Titel: Ueber unterirdische Wasserhaltungsmaschinen in England; von Carl Haber.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XXVI., S. 83
Download: XML
XXVI. Ueber unterirdische Wasserhaltungsmaschinen in England; von Carl Haber. Vorgetragen in der Sitzung des Aachener Bezirksvereines deutscher Ingenieure vom 8. November 1871. – Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1872, Bd. XVI S. 225. Haber, über unterirdische Wasserhaltungsmaschinen in England. Die Zeche Ruhr und Rhein der Rheingruben-Gesellschaft in Ruhrort bedarf einer zweiten Wasserhaltungsmaschine nebst neuem Pumpensystem, stark genug, um 2,5 Kubikmeter Wasser pro Minute auf 200 Met. Höhe zu heben. Die Ausarbeitung der Detailpläne hierfür hat erkennen lassen, daß die Adoptirung des gewöhnlichen Systemes: große Maschine über Tage nebst Pumpen von erheblichen Querschnitten, in verschiedenen Beziehungen auf Hindernisse und Mißstände aller Art stieß. Der runde Theil des Schachtes mit einem Minimaldurchmesser von nur 3,76 Met. ist durch die vorhandenen Maschinen- und Pumpenanlagen so verbaut, daß für das Gestänge der zweiten Pumpe der Fahrtrum hätte zu Hülfe genommen werden müssen, wobei immer nur Pumpen von 495 Millimet. Plungerdurchmesser Platz fanden. Ueber Tage ergaben sich für Aufstellung der Maschine, Maschinengebäude etc. nicht minder erhebliche Uebelstände, da man überall in Collision mit bestehenden Anlagen kam, so daß das Project durchweg die Grenzen des Ausführbaren berührte. Rechnet man hinzu die großen Kosten der Maschinen- und Pumpenanlage, die heute mindestens 80,000 Thlr. ausmachen würden, sowie die lange Zeit für Anfertigung und Aufstellung (1 1/2 bis 2 Jahre unter den jetzigen Verhältnissen), so lag die Frage nahe, ob es nicht thunlich sey, das System der unterirdischen Wasserhaltungsmaschinen, welches in England weitere Verbreitung gefunden hat und über welches die technischen Journale jüngst sehr günstige Mittheilungen brachten, auch hier anzuwenden. Dieses System, welches erlaubt, das Wasser in einer Tour auf ganz erhebliche Höhen hinaufzudrücken, das Pumpengestänge und die damit verknüpften Gefahren und Unannehmlichkeiten hinwegfallen läßt, bei gleichem Nutzeffect verhältnißmäßig geringe Anlagekosten verursacht, erschien für die speciellen hiesigen Verhältnisse um so passender, da dasselbe ein Minimum von Raum und Zeit erforderte. Referent erlaubt sich in Folgendem in gedrängtester Weise die Daten mitzutheilen, die er auf einer nur wenige Tage umfassenden Reise in England zu sammeln Gelegenheit hatte, wobei jedoch das Bedauern ausgedrückt werden muß, daß aus Mangel an Localkenntniß viele sehr interessante Punkte nicht besucht wurden. 1. Pumpensystem von Hayward Tyler u. Comp., ausgeführt: a) Auf Trimdon Grange Colliery bei Durham. Dampfcylinderdurchmesser 2016 Millim. (40 Zoll engl.) Pumpenkolbendurchmesser 254 Millim. (10 Zoll). Die Plunger bilden zugleich die Dampfkolbenstange. Hub des Dampfkolbens und der Plunger 1,22 Met. (48 Zoll). Durchmesser der Pumpenventile, einfache bronzene Tellerventile in Bronzefitzen 152 Millim. (6 Zoll). Saughöhe bis 7,92 Met. (26 Fuß). Höhe, auf welche die Wasser gehoben werden, 137 Met. (450 Fuß). Durchmesser der Steigrohre im Lichten 203 Millim. (8 Zoll), Eisenstärke unten 25 Millim. (1 Zoll), oben 13 Millim. (1/2 Zoll). Der Dampf wird von Tage durch 178 Millim. (7zöllige), 16 Millim. (5/8 Zoll) starke Dampfrohre, deren Ausdehnung durch besondere mit Stopfbüchsen versehene Stücke unschädlich gemacht wird, in die Grube geleitet. Die Maschine macht 10 bis 15 Doppelhübe in der Minute, und beträgt in letzterem Falle die Geschwindigkeit des Plungers 0,61 Met. (2 Fuß), die des Wassers in den Steigrohren 0,94 Met. (3 Fuß) und beim Durchgange durch die Ventile 1,68 Met. (5 1/2 Fuß) pro