Titel: Das Trocknen der Gußformen in Eisengießereien; von A. Ledebur in Grödiß.
Fundstelle: Band 206, Jahrgang 1872, Nr. C., S. 351
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C. Das Trocknen der Gußformen in Eisengießereien; von A. Ledebur in Grödiß. Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1872, Nr. 45. Ledebur, über das Trocknen der Gußformen in Eisengießereien. Man unterscheidet bekanntlich in der Förmerei den Guß in nassem (grünem) Sande von dem Gusse in getrockneten Formen. Ersterer erheischt ein poröses Material, welches im Stande ist, die bei dem Gießen aus dem für die plastische Beschaffenheit des Sandes unentbehrlichen Wasser sich bildenden Dämpfe rasch entweichen zu lassen; bei dem Gusse in getrockneten Formen wird dieses Wasser vor dem Gusse entfernt. Deßhalb ist man im Stande, bei letzterer Art der Formerei nicht nur ein an und für sich festeres, dichteres Material anzuwenden, sondern demselben überdieß durch ein festeres Einformen eine größere Haltbarkeit zu verleihen; oder aber – in der Lehmförmerei – selbst ohne Anwendung eines eigentlichen Modelles haltbare und complicirte Formen mit Benutzung einfacher Hülfsmittel herzustellen. Der Vortheil des Gusses in getrockneten Formen beruht also: erstens in einer größeren Haltbarkeit derselben, welche das Herausnehmen complicirter Modelle erleichtert, die Form vor Beschädigung beim Gießen schützt, dem „Treiben“ des Gusses bei großen Stücken entgegenwirkt und in der Lehmförmerei die Herstellung besonderer Modelle entbehrlich macht; zweitens in der Gewinnung eines dichteren Gusses durch verminderte Gas- und Dampfbildung während des Gießens selbst. So groß diese Vortheile sind, so sucht man zur Zeit- und Brennmaterialersparung die Anwendung getrockneter Formen möglichst zu umgehen; dennoch dürfte es kaum irgend eine Gießerei geben, welche nicht genöthigt wäre, täglich wenigstens eine Anzahl „Kerne“ dem Trocknungsprocesse zu unterwerfen. In den allermeisten Fällen hat also das Trocknen der Gußformen lediglich eine mehr oder minder vollkommene Entfernung des dem Formmaterial mechanisch beigemengten Wassers zum Zwecke; nur in wenigen Ausnahmefällen wird auch eine chemische Veränderung des Materiales behufs größerer Auflockerung durch Brennen beabsichtigt. Eine Zerlegung der Hydrate durch gesteigerte Temperatur wirkt jedoch stets nachtheilig auf die Cohäsion der Gußform und wird daher, wenn irgend thunlich, vermieden. Um mithin jenen Zweck zu erreichen, ist eine Temperatur, welche dem Siedepunkte des Wassers naheliegt, die geeignetste. Eine zu niedrige Temperatur würde, besonders bei fest eingestampften starken Gußformen, eine nur unvollständige Verdampfung erzielen; eine zu hoch gesteigerte dagegen chemische Veränderungen des Formmateriales oder ein Verbrennen der „Schwärze“ zur Folge haben. Ermittelt man nun aus der Differenz des Gewichtes der frischen und der getrockneten Gußform das entwichene Wasserquantum, berechnet darnach die zur Verdampfung desselben erforderliche Wärmemenge und vergleicht damit die aus dem verbrauchten Brennmaterial wirklich entwickelte oder doch bei richtiger Verbrennung entwickelbare Wärmemenge: so wird man in den allermeisten Fällen zu dem wenig erfreulichen Resultate gelangen, daß kaum in irgend einem anderen pyrotechnischen Processe eine so große Vergeudung an Brennstoff vor sich geht, als bei dem Trocknen der Gußformen für Gießereien. Vergegenwärtigen wir uns zum besseren Verständnisse dieser Thatsache die Art, in welcher gewöhnlich jener Proceß ausgeführt wird. Die fertig hergestellte Gußform oder mehrere derselben zugleich werden in die aus Ziegelsteinen oder anderem Material, gewöhnlich in rectangulärer Form hergestellte „Trockenkammer“ eingeführt. Die vordere Stirnseite dieser