Titel: Die Benutzung des Abfalles von verzinnten Eisenblechen.
Fundstelle: Band 205, Jahrgang 1872, Nr. CVII., S. 441
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CVII. Die Benutzung des Abfalles von verzinnten Eisenblechen. Verfahren zur Verwerthung der Weißblechabfälle. Die Ausnutzung des verzinnten Eisenblech-Abfalles wird zunächst durch die Auflösung des Zinnes mittelst Säuren bewerkstelligt, wobei indeß auch etwas Blei mit aufgelöst wird, das gewöhnlich in den zur Verzinnung gebrauchten geringeren Zinnsorten vorhanden ist, jedoch sogleich aus der Lösung zum Niederschlag kommt. Beim Eintauchen von Zinkplatten schlägt sich daher das Zinn in völlig reinem Zustande nieder und wird dasselbe nach dem Auswaschen geschmolzen und zu Barren vergossen. Die angewendeten Säuren lösen auch 5 Proc. Eisen auf, und von dem Zink geht ebenfalls auf 2 Thle. Zinn 1 Thl. Zink in die Lösung über, welche also Eisensalz und Zinksalz enthält, und als Desinfectionsmittel oder auch zu verschiedenen Farben zu gebrauchen ist. Der Eisenabfall wird zuerst in Wasser abgewaschen, dann in eine schwache Kalilösung gebracht und wiederum mit Wasser abgewaschen, wornach derselbe getrocknet und in Fässer verpackt, nach den Eisenwerken zur Versendung kommt, wo er gewöhnlich, mit anderem Eisen zusammen, seine Verwendung im Puddelofen findet. Es war bisher ein Problem, diese Arbeiten ohne viel Handarbeit und ohne große Kosten zu bewerkstelligen, wie es aber scheint, ist dasselbe jetzt in passender Weise gelöst.Durch das Patent von Ad. Ott in New-York (man s. polytechn. Journal Bd. CCIII S. 74, erstes Januarheft 1872). Das Gefäß, in welches der Abfall vom verzinnten Eisenblech eingeschüttet wird, ist eine durchbohrte Kupfertrommel oder Cylinder, auf einer Achse befestigt, für welche Zapfenlager im Halbzirkel vorgerichtet sind. Auf der Trommelachse greift das damit verbundene Räderwerk so ein, daß eine rotirende Bewegung der Trommel vermittelt wird. Im Bereiche des erwähnten Halbkreises sind mehrere Wasserbehälter angebracht, auch ist ein Krahn vorhanden, der die Trommel nach Erforderniß von einem zum anderen dieser Wasserbehälter hebt, auf deren Rande sich die entsprechenden Zapfenlager befinden, so daß die Trommel sich im Wasserbehälter umwälzen kann, was durch Dampfkraft vermittelt wird. Das Kupferblech der Trommel ist 3/10 Zoll dick an den End-Kreisflächen, 1/8 Zoll in den Cylinderwänden. Bei 5 Fuß 10 Zoll Länge hat die Trommel 6 Fuß 5 Zoll Durchmesser und eine Doppelthür mit 2 Flügeln zum Einfüllen und Entladen, jeder Flügel mit 3 Thürangeln. Die Cylinderwände sind mit 3/8zölligen Löchern, 2 Fuß von einander entfernt, versehen, und haben 3/4zöllige Kupferstangen zur Absteifung. Die Wasserbehälter (gewöhnlich 4 Stück) sind von gleicher Gestalt und Größe, aus 2 1/2 Zoll dicken Fichtenholz-Bohlen angefertigt und messen 7 Fuß 2 Zoll Länge, 6 Fuß 4 Zoll Breite bei 4 Fuß 3 Zoll Tiefe, so daß jedes Faß 192 Kubikfuß mißt. Das erste Faß, welches die Säure enthält, ist mit Glasplatten gefüttert, die mit Zeiodelith (Mischung von Seifenstein und Schwefel) gekittet sind. Dasselbe wird mit Salzsäure, wie sie im Handel vorkommt (20° Baumé), zu 2/3 gefüllt und muß damit für viele Umwälzungen ausdauern. Wenn die lösende Kraft erschöpft erscheint, wird 2 3/4 Proc. Salpetersäure auf 500 Pfd. Salzsäure zugefügt, die ausreicht, 