Secunde. Das gehobene theoretische Wasserquantum beträgt bei 15 Doppelhüben pro Minute 1855 Liter (65 1/2 Kubikfuß engl.), bei 10 1/2 Doppelhüben 1294,5 Liter (46 Kubikfuß); die theoretische Nutzleistung der Pumpe ist im ersten Falle 55 1/2, im zweiten 39 Pferdestärken. Die Spannung des Dampfes beträgt 1,9 Kilogrm. pro Quadratcentimeter (27 Pfd. pro Quadratzoll), daher die theoretische Arbeitsleistung der Dampfmaschine im ersten Falle 115 1/2, im zweiten 81 Pferdestärken, was einen Wirkungsgrad von 46 Proc. ergibt. Derselbe wird in Wirklichkeit aber nicht erreicht, da der Wasserverlust der Pumpen nicht gemessen wurde, und zudem der Dampfverlust in der langen Rohrleitung ein sehr erheblicher seyn wird. Wahrscheinlich wird der Wirkungsgrad also 45 Proc. nicht übersteigen. Die Dichtung der Rohrleitung und der Maschinentheile wird wie gewöhnlich mittelst Gummi, Patentliderung u.s.w., die Umhüllung der Dampfrohre mittelst Filz bewirkt. Die Maschine arbeitet weder mit Kondensation (der gebrauchte Dampf geht in den Wetterschacht) noch mit Expansion, und ist die Abkühlung der Maschine wegen der großen Oberflächen der Cylinder und weil die Kolbenstange zugleich als Plunger dient, also abwechselnd in Dampf und in Wasser arbeitet, eine sehr erhebliche. Diese Uebelstände sind eine Folge des Strebens, Maschine und Pumpe so einfach als möglich zu machen und in den kleinsten Raum zusammenzudrängen, was freilich auf Kosten des ökonomischen Resultates auch gelungen ist. Was nun das Verhalten von Pumpen und Maschinen während der Arbeit anbelangt, so ist davon Rühmenswerthes durchaus nicht zu sagen. Die Ventile schlagen in einer Weise, welche befürchten läßt, daß wie bereits ein Ventilkasten gesprungen, so über kurz oder lang die Pumpentheile in Folge der mächtigen hydraulischen Stöße auseinander fliegen werden. Verursacht wird dieß einmal durch die große Differenz der Drucke unter und über den Ventilen, hervorgebracht durch die breite Auflagerungsfläche derselben (sie wird durch einen 13 bis 19 Millim. (1/2 bis 3/4 Zoll) breiten Ring gebildet), durch die große Geschwindigkeit des Wassers beim Durchgang durch dieselben, wodurch heftige zuckende Bewegungen entstehen, die durch den Windkessel nur unvollkommen ausgeglichen werden, da derselbe unsymmetrisch zu den Druckventilen und in erheblicher Entfernung von denselben angebracht ist. Trotzdem ist hier mit geringem Capital eine Wasserhaltung geschaffen worden, welche ein großes Wasserquantum aus bedeutender Teufe herausfördert. Dabei ist jedoch die Hitze in der Maschinenkammer und in deren nächster Umgebung keine geringe, so daß es sehr wünschenswerth erscheint, für eine gute Ventilation dieses Raumes zu sorgen. Die Fundamentirung ist sehr einfach und besteht nur aus einem Holzrahmen. Die Maschinenkammer wird durch einen im Flötz ausgehauenen, 2,74 Met. (9 Fuß) hohen eingewölbten Raum gebildet. b) Auf Broad Oak Colliery bei Swansea, South Wales. Die Dimensionen der Pumpe und Maschine sind dieselben wie der vorbeschriebenen, nur ist der Plungerdurchmesser 203 Millim. (8 Zoll) und der des Steigrohres 254 Millim. (10 Zoll). Das Wasser wird aus einer 150 Met. (495 Fuß) langen, einfallenden Strecke gehoben, welche eine saigere Höhe von 32 Met. (105 Fuß) repräsentirt. Am Anfangspunkt der einfallenden Strecke wird das gehobene Wasser in einen Sumpf ausgegossen, aus welchem es durch eine über Tage aufgestellte Maschine entnommen und 110 Met. (360 Fuß) saiger gehoben wird. Früher soll die unterirdische Maschine das Wasser direct vom Endpunkte der einfallenden Strecke bis zu Tage gehoben haben. Wegen einer inzwischen stattgehabten Kesselexplosion und des dadurch zeitweilig verursachten Dampfmangels mußte dieser Betrieb in der angegebenen Weise beschränkt werden. Die Maschine machte pro Minute 16 Doppelhübe, was eine Kolbengeschwindigkeit von 0,66 Met. (2 1/6 Fuß) pro Secunde ergibt. Der Gang der Maschine war hierbei durchaus regelmäßig; von Schlagen der Ventile, Wasserstoß, Bewegung in den Maschinentheilen war wenig zu bemerken, obwohl das Fundament nur aus zwei untergeschobenen Balken bestand, und ein Windkessel gar nicht vorhanden war. Der Dampf wird ebenfalls von Tage in die Grube geleitet; die große Hitze in der Maschinenkammer verursachte dieselben Unannehmlichkeiten wie in Trimdon Grange. 