Trockenkammer wird durch die aus Gußeisen oder Blech hergestellte Thür gebildet, deren Fugen im günstigsten Falle mit Lehm verstrichen werden; an der gegenüberliegenden Seite befindet sich gemeiniglich die Rostfeuerung mit einer Thür zum Füllen von außen. Eine nach dem Schornstein führende Oeffnung, der Feuerung diametral gegenüber, dient zur Hervorbringung des nöthigen Zuges. Durch Verbrennung von Kohks, Holzkohlen, Torf, Holz oder anderen Materialien wird nun die Wärme erzeugt, welche zur Verdampfung des Wassers in dem Formmaterial dienen soll. Gewöhnlich beginnt schon bei diesem Verbrennungsprocesse die mangelhafte Ausnutzung des Materiales. Hoch aufgeschichtet, wie in einem Gasgenerator liegt das Brennmaterial auf dem Roste und empfängt den Zutritt der Luft einzig und allein von unten durch die Spalten des Planrostes. Neben Kohlensäure und Wasserdampf, den einzigen Producten einer vollständigen Verbrennung, entweichen in großer Menge Kohlenoxyd und brenzliche Verbindungen, und schmälern durch ihre Bildung den Wärmeeffect des Brennmateriales. Noch unvollkommener jedoch als die Erzeugung der Wärme ist gemeiniglich ihre Verwendung. Die heißen Gase streichen durch den Trockenraum entziehen dabei durch ihre Berührung mit den aufgestellten Gußformen diesen das Wasser und entweichen mit diesem in den Schornstein. Nun ist aber fast in allen Fällen der Kubikinhalt der zu trocknenden Gußformen gering gegen denjenigen des ganzen erwärmten Trockenraumes, und – was freilich nur selten sich vermeiden läßt – die berührte Oberfläche dieser Formen gering im Verhältnisse zu ihrem Kubikinhalte. Es folgt daraus, daß von den gebildeten heißen Gasen – als Trägern der gewonnenen Wärmemenge – zunächst nur ein schwacher Theil zu directer Wirkung gelangt. Nur in wenigen Fällen ist es möglich, das gewöhnliche Mißverhältniß zwischen dem Raume der Kammer und demjenigen der zu trocknenden Gegenstände durch eine zweckmäßig gewählte Form der ersteren einigermaßen auszugleichen, sobald nämlich die Kammer nur für eine und dieselbe Specialität von Gußformen bestimmt ist. So bedient man sich in einigen Röhrengießereien zum Trocknen der Röhrenkerne ganz flacher Kammern, in welchen die Kerne horizontal nebeneinander, ihre Längenrichtung parallel mit der Stirnseite der Kammer, dermaßen aufgeschichtet sind, daß im Uebrigen kaum mehr Raum verbleibt, als zum Hindurchstreichen der Verbrennungsgase erforderlich ist. Eine vollständige Ausnutzung der auf dem Roste erzeugten Wärme ist natürlich in allen Fällen undenkbar, weil die Gase zur Gewinnung des nöthigen Luftzuges immerhin in einem nicht unbeträchtlich wärmeren Zustande als die äußere Luft in den Schornstein eintreten müssen. Nur wenn in dem Schornsteine eine höhere Temperatur herrscht, als für jenen Zweck erforderlich ist, also bei zu raschem Entweichen der Gase, findet ein in dieser Beziehung überflüssiger Aufwand an Brennstoff statt. Durch zweckmäßige Regulirung des Luftzuges vermittelst eines Schiebers läßt sich ziemlich leicht einem zu schnellen Ausströmen der heißen Gase entgegenwirken. Wichtiger und schwieriger zu beseitigen ist der Wärmeverlust durch die Abgabe an die Wandungen der Trockenkammer. Die Stirnwand der Kammer wird, wie erwähnt, gewöhnlich durch eine eiserne Thür, also einen guten Wärmeleiter gebildet. Dieselbe wird schnell erhitzt und gibt eben so schnell ihre aufgenommene Wärme an die äußeren Luftschichten ab, welche, wie bei einem Stubenofen, an ihr emporsteigen und neuen kälteren Schichten Platz machen. Prüft man die bedeutende Erwärmung einer eisernen Trockenkammerthür und erwägt man, daß dieser gleichzeitige Proceß der Wärmeaufnahme von innen und Wärmeabgabe nach außen bei einer verhältnißmäßig großen Oberfläche oft 6 bis 12 Stunden, mitunter