Titel: | Der Rechtsbestand des Hoffmann'schen Ringofen-Privilegiums vom Standpunkte der Thatsachen; von Dr. H. Seger, Secretär des deutschen Vereines für Fabrication von Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement. |
Autor: | H. Seger |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LXIV., S. 205 |
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LXIV.
Der Rechtsbestand des Hoffmann'schen Ringofen-Privilegiums vom Standpunkte der Thatsachen;
von Dr. H. Seger, Secretär des deutschen Vereines für
Fabrication von Ziegeln, Thonwaaren, Kalk und Cement.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Seger, über den Rechtsbestand des Hoffmann'schen
Ringofenprivilegiums.
Das Heft I und II d. J. der Zeitschrift des österr. Ingenieur- und
Architektenvereines enthält eine umfangreiche Arbeit unter dem obigen Titel, in
welcher der Verfasser, Herr Baurath A. Prokop, früher
Ober-Inspector und Director-Stellvertreter der Wiener
Ballgesellschaft, die Rechtsbeständigkeit des Hoffmann'schen Ringofen-Patentes anzufechten sucht; dieselbe kann auch
zugleich als Darlegung der Motive betrachtet werden zu dem Beschlusse des österr.
Ingenieur- und Architektenvereines, durch eine Vorstellung bei dem k. k. österr.
Handelsministerium auf die Aufhebung des Hoffmann'schen
Privilegiums hinzuarbeiten.
Leider kommt mir das Original erst jetzt zu Gesicht, nachdem dessen auffälliger
Inhalt mir durch Auszüge in anderen Journalen bekannt geworden ist, und veranlaßt
mich das Studium desselben, die darin versuchte Beweisführung näher zu beleuchten,
einestheils weil darin Ansichten über Privilegienwesen und geistiges Eigenthum
überhaupt aufgestellt sind, welche, wenn sie weiter in technischen Kreisen Eingang
finden sollten, durch ihre Immoralität das Vorwärtsschreiten der Industrie auf das
Empfindlichste zu bedrohen vermöchten, indem sie einen verdienstvollen Erfinder
unter dem Deckmantel des vermeintlichen Staatsinteresses schutzlos der Beraubung
aussetzen, anderntheils weil der technische Theil thatsächliche Unrichtigkeiten und
Entstellungen enthält, oder aber auf falschen Voraussetzungen fußend, Folgerungen
zieht, welche eine Berichtigung dringend geboten erscheinen lassen.
Ich will damit nicht den Versuch unternehmen, einmal Geschehenes, wie die inzwischen
erfolgte Aufhebung des Hoffmann'schen Privilegiums,
wieder rückgängig zu machen; ich beabsichtige nur, den Namen eines Mannes, dessen
großen Verdiensten ja auch Hr. Prokop seine Anerkennung
nicht versagen kann – obschon er bei seiner Beweisführung aus der sehr trüben
Quelle der Widersacher Hoffmann's schöpft –, vor
weiteren Verunglimpfungen zu bewahren und den in der Meinung der technischen Welt zu
rehabilitiren, der es unter seiner Manneswürde hielt, auf alle die Anfeindungen,
welche ihm von Seite einiger Freibeuter auf dem Gebiete des geistigen Eigenthumes zu
Theil wurden, eine Antwort zu ertheilen, es der Geschichte der deutschen Industrie
überlassend, über ihn zu urtheilen.
Der österr. Ingenieur- und Architektenverein hat es nach den
Auseinandersetzungen des Hrn. Prokop für seine Pflicht
gehalten, im Interesse der österreichischen Industrie auf die Aufhebung des
gemeinschädlichen Hoffmann'schen Privilegiums
hinzuwirken. Es wäre aber wohl der Würde eines so angesehenen Vereines entsprechend
gewesen, nicht einseitig in der Beurtheilung einer so wichtigen Frage vorzugehen,
sondern auch die gegentheiligen Anschauungen seiner Erwägung zu unterziehen. Der
Verfasser glaubt um so mehr zu einer solchen Entgegnung berechtigt zu seyn, da er
als Vertreter der speciellen Fachliteratur der Thonwaarenindustrie ein Interesse
daran hat, daß Erfindungen auf diesem Gebiete von so eminenter Bedeutung wie der Hoffmann'sche Ringofen, zum Nutzen der Industrie die
Würdigung erfahren, welche ihnen gebührt.
