Titel: Miscellen.
Fundstelle: Band 206, Jahrgang 1872, Nr. , S. 240
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Miscellen. Miscellen. Ueber eine Ursache von Dampfkessel-Explosionen; von A. W. Helmich. Von Chillingworth's Vermuthung der Ursache von Dampfkessel-Explosionen (polytechn. Journal Bd. CCV S. 487, erstes Septemberheft 1872) kann ich aus eigener Erfahrung die vermuthliche Richtigkeit bestätigen. Ich wurde z.B. zu einem Papierfabrikanten beschieden, dessen Kessel, bestehend aus Oberkessel von 11 Met. Länge und 1,10 Met. Durchmesser, und zwei Siedern von 0,78 Met. Durchmesser bei 11,3 Met. Länge, fortwährend über dem Feuer undicht war. Nachdem der Kessel innerhalb drei Monaten bereits drei Reparaturen erfordert hatte, war man dazu übergegangen, eine ganz neue Platte über dem Feuer einsetzen zu lassen, welche aber wieder mitten über dem Feuer zu lecken begann. Daß der Kessel Tag und Nacht ungeheuer angestrengt wurde, war kein Grund, in so kurzer Zeit durchzubrennen; ich veranlaßte daher den Fabrikanten zu einer inneren Besichtigung und fand bei derselben, gerade mitten über dem Ausströmungsrohr (dasselbe saß über dem Feuer), eine Kesselsteinkruste von etwa 235 Millimet. Höhe und 340 bis 365 Millimet. Länge, spitz und rund zulaufend, eine tropfsteinartige Bildung, welche sich im Verlauf von vier bis fünf Wochen gebildet hatte. Sofort leuchtete mir ein, daß lediglich die Abführung der Dämpfe durch den einfachen Stutzen die Ursache seyn könne; der Stutzen wurde daher geschlossen, ein Dom auf die Mitte des Kessels gebracht und die Dämpfe durch eine seitlich am Dom angebrachte Oeffnung abgeführt; seitdem hörte die Plattenverbrennung auf. Neben dem Kesselsteinklumpen war fast nicht eine Spur von Stein auf den Nächstliegenden Platten zu finden. Ueberhaupt halte ich die Anbringung der dampfableitenden Stutzen, sey es zum Betrieb oder zum Sicherheitsventil, an den Seiten des Domes für unbedingt nöthig (ich habe seitdem Kessel nie anders construirt), da auf diese Art kein Wirbel entstehen kann. (Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1872, Bd. XVI S. 511.) Ueber gewisse Beschädigungen der Thermometer durch den Transport. Auf dem Transporte, insbesondere wenn die Kisten, wie es häufig geschieht, gestürzt werden, kommt es oft vor, daß ein Theil des Quecksilbers sich abtrennt und gegen das obere Ende der Thermometerröhre fließt. Meistens ist es leicht, diese abgetrennte Quecksilbersäule mit dem Quecksilber im Gefäße wieder zu vereinigen, indem man das Thermometer in verticaler Lage auf einen Carton, den man frei in der linken Hand hält, etwa 2–3 Zoll hoch herabfallen läßt, oder indem man das Thermometer mit der rechten Hand faßt und mit dem Arm (aber nicht mit dem Thermometer) gegen die Fläche der linken Hand schlägt, oder endlich (was jedoch einige Vorsicht erfordert) indem man das Thermometer an einer Schnur befestigt und wie eine Schleuder (jedoch nicht zu rasch) im Kreise herumdreht. In manchen Fällen ist die abgetrennte Partie Quecksilber so gering,In einzelnen Fällen bloß 1 Grad oder sogar nur ein halber Grad, so daß man auf die Vermuthung kommen könnte, der Nullpunkt sey irrig bestimmt worden. daß ihr Gewicht nicht hinreicht, um die Adhäsion an der Wand der Glasröhre zu überwinden. Es dürfte manchen Beobachtern nicht unlieb seyn, ein Verfahren kennen zu lernen, welches auch in solchen Fällen zum Ziele führt. Man neigt das Thermometer-Rohr unter einem Winkel von 20 bis 40°, so daß die Kugel höher steht als die Röhre, und ertheilt hierauf der Kugel mit einem flachen Holzstück (z.B. Lineal) einen Schlag in der Richtung der Thermometer-Röhre. Das Quecksilber in dem Gefäße wird sich nach vorwärts bewegen und ein Theil desselben die ganze Röhre ausfüllen und sich mit dem abgetrennten Quecksilber vereinigen. Wenn man nun das Thermometer langsam und vorsichtig in eine solche Lage bringt, daß die Kugel etwas tiefer steht als die Röhre, aber so wenig neigt, daß das Quecksilber eben erst gegen die Kugel zu fließen beginnt, so wird in der Regel die gesammte Quecksilber-Masse ungetrennt sich gegen das