noch länger ununterbrochen andauert, so kann man ungefähr ermessen, zu welchem bedeutenden Grade der Wärmeverlust im Ganzen durch diesen Uebelstand gesteigert wird. Nicht ohne Vortheil hat man zur Verminderung dieses Wärmeverlustes die Thür wohl aus zwei Schichten dünnen Eisenbleches, durch rings herum laufendes U-oder doppelt T-Eisen verbunden und demzufolge eine Luftschicht als schlechten Wärmeleiter einschließend, ersetzt. Vollkommener noch würde eine wirkliche Doppelthür wirken mit einer Luftschicht von mindestens 30 Centimet. Stärke zwischen sich. Die übrigen Wandungen der Trockenkammer, sowie die gewölbte Decke pflegen aus Ziegelsteinmauerwerk, seltener aus Bruchsteinen oder anderem Material hergestellt zu seyn. Bei dem geringen Wärmeleitungsvermögen der Ziegelsteine ist die Wärmeabgabe durch Transmission der aus ihnen hergestellten Wände nicht sehr bedeutend, und zwar um so geringer, je stärker jene Wände construirt sind; jedoch kann auch durch äußere Umstände jener Wärmeverlust nicht unwesentlich gesteigert werden. Nicht selten findet man nämlich die Lage der Trockenkammern derartig gewählt, daß eine oder auch wohl zwei Seiten derselben einen Theil der Umfassungsmauer des ganzen Gebäudes bilden, also dem Einflusse jeder Witterung ausgesetzt sind. Es liegt auf der Hand, wie viel größer der Wärmeverlust durch eine solche Einrichtung werden muß. Wenn schon in Wohnräumen, welche dem Wetter eine größere Außenfläche darbieten, als andere von gleichem Rauminhalte, sich ein empfindlicher Mehraufwand von Brennmaterial bemerkbar macht, so muß derselbe Fall in erhöhterem Maaßstabe bei der Erwärmung solcher Räume eintreten, deren Temperatur auf einen ungleich höheren Grad gebracht wird, bei denen mithin auch durch die größere Differenz zwischen innerer und äußerer Temperatur die Wärmetransmission der Wände eine größere ist. Eine Construction wie erwähnt, ist daher stets als fehlerhaft zu bezeichnen, und man sollte niemals versäumen, durch eine geschützte Lage der Kammer die Wärmeabgabe durch die Wände nach außen möglichst einzuschränken. Die Vereinigung mehrerer Kammern zu einem Systeme, nur durch Zwischenwände geschieden, kann in dem Falle sehr günstig wirken, wenn eine gleichzeitige Erwärmung der nebeneinander liegenden Trockenräume jeden Wärmeverlust durch Transmission der Scheidewände unmöglich macht. Bei der großen specifischen Wärme der Ziegelsteine und ähnlicher Materialien muß eine bedeutende Menge Wärme von denselben absorbirt werden, bevor in der Trockenkammer die für den Trocknungsproceß erforderliche Temperatur erzielt werden kann. Diese Wärmeansammlung findet so lange statt, als die Temperatur der Kammer bei gleichmäßig unterhaltener Feuerung im Steigen begriffen ist; sie hört auf und verwandelt sich in Wärmeabgabe, sobald die Wärmequelle versiegt. Von diesem Augenblicke an tritt der entgegengesetzte Fall als bisher ein: die Luft- oder Gasmenge, welche die Trockenkammer erfüllt oder durchstreicht, nimmt von der in den Wandungen angehäuften Wärme auf, und wird dadurch längere Zeit auf einer annähernd gleichen Temperatur erhalten. Die große Wärmecapacität der Umfassungswände gibt ihnen also die Eigenschaft eines großen Wärmereservoirs, dessen Wärmevorrath sofort bei abnehmender Wärmeerzeugung zur Verwendung gelangt. Verhindert man gleichzeitig mit dem Aufhören der Feuerung durch Absperren des Luftzuges (vermittelst eines Essenschiebers) das Zutreten kalter Luft durch den Rost und das Entweichen warmer durch den Schornstein, so muß jene aufgespeicherte Wärme offenbar in weit vollkommenerem Grade ausgenutzt werden, als diejenige Wärme welche während des Feuerns die in Bewegung befindlichen heißen Luftschichten besaßen und direct abgaben. Es ist hieraus leicht einleuchtend, wie