Herr Prokop gibt im Anfange seines Vortrages einen
schätzenswerthen geschichtlichen Abriß der Entwicklung der Ziegelfabrication und kommt dabei zu dem
Resultat, daß die Einführung besserer Arbeitsvorrichtungen, der Gebrauch von
Maschinen, namentlich aber die Erfindung und Anwendung der Ringöfen mit ihrem
continuirlichen Betriebe, ihrer enormen Productivität und ihrer beispiellos in der
Industriegeschichte dastehenden Brennmaterialersparniß, eine neue Epoche auf diesem
Gebiete bezeichnen, und erkennt an, daß es jedenfalls Hoffmann's Verdienst ist – selbst wenn er nicht der Erfinder der
Ringöfen seyn sollte, was trotz der gegentheiligen Entscheidung des preußischen
Handelsministeriums, Alle mit den Verhältnissen Bekannten wissen –, diesen
eine allgemeine Anwendung auf allen größeren und vorgeschrittenen Ziegeleien
verschafft und dadurch einem bisher von der Wissenschaft vernachlässigten
Industriezweige neues Leben verliehen zu haben; er berechnet die enormen
Ersparnisse, welche der Wieneberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft,
dadurch daß sie im Alleinbesitze des Privilegiums für die Umgegend von Wien war, bei
ihrer jährlichen Production von 130 Millionen Ziegeln erwachsen und daß bei
allgemeiner Anwendung desselben auf den Ziegeleien welche den Bedarf an
Baumaterialien für Wien decken, sich die Ersparniß an Kohlen auf circa 1 1/2 bis 2 Millionen Wiener Centner belaufen
würde. Dieses wären also die Verdienste, welche Hoffmann
durch sein Bemühen, seine Erfindung zu verbreiten, speciell für Wien sich erworben
hätte. Darin nun, daß durch die Monopolisirung des Privilegiums es einem
beträchtlichen Theile dieser Ziegeleien versagt war, die Vortheile welche die
Benutzung des Ringofens bietet genießen zu können, glaubt der Verfasser einen Grund
für die Wohnungsnoth in Wien, einen Verlust an Staatsvermögen durch unnöthiger Weise
mehr für die Ziegelfabrication aufgewendetes Brennmaterial finden und die
Gemeinschädlichkeit der Aufrechterhaltung des Patentes ableiten zu müssen. Kann ein
Unbefangener derartige Schlüsse ziehen? In Wien war für die Erbauung der Ringöfen
ein Monopol, und es entstand Wohnungsnoth. In Berlin war nie ein Monopol für Ringöfen; jedermann konnte solche gegen eine geringe
Entschädigung bauen, und Wohnungsnoth entstand doch; von der Wohnungsnoth aber, wie
sie nach Wegfall auch dieser geringen Entschädigung und Aufhebung des Hoffmann'schen Patentes nunmehr in Berlin entstanden ist,
hat Niemand eine Ahnung gehabt. Offenbar läge für das preuß. Ministerium die
dringendste Veranlassung vor, das Hoffmann'sche Patent
wieder in Kraft zu setzen, wenn es sich bewahrheiten würde, daß ebenso wie in Wien
die Aufhebung desselben eine Beendigung oder doch Minderung der Wohnungsnoth
bewirkt, in Berlin das directe Gegentheil erzielt wird. Für die Vertheidiger der Gemeinschädlichkeit
des Privilegiums erwächst aus diesem Verhältniß ein schlimmes Dilemma, denn setzt
das preußische Ministerium das Hoffmann'sche Patent
wieder in Kraft, so liegt die Aufforderung für das österr. Ministerium vor, ein
Gleiches zu thun, da letzteres nur auf Grund der preuß. Maaßregel, nicht auf Grund
der Prokop'schen Motive die Aufhebung decretirt hat.
Der Mangel an Wohnungen hat jedoch ganz andere Gründe, welche mit der Existenz oder
Nichtexistenz der Ringöfen in absolut keinem Zusammenhange stehen; unter so abnormen
Bauverhältnissen, wie sie sich jetzt in den großen Städten zeigen, sind, die
Verkaufspreise der Bausteine ganz unabhängig von den Erzeugungskosten.
Hr. Prokop schlägt sich übrigens hier mit seinen eigenen
Argumenten, denn er führt aus, daß der Gewinn ausschließlich in die Tasche
derjenigen fließen würde, welche durch die Patentaufhebung die Freiheit, den von ihm
in seinen Leistungen als unübertroffen gerühmten Apparat zu benutzen, erlangen
würden.
Privilegien werden bekanntlich verliehen, um Personen welche durch geistige
Reflexionen oder durch praktische Versuche Ideen concipiren und denselben eine
Wesenheit ertheilen die dem Staatswohle Vortheil bringt, für die zu diesem Zwecke
aufgewendeten Opfer zu entschädigen und sie anzuspornen, ihre Ideen weiter
auszubilden und zum allgemeinen Besten preiszugeben. Hr. Prokop findet in dem Umstande daß die österr. Regierung die Monopolisirung
des Patentes für Wien zuließ, eine Versündigung derselben gegen das Staatsinteresse
und plädirt aus diesem Grunde für die Aufhebung, wenn nöthig auch durch einen Gewaltsact. Nun hat aber offenbar nicht der
Erfinder des Ringofens für das Wohl der Wiener Ziegeleibesitzer Sorge zu tragen,
sondern diese selbst, resp. die Regierung, und man kann ihn doch nicht für jene
angebliche Versäumniß der österr. Regierung büßen lassen. Uebrigens hat sich die
Wieneberger Ziegelfabrik und Baugesellschaft vor der Patentaufhebung bereit erklärt,
auf ihr Monopol, die alleinige Benutzung von Ringöfen in einem viermeiligen Umkreise
von Wien, zu verzichten; es stand also Jedem gegen eine Ablösungssumme, welche im
Vergleich zu den dadurch erlangten Vortheilen verschwindend klein ist, die Benutzung
von Ringöfen frei. Aber noch mehr; das Hoffmann'sche
Privilegium datirt vom Jahre 1858; es hat zehn Jahre lang Jedermann frei gestanden
es zu benutzen, ja sieben Jahre lang sogar ohne alle Entschädigung! Während der
ganzen Zeit wo Jedermann Hoffmann'sche Oefen frei bauen
konnte, war es aber nur Ein Mann in Wien, der die Tragweite der Hoffmann'schen Leistungen erkannte und mit Hoffmann einen Vertrag schloß, nicht etwa zur Erwerbung seines
jetzt aufgehobenen Privilegiums, sondern dazu daß Hoffmann ihm allein zur Erbauung von Ringöfen bei Wien und Pest mit seinen
Erfahrungen und Kenntnissen beistehen solle, und dieser Mann war Hr. Heinrich v. Drasche. Diesem gebührt also das Verdienst, die Hoffmann'schen Oefen in Wien eingeführt und ihre
großartigen Erfolge den dortigen Ziegeleibesitzern, Architekten und Ingenieuren vor
Augen geführt zu haben. Hoffmann aber hat an seinem
Vertrage gegen alle Versuchungen treu festgehalten, daher der Mißmuth so Vieler.