Gefäß bewegen. An der Stelle wo die Trennung früher stattgefunden hat, wird sich meistens, da die Thermometer sehr selten völlig luftleer sind, eine kleine Luftblase befinden. Diese Luftblase bleibt, wenn man in der erwähnten Weise vorsichtig neigt und jede Erschütterung vermeidet, an der Wand der Röhre haften und das früher abgetrennte Quecksilber geht nunmehr an der Stelle mit der Luftblase vorbei. (Zeitschrift der österreichischen Gesellschaft für Meteorologie, 1872, Nr. 10.) Wheeler's Verfahren zum Schweißen von Bessemerstahlabfällen. Bisher waren alle Versuche, Abfälle von Bessemerstahl zu verschweißen, fruchtlos und die Verwaltungen derjenigen Eisenbahnen, welche Stahlschienen und Stahlbandagen eingeführt haben, fühlten, daß früher oder später die Frage sich aufdrängen müsse, was mit jenen Abfällen zu beginnen sey. Die erste entschiedene Antwort auf diese Frage gibt das kürzlich patentirte Verfahren von E. Wheeler in Philadelphia (Amerika), welchem es gelungen ist, durch Zusammenschweißen von derartigen Abfällen mit Stabeisen ein Product zu erzielen, welches für die verschiedenartigsten Zwecke gleich gut verwendbar ist. Das Princip seiner Erfindung besteht darin, die beiden Metalle zu einem Packet zu vereinigen und zusammenzuschweißen, dann durch Auswalzen weiter zu verarbeiten. Die Hauptschwierigkeit bei dieser Arbeit wird dadurch bedingt, daß der Stahl, wenn er auf die Schweißhitze des Eisens gebracht werden soll, durch die hohe Temperatur in sehr schädlicher Weise angegriffen wird, so daß er „verbrennt“. Diese Schwierigkeit läßt sich durch Anwendung besonderer Zuschläge oder Flüsse zum großen Theile beseitigen, aber die Operation wird dadurch zu umständlich und kostspielig. Nach Wheeler's Verfahren wird die Vereinigung beider Metalle so ausgeführt, daß der Stahl vor dem Verbrennen geschützt ist, indem derselbe in einen möglichst luftdicht angefertigten Mantel von Stabeisen eingeschlossen wird. Diese Erfindung wird angewendet: 1) zur Herstellung von mit einem Ueberzuge von Schmiedeeisen versehenen Stahlkolben, Stahlplatten oder Stahlstäben, bei welchen der Stahl vorherrscht; 2) zur Herstellung von Stahlkerneisen, d. i. von Eisen welches innen aus Stahl besteht; bei diesem Producte herrscht das Eisen der Menge nach vor; 3) zur Erzeugung einer mechanischen Verbindung von Stahl und Eisen, in welcher der Stahl in solcher Menge vorhanden und in solche Lage gebracht ist, daß Abnutzung und Druck auf ihn wirken. Der Vorzug dieses Verfahrens vor der alten Methode in Bezug auf rasche und billige Verarbeitung von Abfallstahl ist einleuchtend. Gußstahlabfälle, welche jetzt nur durch Umschmelzen verwerthet werden können, lassen sich, wenn sie nach Wheeler's Methode vom Stabeisen umgeben verarbeitet werden, mittelst einer einzigen Operation in fertige Schienen umwandeln, und Abfälle von Bessemerstahl können in Schienen, Stäbe oder Platten von jeder beliebigen Form und von derselben Güte und Gleichartigkeit, wie aus den ursprünglichen Güssen fabricirte, umgewalzt werden. (Mechanics' Magazine, October 1872, S. 282). Ueber Glasspinnerei; von Prof. Herrmann. Das österreichische Handelsministerium richtet gegenwärtig einen Lehrcursus für Glasspinnerei in den böhmischen Glasbezirken ein. Dieß gibt dem „Ungarischen Actionär“ Veranlassung zu einer Mittheilung über Glasspinnerei, deren Daten vom Prof. Herrmann, Sectionsrath im österreichischen Handelsministerium, herrühren. Wir entnehmen daraus Folgendes: Die neuesten Fortschritte in der Glasspinnerei sind dem Wiener Fabrikanten Brunfaut, der schon in den 50er Jahren seine Kunstfertigkeit im Spinnen auch in Pest producirte, zu verdanken.Man s. die bezüglichen Mittheilungen im polytechn. Journal, 1868, Bd. CXC S. 432 und 493. Er gelangte nach vielen Versuchen zu einer Composition, welche jederzeit gelocktes oder gekraustes Glasgespinnst erzeugt. Die gekrausten Glasfäden übertreffen an Dünne nicht nur die feinste Baumwolle, sondern sogar die einfachen Coconfäden. Dabei erscheinen sie nahezu so weich und elastisch, wie Seidencharpie. Die durcheinander gewirkten Wollflocken werden