Titel: | Ueber die Anwendung der Wasserluftpumpe beim Abdampfen, Destilliren, Filtriren etc. im Vacuum; von F. A. Wolff und Söhnen in Heilbronn. |
Fundstelle: | Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LXXXIV., S. 305 |
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LXXXIV.
Ueber die Anwendung der Wasserluftpumpe beim
Abdampfen, Destilliren, Filtriren etc. im Vacuum; von F. A. Wolff und Söhnen in Heilbronn.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Ueber Anwendung der Wasserluftpumpe beim Abdampfen etc. im
Vacuum.
Die von R. Bunsen erfundene WasserluftpumpeMan sehe: Winkler, über die Bunsen'sche Wasserluftpumpe und ihre technische Verwendung, im
polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCV S. 34. gab den Verf. Veranlassung zu Versuchen, welche so erfolgreich waren, daß
die Verf. glauben, das
Vacuum werde in den Fällen wo man überhaupt mittelst desselben bessere Resultate
erzielen kann, mit der Zeit allgemein angewendet werden.
Das Princip der Wasserluftpumpe beruht auf dem Fall von Wasser in einer Röhre. Füllt
nämlich ein Wasserstrahl eine senkrecht stehende Röhre nicht völlig aus, so reißt
derselbe von oben Luftblasen mit sich bis zum Ende der Röhre, wodurch man im Stande
ist, ein der senkrechten Länge dieser Röhre entsprechendes Vacuum herzustellen.
In dem Preisverzeichniß des Hrn. Universitäts-Mechanicus Desaga in Heidelberg vom Jahre 1870 ist die Wasserluftpumpe von Glas
angefertigt aufgeführt. Die Verf. stellen dieselbe dagegen von Metall her und wenden
sie auch auf andere, ihren Versuchen zufolge vortheilhaftere (einen geringeren
Wasserverbrauch bedingende) Weise an, indem sie die in der Pumpe nach dem Ende hin
sehr verengte Rohrspitze nach Art der Giffard'schen
Dampfstrahlpumpen zum Wasserzufluß und die seitliche Röhre zur Verbindung mit dem
luftleer zu machenden Gefäß benutzen, während bei der Einrichtung von Desaga diese beiden Röhren gerade umgekehrt verwendet
werden.
Die Wasserluftpumpe der Verf. ist durch Fig. 15 in 1/10 der
wirklichen Größe dargestellt. Das Reservoir, aus welchem die Röhre a ihr Wasser erhält, muß, wenn auch entfernt, doch
mindestens in gleicher Höhe mit der Pumpe stehen. An die Glasröhre b wird die etwa 8 Millimeter weite Bleiröhre angesteckt,
und die Rohrmündung c wird mit dem luftleer zu machenden
Gefäße in Verbindung gesetzt. In den Fällen wo ein genügend tiefer Schacht oder
Brunnen, wodurch man der Röhre b den nöthigen Fall geben
könnte, nicht zur Disposition steht, muß man die Wasserluftpumpe als solche in einer
höheren Etage anbringen; Vacuummeter,Auf dem Vacuummeter sind zugleich die Siedepunkte des reinen Wassers
bezeichnet, welche den betreffenden Millimetern Luftleere bei einem
Barometerstande von 760 Millimet. = 28 Pariser Zoll entsprechen. Glasröhre b und Wasserzulaufhahn können dabei
aber doch an einer Wand im Laboratorium befestigt werden. Zur Verbindung der
einzelnen Theile mit einander dienen dickwandige Kautschukröhrchen von 7 bis 8
Centimet. Länge.
Was die Höhe der zu erzielenden Luftleere der Wasserluftpumpe anbelangt, so können
die Verf. vorläufig nur angeben, daß mit einer Fallröhre von 8 Millimet. lichter
Weite
bei 3
Met.
senkrechter
Länge
eine
Luftleere
von
130
Millimet.
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200
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280
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400
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526
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728
„
gewonnen wird, wenn das Barometer auf 750 Millimet. = 27 Zoll
8 Linien Höhe steht.
Ferner können die Verf. constatiren, daß bei dieser Fallrohr-Weite und Höhe
ein Gefäß von 10 Liter Inhalt innerhalb zehn Minuten bis 573 Millimet. = 21 Pariser
Zoll luftleer gemacht werden kann, und daß hierzu 10 Liter Wasser nöthig sind. Wie
aber dieser Zeitraum durch eine noch weitere Rühre bei vielleicht mehr oder weniger
Wasserverbrauch abgekürzt, d.h. die Fähigkeit der Wasserluftpumpe noch mehr erhöht
werden kann, darüber behalten sie sich weitere Versuche vor.