Hr. Prokop führt ferner aus, daß, um das Privilegium zu
umgehen, eine Anzahl von Patenten genommen wurde, welche sich nur an das Hoffmann'sche anschlossen und sich naturgemäß auf dieses
stützen konnten, die zu Constructionen führten, welche nur formaliter Abweichungen
zeigen, in ihren Principien aber sich vollständig an die Hoffmann'sche Erfindung anlehnen; warum ereifert er sich nicht ebenso für
die Aufhebung dieser, welche dann ebenfalls zur Ungebühr bestehen, oder besteht die
Gemeinschädlichkeit nur für das Hoffmann'sche Patent,
weil dessen Unerreichbarkeit eine Anzahl von Ziegeleibesitzern genirte, nicht aber
für die Nachahmungen?
Das Hoffmann'sche Patent ist in Preußen auf das Betreiben
von Nachahmern und solchen die es zu werden wünschten, aufgehoben worden, und wenn
ich auch diese Aufhebung, welche in den größten Wirren des beginnenden Völkerkrieges
ausgesprochen wurde, als eine ungerechte und übereilte Handlung des preußischen
Handelministeriums bezeichnen muß, deren Motive mit den
Thatsachen und behördlichen Erhebungen selbst im Widerspruch stehen, wie
ich des Weiteren nachweisen werde, wenn es selbstsüchtigen Bestrebungen gelungen
ist, den durch seine Organe fälschlich unterrichteten
Hrn. Handelsminister zu diesem Gewaltsact zu bestimmen, wenn ich schließlich die
Ueberzeugung habe, daß jetzt in ruhigeren Zeiten der bekannte Gerechtigkeitssinn der
Preußischen Regierung diesen Fehler wieder gut machen, und wenn nicht mehr, so doch
die Ehre eines verdienstvollen Mannes, welche durch die Angriffe eines niedrigen
Egoismus bloßgestellt ist, wieder herstellen wird, indem sie ihm wenigstens die
Autorschaft der Erfindung läßt, – so liegt in diesem Factum der Aufhebung des
Privilegiums allerdings ein scheinbarer Grund der Aufhebung auch in Oesterreich
vor.
Ich freue mich, constatiren zu können, daß das k. k. österr. Handelsministerium die
technischen wie juridischen Erwägungen des Hrn. Prokop
nicht adoptirt hat, sondern sich bei der Aufhebung des Privilegiums auf den einzigen stichhaltigen
Grund, das Factum der Annullirung in Preußen, gestützt hat.
In der That, wenn man die Ausführungen des Hrn. Prokop
über die Nothwendigkeit der Aufhebung des Privilegiums im vermeintlichen
Staatsinteresse liest, dazu seine erkünstelte und unzutreffende Beweisführung, wenn
man hiermit den motivirten, dem österr. Ingenieur- und Architektenverein
übergebenen Antrag vergleicht, in welchem das persönliche Interesse der einzeln
unterzeichneten Vereinsmitglieder im Vordergrund erscheint, so kann man sich des
Gefühles kaum bemeistern, daß die ganze Motivirung nicht lediglich durch das
Staatswohl und die Menschenfreundlichkeit eingegeben ist.
In Preußen hat Hr. Privatbaumeister Paul Loeff (in
Berlin), trotz seiner amtlichen Eigenschaft als zugezogener Sachverständiger in der
ministeriellen Untersuchung in Bezug auf den Arnold'schen
Ofen, noch ehe die zuständigen Behörden eine Entscheidung getroffen hatten, in
technischen Zeitschriften Aufsätze gegen die Originalität des Hoffmann'schen Ringofens veröffentlicht,Beiträge zur Geschichte der continuirlichen Ziegelöfen, im polytechn.
Journal, 1870, Bd. CXCVII S. 137. welche zahlreiche Unwahrheiten und Entstellungen enthalten, wie ich im
Folgenden nachweisen werde. Nicht zufrieden hiermit, hat er es für zulässig
gehalten, nachdem er unterstützt durch die Anschauungen des Professor Dr. Rud. Weber, Mitglied der
preußischen Patentcommission, die Aufhebung des Hoffmann'schen Patentes durchgesetzt und so freien Spielraum für seine
egoistischen Speculationen gewonnen hatte, das Princip des Hoffmann'schen Ofens sich anzueignen, als seine
Erfindung auszugeben, und in einer im Jahre 1871 erschienenen BroschüreBrochüre,Patentirte Brennöfen; Anleitung zur Anlage der zweckmäßigsten Brennofen für
Ziegel, Thonwaaren, Kalk, Cement, Gyps etc., von Paul Loeff. Berlin, Druck von Kerskes und
Hohmann. welche für seine Oefen Propaganda zu machen bezweckt, einen Hoffmann'schen Ofen geradezu zu copiren und nur an
demselben constructive Veränderungen vorzunehmen, welche dazu bestimmt sind,
wenigstens scheinbar einige Abweichungen zu zeigen, ohne im Wesentlichen etwas zu
ändern. Die meinem Aufsatz beigegebenen Zeichnungen, Figur 1–4, welche den
Hoffmann'schen und Loeff'schen Ringofen neben einander darstellen, bedürfen keines Commentars.
