Titel: | Neues Verfahren, die in den Gasen suspendirten flüssigen Stoffe zu condensiren, und auf dasselbe begründeter Apparat zum Reinigen des Leuchtgases; von E. Pelouze und P. Audouin. |
Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LIV., S. 307 |
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LIV.
Neues Verfahren, die in den Gasen suspendirten
flüssigen Stoffe zu condensiren, und auf dasselbe begründeter Apparat zum Reinigen des
Leuchtgases; von E. Pelouze und P. Audouin.
Aus den Comptes rendus,
t. LXXXVII p. 264; Juli 1873.
Pelouze und Audouin, neues Verfahren zum Reinigen des
Leuchtgases.
Es ist eine den Gasingenieuren wohl bekannte Thatsache, daß das Leuchtgas, welches
bei seinem Austritt aus den Retorten eine Quantität flüssiger Substanzen
(Ammoniakwasser, Theer) bis zu circa 12 Kilogrm.
per 100 Kilogrm. der destillirten Kohle mit sich führt,
von denselben nur einen Bruchtheil (4 bis 4,5 Kilogrm.) in der Vorlage absetzt,
deren Temperatur doch weit unter dem Siedepunkt des Wassers liegt und daher noch
weit mehr unter dem Siedepunkt der theerigen Producte, welcher 300 Grad
übersteigt.
Die Temperaturerniedrigung, welche man sich mit geringen Kosten und mit einer
verhältnißmäßig unbedeutenden Oberfläche leicht verschaffen kann, indem man sich mit
Wasser umgebener Apparate bedient, reicht zur Condensation dieser Substanzen nicht
hin, und man muß daher das Gas durch große mit Kohksstücken etc. gefüllte Cylinder
leiten, um das Ammoniakwasser sowie die theerigen Stoffe, welche in demselben
suspendirt sind, zurückzuhalten.
Wir nehmen an, daß die in dem Gas enthaltenen flüssigen Partikelchen, welche der
Abkühlung widerstehen, sich im Zustande feiner kugelförmiger Stäubchen befinden,
deren Feinheit genügt, um ihre Suspension zu erklären. Sie lassen sich nur entweder
durch lange Ruhe beseitigen, während welcher die suspendirten Stoffe sich nach und
nach zu Kügelchen von größerem Volumen vereinigen, die in dem Recipienten allmählich
zu Boden sinken; oder durch ein Verfahren, welches, indem es den Contact dieser
Kügelchen mit den schon verflüssigten Theilen künstlich erneuert, deren
Agglomeration erleichtert.
Dieses Resultat konnte bisher in der Praxis nur mit einem bedeutenden Aufwand an
kostspieligen Apparaten, welche unter dem Namen Sammelvorlagen, Kohkssäulen etc.
(barillets collecteurs, colonnes à coke,
scrubbers) bekannt sind, erzielt werden, und überdieß meistens nur in
unvollständiger Weise, weil die ersten Behälter, welche mit den zur chemischen
Reinigung des Gases bestimmten Substanzen beschickt werden, gewöhnlich ungeachtet
der eben erwähnten Apparate reichlich mit der Condensation entgangenem Theer und
Ammoniakwasser imprägnirt sind.
Unsere neue Condensationsmethode, welche in der Gasfabrication bereits Anwendung
gefunden hat, gründet sich auf das Princip, daß die Verflüssigung der im Gase
suspendirten Kügelchen, sey es durch den Contact dieser Partikelchen mit festen
Oberflächen, sey es durch deren Contact unter sich, erzielt wird. Ihr Zweck ist, die
von dem Gas mitgerissenen flüssigen Theilchen mittelst eines sehr einfachen und
wenig Raum einnehmenden Apparates zu condensiren. Zu diesem Resultate gelangen wir
auf folgende Weise.
