Titel: | Ueber Röstöfen von Hasenclever und Helbig für die Entschwefelung von Erzen zur Schwefelsäurefabrication; von Robert Hasenclever. |
Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXXVIII., S. 274 |
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LXXVIII.
Ueber Röstöfen von Hasenclever und Helbig für die Entschwefelung von Erzen zur
Schwefelsäurefabrication; von Robert
Hasenclever.
Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1872, Bd. XVI S. 505.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Ueber Röstöfen von Hasenclever und Helbig für die Entschwefelung
von Erzen zur Schwefelsäurefabrication.
Vor etwa zwei Jahren (polytechn. Journal, 1871, Bd. CXCIX S. 284) beschrieb ich zwei
neue Oefen zur Entschwefelung von Erzen mit gleichzeitiger Benutzung der Röstgase
für die Schwefelsäurefabrication. Diese Oefen sind inzwischen in verschiedenen
chemischen Fabriken und Hüttenwerken eingeführt und dienen zur Röstung von
Zinkblende und Schwefelkies.
Der Blenderöstofen, mit welchem wir jetzt auf der chemischen Fabrik Rhenania bei
Stolberg arbeiten, unterscheidet sich im Principe nicht von dem früher beschriebenen
Apparate, hat aber in der Construction wesentliche Modificationen erfahren. Als in
dem Ofen nach der früher mitgetheilten Zeichnung Blende abgeröstet wurde, zeigte
dieselbe bei einem Gehalte von 28 Proc. Schwefel in rohem Zustande in den
Zwischenstadien der Röstung folgenden Schwefelgehalt:
am Fuße des Plattenthurmes
24,8
Proc.
„ Ende der
Muffel
15,8
„
beim Ausziehen aus dem Ofen
4,2
„
(Diese Blende enthielt Kalkspath und rührt der hohe Schwefelgehalt im abgerösteten
Erze von dem entstandenen Gyps her.) Die Verröstung auf den Platten war also nur
eine geringe, was in der niedrigen Temperatur des Thurmes seinen Grund hatte. Um
diese Temperatur zu bestimmen, wurden Blei, Zink und Antimon auf eisernen Löffeln in
die Canäle gebracht, und ergab sich, daß nur auf der untersten Platte Zink schmolz
und oben im Thurme nicht einmal Blei.
Um die Verröstung der Erze bei erhöhter Temperatur vorzunehmen wurde ein Ofen nach
Fig. 9,
10 und
11
ausgeführt, in welchem die abgehenden Feuerungsgase den Thurm erwärmten. Die Erze
wurden oben im Thurme aufgegeben und gelangten auf eisernen Platten abwärts, genau
in der Weise wie bei dem früher beschriebenen Ofen. Die schweflige Säure aus der
Muffel strich über die auf den eisernen Platten befindlichen Erze in dem Thurme
aufwärts, und diente der Raum zwischen den eisernen und den darunter befindlichen
Thonplatten als Canal für die Feuerungsgase, welche in der durch Pfeile angedeuteten
Richtung circulirten. Die Temperatur im Thurme steigerte sich bei diesem Betriebe
bedeutend, indem unten Antimon und bis zur letzten Abtheilung Zink schmolz. In Folge
dessen war auch die Abröstung besser, und zeigte eine Blende von 30 Proc.
Schwefelgehalt im rohen Zustande
bei
a
19
Proc.
Schwefel,
„
b
8,75
„
„
„
c
1,04
„
„
Die Röstgase hatten eine gute Zusammensetzung, sie enthielten 6 Proc. schweflige
Säure und konnten vortheilhaft zur Schwefelsäurefabrication benutzt werden. Dieser
Ofen hatte indessen noch den Uebelstand, daß die Canäle der Feuerungsgase
unzugänglich waren, und während des Betriebes der Flugstaub der Feuerung nicht
entfernt werden konnte. Zwischen den eisernen und den feuerfesten Platten trat auch
leicht eine
Versetzung ein, wodurch Spalten entstanden und schweflige Säure mit den
Feuerungsgasen entwich.