Die Absicht, das betreffende Publicum über den Werth seiner angeblichen Erfindung zu
täuschen, documentirt sich in jener BroschüreBrochüre. Er weiß sehr wohl, daß weder der Arnold'sche
Ofen von 1839, welchen Hoffmann nach seinem Bekanntwerden
als Vorläufer seines Princips anerkannt hat, noch seine Reconstruction desselben Ofens im Jahre
1870, welche wegen Mangels der dem Hoffmann'schen Ofen
eigenthümlichen Befeuerungsweise schon bei den Versuchsbränden Fiasco machte, die
Bedingungen der Betriebsfähigkeit in sich trägt; er weiß, daß weder Arnold, noch Maille, noch Gibbs, noch die Nachahmer Hoffmann's wie er selbst, an dem Aufschwung welchen die
Thonwaarenindustrie durch Benutzung des Ringofens genommen, directen Antheil haben,
dieß hindert ihn aber nicht, mit einer unglaublichen Naivität das Verdienst nur Arnold zuzuschreiben und den Hoffmann'schen Ofen lediglich als einen sehr unvollkommenen Apparat und
als verbindendes Mittelglied zwischen der Arnold'schen
und seiner vermeintlichen Erfindung zu betrachten.
Daß er dabei seine eigenen großen Verdienste zu beleuchten nicht vergißt, ist
selbstverständlich, auch soll nach seiner Angabe sein Ofen „in fast allen
Staaten“ patentirt seyn. – Dieß war der Sachverständige, auf
dessen Gutachten hin das preußische Handelsministerium das Hoffmann'sche Patent aufhob, und es erscheint wohl bedenklich, seine
Angaben ohne eingehende Prüfung anzunehmen.
Auf Grund der preußischen Aufhebung des Patentes wurde auch das italienische in seiner Rechtsbeständigkeit mit Erfolg angegriffen, von einer Partei welche es offen als eine nationale
Ehrenpflicht erklärte, Ausländer zu berauben, sobald dieß der Vortheil
italienischer Staatsangehörigen nützlich erscheinen läßt. Sollten ähnliche
Tendenzen, deren schwer wiegende moralische Folgen für die Gesammtindustrie ich
nicht erst zu schildern brauche, auch in Wien Anklang finden? Ich will es nicht
hoffen; dennoch drängen sich mir solche Gedanken auf, wenn ich in Hrn. Prokop's Vortrag lese: das Privilegium muß aufgehoben
werden, weil bei der herrschenden Wohnungsnoth jedes Mittel
gerecht ist, um dieser, wenn auch nur scheinbar,
zusteuern, es muß fallen, weil es den Ziegeleibesitzern durch seine Unzugänglichkeit
unerträglich geworden ist, weil sich die Mittel jetzt herbei bringen lassen,
dasselbe mit Erfolg anzugreifen.
Um zur Kritik der von Hrn. Prokop gelieferten technischen
Beweise überzugehen, wollen wir zuerst über die Quellen Musterung halten, aus
welchen er geschöpft hat und die er selbst in einer Anmerkung angibt. Es sind das
die Schriften von Matern und Gottgetreu, die oben erwähnten Publicationen von Loeff im polytechn. Journal und der Baugewerks-Zeitung, welche
sämmtlich verfaßt wurden um durch die Gerichte verurtheilte Umgehungen des Hoffmann'schen Patentes zu rechtfertigen, oder, wie bei Loeff, die Bahn zu ebnen für seine eigene Erfindung;
Schriften der Gegenpartei scheint er demnach nicht studirt zu haben.
Ferner führt er als Material den in Preußen entscheidenden Ringofenproceß –
was doch wohl nur den Arnold'schen, in Folge dessen die
Aufhebung des Patentes in Preußen erfolgte, bedeuten kann – an. Wenn Hrn. Prokop letzteres Actenstück wirklich und nicht bloß eine
Entstellung desselben vorgelegen hätte, so habe ich das Zutrauen zu seiner
Wahrheitsliebe, daß er der Angabe auf Seite 27 Heft II, Hoffmann habe vor der Patentirung von den Versuchen Arnold's Kenntniß gehabt, seine Anerkennung versagt haben würde. Er hätte
dann aus den Proceß-Acten ersehen: erstens daß von dem Arnold'schen Ofen überhaupt keine Originalbaupläne vorhanden waren, daß
also Hoffmann auch keine Kenntniß davon haben konnte;
ferner daß Arnold bei den Verhandlungen seine früher in
einem an Dr. J. Matern
gerichteten Briefe ausgesprochene Beschuldigung, „er habe dem
Associé Hoffmann's Hrn. Büscher Zeichnungen seines Ofens übergeben,“ mit dem
Bemerken zurückgezogen hat, er wisse dieß nicht mehr genau; ferner daß Hr. Büscher die betreffenden Notizen, welche er sich über den
Arnold'schen Ofen bei einem Besuche gemacht hatte, in
natura vorlegen konnte und daß sich dieselben auf
einen runden, überwölbten Kalkofen mit Braunkohlen-Feuerung, nicht aber auf
den sogenannten Arnold'schen Kammerofen beziehen; endlich
daß Hoffmann nachweisen konnte, daß er, ehe er Büscher und Arnold kannte,
bereits Anderen seine Ideen auseinandergesetzt, daß auch die Selbstständigkeit der
Hofmann'schen Erfindung von der Arnold'schen durch die preußische Regierung ausgesprochen wurde.