Das zu reinigende Gas strömt durch eine Reihe enger Oeffnungen und breitet sich
strahlenförmig auf einer denselben gegenüber angeordneten Fläche aus. Beim Durchgang
durch diese Oeffnungen wird der Contact der dem Gase beigemischten flüssigen Molecüle unter sich
bewerkstelligt. Die Wirkung wird vervollständigt durch die unmittelbar
darauffolgende Berührung mit der festen Fläche, von welcher die Theersubstanz
abfließt. Ein sehr starker Druck ist nicht nothwendig; für gewöhnlich genügt ein
Druck von weniger als 2 Centimeter Wassersäule, also ein weit geringerer als der
durch Exhaustoren erzeugte. Der Apparat kann entweder vor den Exhaustoren angeordnet
werden, und in diesem Falle unterhält man eine schwache Verdünnung, oder hinter
denselben. Die geringe Temperatur des Gases (ungefähr 50° nach seinem
Austritt aus den Sammelvorlagen) hat auf die Function dieser Maschinen keinen
schädlichen Einfluß. Die Zahl der Oeffnungen oder der Querschnitt des
Ausströmungsapparates wird nach der Quantität des in der Gasanstalt erzeugten Gases
regulirt. Dieses läßt sich ohne Schwierigkeit mit Hülfe eines durch den Gasdruck
selbst in Thätigkeit gesetzten speciellen Regulators erzielen. Die erwähnten
Oeffnungen können je nach der Form des Apparates in der Oberfläche der Röhren oder
in Platten angebracht werden.
Durch die unter diesen Bedingungen vollzogene innige Berührung zwischen den
(kugelförmigen) flüssigen Partikelchen und den Gasen in welchen sie suspendirt sind,
läßt sich mit Hülfe unseres Apparates die Kondensation gewisser Stoffe (insbesondere
des Ammoniaks, Schwefelwasserstoffes, Schwefelkohlenstoffes) erzielen, welche
seither nur mittelst complicirter, der Leuchtkraft des Gases öfters nachtheiliger
Methoden gesammelt werden konnten. Unsere Methode gewährt außerdem bezüglich des
Verbrauches an reinigenden Substanzen eine wichtige Ersparniß, während sie überdieß
eine beträchtliche Quantität an leichtem Oel reichen Theeres und mit Ammoniak
geschwängerten Wassers liefert. Folgender Versuch gibt einen Maaßstab zur
Beurtheilung des Resultates, welches durch Anwendung des beschriebenen Principes
erzielt werden kann. Das Versuchsobject waren gleiche Mengen theerhaltigen Gases,
welches von der Mündung der Vorlage einer kleinen Versuchsretorte genommen wurde.
Man ließ das theerhaltige Gas successive in zwei Flaschen von 1 Liter, eine Flasche
von 2 Litern, eine große Flasche von 8 Litern und durch eine 0,70 Met. lange
Kohkssäule von 0,06 Met. Durchmesser streichen, ohne daß dasselbe vollständig von
theerigen Stoffen befreit worden wäre. Dagegen gelangte man zu einer vollständigen
Condensation, als man das theerhaltige Gas durch unseren Apparat leitete, der mit
einer Ausströmungsöffnung von nur 1 1/2 Millimeter Durchmesser versehen und in zwei
kleinen Flaschen von bloß 50 Kubikcentimeter Inhalt angeordnet war.
Der Apparat, welcher in einer Pariser Gasanstalt eingeführt ist, deren tägliche Production
100,000 Kubikmeter Gas übersteigt, liefert den Beweis, daß das in Rede stehende
Verfahren in praktischer Hinsicht nichts zu wünschen übrig läßt. Nachdem das Gas
diesen Apparat, dessen Inhalt 1 Kubikmeter nicht erreicht, passirt hat, zeigt es
sich gänzlich frei von den Producten, welche die Wirkung der reinigenden Stoffe
verhindern, und man sammelt außer einer Quantität Theer (welche über 1/10 der durch
die Destillation der Steinkohle erhaltenen beträgt) eine starke Quantität
ammoniakhaltigen Wassers, welches um mehr als das Doppelte reichhaltiger ist als das
Condensationswasser des Gases. Zahlreiche photometrische Versuche haben außerdem
gezeigt, daß das Gas von seiner Leuchtkraft gar nicht eingebüßt hat.