ungemein wichtig für eine vortheilhafte Ausnutzung des aufgewendeten Brennmateriales die rechtzeitige Absperrung des Luftzuges ist. Leider wird dieses Erforderniß noch bei sehr vielen Anlagen gänzlich vernachlässigt. Die Wirkung der Trockenkammer in der eben beschriebenen Hinsicht gleicht also genau derjenigen eines Backofens oder – bei unserer Zimmerheizung – eines guten Kachelofens; in allen Fällen fällt der Effect des Apparates um so vollkommener aus, wenn man durch ein Brennmaterial von großem pyrometrischen Effecte rasch eine reichliche Wärmemenge (also auch einen hohen Wärmegrad) erzeugt und an die aus Körpern von großer specifischer Wärme construirten Umfassungswände abgibt, dann aber das fernere Entweichen der Wärme durch den Schornstein abschließt. Es bleibt noch über die mehr oder minder zweckmäßige Anordnung des Rostes, sowie des Fuchses nach dem Schornsteine Einiges zu sagen. Die Regel, Feuerung und Ausströmungsöffnung einander diametral gegenüber zu legen, um die ganze Kammer von den heißen Gasen durchziehen zu lassen, liegt so nahe auf der Hand, daß sie kaum einer Erwähnung bedarf. Gewöhnlich legt man der leichteren Bedienung halber den Rost an die Rückseite der Trockenkammer und führt demzufolge die Gase in der Nähe der Thür nach dem Schornsteine. Nicht unzweckmäßig ist die Einrichtung, einen mit eisernen Platten abgedeckten Canal am Boden der Kammer, in der Nähe der Thür mündend und den ganzen Raum seiner Länge nach durchstreichend, zum Abzuge zu benutzen, um auf diese Weise die Wärme der abziehenden Gase durch Mittheilung an die eisernen Deckplatten des Canales noch möglichst auszunutzen. Die Verlegung der Abzugsöffnung an den Boden der Kammer hat daneben den Zweck, die tiefer liegenden kälteren Luftschichten zunächst abzuführen. Der Verfasser sah jedoch auch Trockenkammern, bei denen das entgegengesetzte Princip befolgt war und welche dennoch, bei Anwendung flammenden Brennmateriales und rechtzeitiger Absperrung des Zuges, nicht ungünstigere Resultate lieferten. Wichtiger ist es bei der Anordnung des Rostes, das Aufsteigen der erwärmten Luftschichten durch eine möglichst tiefe Lage desselben zu berücksichtigen. Wenn es die Umstände gestatten, lege man die Rostfläche in das Niveau der Trockenkammersohle oder doch wenig über dieselbe. Eine Vernachläßigung dieser Vorschrift wird die Folge haben, daß am Boden der Kammer kalte Luftschichten stagniren, welche das Trocknen der unteren Theile größerer Gußformen, z.B. bei Lehmformen, sehr erschweren. Eine nicht unwesentlich abweichende Wirkung besitzen die Trockenkammern mit indirecter Feuerung. Bei diesen treten die Verbrennungsgase nicht in die Kammer selbst, sondern sie bestreichen einen aus einem guten Wärmeleiter gebildeten Theil der Wandungen von außen und theilen durch diesen der Kammer ihre Wärme mit. Am einfachsten fällt diese Construction aus, wenn man den Boden der Kammer aus einem Systeme von Canälen bestehen läßt, welche mit gußeisernen Platten abgedeckt sind und von den heißen Gasen durchzogen werden. Der Effect wird um so günstiger, je größer sich das Verhältniß zwischen der Oberfläche der Abdeckplatten und dem Querschnitte der Feuercanäle herstellt. Nachtheilig wirkt bei dieser Art der Trockenkammern der Umstand, daß die aus den Gußformen entwickelten Dämpfe keinen Abzug haben und die mit Wasserdampf geschwängerte Luft weniger günstig das vollständige Austrocknen bewirkt. Es läßt sich dieser Uebelstand jedoch beseitigen, indem man durch eine geeignete, verschließbare Vorrichtung die Dämpfe in den Schornstein führt und sie durch trockene, erwärmte Luft von außen ersetzt. Die Erwärmung dieser Luft könnte durch Passiren eines in die erwähnten Feuercanäle eingelegten Rohrsystemes bewirkt werden; man erreicht dadurch