Hrn. Prokop's technische Beweisführung ist darauf basirt,
das Bekanntseyn und die Anwendung der einzelnen Ofentheile schon vor der
Patentertheilung darzuthun. Es ließe sich dagegen nichts einwenden, wenn dieß mit
der wünschenswerthen Vollständigkeit geschähe, obgleich nach meiner Auffassung
einzelne Theile als solche noch lange nicht das Wesen der Erfindung ausmachen und
deren Vorzüglichkeit und Brauchbarkeit noch nicht die gleichen Eigenschaften für das
Ganze verbürgen. Erst die Combination der einzelnen Theile zu einem Ganzen, zu einem
Organismus in welchem alle Glieder in der richtigen Weise functioniren, liefert
einen Apparat; es wurde deßwegen, wie es in ähnlichen Fällen ja naturgemäß immer
geschehen muß, das in Frage stehende Privilegium nicht auf die einzelnen Theile
gewährt, sondern auf den Apparat in seiner ganzen
Zusammensetzung, soweit diese neu und eigenthümlich ist und ohne Jemand in der
Anwendung bekannter
Theile zu beschränken. Wenn nur die Neuheit der einzelnen
Organe maaßgebend wäre für die Neuheit einer Erfindung, so wäre streng genommen eine
Patentertheilung in gewissen technischen Zweigen z.B. im Maschinenbau, der doch
gerade die meisten Privilegien aufzuweisen hat, fast eine Unmöglichkeit, denn hier
sind es fast immer dieselben einzelnen Organe, welche stets in anderen Formen und in
anderer Combination untereinander wiederkehren. Ist also bei dem Hoffmann'schen Ringofen die ganze Anordnung der einzelnen
Organe neu und eigenthümlich, so ist er auch entschieden patentfähig und daß dieß
der Fall ist, daß die einzelnen Theile desselben in einer harmonischen Weise
combinirt sind, wie sie früher nicht ausgeführt worden waren, beweisen einerseits
die Erfolge des Ringofens, andererseits die Nichterfolge der Erfinder welche vor und
nach Hoffmann ein gleiches Ziel vor Augen hatten, es aber
nicht verstanden, auch alle die Organe welche Hoffmann
benutzt hat, trotz des Vorbildes welches sie hatten, in der richtigen Weise
anzuwenden. Die Hoffmann'sche Erfindung hat aber außerdem
auch wirklich Neues gebracht und die preußische Patentcommission (oder vielmehr Hr.
Loeff und Professor Weber)
vermag dieß schließlich vor dem Forum der Thatsachen nicht weg zu creditiren.
Als charakteristisch für seinen Ofen, doch nicht als in allen Fällen neu, hebt Hoffmann in seiner Patentbeschreibung hervor:
1) die Isolirung gegen Erdfeuchtigkeit;
2) den ununterbrochenen endlosen Ofencanal, dessen
Abschluß
3) durch eine versetzbare Wand (den Schieber) die regelmäßige
ununterbrochene Arbeit, sowie die denkbar vortheilhafteste Ausnutzung der Wärme
gestattet;
4) die Isolirung des Ofengemäuers durch Sandumhüllung;
5) den hermetischen Verschluß der Rauchcanäle;
6) das Aufgeben aller feststehenden Feuerherde, und an deren
Stelle die Anwendung der Heizlöcher und Heizschachte, welche in kurzen
Entfernungen neben und hinter einander über die ganze Fläche des Ofens
gleichmäßig vertheilt sind und die zu brennenden Gegenstände in unmittelbare und
nächste Nähe der Ausgangspunkte der Wärme bringen, so daß die Wirkung der
strahlenden Wärme unter den günstigsten Bedingungen benutzt wird;
7) den hermetischen Verschluß der Heizlöcher durch in Sand
tauchende Glocken;
8) die Anordnung des sogenannten Rauchsammlers;
9) die Ableitung der Rauchgase nicht von der Decke, sondern unten
vom Herde ab, und
10) endlich die von Allem bis dahin dagewesenen abweichende Art
und Weise der Befeuerung: statt mit Schmauch-, Halb- und Vollfeuer
zu brennen, nur ein Vollfeuer zu unterhalten, und zwar durch Einstreuen des
Brennstoffes in die glühenden Steinmassen, wodurch die bis dahin wenig nutzbaren
staubförmigen Brennstoffe besonders verwerthbar wurden.
Von diesen Eigenthümlichkeiten sind durch Recursentscheidungen des preußischen
Handelsministers vom 30. November 1868 IV 14389, vom 11. Januar 1869 IV 15818 und
vom 4. December 1869 IV 14918 als dem Hoffmann'schen Ofen
neu anerkannt worden:
1) der ringförmige in sich
zurückkehrende Ofencanal;
2) die Theilung desselben durch transportable, das ganze
Ofenprofil ausfüllende Schieber;
3) der Abschluß der Rauchcanäle durch in Sand tauchende Glocken;
4) die Befeuerung der einzelnen Ofenabtheilungen durch im Gewölbe
angebrachte Schürlöcher, ohne feststehenden
Feuerherd.
In dem Vortrage des Hrn. Prokop werden als
Eigenthümlichkeiten hervorgehoben:
1) der endlose in sich zurückkehrende Ofencanal;
2) die Absperrbarkeit dieses Raumes;
3) der eigens construirte Rauchabzugsapparat.
Die Befeuerung der einzelnen Ofenabtheilungen durch im Gewölbe in geringen
Zwischenräumen angebrachte Schürlöcher ohne feststehenden
Feuerherd ist, trotzdem sie dem Sachkenner als gerade den Hoffmann'schen Ringofen am meisten charakterisirend
auffällt, nicht aufgeführt, sondern an anderen Orten wird nur beiläufig erwähnt, daß
Hoffmann hierauf ein großes Gewicht legt. Es ist das
Ignoriren dieser Befeuerung der einzelnen Ofenabtheilungen um so mehr zu verwundern,
als eine der benutzten Quellen, nämlich Dr. Matern, hierauf wesentlich Gewicht legt, um nachzuweisen
daß sein Ofen wegen Mangels dieser Einrichtung den Charakter des Hoffmann'schen Ofens verliert und dem Hoffmann'schen Patente nicht tributär ist.
