Titel: Tessié du Mothay's neues Verfahren zur Fabrication von reinem Chlor und von Unterchlorigsäuresalzen.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. XC., S. 356
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XC. Tessié du Mothay's neues Verfahren zur Fabrication von reinem Chlor und von Unterchlorigsäuresalzen. Aus der Chronique de l'Industrie, Juli 1872, S. 178. Tessié du Mothay's Verfahren zur Chlorfabrication. Die bisher angewendeten Methoden zur continuirlichen Darstellung des Chlors mittelst Sauerstoff oder Luft und Salzsäuregas, bei gleichzeitiger Gegenwart gewisser Metallsuperoxyde oder entwässernd wirkender Salze, konnten deßhalb keine für die Praxis genügenden Resultate geben, weil der dem erzeugten Chlor beigemischte Ueberschuß von Luft oder von Sauerstoff und Stickstoff, die Condensation dieses Chlors (seine Verbindung mit den Alkalien und alkalischen Erden) bei der Darstellung der für die Bleicherei bestimmten Unterchlorigsäuresalze theilweise verhindert. Es ist nun Tessié du Mothay gelungen, unter Verwerthung der gesammten Menge oder eines Theiles der angewendeten Salzsäure, reines Chlor in isolirtem Zustande zu erzeugen, welches sich mit Alkalien und alkalischen Erden ohne Verlust zu sogenannten Bleichsalzen verbinden kann. Der Erfinder beschreibt die von ihm zur Erreichung dieses Zweckes angewendeten Methoden in nachstehender Weise. I. In eine, Mangansuperoxyd (Braunstein) oder ein Gemenge von Mangansuperoxyd und Kalk enthaltende, zum Dunkelrothglühen erhitzte Retorte leite ich einen Strom Salzsäuregas. Dabei wird Chlorgas und Wasserdampf frei, während in der Retorte Manganoxydul und Chlorcalcium zurückbleiben. Das Chlor wird in Wasser aufgefangen, oder in eine zur Darstellung von trockenen Unterchlorigsäuresalzen bestimmte Kammer geleitet. Ueber das in der Retorte zurückbleibende Gemenge lasse ich bei derselben Temperatur wie vorher, einen Strom von atmosphärischer Luft streichen; dadurch wird das im Chlorcalcium (und entstandenen Manganchlorür) enthaltene Chlor frei gemacht. Dieses, mit Luft oder mit Stickstoff und Sauerstoff gemischte Chlor wird in Ballons aus Steinzeug geleitet, die ein Gemenge von Kalk und Manganoxydul enthalten (welches vorher durch Zersetzung von Manganchlorür mittelst überschüssigen Aetzkalkes bereitet wird, indem man die entstehende Lösung von Chlorcalcium von dem Manganoxydul abgießt). In Gegenwart des atmosphärischen Sauerstoffes und des Chlors bildet sich ein Gemenge von Manganoxyd und Unterchlorigsäure, welche letztere sich mit dem Kalke verbindet und als unterchlorigsaurer Kalk zurückbleibt. Das aus Mangansuperoxydhydrat, Chlorcalcium und unterchlorigsaurem Kalk bestehende Gemenge behandle ich nach der gewöhnlichen Weise mit flüssiger Salzsäure; dabei entwickelt sich, in Folge der Einwirkung dieser Säure einerseits auf das Mangansuperoxydhydrat, andererseits auf den unterchlorigsauren Kalk, Chlorgas, welches in die zur Gewinnung des Chlorkalkes bestimmten Kammern geleitet wird. In den erwähnten Ballons bleibt dann ein Gemenge von Manganchlorür und Chlorcalcium zurück; dasselbe behandle ich von Neuem mit überschüssigem Kalk und erhalte dadurch wiederum das oben erwähnte Gemenge von Manganoxydul, Chlorcalcium und Kalk. Das gelöste Chlorcalcium wird abgelassen und es bleibt ein Gemenge von Manganoxydul und Kalkhydrat zurück, welches für weitere Operationen derselben Art aufbewahrt wird, indem es durch die Einwirkung von Chlor und atmosphärischer Luft wieder zu Mangansuperoxydhydrat, Chlorcalcium und flüssigem unterchlorigsaurem Kalk umgewandelt wird. Hieraus ergibt sich: 1) daß durch die Einwirkung der gasförmigen Salzsäure, der Luft oder des Sauerstoffes in den zum Rothglühen erhitzten, Mangansuperoxyd oder ein Gemenge desselben mit Kalk enthaltenden Retorten, vorerst ein Quantum von reinem Chlor erzeugt wird, welches in die zur Gewinnung von trockenen Unterchlorigsäuresalzen bestimmten Kammern gelangt; 2) daß durch die Zersetzung des in den Retorten zurückbleibenden reinen, resp. mit Chlorcalcium gemengten Manganchlorürs, mittelst atmosphärischer Luft (Sauerstoff), Gasgemische erzeugt werden, welche Chlor und Sauerstoff enthalten. Diese Gasgemische verwandeln auf ihrem Wege durch die, das Gemenge von Manganoxydul und überschüssigem Kalk enthaltenden Vorlagen (Ballons oder Kufen), dieses Gemenge in Mangansuperoxydhydrat und flüssigen unterchlorigsauren Kalk, welche bei der Behandlung mit flüssiger Salzsäure reines Chlor geben; letzteres wird gleichfalls den Chlorkalkkammern zugeführt. – Anstatt des Gemenges von Manganoxydul und überschüssigem Kalk, welches ich, wie angegeben, mit dem mit Luft gemischten Chlor wie dasselbe aus den Retorten kommt, behandle, kann man auch einfach Kalkmilch anwenden, welche dann in unterchlorigsauren Kalk verwandelt wird. Letzterer gibt eben so wie das Gemenge von Mangansuperoxyd und unterchlorigsaurem Kalk, bei der Behandlung mit flüssiger Salzsäure reines Chlor, welches den zur Darstellung von trockenem Chlorkalk dienenden Kammern zugeführt wird. Das in diesen verschiedenen Stadien des Verfahrens in gelöster Form zurückbleibende Chlorcalcium wird in Kufen mit kohlensaurer Magnesia oder mit Magnesiahydrat und Kohlensäuregas behandelt, wodurch kohlensaurer Kalk und Chlormagnesium erzeugt wird. Letzteres gibt bei der Destillation Salzsäure, welche zur Darstellung einer weiteren Quantität Chlor verwerthet wird. Den aus Magnesia bestehenden Destillationsrückstand benutzt man zu einer neuen Zersetzung von Chlorcalciumlösung. Das Ganze dieser Reactionen führt demzufolge zu nachstehenden Resultaten: a) die zur Chlorgewinnung dienenden Manganoxyde werden fortwährend regenerirt; b) die Salzsäure wird sämmtlich zur Erzeugung von Chlor benutzt; c) alles entwickelte Chlor ist rein, folglich zur Darstellung von trockenen Unterchlorigsäuresalzen ganz geeignet. II. Die zweite Methode weicht von dem im Vorstehenden beschriebenen Verfahren nur insofern ab, als ich an Stelle des Kalkes direct Magnesia anwende, da das entstandene Chlormagnesium unverändert bleibt und durch bloße Destillation die verbrauchte Salzsäure wieder zu liefern vermag.