eine wirkliche Luftheizung mit Ventilation. So wenig pecuniär vortheilhaft auf den ersten Blick die Anwendung von Trockenkammern mit indirecter Feuerung gegenüber denen mit directer erscheinen mag, so besitzen erstere doch zwei wesentliche Vortheile. Erstens ist die Erwärmung der Kammer eine gleichmäßigere, als bei directer Feuerung, wo in der Nähe des Rostes eine allzu intensive Hitze zu herrschen pflegt, wenn die Erwärmung des gegenüberliegenden Theiles der Kammer eben ausreichend ist. Dieser Umstand ist von Wichtigkeit vorzugsweise beim Trocknen von Lehmkernen (für Säulen, Röhren u.s.w.), deren in der Nähe des Rostes liegende Theile häufig überhitzt und dadurch mürbe werden, wenn das andere Ende eben warm genug geworden ist. Zweitens gewährt die Anwendung indirecter Feuerung die Möglichkeit, auch geringwerthige Brennmaterialien, welche zu ihrer Verbrennung scharfen Zug verlangen und auf offenem Roste nur unvollkommen und ohne einen genügenden Wärmeeffect verbrennen würden, zu verwerthen, indem man die Feuerung denjenigen Grundsätzen gemäß einrichtet, welche für Verbrennung derartiger Materialien maaßgebend sind. Hierher zählen klare Braun- und Steinkohle, Torfgruß etc. Wo ein solches Feuerungsmaterial billig zu beschaffen ist, da wird die Anwendung indirecter Feuerung auch erheblichen pecuniären Nutzen gewähren. Der oben betonte große Wärmeverlust in den Trockenkammern durch Ausstrahlung nach außen und Entweichen in den Schornstein; der Umstand ferner, daß in den Kammern stets ein vollständiges Austrocknen der ganzen Gußform von außen nach innen erforderlich und unvermeidlich ist, während zum Gelingen des Gusses meistens nur die inneren, der Einwirkung des flüssigen Eisens direct ausgesetzten Theile getrocknet zu werden brauchen, legte den Gedanken nahe, die erzeugte Wärme lediglich auf jene inneren Flächen der Gußform wirken zu lassen und dadurch die Trockenkammern entbehrlich zu machen. In ziemlich primitiver Weise ist ein derartiges Verfahren längst dort üblich gewesen, wo man große Lehmformen in der Dammgrube ausmauerte und durch eingehängte Kohks- oder Kohlenkörbe oder auch durch freies Feuer trocknete. Eine größere Vollkommenheit erhielt das Verfahren, indem man als Wärmequelle für mehrere Gußformen zugleich eine gemeinschaftliche Feuerung benutzte und durch Rohre die heißen Verbrennungsproducte den ringsumher aufgestellten Gußformen zuführte.Engineering, März 1870, S. 208; daraus im polytechn. Journal Bd. CXCVI S. 502. Es läßt sich jedoch leicht einsehen, daß die Mannichfaltigkeit der Gußformen und die dadurch wechselnde Form und Größe der Zuleitungsrohre der Anwendung eines derartigen gemeinschaftlichen Wärmeerzeugers viele Schwierigkeiten in den Weg setzte. Zu vortheilhafter und dauernder Anwendung konnte jenes Princip des Trocknens ohne Kammer, von innen nach außen, nur da gelangen, wo ein als Specialität betriebener Zweig der Eisengießerei die täglich wiederkehrende Anwendung derselben Vorrichtungen und Apparate gestattete. Einen solchen Specialzweig bildet die Röhrengießerei; und es basirt zum großen Theile auf dem Bestreben, die Trockenkammern und die Arbeit des Hinein- und Hinausschaffens entbehrlich zu machen, jene neuere Art des Röhrengusses, welche vor mehreren Jahren zuerst in Frankreich cultivirt, dann in Kladno in Böhmen eingeführt wurdeDie Röhrengießerei der Adalbertshütte in Kladno, von J. Jacobi, in den technischen Blättern, 1872 S. 37; im praktischen Maschinen-Constructeur, 1872, Nr. 16. und neuerdings in fast sämmtlichen größeren Röhrengießereien Deutschlands die seither übliche ältere Methode verdrängt hat. Die senkrecht hängenden Röhrenformen werden durch heiße Gase (Verbrennungsgase) getrocknet, welche unten in die Form eintreten und in ihr emporsteigen. Der