In seinem Nachweis, daß die vorher angeführten Punkte schon vor der Patentertheilung
bekannt und in Werken beschrieben worden sind, sucht Hr. Prokop insbesondere darzuthun, daß bereits vor Hoffmann continuirliche Ziegelöfen projectirt, ausgeführt
und in Betrieb gesetzt wurden.Bei Erwähnung des Gibbs'schen Ofens sucht er den
Nachweis zu erbringen, daß nicht einmal der Name
„Ringofen“ neu ist; er sagt S. 21: „Wir
haben somit wieder einen continuirlichen Ofen vor uns, der noch dazu zum
Schrecken unserer Gegner schon damals von seinem Erfinder den Namen
„Ringofen“ erhielt.“ Wenn Herr Prokop sich aber die Mühe gegeben hätte, die Gibbs'sche Beschreibung nachzulesen und bei der
Uebersetzung des Wortes „circular
Kiln“ ein englisches Lexikon zu Rathe zu ziehen, so
würde er gefunden haben, daß annular Kiln einen
ringförmigen, circular Kiln einen kreisförmigen
Ofen bedeutet. Die Erfindung der Continuirlichkeit hat aber Hoffmann nirgends für sich in Anspruch genommen.In der dem preußischen Handelsministerium im März des Jahres 1858
eingereichten Beschreibung seiner Erfindung, sowie in der Beschreibung des
ersten von ihm in Scholwin bei Stettin ausgeführten Ringofens (Erbkam, Zeitschrift für Bauwesen, 1860) zählt Hoffmann alle ihm bis dahin bekannt gewesenen
continuirlich wirkenden, oder als continuirlich wirkend betrachteten Oefen
auf. Was ihm patentirt ist, sind die Mittel um in
vortheilhafter Weise zu dieser Continuirlichkeit zu gelangen.
Hr. Prokop weist ferner nach, daß auch bei anderen
Ziegelofenconstructionen bedeutende Brennmaterialersparnisse herbeigeführt sind, was
aber für die vorliegende Frage ohne Interesse ist, da Hoffmann nicht die Brennmaterialersparniß, sondern die Mittel um diese zu
erreichen, zum Gegenstande des Patentes hat, insofern als sie von anderen Mitteln
welche Gleiches bezwecken, abweichen.
Endlich beweist Hr. Prokop den früheren Gebrauch von
Schiebern beim Abschluß von Rauchabzügen etc., ohne zu berücksichtigen daß es eben
ein ganz bestimmter Schieber, zu einem ganz bestimmten Zwecke dienend ist, der den
Hoffmann'schen Ofen, abweichend von der
Verwendungsweise anderer Schieber, wie sie sonst üblich ist, charakterisirt.
Soll die Frage ihre wissenschaftliche Erledigung finden, ob der Hoffmann'sche Ringofen eine neue Erfindung ist, oder vor seiner
Patentirung im Ganzen oder in seinen einzelnen Theilen schon bekannt war, so ist es
mit Vermuthungen und künstlichen Auslegungen, wie sie Hr. Prokop uns vorführt, nicht gethan, sondern es müssen unzweideutige und
unumstößliche Beweise geliefert werden.
Der Hoffmann'sche OfenMan s. die Beschreibung der ringförmigen Brennöfen mit immerwährendem Betrieb
von Fr. Hoffmann und A. Licht mit beigegebenen Zeichnungen, im polytechn. Journal, 1860,
Bd. CLV S. 178 und Bd. CLVIII S. 183. ist charakterisirt durch einen in einer beliebigen Curve in sich
zurücklaufenden, überall gleich weiten Ofencanal, ohne
trennende Zwischenwände (daher Ring): der Abschluß dieses
Canales geschieht durch ein transportables, den ganzen Querschnitt ausfüllendes
Diaphragma (Schieber), welches während des Betriebes wandert und seine Stelle stets
dort hat, wo sowohl die Ableitung der Feuergase dem Schornstein mittelst des
Rauchsammlers und der durch Sonderverschlüsse absperrbaren Füchse (Rauchcanäle), als
auch die Zuleitung, der atmosphärischen Luft zu den in Abkühlung begriffenen
Abtheilungen und durch diese zum Feuer, gerade stattfindet. Die Befeuerung geschieht
etwa in der Mitte des nur an einer Stelle behufs Ersatzes der gebrannten Producte
durch rohe, unterbrochenen, eine continuirliche Masse
bildenden Einsatzes auf einer Anzahl von dicht nebeneinander liegenden Stellen (6
bis 60), ohne feste Feuerstätten, ausschließlich von oben
und in senkrecht stehenden Schürgassen (Heizschächten),
welche von der Sohle bis zum Gewölbe Kohle enthalten.
Die Zuführung von ausschließlich bis zum Glühen erhitzter
Luft zu den weit ausgedehnten Feuerstätten geschieht in einem einzigen
Strome durch den Querschnitt des ganzen Ofens; das ebenfalls nach der Anordnung der
Heizschächte den ganzen senkrechten Ofenquerschnitt
bestreichende und horizontal fortschreitende Feuer ist ein continuirlich wanderndes; die Entzündung desselben beim Vorwärtsschreiten
findet nicht wie bei allen anderen Feuerungsanlagen an vorhandener oder
eingebrachter glühender Kohle oder anderer Zündmittel, sondern ausschließlich an den glühenden Flächen der zu brennenden Objecte statt.
Die Vorwärmung und Trocknung frisch eingesetzter Producte findet durch die abgehende
Feuerluft statt, ohne eine andere Leitung und Zurichtung als sie in den abkühlenden
und brennenden Ofentheilen vorhanden ist.