Um diesen Unvollkommenheiten abzuhelfen, construirte ich den in Fig. 12 bis 15
dargestellten Ofen. In diesem wird das Erz in den Trichter a eingefüllt und muß, bevor es in die Muffel gelangt, eine große geneigte
Ebene passiren, welche von unten mit dem abgehenden Feuer des Muffelofens geheizt
wird. Würde das Erz auf einer mit 43° Grad geneigten Fläche frei herunter
rutschen, so würde mit Rücksicht darauf, daß feinkörnige Körper beim Anschütten in
Haufen an ihrer Oberfläche einen annähernd constanten Winkel von 33° bilden,
am Ende der geneigten Ebene eine mehr als 1,5 Met. hohe Erzschicht entstehen, und
eine Röstung im Inneren unmöglich seyn. Es befinden sich daher von 50 zu 50
Centimet. Scheidewände, welche einige Centimeter von der geneigten Ebene entfernt
sind und auf der ganzen Fläche dünne Erzschichten herstellen. Die Scheidewände haben
eine seitliche Oeffnung und sind so aufgestellt, daß die schweflige Säure aus der
Muffel in der durch die Pfeile in Fig. 15 angedeuteten
Richtung auf einem langen Wege über das Erz streicht und bei s durch einen Canal in die gemauerte Kühlkammer gelangt. Hierbei findet
eine Anreicherung der Gase und eine fortschreitende Verröstung der Erze Statt. Die
Feuerungszüge unter der geneigten Ebene sind von der Seite leicht zugänglich und
können ohne Schwierigkeit während des Betriebes gereinigt werden.
Von der schiefen Ebene gelangt das Erz vermittelst einer Walze in die Muffel. Diese
Walze befindet sich bei a und ist inwendig hohl, damit
Luft zur Abkühlung durch dieselbe circuliren kann. Nach Angabe des Hrn. Ingenieur
Kley wird die Walze durch ein Wasserrädchen bewegt
und wirft je nach der Quantität des aufgegebenen Wassers, dessen Zufluß durch einen
Hahn regulirt werden kann, alle zwei bis fünf Minuten eine kleine Menge Erz bei v auf die Sohle der Muffel. Durch die Bewegung der Walze
wird auf der geneigten Ebene ein Nachrutschen des Erzes bewirkt. Die bei v angesammelten Erze werden von einem Arbeiter alle zwei
Stunden in der Muffel ausgebreitet und allmählich bis zu u vorwärts geschoben, wo sie durch eine kleine Oeffnung t auf die Herdsohle zum gänzlichen Abrösten mit directem
Feuer gelangen. Die schweflige Säure, welche sich auf der untersten Sohle
entwickelt, geht mit den Feuerungsgasen verloren, während die Gase der Muffel und
der geneigten Ebene zur Schwefelsäurefabrication benutzt werden.
Die Temperatur des Ofens in Fig. 12 bis 15 ist so
hoch, daß in allen Abtheilungen Antimon schmilzt.
Um zu sehen, ob auch schwefelarme Blenden vortheilhaft verwerthet werden könnten, wurde ein Erz
von nur 20 Proc. Schwefel geröstet und doch ein reiches Gas von 6 Volumprocenten
schwefliger Säure gewonnen. Es waren in dem Erze:
am Ende der
geneigten Ebene a noch
10
Proc.
Schwefel,
„
„ „
Muffel bei u
6,4
„
„
abgeröstet bei y
1,2
„
„
In der unteren Partie stimmen die Oefen Fig. 9 bis 11 und Fig. 12 bis 15 mit der
früher mitgetheilten Zeichnung überein; es wurde bei beiden eine Gasfeuerung
gewählt, um eine gleichmäßige Temperatur und eine Ersparniß an Bohlen zu
erzielen.
Der von mir früher ausführlich beschriebene Röstofen, in welchem Stückkies zugleich
mit feinem Schwefelkies und Graupen abgeröstet wird, ist jetzt in vielen
Schwefelsäurefabriken eingeführt. Derselbe gibt, wie mir von den verschiedensten
Seiten berichtet wurde, sehr zufriedenstellende Resultate und scheint sich weiteren
Eingang zu verschaffen. Was die Quantität von Feinkies und Graupen betrifft, welche
sich in diesen Oefen abrösten läßt, so richtet sich dieselbe nach der Größe des
Ofens und nach der Qualität der Kiese. Es unterliegt keinem Zweifel, daß man bei
gleichem Erze auf den geneigten Platten ebensoviel abrösten kann, als im Olivier- und Perret'schen Ofen, also auf 50 Theile Stückerz 50 Theile Feinkies. Bei den
letztgenannten Oefen befindet sich oberhalb jeder Stückkiesabtheilung ein
Plattenthurm, während bei den bisher ausgeführten Constructionen unserer
Röstvorrichtung nur in dem gemauerten Schornstein, welcher gewöhnlich die schweflige
Säure aus dem Stückkiesofen zur Kammer führt, Platten eingesetzt wurden, wie die
Anordnung in der dem früheren Aufsatze beigegebenen Zeichnung ergibt.