in neuester Zeit als Gichtwolle mit vorzüglichem Erfolge benutzt. Auch fanden Chemiker und Apotheker dieselben besonders zu Filtern sehr geeignet. Die glatten Glasfäden dienen gegenwärtig vorzüglich zu Geflechten, welche dann weiter zu Polstern, Lampentellern, Teppichen, Decken, Shawls, Halstüchern, Cravatten, Manschetten, Kragen, Kleidergarnituren etc. verarbeitet werden. Die glatten Glasfäden, deren Farben sehr gut decken, lassen sich auch zum Einweben von Figuren in Brokate und andere schwere Seiden- oder Sammetstoffe verwenden. Das Glasgespinnst wird als Material für Putzwaaren und für Kleidungsstoffe, Tapeten, Mödelüberzüge, Posamentirwaaren und Stick-, sowie Strickarbeiten, für Spitzen, Vorhänge, Teppiche etc. einen hervorragenden Platz einnehmen. Sein Glanz, seine Weiße, die prachtvollen, zarten Metallfarben machen es zum herrlichsten Stoffe für Kopf-, Hals-, Hand- und Kleideraufputz. In der Weichheit erreicht das Glasgespinnst nahezu die Seide, im Anfühlen die feinste Wolle oder Baumwolle. Mechanischem Drucke, Stoße, Zuge und Reibungen gegenüber ist es außerordentlich dauerhaft, und es wird auch weder durch Licht und Wärme, noch durch Feuchtigkeit, noch endlich durch Säure angegriffen. Fettflecken und ähnliche Verunreinigungen der Oberfläche lassen sich durch Waschen in gewöhnlichem Wasser (?) leicht entfernen. Das Glasgespinnst ist ferner unentzündlich und unverbrennlich, wodurch es bei der Verwendung als Stoff zu Oberkleidern für Frauen besonderen Werth erhält. Glasstoffe halten ungemein warm, wärmer als Baumwolle oder Schafwolle. Dabei sind sie von höchst geringem Gewichte. Als Stoff zu Schleiern ist das Glasgespinnst sehr geeignet, indem es die feinen Staubtheilchen, welche stets in der Luft herum schweben, von den Athmungsorganen abhält. Aber jetzt ist erst der Anfang gemacht. Noch hängt die Erzeugung des Gespinnstes von der Zusammensetzung des Glases ab, welche das Geheimniß eines einzigen Mannes der Welt ist. Noch ist bei dem Spinnen die Geschicklichkeit des Spinners die Hauptsache, so daß das Gespinnst noch in die Classe der Raritäten gehört. Doch muß sich die gehörige Organisation finden lassen, durch welche die Glasspinnerei zu einem volkswirthschaftlich bedeutenden Industriezweige heranwächst. Was die Technik betrifft, so ist zu erwähnen, daß ein Rad bei einem Umfange von 5 Ellen in der Minute 3000 Ellen spinnt. Die Arbeit des Spinnens ist sehr anstrengend, erfordert ununterbrochene Aufmerksamkeit und ermüdet besonders die Augen. Das Loth Glasgespinnst wird zum Preise von 2 fl. ö. W. berechnet. Die Glasgespinnst-Erzeugnisse haben folgende Preise: Beduinquasten 1 fl.  –  kr. bis 1 fl. 50 kr. Adlerfedern – fl. 80 kr. 3 fl.  –  kr. Straußenfedern 1 fl.  –  kr. 6 fl.  –  kr. Bouquets 1 fl. 70 kr. Manschetten 2 fl. 50 kr. Damencravatten 1 fl. 50 kr. Kragen 1 fl.  –  kr. bis 5 fl.  –  kr. Herren-Ballcravatten 2 fl.  –  kr. 3 fl.  –  kr. Uhrketten – fl. 50 kr. 2 fl.  –  kr. Coiffures   3 fl.  –  kr. bis 10 fl.  –  kr. Kleidergarnituren   – fl. 80 kr. pro Elle Damenjäckchen   – fl. 25 bis 40 kr. Damenhüte, ganz aus Glas 10 fl.  –  kr. bis 30 fl  –  kr. (Deutsche Industriezeitung, 1873, Nr. 31.) Filter aus gefilzten Glasfäden; von Paul Weiskopf. Neuerer Zeit werden auf Veranlassung der österreichischen Regierung Versuche gemacht, zu außerordentlich feinen Fäden gesponnenes Glas zur Darstellung von Glasschmucksachen zu benutzen. Ich habe versucht solche Glasfäden zu filzen, was mir auch ohne Mühe gelang, und selbe dann nach Art des Asbestes als Filter anzuwenden. Ich halte es für überflüssig, meinen Herren Fachgenossen die Vorzüge eines Filters aus reinem böhmischen Krystallglase aufzuzählen. Doch kann ich nicht unterlassen zu erwähnen, daß solche Glasfilter mit außerordentlicher Schnelligkeit ein sehr reines Filtrat geben. Ich bin gern bereit, jenen Herren welche sich hierfür interessiren, Glaswolle zu besorgen und zuzusenden. Morchenstern in Böhmen. Schnelles Reductionsverfahren des Silbers aus alten Lösungen durch Phosphor; von Julius Krüger. Wenn man häufig mit Silbersalzen experimentirt, so erhält