Sehen wir nun zu, in wie weit diese Anordnung und der durch dieselbe hervorgerufene
Effect sich bei anderen Ofenconstructionen wiederfinden. Wir werden hier natürlich
eine Reihe von Constructionen ganz aus dem Spiel lassen können, welche keine von den oben angeführten Eigenthümlichkeiten
zeigen, wie den Ofen von Weberling, Péclet, Müller
und Anderen mehr, welche mit dem Ringofen nur das gemeinschaftlich haben, daß sie
ebenfalls aber auf einem ganz anderen Wege eine Brennmaterialersparniß durch die
Continuität des Betriebes anstreben, was, wie schon oben erwähnt, nicht den
Kernpunkt der Frage berührt; doch kann ich es mir nicht versagen, hier außer den zur
Besprechung noch übrigen Oefen von Barbier, Gibbs, Maille
und Arnold, welche gleichsam als Vorläufer des Hoffmann'schen Ofens zu betrachten sind, noch zwei andere
zu erörtern, nämlich den chinesischen Porzellanofen und den holländischen
Meilerofen.
Der chinesische Porzellanofen, in welchem Hr. Prokop die
erste Verwirklichung der Hoffmann'schen Ideen erblickt,
und zwar in einer Vollständigkeit welche alles Andere auf diesem Gebiete Geleistete
übertrifft, findet sich
beschrieben in Brogniart's Traité des arts céramiques und daselbst auf Tafel XVII Fig.
9 u. 10, und Tafel XLIV abgebildet. Der Ofen besteht nach der einen Figur (9) aus
zwei, nach der anderen Figur (10) aus vier aneinander gereihten kreisrunden Oefen,
von denen die ersteren am Ende einen Schornstein die letzteren keinen solchen
zeigen. Der erste der aneinander gereihten und mit einander verbundenen Oefen ist
mit einer offenen Feuerung versehen – in Fig. 10, A und B, ist eine besondere Feuerkammer (foyer) mit drei Schüröffnungen (alandiers) vorgebaut – in welcher nach der Zeichnung und
Beschreibung Holz verbrannt wird. Die größte Aehnlichkeit mit dem Hoffmann'schen Ofen findet Hr. Prokop darin, daß in dem halbkugelförmigen Gewölbe sich eine Anzahl Löcher
befinden, welche er, da sie nach der Beschreibung mit Topfscherben bedeckt werden,
als die mit eisernen Kapseln bedeckten Heizlöcher des Ringofens erkennt. In der
Beschreibung pag. 433 ist nun aber genau der Zweck
dieser Löcher angegeben; es heißt dort.: au sommet de chaque
d'elles (chambres) sont
cinq ouvertures ou carneaux A, B, C pour le dégagement des produits de la
combustion (an der Spitze jeder dieser Kammern sind fünf Oeffnungen oder
Füchse A, B, C,
Hier findet sich keine Uebereinstimmung zwischen den Buchstaben des Textes
und den Tafeln, doch ist aus dem Text ersichtlich, daß damit die Löcher o, o, o gemeint sind, da A, B, C überhaupt sich auf der Tafel nicht finden. Prof. Remélé hat den Nachweis geführt daß
bei Brogniart diese Nichtübereinstimmung öfters
wiederkehrt und daß anzunehmen ist. daß Text und Tafeln von zwei Personen
bearbeitet sind, welche nicht mit einander in steter Fühlung standen. für das Entweichen der Verbrennungsproducte); ferner auf pag. 434: Il y a sur ce four cinq
petites ouvertures, qui sont comme les yeux, on les couvre de quelques pots
cassés: lorsque on presume que la porcelaine est cuite, on decouvre celle
de ces ouvertures qui est près de la cheminée et avec une pincette
on ouvre un étui pour juger l'état de la cuisson (auf jedem
Ofen befinden sich fünf kleine Oeffnungen, welche wie die Augen sind, man bedeckt
sie mit Topfscherben; wenn man erwartet, daß das Porzellan gar ist, so öffnet man
diejenige von diesen Oeffnungen, welche dem Schornstein am nächsten ist, und mit
einer Zange öffnet man eine Kapsel um den Stand des Brandes zu beurtheilen).
Schließlich findet Brogniart diesen Ofen ähnlich dem alten
deutschen Steinzeugofen, oder den Töpferöfen von Savaignies. Aber was thut Hr. Prokop? Er findet die Feuerherde (foyers), welche als mit Feuergräben versehen beschrieben werden, weder in
Zeichnung noch Beschreibung, trotzdem sie deutlich genug vorhanden sind; er macht
ferner die Oeffnungen im Gewölbe, welche zu gleicher Zeit als Abzugsöffnung für die
Gase, und als Schau- und Probelöcher dienen (die er noch heute in ganz
derselben Weise bei den Steinzeugöfen in der Lausitz, in Thüringen und der
Rheinprovinz angewendet sehen kann und die dort auch noch heute mit Topf-
oder Schüsselscherben bedeckt werden, um das Austreten der Flamme zu reguliren und
das Hereinschlagen des Windes in die meist frei stehenden Oefen zu verhindern), ohne
Weiteres zu den Hoffmann'schen Heizlöchern. Zu den
Heizlöchern braucht er aber nun auch Heizschächte und diese werden einfach aus den
diversen Zeichnungen des genannten Werkes (die ich, trotzdem ich ziemlich in
demselben bewandert bin, in Ermangelung näherer Quellenangaben jedoch nicht finden
konnte) zugedacht; es werden, da Verbindungen zwischen den einzelnen Oefen vorhanden
sind, diese, obwohl sich eine Andeutung darüber in der Beschreibung nicht findet,
auch naturgemäß mit Schiebern verschlossen, denn wozu wären sie sonst vorhanden? Er
läßt aber seiner Phantasie noch weiter freien Spielraum; er denkt sich die
Befeuerung durch die mit Schürgassen versehenen und mit Töpfen bedeckten Schaulöcher
fortgesetzt, statt der vier Oefen einen geschlossenen Kranz von solchen, und das
Ein- und Aussetzen continuirlich wie das Brennen fortgesetzt, und fährt dann
fort: „Wir finden somit in öffentlichen Druckwerken bereits 14 Jahre vor
Hoffmann eine seit Jahrtausenden Gang und Gebe
seyende ähnliche Manipulation beim Brennen von Ziegeln und Porzellan etc., und
eine seinen Oefen ähnliche Construction vor.“
Hoffmann soll also seine Erfindung den Chinesen
abgelauscht haben; ich halte aber die Chinesen für zu praktische Porzellanbrenner,
um den Prokop'schen Ofen nach Hoffmann'schem Muster anzuwenden, schon aus dem einfachen Grunde, weil ich
nicht weiß wo die Verbrennungsproducte hin sollen, für deren Abführung Hr. Prokop zu sorgen vergessen hat!
