Titel: Ueber Entkohlung des Eisens; von Dr. Sterry Hunt.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. LXXXVI., S. 330
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LXXXVI. Ueber Entkohlung des Eisens; von Dr. Sterry Hunt. Aus dem Engineering and Mining Journal, Juli 1872, S. 19. Hunt, über Entkohlung des Eisens. In der dießjährigen Mai-Versammlung des American Institute of Mining Engineers wies Dr. Hunt bei Erörterung der Theorie der Erzeugung von hämmerbarem Gußeisen auf ein von Tunner angegebenes Verfahren zur Darstellung von Stabeisen hin. Nach demselben werden Gußeisenplatten von 1/2 bis 3/4 Zoll Stärke mit Quarzsand so in Kästen gepackt, daß Luft zutreten kann, und dann mehrere Wochen hindurch zum Rothglühen erhitzt; nach Verlauf dieser Zeit ist das Gußeisen entkohlt und in hämmerbares Eisen (Stab- oder Schmiedeeisen) umgewandelt. Die Verunreinigungen des Gußeisens bilden schmelzbare Schlacken und können also bei diesem Verfahren in flüssiger Form abgeschieden werden, indem sie gewissermaßen aus den Poren des Eisens ausschwitzen. Bei diesem Processe wird die Entkohlung in anderer Weise, als bei der Darstellung von hämmerbarem Gußeisen, nämlich durch den Sauerstoff der atmosphärischen Luft, anstatt durch denjenigen des Eisenoxydes bewirkt. In beiden Fällen erklärt sich jedoch der anscheinend geheimnißvolle Vorgang daß das starre Metall durch und durch umgewandelt wird, aus der (von H. Sainte-Claire Deville nachgewiesenen) Durchdringbarkeit des zum Glühen erhitzten Metalles für Gase. Das Verfahren von Ellershausen Beschrieben im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCV S. 458. zur Darstellung von hämmerbarem Eisen (Schmiedeeisen), welches bei richtiger Ausführung ein sehr gutes Product gibt, liefert ein Beispiel von beiden Entkohlungsweisen. Bei diesem Verfahren, wie es zuerst vom Erfinder zur Ausführung kam, wurden aus grob gepulvertem Eisenstein und flüssigem Roheisen dargestellte Gänze auf dem Herde eines gewöhnlichen Puddelofens erhitzt; bei richtiger Leitung des Feuers wurde die Masse unter theilweiser Abscheidung einer flüssigen Schlacke ohne selbst zu schmelzen, in Schmiedeeisen umgewandelt. Man könnte glauben, daß bei diesem Verfahren wie bei dem zur Darstellung von hämmerbarem Gußeisen, das beigemengte Eisenoxyd allein als Entkohlungsmittel wirkt und die Umwandlung des Metalles hervorbringt. Bei späteren Versuchen wurde jedoch die Menge des Eisenoxydes weit unter das nach der Theorie zur Bewerkstelligung der Entkohlung erforderliche Verhältniß vermindert, und zwar mit ganz günstigen Resultaten. Hierauf probirte man ein Gemenge von Holzkohle und Eisenstein, und zuletzt führte man Versuche mit Holzkohle allein, ohne jeden Erzzusatz ab, welche ebenso befriedigend ausfielen. Auf diese Weise wurde durch Anwendung von bloßer Holzkohle ein Proceß bewerkstelligt, bei welchem sowohl Entkohlung als Oxydirung stattfinden mußte. Die Erklärung dieses scheinbaren Widerspruches ergibt sich aus der Thatsache, daß die beigemengte Holzkohle durch Verbrennung bald zerstört wird und eine poröse, für die Luft durchdringbare Gußeisenmasse zurückbleibt, welche dann durch die Einwirkung der Luft allein, wie bei Tunner's Verfahren, rasch entkohlt wird. Ist gleichzeitig Eisenerz zugegen, so trägt dasselbe zu dem Vorgange offenbar in zweifacher Weise bei, indem es einerseits Sauerstoff abgibt, andererseits Eisenoxyd liefert, welches mit der durch die Oxydation des Siliciums gebildeten Kieselsäure ein Silicat bildet; dieses Verfahren liefert uns also ein Beispiel beider Entkohlungsweisen. Hunt hat diesen Gegenstand in seinen Notes on Iron and Iron ores ausführlicher erörtert. Hierauf ging Hunt zu dem Nachweise über, daß es aus theoretischen Gründen wünschenswerth ist, zur Fabrication von hämmerbarem Gußeisen solche Eisensorten zu wählen, welche unter übrigens gleichbleibenden Verhältnissen, am wenigsten Silicium enthalten; denn in Folge der Oxydation dieses Elementes muß ein Antheil Kieselsäure oder Eisensilicat entstehen, welches in der Metallmasse vertheilt zurückbleibt und daher deren Gleichartigkeit und Festigkeit beeinträchtigt. Dann lenkte er die Aufmerksamkeit auf den sogenannten run steel, ein hämmerbares Gußeisen, dessen äußere Rinde durch Cementiren in Holzkohlenpulver zu Stahl umgewandelt worden ist. In dieser Weise ist es möglich, eine Schiene zu erzeugen, welche in der Mitte aus Gußeisen und außen aus Rohstahl besteht, während zwischen beiden sich eine Schicht von Stabeisen befindet.