2. System Gebrüder Tangye und Holman. Die Tangye'schen Maschinen haben im Allgemeinen dieselbe Anordnung wie die vorstehend beschriebenen; der horizontal liegende Dampfcylinder liegt zwischen den beiden Pumpen, die jedoch nicht mit Plungerkolben, sondern mit gewöhnlichen Kolben versehen sind. Auf Adelaide Colliery bei Bishop Auckland habe ich die nachstehenden Daten gesammelt. Auch auf Trindon Grange findet sich in unterer Teufe eine Tangye'sche Maschine, die das Wasser der Tyler'schen Maschine zuhebt. Die Höhe, auf welche das Wasser gehoben wird, ist jedoch gering, weßhalb ich mich auf die Beschreibung der Maschine von Adelaide Colliery beschränke. Dampfcylinderdurchmesser 660 Millim. (26 Zoll). Pumpenkolbendurchmesser 165 Millim. (6 1/2 Zoll). Hub des Dampf- und Pumpenkolbens 1,83 Met. (6 Fuß). Die Ventile bestehen aus Systemen von je sieben kleinen Tellerventilen von Bronze in Gutta-percha-Sitzen. Der Durchmesser der einzelnen Ventile ist fast 63,5 Millim. (2 1/2 Zoll), der Gesammtquerschnitt mithin 206 Quadratcentimeter (32 Quadratzoll), d.h. so groß wie der Querschnitt des Pumpenkolbens. Die Saughöhe ist im Maximum 6,1 Met. (20 Fuß); die Wasser werden in einer Tour 315 Met. (1032 Fuß) hoch hinaufgedrückt. Durchmesser der Steigrohre im Lichten 178 Millim. (7 Zoll); Wandstärke unten 51 Millim. (2 Zoll), oben 13 Millim. (1/2 Zoll); dieselben sind alle 60 Met. (200 Fuß) im Schacht verlagert. Der Dampf wird durch einen einzigen Kessel in der Grube erzeugt; Verlust durch Abkühlung findet also nicht statt. Die Feuergase sowie der verlorene Dampf gehen in den Wetterschacht. Die Maschine machte 10 Doppelhübe pro Minute, doch hat dieselbe bei sehr gutem Gange 12 Hübe gemacht, ohne daß dieß als Maximalzahl angesehen werden könnte. Bei letzterer Hubzahl ist die Geschwindigkeit des Wassers in den Pumpen 0,73 Met. (2,4 Fuß), in den Steigrohren 0,61 Met. (2 Fuß) pro Secunde. Das bei dieser Geschwindigkeit gehobene Wasserquantum beträgt 934 Liter (33 Kubikfuß), also die theoretische Nutzleistung etwa 65 Pferdestärken. Der Nutzeffect der Maschine wird verhältnißmäßig ein ganz günstiger seyn, da der Dampfcylinder den Dampf aus dem unmittelbar daneben liegenden Kessel erhält. Expansion und Condensation sind auch bei dieser Maschine nicht vorhanden. Der Gang ist ein vollkommen ruhiger, ein Schlagen der Ventile kaum bemerkbar, bewirkt weniger von dem colossalen Windkessel, der, leider, etwa 6,1 Met. (20 Fuß) von der Maschine entfernt in einem Schachte steht, als dadurch daß bei geringer Wassergeschwindigkeit die verschiedenen Querschnittsverhältnisse richtig gewählt sind. Der Windkessel hat 762 Millim. (2 1/2 Fuß) Durchmesser und 9,14 Met (30 Fuß) Höhe, er wiegt 14 Tonnen, ebenso viel wie Maschine und Pumpen zusammen. Der Preis soll 800 Pfd. Sterl. loco London gewesen seyn, ohne Windkessel. Die Fundamentirung ist sehr sorgfältig in Mauerwerk ausgeführt; die Ankerbolzen haben 3,05 Met. (10 Fuß) Länge. Die Länge der Maschine beträgt 5,79 Met. (19 Fuß), die Breite 1,45 Met. (4 3/4 Fuß). Aus dem Gesagten geht hervor, daß dem Princip, die Wasser aus sehr großen Teufen durch einen einzigen Pumpensaß vermittelst einer unterirdischen Maschine und mit Umgehung des Gestänges zu heben, wesentliche Schwierigkeiten nicht