Proceß ist in genügender Weise gemeiniglich binnen 1 bis 1 1/2 Stunden beendet, während das Trocknen innerhalb der Kammern die 4 bis 6 fache Zeit zu beanspruchen pflegt. Die Erzeugung und Einführung der heißen Luft geschieht noch in abweichender Weise; bald durch untergestellte Oefchen für jeden Formkasten mit oder ohne Unterwind; bald durch eine gemeinschaftliche Centralfeuerung für eine Reihe von Formkästen. Das Verfahren ist noch zu neu, als daß es nicht, insonderheit bezüglich der Feuerungsanlage, noch mancher Verbesserungen fähig wäre. Das Bestreben, für eine größere Anzahl Formkästen eine gemeinschaftliche Wärmequelle zu gewinnen, die Wärmeerzeugung aber in möglichster Nähe der Wärmebenutzung stattfinden zu lassen, leitete auf ein Verfahren, welches von dem Gießerei-Ingenieur Cramer der Königin-Marienhütte bei Zwickau für die dortige Röhrengießerei zuerst eingeführt und in einem im sächsischen Ingenieurvereine gehaltenen Vortrage näher erläutert wurde,Verhandlungen des sächsischen Ingenieurvereines im Jahre 1871. dann auch versuchsweise mit geringen Abänderungen bei der Gröditzer Röhrengießerei zur Anwendung kam. In einem mit Unterwind betriebenen Generator wird aus geringwerthigem Material (Braunkohlen, Cinders u.s.w.) Gas erzeugt und durch weite Röhren in einen unter den aufrechthängenden Röhrenformkästen hinstreichenden Canal geführt. Die aus gußeisernen Platten gebildete obere Abdeckung dieses Canales besitzt genau in der verlängerten Achse einer jeden vertical aufgehängten Gußform je eine düsenartige, mit einer Kapsel verschließbare Ausmündung, welche es ermöglicht, das Gas in die Form selbst hineinzuleiten und dort zu verbrennen. Die Wirkung ist natürlich durch die nahe Berührung des Formmateriales mit dem brennenden Gase eine rasche und energische, in manchen Fällen sogar eine zu energische und deßhalb auf die Gußform nachtheilig einwirkende. Dieser Uebelstand ist fast der einzige Vorwurf, welchen man dem neuen Verfahren machen könnte;Explosionen durch Zutritt von Luft in die Gasleitungsrohre, welche bei den ersten derartigen Einrichtungen ab und an in ungefährlicher Weise vorkamen, lassen sich durch zweckmäßige Construction der Rohre und Ausströmungen, sowie sorgfältige Wartung des Apparates vermeiden und in allen Fällen durch Anbringung von Sicherheitsklappen an geeigneten Stellen unschädlich machen. aber es ist kaum zu bezweifeln, daß es bei künftigen Anlagen gelingen wird, auch eine genauere Regulirung der Wärmeerzeugung zu ermöglichen. Hier und da ist vorgeschlagen worden, erhitzte Gebläseluft zum Trocknen der Gußformen zu benutzen, sey es innerhalb der Trockenkammern oder durch directes Einleiten in die Gußform selbst. Es ist nicht zu verkennen, daß keine der übrigen Trocknungsmethoden eine so vollkommene Wirkung besitzt, als sie die Anwendung heißer Luft hervorbringen würde. Nichts ist so geeignet, alles Wasser zu verdampfen und in Dampfform fortzuführen, als ein sich stets erneuernder heißer Luftstrom; kein anderes Verfahren gestattet eine so sorgfältige Regulirung des Processes als dieses. Dennoch ist eine ausgedehnte Anwendung heißer Gebläseluft für den besprochenen Zweck nicht zu erwarten. Zu den nicht unbedeutenden Anlagekosten des Winderhitzungsapparates treten die Kosten des Windes selbst und der doppelte Wärmeverlust in den beiden Apparaten für Wärmeerzeugung und Wärmeverwendung gegenüber dem nur einmaligen Verluste bei directer Anwendung der Feuerungsgase. Alle diese Umstände vereinigen sich, das Trocknen mit erhitzter Luft unverhältnißmäßig zu vertheuern, und nur in denjenigen Ausnahmefällen dürfte dieses Verfahren vielleicht zu empfehlen seyn, wenn die überflüssige Wärme von irgend einem Nebenprocesse zur Erhitzung des Windes benutzt werden könnte.