Titel: | Ueber ein Mittel, die Pulvergattungen unter einander zu vergleichen; von de Tromenec. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XXXIV., S. 202 |
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XXXIV.
Ueber ein Mittel, die Pulvergattungen unter
einander zu vergleichen; von de Tromenec.
Aus den Comptes rendus,
t. LXXVII p. 126; Juli 1873.
de Tromenec, Verfahren zur vergleichenden Untersuchung der
Pulvergattungen.
Die Mittel zur vergleichenden Untersuchung verschiedener Pulversorten bestehen bis
jetzt aus dem ballistischen Pendel, dem Probirmörser, der Pulverprobe mit der
Federwaage u.s.w. Man hält jedoch diese Mittel im Allgemeinen für ungenügend; ihre Resultate sind
nicht immer vergleichbar. Nur diejenigen Pulversorten, welche hinsichtlich ihres
physischen Charakters einen geringen Unterschied zeigen, lassen sich mittelst jener
Apparate untereinander vergleichen. Es liegt z.B. auf der Hand, daß, wenn man aus
dem Probirmörser zuerst mit einem sehr feinen, dann mit einem sehr groben Pulver
feuert, die erlangten Resultate nicht als Ausdruck der Vergleichung zwischen den
beiden Pulversorten dienen können. Das Verfahren, welches wir vorschlagen, ist auf
jede Pulvergattung anwendbar, und gibt den absoluten Werth derselben unabhängig von
der Vorrichtung, in welcher sie zum Explodiren gebracht wurde.
Definition des absoluten Werthes der Pulvergattungen.
– Wenn Pulver verpufft, so übt es auf die benachbarten Körper mechanische
Wirkungen aus, deren Intensität mit der Beschaffenheit des Pulvers und mit der in
Anwendung gebrachten Quantität desselben sich ändert. Nehmen wir an, die Verpuffung
finde in einem Cylinder statt, dessen Wände sich weder erhitzen noch ausdehnen
können und in welchem ein mit Gewichten belasteter Kolben gleitet, so wird die ganze
Kraft des Pulvers auf die Hebung des Kolbens verwendet und dieser wird um so höher
gehoben werden, je stärker das Pulver ist. Angenommen z.B., 5 Gramme eines Pulvers
heben den mit 1000 Kilogrammen belasteten Kolben auf 1 Meter Höhe, so wird die
geleistete Arbeit gleich 1000 Kilogrammmetern seyn. Wenn nun 5 Gramme eines anderen
Pulvers ihn 1,10 Met. hoch heben, so entspricht dieses einer Arbeit von 1100
Kilogrammmetern, und wir werden sagen können, daß die beiden Pulvergattungen sich
wie 10: 11 verhalten. Und so werden wir im Allgemeinen unter der absoluten Kraft eines Pulvers die größte Anzahl von
Kilogrammmetern verstehen, welche es bei seiner Verpuffung erzeugen kann. Wir haben
somit eine Definition, welche uns gestattet die Pulversorten nicht allein unter
sich, sondern auch mit allen anderen Motoren zu vergleichen.
Messung der absoluten Kraft. – Um die absolute
Kraft des Schießpulvers zu messen, kann man sich auf das thermodynamische Princip
stützen: wenn ein Körper verpufft, ohne einen dynamischen Effect hervorzubringen, so
verwandelt sich die disponible Kraft in Wärme. Es genügt daher, das Pulver in einem
geschlossenen Behälter verpuffen zu lassen und die erzeugte Wärme zu messen.Dieser Methode haben sich schon die Herren Bunsen
und Schischkoff bedient; aber die von ihnen
beobachteten numerischen Werthe sind, ohne Zweifel in Folge einer minder
vollständigen Verbrennung, schwächer als die unserigen.
Beschreibung des Apparates. – Der von uns
vorgeschlagene Apparat besteht aus einem cylindrischen Gefäß von GußstahlBei diesen ersten Versuchen bedienten wir uns einfach einer Granate. mit 3 bis 4 Centimeter dicken Wänden, dessen inneres Volumen ungefähr 1/2
Liter beträgt. Dasselbe ist mit einem Schraubenstöpsel hermetisch geschlossen, mit
einem durch einen Hahn verschließbaren Centralcanal und mit zwei Seitencanälen
versehen, in welche die zwei Drähte eines elektrischen Apparates gekittet sind,
welche die Bestimmung haben, die Ladung zu entzünden. Es wäre zweckmäßig, in eine
der Wände des Gefäßes ein thermo-elektrisches Element zu schrauben, welches
die Temperatur der Gase in den auf die Explosion folgenden Perioden anzeigt; wir
haben aber diese Anordnung noch nicht ausgeführt.
Das Gefäß wird in einen mit Wasser gefüllten Behälter gestellt, der als Calorimeter
dient, und dieser selbst kommt in einen mit Baumwolle ausgestopften Kasten, um die
Wärmeverluste zu vermeiden. Eine auf den Schraubenstöpsel wirkende Druckschraube
dient zur Fixirung des Gefäßes. Ein Thermometer mißt die Temperatur bis auf ungefähr
1/10, Grad. Mit Hülfe einer Rührvorrichtung setzt man das Wasser in wallende
Bewegung.
Versuche (3. Juli 1870). Der Werth K der Granate, des Calorimeters, des Thermometers und der Rührvorrichtung,
auf Wasser reducirt, wurde zu 526 Grammen berechnet, wobei man die in Jamin's Physik gegebenen Wärmecapacitäten zu Grunde
legte. Das Calorimeter enthielt bei jedem Versuche 1500 Gramme Wasser; man hatte
also K + P = 2,026
Kilogrm.
Geschützpulver von Bouchet (1861).
Gewicht des Pulvers
5 Gramme.
Beobachtete Temperaturerhöhung
2°,1
Zahl der 5 Grammen Pulver entsprechenden Calorien
4,2546 Calorien
Zahl der 1 Kilogrm. Pulver entsprechenden Calorien
850 Calorien
Sprengpulver.
Gewicht des Pulvers
5 Gramme
Beobachtete Temperaturerhöhung
1°,8
Zahl der 5 Grammen Pulver entsprechenden Calorien
3,6468 Calorien
Zahl der 1 Kilogrm. Pulver entsprechenden Calorien
729 Calorien
Contrebande-Pulver, englischen
Ursprungs.
Gewicht des Pulvers
5 Gramme
Beobachtete Temperaturerhöhung
2°,2
Zahl der 5 Grammen Pulver entsprechenden Calorien
4,4572 Calorien
Zahl der 1 Kilogrm. Pulver entsprechenden Calorien
891 Calorien
Die Ziffern 850, 729 und 891 können zur Vergleichung dieser Pulvergattungen
dienen.