man eine Menge von Flüssigkeiten und Niederschlägen, welche das Silber in allen möglichen Verbindungen enthalten. Sind die Versuche beendigt, so gießt man Alles zusammen in eine Sammelflasche, unbekümmert darum, was daraus entsteht, und bewahrt es auf zur gelegentlichen Reduction. Hierbei entstehen mancherlei Störungen, da man die Natur der einzelnen, in dem abgesetzten Niederschlage befindlichen Silbersalze gar nicht zu beurtheilen vermag, und daher geht die Reduction oftmals sehr mangelhaft von Statten. Um nun alle Verbindungen auf eine bestimmte und bekannte zurückzuführen, genügt der Zusatz von freier Salzsäure zu einem solchen Gemisch nicht, da viele Silbersalze dadurch nicht zersetzt werden, und daher sann ich auf ein anderes Reagens und fand als solches am vorzüglichsten den Phosphor. Unbekümmert um die Gewichts- und Mischungsverhältnisse, füge ich den gesammelten Flüssigkeiten eine beliebige Menge Phosphor-Aether zu, und schüttle wiederholt die Masse durch. Alsbald scheidet sich die Flüssigkeit und der Niederschlag; erstere mehr oder minder gelb, bis braun gefärbt, letzterer intensiv schwarz. Zeigen sich in letzterem noch hellere Partikelchen, so ist die Verwandlung des Silbers in Phosphorsilber noch keine vollkommene, und man fügt noch mehr des Phosphor-Aethers hinzu, bis eine gleichmäßige Farbe erzielt ist. Dann filtrirt man ab, wäscht aus und trocknet den schwarzen Niederschlag, oder bringt ihn noch feucht in eine Porzellanschale, um ihn mit Aetzkalilauge zu kochen. Man erhält dann reines metallisches Silber. Will man einen festen Regulus haben, so schmilzt man reine Potasche in einem Tiegel und setzt nach und nach den getrockneten Niederschlag der geschmolzenen Masse zu. Dieser Proceß ist in jedem Ofen oder auf jedem Herde in kurzer Zeit auszuführen. (Licht, Zeitschrift für Photographie.) Ueber den Deacon'schen Chlorproceß. Dr. Grüneberg bemerkte auf der Leipziger Naturforscherversammlung über den Deacon'schen Chlorproceß,Deacon's Beschreibung seines Verfahrens der Chlorfabrication durch Erhitzen eines Gemisches von Luft und Salzsäuredampf, ist im Jahrgang 1871 des polytechn. Journals, Bd. CC S. 398, mitgetheilt. daß für denselben wesentlich sey die genaue Innehaltung einer constanten Temperatur von nahezu 700° F. (384,6° C.) und von dem Erfinder auf diesen Punkt die größte Sorgfalt verwendet sey. Ferner sey von hervorragender Wichtigkeit eine vollständige Austrocknung des Chlorgases, weil davon die Hochgrädigkeit des erzielten Chlorkalkes abhängig sey. In englischen Fabriken, welche Dr. Grüneberg besuchte, wurde für diesen Zweck ein Chlorcalcium-Apparat angewendet. Der Deacon'sche Proceß sey in nationalökonomischer Hinsicht von großer Wichtigkeit, da die Verwendung von Braunstein bei der Chlorkalkdarstellung nicht mehr Bedingung sey; ein weiterer großer Vortheil sey, daß das Entweichen von Salzsäuregas oder Chlorgas in die Atmosphäre nach diesem Proceß vollständig umgangen werden könne. Hr. Hasenclever theilte im Anschluß daran mit, daß Deacon gefunden habe, daß der nach seiner Methode dargestellte Chlorkalk einen zu geringen Gehalt zeige, wenn das Chlorgas feucht in die mit Kalk gefüllten Absorptionskammern gelange. Er habe diesem Uebelstande durch bessere Trockenvorrichtungen vorgebeugt, wende hierzu statt des Chlorcalciums jetzt Schwefelsäure an, und stelle einen Chlorkalk von 36 Proc. Chlorgehalt dar. Die deutschen Chlorkalk-Fabrikanten ließen sich noch durch die höchst kostspielige Anlage von der Einrichtung des Deacon'schen Processes abhalten. Die in den chemischen Fabriken bestehende Einrichtung für die Chlorkalk-Fabrication sey gar nicht weiter zu gebrauchen; die Tröge zur Chlorentwickelung fielen selbstverständlich fort, aber auch die Kammern müßten wegen der Absorption von verdünntem Chlor eine zehn Mal so große Oberfläche haben als jetzt. Der Deacon'sche Proceß sey indessen in England sehr großartig durchgeführt und von einem deutschen Chemiker in allen Details gründlich studirt; neben Deacon müsse der Name des Dr. Hurter, welcher die chemischen Untersuchungen leitete, lobend erwähnt werden. Dr. Kempf bemerkte hierauf, daß in der Kuhnheim'schen Fabrik in Berlin bereits eine Anlage für den Deacon'schen Proceß im Bau begriffen sey. Dr. Glaser macht auf einige Nachtheile des genannten Verfahrens (große Complicirtheit der Apparate, bedeutender Kohlenverbrauch, Schwierigkeiten der Temperaturregulirung etc.) aufmerksam und sprach sich deßhalb gegen die Einführung in Deutschland aus. Hr. Hasenclever erwiderte, daß Deacon allerdings pro 100 Kil. Chlorkalk 200 Kil. Kohlen gebrauche, aber dafür falle die Ausgabe für Braunstein ganz weg, und sey der Arbeitslohn beim Deacon'schen Proceß sehr gering. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1872, Nr. 15.) Ueber Ozokeritkerzen. Auf der Dubliner Ausstellung erregte ein neues Product der Kerzenfabrication großes Interesse. Es waren dieß die von der berühmten Firma J. C. Field in London ausgestellten Ozokeritkerzen. Der Ozokerit oder das natürliche Paraffin (Bergwachs, Erdwachs), zuerst von Meyer und Glocker beschrieben, wurde bei Slanik in der Moldau im sogen. „Wiener Sandstein“ in der Nähe von Kohlen- und Steinsalzlagern entdeckt, später aber an noch anderen Punkten der Karpathen aufgefunden, woher auch die gedachte Firma das Rohmaterial zu ihren Kerzen bezieht, nachdem sie (im Jahre 1868) von Dr. Letheby auf dasselbe aufmerksam gemacht worden war. Es ist den HHrn. Field gelungen, die mit der Reinigung des Ozokerits verbundenen Schwierigkeiten vollständig zu überwinden, und aus demselben Kerzen vom schönsten Ansehen zu erzeugen. Die Kennzeichen des rohen Ozokerits sind folgende: Die Stücke haben eine bräunliche, grünliche oder gelbliche Farbe, sind stark kantendurchscheinend und zeigen einen terpenthinartigen Bruch. Das Mineral ist ziemlich spröde, läßt sich aber, wie sprödes Wachs, zwischen den Zähnen etwas kneten; der Einwirkung der Luft ausgesetzt, wird es schwarz und ganz wachsartig, so daß sich von solchen verwitterten Stücken mit dem Fingernagel Späne mit glänzenden Schnittflächen abschaben lassen. Härte = 1, specifisches Gewicht = 0,94 bis 0,97. Durch Reiben wird das Bergwachs stark negativ elektrisch; sein Geruch ist dem der aromatischen Kohlenwasserstoffe ganz ähnlich. Im Feuer fließt es wie Wachs und brennt dann mit nicht stark rußender Flamme; sein Schmelzpunkt liegt bei 66° C. Es läßt sich unzersetzt destilliren und wird von starken Säuren nicht angegriffen. Je nach den Fundorten zeigt es in seinen chemischen und physikalischen Eigenschaften geringe Verschiedenheiten. Im gereinigten Zustande bildet es eine Varietät von Paraffin, von der Zusammensetzung: Kohlenstof 85,75 Wasserstoff 15,15 ––––– 100,90 Aus Letheby's Bericht geht hervor, daß diese schönen Kerzen auch in Bezug auf Leuchtkraft alle übrigen bisher in den Handel gekommenen übertreffen. Er gibt die Anzahl von Granen, welche erforderlich sind um das Licht von 1000 Gran der besten Wallrathkerzen zu liefern, in nachstehender Weise an: Ozonkeritkerzen 754 Paräffinkerzen verschiedener Sorten 798 bis 891 Wallrathkerzen 1000 Wachskerzen 1150 Da der Ozokerit einen hohen Schmelzpunkt hat, so erweichen die aus ihm angefertigten Kerzen nicht, daher sie sich nicht biegen; dieses Material ist in der That weit härter, als gewöhnliches Paraffin. Die HHrn. Field haben auch Paraffinkerzen ausgestellt, welche mit Mauve und Magenta gefärbt sind, ein bedeutender Fortschritt gegen das frühere Färben derselben mit undurchsichtigen Mineralfarben. (Chemical News, vol. XXVI p. 161; October 1872.) Ueber die Umwandlungsproducte der Stärke; von C. O' Sullivan. Die Versuche von Musculus, Payen und Schwarzer über denselben Gegenstand unter dem Einflusse von Säuren und Malzauszug wurden wiederholt und vom Verfasser nur zum Theil richtig befunden. Das Endproduct der Einwirkung von Malz und Stärke, Maltose, ist ein mit Lactose isomerer Zucker, welcher ein Drittel weniger Kupferoxyd als eine entsprechende Menge von Dextrose reducirt und durch fortgesetzte Behandlung mit Säuren in Dextrose übergeführt wird. (Chemisches Centralblatt, 1872 S. 628). Die Umwandlungsproducte der Stärke bei Behandlung mit Malzauszug. Die