1 Tonne des Abfalles zu behandeln, während im anderen Falle 1000 Pfd. Salzsäure erforderlich gewesen seyn würden, was einen besonderen Vortheil gewährt. Die Ladung der Trommel umfaßt 950 Pfd., und 1 Stunde 11 Minuten sind erforderlich, um die Lösung in dem ersten Fasse und die Auswaschung in den anderen Fässern wie auch die Einladung und Ausladung des Abfalles zu bewerkstelligen. Mit einer Ladung von Säuren kann der Proceß 38 Mal wiederholt werden, was 4 1/2 Arbeitstage à 10 Stunden erfordern würde. 482 Pfd. Salzsäure und 14 Pfd. Salpetersäure sind zur Behandlung von 2000 Pfd. Abfall nothwendig, und etwa 8000 Pfd. davon werden an einem Tage bearbeitet. Die saure Lösung des ersten Fasses wird nach gehöriger Sättigung in große Gefäße zum Verdampfen gepumpt, in welchen sie bis zu 1/3 des Volumens reducirt wird. In diesen Pfannen muß die kleine Quantität aufgelösten Bleies durch etwas Schwefelsäure als schwefelsaures Blei niedergeschlagen werden, welches sich auf dem Boden absetzt. Die klare Lösung, welche dann nur noch Zinn und Eisen enthält, wird auf große hölzerne Gefäße gezogen, in welchen sie mit dem zweifachen Quantum Wasser verdünnt werden muß, und dann findet der Niederschlag des Zinnes durch Zink statt; 32,6 Pfd. Zink sind für 58 Pfd. Zinn zu verwenden. Um 8000 Pfd. Abfall täglich im gereinigten Zustande zu verarbeiten, ist die Arbeit von etwa 6 Menschen erforderlich, von denen, außer Aufmerksamkeit, keine besondere Geschicklichkeit beansprucht wird, die alle chemischen Processe, die Niederschlagung des Zinnes mit einbegriffen, so so wie auch die Verpackung des Eisens besorgen. Durch Anwendung einer Presse zu letzterer Verrichtung kann die Zahl der Arbeiter noch vermindert werden. Einer der wichtigsten Punkte bei diesem Proceß ist: genau die Zeit zu kennen, wenn die Trommel aus dem Säuregefäß gehoben werden muß, und dieser ist nur durch Erfahrung festzustellen. Das feine niedergeschlagene Zinn wird zu 30 Cents pro Pfund verkauft; 100 Pfd. davon erlangt man durchschnittlich von 1 Tonne Abfall. Der Preis, zu welchem der Eisenabfall von den verzinnten Eisenblechen angekauft wird, beträgt gegenwärtig 30 bis 35 Dollars per Tonne. Wenn diese Verwerthung im Lande erst besser zur Wahrnehmung kommt, möchte dieselbe der unmittelbaren Sendung an die Puddelwerke bald vorgezogen werden, besonders da der Abfall zur Cementation des Kupfers, zum Erhitzen mit rohem Antimon, bei Verschmelzung verschiedener reicher Erze u.s.w. verwendet werden kann, auch kein Grund vorhanden ist, weßhalb er nicht zur Stahlfabrication dienen sollte. Bereits hat Hr. Wihl eine große Quantität Eisenabfall dieser Art in Stahl umgewandelt und Werkzeuge davon angefertigt, die vortrefflich ausgefallen sind. Der zu Federstahl verwendete Abfall hat als solcher einen Werth von 163 Dollars per Tonne. Zu Gußstahl verschmolzen, wie Hr. Wihl die Absicht haben soll, würde ein Werth von 300 Dollars erreicht werden. Die Wichtigkeit dieser Benutzung mag aus der Thatsache hervorgehen, daß die Einfuhr von Zinnblechen in die Vereinigten Staaten (besonders New-York und Umgegend) 700,000 Kisten verzinntes Eisenblech beträgt (per Jahr) und daß der Abfall auf 25 bis 30 Proc. geschätzt wird. (Nach dem in New-York erscheinenden Engineering and Mining Journal, 1872, No. 18; aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung Nr. 27.)