im Wege stehen. In vielen Fällen wird es angezeigt seyn, das Princip zu adoptiren, wenn es auch gerechten Bedenken unterliegen möchte, die beschriebenen Systeme anzunehmen. Da es in vielen Fällen nicht thunlich seyn wird, den Betriebsdampf in der Grube zu erzeugen, eine lange Dampfleitung jedoch immerhin mit erheblichem Dampfverlust verbunden seyn wird, so müßte dieser Verlust durch Anwendung von Expansion und Condensation ausgeglichen werden. Dadurch gelangt man zu kleinem Hube, Schwungrad, raschem Gange und kleinen Dimensionen in den Pumpenkolben. Die Condensation wird in allen den Fällen von doppeltem Nutzen seyn, wo es sich darum handelt, den verbrauchten Dampf unschädlich zu machen, ein Umstand der unter gewissen Verhältnissen von größerer Bedeutung seyn kann als die durch Condensation erzielte Dampfersparniß. In Bezug auf Kohlenverbrauch werden die unterirdischen Maschinen mit über Tage stehenden Dampfkesseln sich wesentlich ungünstiger verhalten als die neueren sehr vollkommenen Systeme der Wasserhaltungsmaschinen. Leider kann der Techniker sich nicht immer auf den Standpunkt des Finanziers stellen, und so werden Fälle genug eintreten, wo man mit Freuden zu diesem Mittel greift, um überhaupt zum Ziele zu kommen. Enge Schächte, knappe Geldverhältnisse, Mangel an Zeit erlauben nicht immer die gebräuchlichen überirdischen Maschinenanlagen mit den entsprechenden Pumpensystemen anzuwenden. Bei geringen Wasserzuflüssen wird die Adoptirung der unterirdischen Maschinen, selbst vom rein ökonomischen Standpunkte aus betrachtet, anzurathen seyn. Eine oberirdische Maschine wird niemals wohl mit Berücksichtigung lediglich der augenblicklichen Wasserzuflüsse construirt werden. Da eine solche Anlage sich nur mit großen Schwierigkeiten und Opfern verstärken läßt, so wird man gewöhnlich von vorn herein eine Zukunftsmaschine bauen, d.h. die Anlage wird so theuer werden, daß ein großer Theil der Wasserhaltungskosten aus den Zinsen des aufgewendeten Capitals besteht. Die unterirdischen Maschinen kann man dagegen fast ganz den jedesmaligen Wasserzuflüssen anpassen; es ist dabei nur darauf Rücksicht zu nehmen, daß die Dampfleitungsrohre sowie die Steigrohre genügenden Querschnitt erlangen, was in Bezug auf den Kostenpunkt aber von geringem Belang ist. Reicht die erste Maschine nicht mehr aus, so setzt man die zweite daneben; die Capitalanlage hält also gleichen Schritt mit den Wasserzuflüssen. Ob das System der unterirdischen Maschinen bei großen Wasserzuflüssen dieselben Vorzüge aufweist, dürfte zweifelhaft seyn. Die große Differenz im Betrage des Anlagecapitals vermindert sich; die Wahrscheinlichkeit eines öfteren Ersaufens der unterirdischen Anlage vermehrt sich, da für große Wasserzuflüsse ein ausreichender Sumpf nur schwierig zu schaffen ist. Bei 2,5 bis 3 Kubikmeter (80 bis 100 Kubikfuß) Wasser pro Minute werden unterirdische Maschinen dagegen ohne Zweifel unter Umständen noch mit offenbarem Vortheil angewendet werden. Schließlich noch einige Notizen aus zweiter Hand über unterirdische Maschinen. Auf St. Helena Colliery bei Durham steht eine Tangye'sche (?) Maschine von 812 Millim. (32 Zoll) Cylinderdurchmesser, 1,37 Met. (4 1/2 Fuß) Hub und 280 Millim. (11 Zoll) Plungerdurchmesser. Die Maschine erhält den Dampf durch eine 1280 Met. (4200 Fuß) lange Rohrleitung, wobei pro Minute etwa 85 Liter (3 Kubikfuß) Wasser condensirt werden. Die unterirdische Maschine auf Hedock Colliery bei Manchester hat zwei Dampfcylinder von 864 Millim. (34 Zoll) und Pumpen von 0,61 Met. (13 Zoll) Durchmesser. Zahl der Spiele pro Minute 15; Höhe, auf welche das Wasser gehoben wird, 137 Met. (450 Fuß). Die Maschine hat Schwungrad, ist 13,7 Met. (45 Fuß) lang, 6,25 Met. (20 1/2 Fuß) hoch, 4,57 Met. (15 Fuß) breit und kostet 1200 Pfd. Sterl.