Die so eben in Zahlen angegebenen Resultate sind jedoch nur dann zutreffend, wenn der
Wasserzuflußhahn bei zunehmender Luftleere einige Male regulirt, d.h. der
Wasserzufluß vermindert wird. An der Glasröhre, sey sie dicht an der Pumpe oder
entfernt von ihr in die Fallröhre eingeschaltet, sieht man, wie das Wasser
Luftblasen mit sich fortreißt, und die Pumpe wird nur dann am besten wirken, wenn
gleich große Luftblasen mit entsprechend großen Wassermengen nach einander
niedersinken. Aber auch das Vacuummeter zeigt auf's Genaueste die jeweilige Wirkung
der Wasserluftpumpe, ist jedoch den Schwankungen des Luftdruckes ausgesetzt, weßhalb
man scheinbar nicht immer den gleichen Grad von Luftleere zu erzielen im Stande
ist.
Obgleich die Verf. ihre Versuche mit der Wasserluftpumpe bis jetzt auf diejenigen
Gefäße beschränkten, welche zum Gebrauch in Apotheken ausreichen, also auf Gefäße
bis zu 10 Liter Inhalt, so glauben sie doch annehmen zu dürfen, daß dieselbe auch
für bedeutend größere Volumina genügen werde, und sie sind der Ansicht, daß bei
Anwendung einer in etwas größerem Maaßstabe ausgeführten Wasserluftpumpe die
Abdampfungen im Vacuum selbst bei einer Siedefläche von 1 Meter Durchmesser sich
mittelst der Wasserluftpumpe angenehmer und vortheilhafter bewerkstelligen lassen werden, als
mittelst Luftpumpen, welche durch Dampfkraft in Bewegung gesetzt werden, und mit
welchen in der Regel auch noch eine Einrichtung verbunden werden muß, um die
Condensation der im Vacuum sich bildenden Dämpfe zu ermöglichen.
Abdampfen, Kochen und Destilliren im Vacuum. – Bei
den Versuchen der Verf. war das Hauptaugenmerk derselben darauf gerichtet, daß man
die in den Dampfapparat passenden Abdampfschalen benutzen könne, ohne irgend welche
Veränderung an denselben vorzunehmen. Es gelang ihnen dieß auch vollkommen
1) durch die Anwendung von Gummiringen,
2) durch einen Glasdeckel, welcher die ganze Fläche der Schale
bedeckt und zum Beobachten der in derselben befindlichen Flüssigkeit dient,
und
3) durch einen von Metall angefertigten, mit einem Rohrstück
versehenen Recipienten zum Auffangen des am Deckel niedergeschlagenen
Dampfes.
Die besonders zu diesem Zwecke angefertigten, 10 Millimet. dicken und 280 Millimet.
weiten Gummiringe werden auf den Rand der Schale gelegt, und der Glasdeckel
daraufgesetzt; durch einen nur eine bis zwei Minuten dauernden Druck der Hand auf
den Glasdeckel schließen sie luftdicht und bewähren ihre Tauglichkeit um so mehr, je
mehr die Luftleere zunimmt.
Anstatt, wie es bei den Vacuumpfannen geschieht, einen metallenen Obertheil mit
Gucklöchern anzuwenden, haben die Verf. nach vielen Versuchen einen Glasdeckel
anfertigen lassen, welcher trotz seines großen Durchmessers von 285 Millimet. im
Stande ist, den Druck der Atmosphäre bei jeder Luftleere auszuhalten, und durch
welchen man jeden Punkt in der Schale ohne Anwendung einer besonderen Beleuchtung
auf das Genaueste wahrnehmen kann. Da diese Glasdeckel überall gleich dick sind und
eine nach allen Seiten hin gewölbte Form haben, so sind den Verf. solche weder bei
100° C. heißem Dampf, noch bei 730 Millimet. Luftleere gesprungen.
Zur Verbindung der Luftpumpe mit der Schale war nur eine kurze Röhre von 2 Fuß Länge
nöthig (s. Fig.
16), und wenn die Dämpfe sich auch beim Beginn der Operation am Deckel
niederschlugen und in die Flüssigkeit zurückliefen, so war die Verbindungsröhre doch
bald so weit erwärmt, daß alle Dämpfe nun direct von der Luftpumpe absorbirt werden
konnten. Die Folge war eine gesteigerte Thätigkeit derselben, wodurch die Dämpfe bei
einer niederen Temperatur sich bildeten, für welche der Glasdeckel heiß genug war, daß kein
Niederschlag mehr an demselben entstand.
Häufig bedingt aber die größere Entfernung der Wasserluftpumpe von der Abdampfschale
einen länger andauernden Niederschlag der Dämpfe in der Leitungsröhre, und die Verf.
waren deßhalb zu einer Vervollständigung des Vacuum-Apparates durch einen
Recipienten, welcher die niedergeschlagenen Dämpfe aufnimmt, genöthigt. Dieser
Recipient (s. Fig.