Herren E. Schulze und Märker haben in einer größeren Arbeit über den Brennereiproceß (Journal für Landwirthschaft, 1872 S. 52) nachgewiesen, daß das Ferment des Malzauszuges, die Diastase, nicht wie verdünnte Schwefelsäure die Gesammtmenge des Stärkemehles in Traubenzucker umzuwandeln vermag, sondern unter den günstigsten Umständen und bei großem Ueberschusse des Fermentes nur etwa die Hälfte der theoretisch geforderten Menge von Traubenzucker erzeugt. So erhielten, sie mit wenig Malz 48,9 Proc. Zucker von dem angewandten trockenen Stärkemehl, und bei allmählicher Steigerung der verwendeten Menge von Malzaufguß 51,7 51,7, 51,3 und 51,0 Proc. Es war also auch bei Anwendung eines sehr großen Ueberschusses von Diastase (Extract von 10 Grammen Malz auf 1 Gramm Stärke) nicht möglich gewesen, die Stärke vollständig in Zucker überzuführen, und es hatte sich eine constante Menge von Zucker aus der Stärke gebildet, welche dem Verhältniß von 1 Aequivalent Zucker zu 1 Aequivalent Dextrin sehr annähernd entspricht. Es ist daher anzunehmen, daß die Einwirkung der Diastase in der Bildung einer constanten Verbindung von Zucker und Dextrin besteht, und daß aus diesem Grunde die Zuckerbestimmungsmethode mit Malzextract principiell zu falschen Resultaten führen muß. Wir haben uns also die Reaction, welche die Diastase auf das Stärkemehl ausübt, so zu denken: 2 C⁶H¹⁰O⁵ + H²O = C⁶H¹⁰O⁵ + C⁶H¹²O⁶ Stärke. Dextrin. Zucker. (Der Naturforscher. 1872, Nr. 27.) Ueber den Einfluß des Druckes auf die Gährung; von H. T. Brown. Der Verf. fand, daß während der alkoholischen Gährung von Traubensaft oder Malzwürze, außer Kohlensäure, Stickstoff und Wasserstoff, ein Kohlenwasserstoff der aromatischen Reihe und zuweilen salpetrige Säure entwickelt werden; überdieß wird die Menge der durch Kalihydrat nicht absorbirten Gase wesentlich gesteigert, wenn der Proceß unter vermindertem Drucke stattfindet. Unter gewöhnlichem Druck besteht bei weitem die Hauptmenge der entwickelten Gase aus Stickstoff (70–90 Proc.), bei vermindertem Druck jedoch (400–450 Millimeter) überwiegt der Wasserstoff (60 bis 90 Proc.). Wenn die Lösungen keine Albuminate enthalten, so findet übrigens keine Entwickelung von Stickstoff statt, selbst wenn Ammoniaksalze in beträchtlicher Menge vorhanden sind. Die Vermehrung des Wasserstoffes, welche bei Verminderung des Druckes stattfindet, ist von der Bildung einer verhältnißmäßig großen Menge von Essigsäure und Aldehyd begleitet, so daß es beinahe scheint, als ob während der alkoholischen Gährung Wasser zerlegt würde und als ob dieser Proceß durch die Verringerung des Druckes begünstigt würde. Die Gegenwart von salpetriger Säure in den entwickelten Gasen erklärt sich aus dem ursprünglichen Vorhandenseyn von Nitraten in den Lösungen, deren Reaction während der Gährung die salpetrige Säure ihre Entstehung verdankt. (Centralblatt für Agriculturchemie, 1872 S. 189). Färben des Strohes mit Anilingrün. Will man Stroh für Strohhüte, künstliche Blumen u. dgl. nach Pariser Art schön grün färben, so bringt man dasselbe einige Zeit in kochendes Wasser, wäscht darauf in kaltem Wasser aus, und bleicht in einem Bade welches 20 Gramme Chlorkalk und 7–9 Grm. Schwefelsäure enthält. Man nehme nicht mehr Wasser, als eben nöthig ist, das Stroh darin durcharbeiten zu können. Nach dem Bleichen spült man in kaltem Wasser oder besser am Flusse eine halbe Stunde, ringt ab und bringt in eine Beize welche aus Sumach, Alaun, Weinsteinsäure und einer nicht zu großen Menge Wasser besteht. Man zieht darin gut durch, läßt eine Viertelstunde darin, ringt ab, gießt nun die Hälfte der Beizflüssigkeit ab, und ersetzt sie durch reines Wasser. Diesem Bade setzt man so viel Anilingrün und Pikrinsäure zu, daß der gewünschte Farbenton resultirt, wenn das Stroh einige Zeit darin bewegt wird. Es wird nach dem Ausfärben leicht gespült und dann appretirt. M. Hartmann. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc., 1872, Nr. 38.) Ueber die Natur der beim Färben mit Cochenille entstehenden schwarzen Flecken. In der Färberei hat man schon lange beobachtet, daß die mit Cochenille gefärbten Stoffe häufig schwarze Flecken haben, und man hat diese Erscheinung der Gegenwart von Eisen zugeschrieben. Nach Guignet ist diese Färbung aber durch die Bildung von carminsaurem Kalk bedingt, der ein in Wasser unlösliches schwarzes Pulver darstellt. Das Salz ist in Essigsäure ohne Zersetzung mit rother Farbe löslich und bleibt beim Eindampfen der Lösung als schwarzer Rückstand. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, 1872, Nr. 14.) Ueber Harzöl und die Verwendung desselben. Das Harzöl ist ein Product der trockenen Destillation von Harz, und zwar vorzugsweise des amerikanischen Harzes. Der bei dieser Destillation benutzte Apparat besteht im Wesentlichen aus einem eisernen Kessel, einem Helm, einer Kühlvorrichtung und einer Vorlage. Das Harz wird in den Kessel gebracht, das Füll- oder Mannloch verschraubt und verkittet, und sodann langsam angefeuert. Es beginnt nun ein leichtes Harzöl (rohes Pinolin) mit Wasser überzugehen, welches für sich in Glasflaschen gesammelt wird. Sobald eine Stockung in der Destillation eintritt, wird die Vorlage gewechselt, und das Feuer verstärkt, wornach rohes schweres Harzöl überdestillirt, welches in Fässern gesammelt wird; der zuletzt im Kessel verbleibende schwarze Rückstand ist Schmiedepech. Das Pinolin wird rectificirt, das mit demselben übergegangene essigsaure Wasser mit Kalkhydrat gesättigt, filtrirt und zur Trockne eingedampft, und der so bereitete essigsaure Kalk von Essigsäurefabriken verwendet. Das Harzöl nimmt beim Lagern in den Fässern eine dunkel veilchenblaue Färbung an, und heißt nun „blaues Harzöl“. Dieses rohe Harzöl wird einen Tag lang mit Wasser gekocht, wobei das verdampfte Wasser stets ersetzt werden muß; am nächsten Tage wird das Wasser abgezogen, das zurückbleibende Harzöl mit Aetznatronlauge von 36° Baumé verseift, und diese beinahe feste Masse sodann im Apparate so lange abdestillirt, als noch Harzöl übergeht; das erhaltene Product ist einfach rectificirtes Harzöl oder „Côdöl secunda,“ welches in eisernen Gefäßen über einer dünnen Lage Gyps aufbewahrt wird, wodurch man nach wenigen Wochen wasserfreies klares Côdöl erhält. Durch eine Wiederholung der ganzen Operation wird zwei Mal rectificirtes Harzöl oder „Côdöl prima erhalten. Die Rückstände von beiden Operationen werden unter das Schmiedepech geschmolzen. Die verschiedenen Harzölsorten finden eine ausgedehnte Anwendung: 1) Zur Verfälschung des Fischthranes: hierzu werden große Quantitäten verwendet. Die Consistenz des Fälschungsmittels ist der des Thranes ziemlich gleich, und der meist sehr starke Thrangeruch verdeckt den Geruch des Harzöles. Bei größerer Beimischung des letzteren wird jedoch der Harzgeruch wahrnehmbar, und die Fälschung durch das stärkere Opalisiren kenntlich. 2) Zur Fabrication der verschiedenen Wagenfettsorten, welche als blaues englisches Patent-Wagenfett, englisches Patent-Palmölwagenfett, endlich als gelbes, braunes, grünes und schwarzes Wagenfett in den Handel kommen und sämmtlich aus einer Mischung von Kalkhydrat mit rohem schweren Harzöle bestehen. Das blaue Wagenfett zeigt die dem blauen Harzöle eigenthümliche Farbe; das gelbe (grüne?) Wagenfett wird aus dem blauen erzeugt, indem man dieses mit einer Auflösung von Curcumafarbstoff in Aetznatronlauge von 25° Baumé färbt; 2 Proc. mit rohem Harzöl verriebener Kienruß zum blauen Wagenfett gethan, gibt schwarzes etc. 3) Zur Erzeugung der verschiedenen Sorten von Brauerpech. Da das gewöhnliche Harz allein viel zu spröde ist und von den Fässern abspringen würde, so werden demselben je nach seiner Beschaffenheit 10 bis 15 Proc. rectificirtes Harzöl prima zugesetzt, welches vorher mit einer entsprechenden Menge feinsten Goldockers zu sehr feiner Farbe gerieben wurde. Je nach Qualität und Farbe wird entweder rothtransparentes oder rothbraunes amerikanisches Harz verwendet, zu einigen Sorten auch Côdöl secunda anstatt prima genommen, und Englischroth, feiner Oelruß, etwas Bienenwachs und mitunter auch Rüböl beigemischt. Es soll durch Vorstehendes aber nicht gesagt werden, daß man nicht Wagenfett oder Brauerpech auch ohne Harzöl erzeugen könne. 