Titel: Ueber die Verbesserung der Weine durch Erhitzen, von Pasteur.
Fundstelle: Band 207, Jahrgang 1873, Nr. XLVII., S. 152
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XLVII. Ueber die Verbesserung der Weine durch Erhitzen, von Pasteur. Pasteur, über Verbesserung der Weine durch Erhitzen. Pasteur hat bekanntlich, davon ausgehend daß alle gewöhnlichen Krankheiten des Weines von mikroskopischen Pilzen herrühren, deren Keime in dem Weine ein ihrer Entwickelung mehr oder weniger günstiges Medium finden, in dem Erhitzen des Weines, wodurch die Pilzkeime getödtet werden, ein Mittel gefunden, denselben zu conserviren. Es war aber die Frage, ob das Erhitzen, wodurch die Conservation der Weine allerdings für immer sicher gestellt wird, den feinen Weinen nicht insofern schade, daß dieselben nun nicht das Bouquet und überhaupt nicht die so geschätzte Beschaffenheit bekommen, welche sie, sofern sie nicht verderben, annehmen, wenn man sie ohne vorhergehende Erhitzung aufbewahrt. Diese Frage konnte nur durch längere Erfahrung entschieden werden. Pasteur hat daher seit den Jahren 1865 und 1866 eine Anzahl Weinsorten in Flaschen – theils ordinäre, theils feine –, welche auf 50 bis 75° C. erhitzt waren, und gleichzeitig dieselben Weinsorten im nicht erhitzten Zustande in einen Keller der Normalschule zu Paris schaffen lassen, und dieselben sind seitdem dort aufbewahrt worden. Bereits im Jahre 1869 haben mehrere Mitglieder der Commission syndicale des vins de Paris viele dieser Weinsorten gekostet, und die Ergebnisse dieser Weinprobe waren dem Pasteur'schen Verfahren sehr günstig, wie in Lapparent's bezüglichem Bericht im polytechn. Journal, 1869, Bd. CXCII S. 245 mitgetheilt ist. Da nun seitdem wieder drei Jahre verflossen sind, und die meisten der erwähnten Weinsorten schon sechs bis sieben Jahre in dem Keller der Normalschule lagern, so hat Pasteur wieder eine vergleichende Probe derselben durch Kosten veranstaltet. Diese Probe wurde am 10. Juli 1872 von Teissonnière, Mitglied der Handelskammer, Célérier, Präsident der Chambre syndicale, Barral, Bouchardat und Dumas, Mitgliedern der Société centrale d'Agriculture, u.a. angestellt, und über dieselbe wurde ein Protokoll aufgenommen, welches in unserer Quelle abgedruckt ist. Diesem Protokoll zufolge bezog sich die Probe auf 24 verschiedene Weinsorten von den Jahren – in so weit die Jahrgänge überhaupt angegeben sind – 1857 bis 1865, und die Probe wurde selbstverständlich bei jeder Sorte vergleichsweise mit dem erhitzten und mit dem nicht erhitzten Weine angestellt. In Bezug auf zwölf Sorten ist nun in dem Protokoll bemerkt, daß der erhitzte Wein besser war als der nicht erhitzte, in Bezug auf drei Sorten, daß beide, der erhitzte und der nicht erhitzte Wein, gut waren, und in Bezug auf neun Sorten, daß der erhitzte Wein gut, der nicht erhitzte dagegen mehr oder weniger verdorben, nämlich herbe und sauer war, oder einen Gährungsgeschmack besaß, auch mehr oder weniger seine Farbe verloren hatte. (Bei einer Sorte von Rothwein hatte gerade die erhitzte Probe ihre Farbe verloren. Aber die Flaschen, welche diese Weinsorte enthielten, hatten aufrecht gestanden, und auf dem erhitzten Weine hatte sich keine Kahmschicht gebildet, während auf dem nicht erhitzten eine solche entstanden war. Der Sauerstoff der Luft hatte also hier durch den porösen Kork hindurch auf den erhitzten Wein wirken können, während bei dem nicht erhitzten Wein die Einwirkung desselben durch die Kahmdecke verhindert worden war.) Bei mehreren Weinsorten ist ausdrücklich hervorgehoben, daß der erhitzte Wein kräftiger und lieblicher war als der nicht erhitzte. Pasteur bemerkt zu dem Protokoll Folgendes. „Aus dem Protokoll ergibt sich, daß man das Erhitzen als ein sehr wirksames Mittel nicht allein zur Conservation, sondern auch zur Verbesserung der ordinären und der feinen Weine ansehen kann. Es ist durch einen Versuch, welcher sechs bis sieben Jahre lang gedauert hat, bewiesen, daß die Weine, selbst die feinsten, nachdem man sie rasch auf eine zwischen 55 bis 65° C. liegende Temperatur erhitzt hat, nicht nur keinen Krankheiten mehr unterworfen sind, sondern auch sich verbessern und eine Qualität erlangen, welche derjenigen, die ein ohne Eintreten irgend einer Krankheit stattfindendes Altwerden ihnen gibt, überlegen ist. Man hat behauptet, daß die Weine in Folge des Erhitzens mit der Zeit an Farbe verlieren. Aber es findet, wenn man bei Abschluß der Luft operirt, das Gegentheil statt: die Farbe wird durch das Erhitzen lebhafter. Man hat auch gesagt, das Erhitzen werde mit der Zeit auf das Bouquet der feinen Weine einen nachtheiligen Einfluß ausüben. Das Bouquet scheint aber im Gegentheil sich mit den Jahren zu erhöhen, und zwar sicherer, als wenn man nicht erhitzt. Dieß hat namentlich für die Chambertin- und Volnay-Weine sich entschieden herausgestellt. Man hat ferner gesagt, es sey nothwendig, die Weine auf niedrige Temperaturen und Monate lang zu erhitzen. Dieß ist aber ebenfalls nicht richtig, wie die der Probe unterzogenen Weine, welche rasch auf 60, 65 und zum Theil sogar auf die unnöthige hohe Temperatur von 75° C. erhitzt wurden, mit Sicherheit darthun. Eine nützliche Vorsichtsmaßregel, welche ich auch schon seit langer Zeit empfohlen habe, besteht darin, die Weine zu erhitzen, wenn sie noch jung, und nicht erst, wenn sie schon alt sind, z.B. die ordinären Weine im ersten Jahre und die feinen Weine zu der Zeit wo sie in Flaschen abgezogen werden. In dieser Mittheilung handelt es sich nur um Weine, welche in Flaschen erhitzt sind. In Bezug auf das Erhitzen großer Quantitäten von Wein habe ich darauf gedrungen und dringe jetzt wieder darauf, daß man dabei den Zutritt der Luft möglichst verhüten muß. In den Apparaten welche man benutzt, muß der Wein vor, während und nach dem Erhitzen so viel als möglich in denselben Verhältnissen sich befinden, wie in den Flaschen. Die Einwirkung der Luft kann der Farbe schaden und einen Kochgeschmack (goût de cuit) entwickeln, der im Allgemeinen unangenehm ist. Der Mißerfolg, welchen das Erhitzen des Weines im Großen zuweilen gehabt hat, rührt davon her, daß man die erwähnte Vorsichtsmaßregel mehr oder weniger außer Acht gelassen hat.“ (Comptes rendus, t. LXXV p. 303; polytechnisches Centralblatt, 1872 S. 12 9.)