Abgesehen von diesen Ausflüssen einer erhitzten Phantasie ist es unverzeihlich, daß
durch Hrn. Prokop's Uebersetzung des Sinn des Originals
ein wesentlich anderer wird. Es heißt in Brogniart's citirtem Traité (1844) pag. 433, Zeile 2 von unten: quand l'enfournement
est fait, on mure la porte, probablement latérale, n'y laissant que
l'ouverture pour y jeter le bois (wenn das Einsetzen geschehen ist, vermauert man die Thür, wahrscheinlich die
seitliche, nur darin die Oeffnung lassend, welche für das Einwerfen des Holzes
nöthig ist). Hr. Prokop übersetzt aber S. 23:
„nachdem angefeuert wurde, vermauert man
die Thür etc.“ Es würde allerdings dieser Umstand, das Zumauern nach dem Anfeuern, auf
einen ähnlichen Betrieb wie beim Hoffmann'schen Ofen
hindeuten, aber auch die Zeichnung zeigt das Gegentheil.
Ferner finden sich auf derselben Seite seines Vortrages Stellen, welche den Beweis
für die Befeuerung des chinesischen Ofens liefern sollen, nämlich: „o, o, o sind Oeffnungen im Gewölbe durch welche die
Arbeiter A und B Holz
eintragen; O sind die OeffnungenHr. Prokop läßt hier einige Worte aus, die ihm
unbequem zu seyn scheinen. ...... zum Eintragen des Holzes bis zum Ende des Brandes.“ Im
Original-Atlas zu Brogniart's Traité, explication des planches, pag. 44 heißt
diese Stelle: o, o, o, ouvertures dans le dôme, par
lesquelles les ouvriers A et B introduisent du bois: O, ouverture pour la sortie
des produits [im Text: de la combustion], la communication et l'introduction du bois a la fin de la
cuisson (o, o, o Oeffnungen in der Kuppel,
durch welche die Arbeiter A und B Holz einführen; O Oeffnung für den Austritt
der Producte [der Verbrennung], die Verbindung und die Einführung von Holz am Ende des Brandes).
„Der Arbeiter A scheint KohlenDaß die Chinesen bereits vor 2000 Jahren Kohlen benutzten, ist doch wohl
unwahrscheinlich und findet sich auch nirgends eine Andeutung hierüber,
sondern der Gebrauch derselben dürfte wohl erst aus den letzten
Decennien stammen; überdieß hält nach der Zeichnung der betreffende
Arbeiter ein Holzscheit in die Oeffnung O. zwischen die Stücke zu werfen.“ Nun kann aber Hr. Prokop auf der Zeichnung Tafel XVII Figur 9 sehen, daß in dem
offenen Feuerraum ein mächtiges Feuer lodert, also hier das Einwerfen des Holzes,
welches bei der intensiven Verbrennung durch zwei Mann geschehen soll, viel bequemer
erscheint und nicht die Zuhülfenahme der Schaulöcher verlangt; wenn derselbe aber
dadurch sich hat irre machen lassen, daß ein Arbeiter in die Oeffnung O ein Holzscheit steckt, und daraus unter Zuhülfenahme
der zerschlagenen Töpfe und der, in seinen Gedanken vorhandenen Heizschächte die
Befeuerungsweise der Ringöfen ableiten zu können glaubt, so hätte ihn ein Töpfer
über den Gebrauch der Schaulöcher leicht aufklaren können. Die betreffende Zeichnung
gestattet uns den Schluß, daß die Chinesen schon ebenso bei der Beurtheilung des
Feuers verfuhren wie es heute noch unsere Töpfer thun, nämlich in das Schau –
und Probeloch, das in vielen Fällen zu gleicher Zeit einen Rauchabzug vertritt,
gegen Ende des Brandes beim Probenehmen ein Holzscheit einzuschieben, um aus dem
Glanz der Spiegelung der leuchtenden Flamme in der Glasur den Grad des Flusses
derselben zu beurtheilen.
Hr. Prokop zieht sogar den holländischen Meiler als
Vorläufer des Ringofens heran, und bemerkt daß „nicht selten“
bei diesen Meilern auch durch Heizschächte befeuert wird. Ich glaube eine ziemliche
Kenntniß des Ziegelbrennens nach holländischen Manieren zu besitzen, aber die
Thatsache daß die dem Ringofen eigenthümliche Befeuerung „nicht
selten“ auch beim holländischen Meilerbrande angewendet wird, ist mir
ganz neu, daher ich wünsche, den Gewährsmann für dieselbe von Hrn. Prokop zu erfahren.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)