17) besteht aus einem ca. 6 Centimet. hohen
metallenen Aufsatze, der innerhalb eine Rinne hat, in welcher das abtraufende Wasser
abgesondert bleibt, und aus welcher es auf die Weise abgelassen werden kann, daß man
zwei durch eine beliebig lange Röhre verbundene Hähne anwendet. Bleibt der äußere
Hahn geschlossen, so sammelt sich die Flüssigkeit in der ganzen Röhre an, und durch
Schließen des inneren Hahnes kann man dann die zwischen beiden Hähnen befindliche
Flüssigkeit ohne Störung für das Vacuum so oft ablassen, als man will.
Die Leichtigkeit, mit der jedes beliebige Glasgefäß, welches mit einem flachen Rande
versehen ist, luftleer zu machen ist, gab den Verf. Veranlassung, die Dämpfe in
einem solchen aufzufangen, und sie haben dadurch eine Destillationsvorrichtung
erzielt, welche Fig. 18 darstellt. Die Wasserluftpumpe zieht hier die Luft aus der Schale
und dem Aufnahmegefäß nicht mehr durch den Glasdeckel, sondern aus dem Kühl-
oder Aufnahmegefäß; denn auch hier genügt ein Druck der Hand auf einen ganz
einfachen, mit zwei Zapfen versehenen Metalldeckel, um beide Gefäße luftleer zu
machen. Die an einem der Zapfen angelöthete längere Röhre hat den Zweck, daß etwa
die nur theilweise niedergeschlagenen Dämpfe nicht in die Luftpumpe gerissen werden,
sondern vollständig Zeit finden, sich im Kühlgefäße, welches in kaltes Wasser
gestellt wird, niederzuschlagen. Der Rohraufsatz mit Hahn auf dem Glasdeckel dient
dazu, daß man vermöge des Druckes der Luft nach Belieben weitere Quantitäten der
Flüssigkeit in das Vacuum bringen könne, ohne die Operation zu stören.
Gefäße, welche wegen zu geringer Wandstärke nicht im Stande sind, den Luftdruck
auszuhalten, können zu Arbeiten im Vacuum nicht benutzt werden. Die Verf. haben
jedoch zu ihren Versuchen Schalen, wie sie solche von jeher für Dampfapparate
geliefert haben, verwendbar gefunden, Eine gläserne Schale von 3 Liter Inhalt
widerstand ebenfalls dem Drucke vollkommen.
Filtriren durch Luftentziehung unterhalb des Filters.
– Bei diesem Verfahren ist der Druck auf die zu filtrirende
Flüssigkeit oft so groß, daß das Filter zerreißt, trotz der Anwendung von
Platinspitzen, in welchen die Spitze desselben ruht. Um diesem Uebelstande vorzubeugen, wenden die
Verf. einen Regulator an. Es ist dieß ein zwischen der Wasserluftpumpe und dem
Gefäß, aus welchem die Luft gezogen wird, eingeschaltetes Rohrstück (Fig. 19), an welches ein
Bügel mit einer sehr feinen Schraube und Stahlspitze angelöthet ist. Eine
entsprechend feine Oeffnung in diesem Rohrstück, in der Mitte des Bügels angebracht,
läßt durch die Stahlspitze je nach ihrer Stellung die Luft bald mehr, bald weniger
eintreten, und diese Vorrichtung ist so empfindlich, daß die Verf. schon vor Beginn
der Operation genau die Anzahl von Millimetern Luftleere feststellen können, bei
welchen sie filtriren wollen.
Um das Filtriren größerer Mengen zu erleichtern, besonders aber auch um das
Anfertigen von Papierfiltern zu umgehen, haben die Verf. ein Filtrirgefäß von
Porzellan oder Metall construirt (Fig. 20), welches leicht
zu reinigen ist, und nur eine Papierfilterscheibe, der Größe des Filtrirgefäßes
entsprechend, nöthig macht. Jedes beliebige Glas mit flachem Rande, in welchem die
filtrirte Flüssigkeit aufgefangen wird, kann hierzu verwendet werden, weil abermals
ein Druck der Hand genügt, um mittelst der Luftentziehung und des Gummiringes bei
aufgegebener Flüssigkeit eine Luftleere im Glase herzustellen, welche die
Flüssigkeit aus dem Filtrirgefäß durch die aufgelegte Papierscheibe und den Seiher
zieht. Hier ist also beinahe die ganze Papierscheibe der Wirkung des Vacuums
ausgesetzt, und der unten am Gefäße angebrachte Trichter dient nur dazu, zu bewirken
daß die Flüssigkeit nicht mit dem Gummiringe in Berührung komme und auch in etwas
kleineren Gefäßen aufgefangen werden könne. Der oberhalb gezeichnete, mit einem
Griff versehene Ring dient dazu, das Filterpapier vor der aufzugießenden Flüssigkeit
fest auf den Rand des Seihers im Filtrirgefäße zu drücken; derselbe kann sofort
abgenommen werden, nachdem die Flüssigkeit aufgeschüttet ist. (Vierteljahresschrift
für praktische Pharmacie, Bd. XXI S. 161.)