3 6 12 24 Dieselben bedürfen an Material zur Kältemischung: Nr. 1 2 3 4 Eis, Kilogrm. 3/4 1 1/2 3 6 Salz, Kilogrm. 1/4 1/2 1 2 Salzlösung, Liter 1/4 1/2 1 2 In den einzelnen Maschinen läßt sich natürlich auch weniger Gefrorenes bereiten, als der Nummergröße entspricht. Nr. 4 läßt sich auch als Weinkühler benutzen und bietet vor den gewöhnlichen Frappirapparaten den Vortheil, daß die Flasche außen immer trocken bleibt und der Inhalt zu einer sehr tiefen Temperatur gekühlt wird. Schmale Flaschen lassen sich auch in Nr. 3 einstellen. Die Maschinen sind in ihren Dimensionen so berechnet, daß sich das fertige Gefrorene eine Reihe von Stunden unverändert darin hält, somit in Vorrath für späteren Gebrauch bereitet werden kann. Wird eine Maschine allseitig, auch unten, dick mit Stroh oder mit einem Federbett eingehüllt, so kann sich das Gefrorene nahe einen vollen Tag erhalten. – Genießt man das Gefrorene sofort nach der Vollendung, so kann man noch ein zweitesmal die nahe gleiche Menge mittelst derselben Kältemischung bereiten. Die Preise der Maschinen, einschließlich Spaten zum Verrühren, sind bei C. Beuttenmüller und Comp. in Bretten folgende: Nr. 1 2 3 4 Thlr. 2 3 4 5. (Deutsche Industriezeitung, 1872, Nr. 18.)