Nach den bei mir eingegangenen Berichten verschiedener Schwefelsäurefabrikanten
werden in einem solchen einfachen Plattenthurm, je nach der Erzqualität 500 bis 800
Kil. Kies in 24 Stunden durchgesetzt und auf 3,7 bis 5,9 Proc. Schwefel abgeröstet.
Harzer Erze, welche aus einem Gemenge von Kupferkies, Schwefelkies, Bleiglanz,
Zinkblende, Schwerspath etc. bestehen, wurden in Oker in unserem Plattenofen
geröstet, und ergaben die innerhalb acht Tagen resultirenden Abbrände einen
Schwefelgehalt von 5,6, 6,5, 6,3 und 5,4 Proc. Es werden die Kiesöfen nach unserer
Construction kürzer und billiger als die gewöhnlichen, indem durch die Röstung auf
Platten einige Abtheilungen des Stückkiesofens in der Anlage gespart werden können,
und genügt die bisher ausgeführte Anordnung für eine vortheilhafte Verbrennung des
beim Zerkleinern des Stückkieses resultirenden Abfalles von Feinkies und Graupen.
Als ein Nachtheil muß jedoch hervorgehoben werden, daß mehrmals am Tage eine
Revision des Thurmes erforderlich ist, welche durch einen Jungen bewirkt werden
kann. Die Kiese, welche sich beim Rösten meist ausdehnen, klemmen sich zuweilen in
den Spalten zwischen den Platten., und muß dem Rutschen durch Berührung der Erze mit
einem Eisendraht von etwa 7 Millimet. Stärke nachgeholfen werden. Sandige Erze und
Graupen rieseln gut nach, dagegen eignen sich mehlige Erze für unsere
Ofenconstructionen nicht; wohl aber ein Gemenge von Körnern und Mehl.
Viele Fabrikanten haben bestätigt gefunden, was ich bereits vor einigen Jahren
aussprach, daß die besondere Entschwefelung der Stückerze ohne Zusatz von Feinkies
und Graupen die Abröstung verbessert. Selbst harte Stückkiese wurden, allein für
sich geröstet, bis auf 2 Proc. entschwefelt, während die Abbrände eines Gemenges von
Stückerz und Klopfabfällen noch 5 Proc. Schwefel enthielten.
Will man die Klopfabfälle in Form von Klütten verwerthen, so müssen die Graupen
vorher gemahlen werden, eine Arbeit welche unter 2 Groschen pro 100 Kil. wohl nicht zu bewerkstelligen ist, es sey denn, daß billige
Wasserkraft zur Verfügung stände.
Der Schwefelgehalt der abgerösteten Klütten schwankt zwischen 3 und 10 Proc., und
hängt der Grad der Abröstung von der Beschaffenheit des Erzes und von der Qualität
des Thones ab, welchen man dem Erze zusetzte. Ein geeigneter Thon ist selten zu
finden und fehlt in einigen Gegenden ganz und gar. Trotz vieler Versuche ist es z.B.
auf der chemischen Fabrik Rhenania in Stolberg nicht möglich gewesen,
zufriedenstellende Resultate mit der Klüttenfabrication zu erzielen, während in
Hautmont und Aussig die Abröstung derselben sehr gut ausfällt. Außer den Kohlen für
das Mahlen der Erze hat man die Ausgaben für das Formen, dann für die Kohlen welche
das Trocknen der Klütten erfordert, und endlich für die Anschaffung eines geeigneten
Thones, so daß die Gesammtkosten für die Klüttenfabrication in den meisten Fällen 4
Groschen pro 100 Kil. Kies (ohne Mahlkosten) betragen,
eine Zahl welche mir in Frankreich angegeben wurde und auch für unsere Gegend
stimmt. Die einfache Verwerthung des beim Zerkleinern des Kieses entstehenden
Abfalles in den von Helbig und mir construirten
Plattenöfen ist daher wohl in allen Fällen vorzuziehen.
Es ist diese Construction des Röstofens in einer Brochüre von F. Bode, Ingenieur und Assistent in Gerstenhöfer's technischem Bureau zu Freiberg, in einer Weise kritisirt
worden, auf welche ich hier nicht eingehend antworten mag. Ich halte jedes
sachverständige Urtheil über einen neuen Apparat für die Industrie für nützlich; diese Kritik ist aber nur
persönlich und zu wenig sachlich, und geht aus derselben hervor, daß Hr. Bode sich mit der Construction unseres Plattenofens nicht
genau genug bekannt gemacht hat.