4) Zur Darstellung von Schuhmacherpech, welches aus einer Mischung von amerikanischem Harze, ca. 15 Proc. rectificirtem Harzöle (Côdöl secunda) und 5 bis 6 Proc. Regenwasser besteht. 5) Zur Verfertigung des Bürstenpeches. 6) Zur Erzeugung des Fackelpeches. 7) Zur Fabrication des Flaschenlackes, welcher aus rothtransparentem oder rothbraunem transparenten Harze, ca. 10 Proc. Talg, 3 bis 5 Proc. rectificirtem Harzöle und einer Farbe, z.B. Chromgelb, Bremerblau, Ultramarin, Zinnober, Kienruß, Chromgrün, Kreide, Umbra und für Goldlack Goldstreusand, dargestellt wird. 8) Zur Bereitung von Maschinenöl. Diese Verwendung ist jedoch sehr unwesentlich und auch durch die Benutzung neuerer, besserer Producte bereits verdrängt. (Ackermann's Gewerbezeitung.) Ueber die Bereitung der Patent-Wagenfette aus Harzölkalkseife. J. C. Leuchs gibt in dem von ihm verfaßten Werke Der europäische Seifenfabrikant (Nürnberg, C. Leuchs u. Comp.) nachstehende Vorschriften zur Bereitung von Wagenfetten und deren Grundsubstanz: Man rührt in einem eisernen Kessel unter 100 Pfund Harzöl 80 Pfund zu Pulver gelöschten Kalk (Kalkerdehydrat), erhitzt die Mischung unter Rühren, bis sie einen gleichartigen, knollenfreien Teig bildet und zuletzt vom Rührscheit wie Syrup abläuft. Mit dieser Harzölkalkseife stellt man die verschiedenen Sorten Patentfette, wie folgt dar. Blaues Patentfett: Man kocht 500 Pfund rohes Harzöl eine Stunde lang mit 2 Pfund Kalkerdehydrat, läßt erkalten, schöpft das Oel vom Bodensatze ab, und rührt, wenn das Oel noch warm ist, 10 bis 12 Pfund von der Harzölkalkseife ein, bis Alles butterartig und blau ist. Gelbes Patentfett: Man gibt zu dem blauen Fett 6 Procent Curcumalösung. Dieselbe wird durch Kochen von 1 Th. Curcuma mit 20 Th. Aetzlauge erhalten. Schwarzes Patentfett: Man gibt zu 100 Pfund der blauen Masse 2 Pfd. Kienruß, der mit Harzöl abgerieben wurde. Patent-Palmöl-Wagenfett: Man vereinigt durch Schmelzen und Rühren 10 Pfd. Harzölkalkseife mit 10 Pfd. Palmöl, rührt dann 500 Pfd. Harzöl ein und noch so viel der Harzölkalkseife, bis Alles butterartig ist (2 bis 3 Pfd.), zuletzt 7 bis 8 Pfd. Aetznatronlauge. Diese erhält man mit 70 Pfd. calcinirter Soda von 80°, 200 Pfund Wasser und 35 Pfd. zu Brei gelöschtem Kalk. Paraffinrückstände: Die dicken Oele, welche bei der Paraffinfabrication übrig bleiben, werden in unserer Zeit theils wegen ihrer Wohlfeilheit, theils weil sie in der Kälte nicht zu bald erstarren, als Schmieröl gebraucht. Um sie dicker zu machen, schmelzt man sie mit etwas Bleiseife (Bleipflaster) zusammen. Ebenso wendet man jetzt häufig Mischungen von Harzöl oder Harzölkalkseife und Petroleum als Schmiere an, sowie auch das Glycerin. Darstellung eines sehr gut klebenden und haltbaren Kleisters, nach Fr. Sieburger. Man übergießt 4 Gewichtstheile Leim mit 15 Gewichtstheilen kalten Wassers, läßt einige Stunden lang aufweichen und erwärmt mäßig, bis eine völlig klare Lösung entstanden ist. Diese Lösung verdünnt man alsdann mit 65 Gewichtstheilen siedenden Wassers unter inniger Verrührung. Inzwischen hat man 30 Gewichtstheile Kleisterstärke mit 20 Gewichtstheilen kalten Wassers anzurühren, so daß eine dünne milchige Flüssigkeit entsteht, in der keine Klümpchen mehr wahrzunehmen sind. In diese gießt man die obige siedende Leimlösung unter fortwährendem Rühren ein, und hält hierbei am besten die Masse im Kochen. Nach dem Erkalten fügt man schließlich dem Kleister zehn Tropfen Carbolsäure hinzu. Der so erhaltene Kleister ist von außerordentlicher Klebekraft; man kann mit demselben Leder, Papier und Pappe kleben, ohne daß die unangenehmen Leimflecken der Leimklebung entstehen. Wird er in verschlossenen Gefäßen aufbewahrt, so daß das Wasser nicht verdunsten kann, so erhält er sich Jahre lang gut. Bedarf man keinen Kleister von besonderer Klebekraft, so ist es sehr zu empfehlen, dem gewöhnlichen Mehl- oder Stärkekleister Carbolsäure zuzusetzen, da diese den Kleister vor dem Verderben durch Säuerung, selbstverständlich jedoch nicht vor dem Eintrocknen schützt. (Wiederhold's Gewerbeblätter.)